Protocol of the Session on July 2, 2014

(Andreas Butzki, SPD: Wir auch. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern ich glaube, dieser Schutz ist übergreifend bei den demokratischen Fraktionen.

Für uns, darauf möchte ich hinweisen, sind Alleen und einseitige Baumreihen Bestandteil der, da muss ich sagen, vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaft, die es trotz aller Schwierigkeiten zu erhalten gilt. Die Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN scheinen dagegen eine etwas andere Auffassung zu vertreten, denn sie müssen sich wie immer im Leben auch beim Schutz der Alleen entscheiden. Gerade im westlichen Teil unseres Bundeslandes sind in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Alleen durch den Eichenprozessionsspinner gefährdet. Die Landesregierung hat Maßnahmen zum Schutz der Menschen und der Alleen getroffen. Wer allerdings hat dagegen Stimmung gemacht? Das waren Sie, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eichen können das vertragen, das wissen Sie auch.)

Der Schutz der Alleen spielt in der Diskussion um die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners, Frau Dr. Karlowski, kaum eine Rolle. Zum angeblichen Schutz der Artenvielfalt sollen Eichenalleen in dem Falle geopfert werden.

(Andreas Butzki, SPD: Genau. Fahrt mal nach Brandenburg! Da sieht das anders aus.)

Klar ist, dass die von Menschen geschaffenen Alleen erheblich zur Artenvielfalt beitragen. Es sind weit über 140 Insekten- und Vogelarten, die in den Alleen unseres Bundeslandes leben. Wo Alleen allerdings durch mangelnden Schutz sterben, da gibt es auch keine Lebensräume für diese Insekten und Vögel. Diesen Zwiespalt, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, müssen Sie für sich selbst klären.

Der Abstand für Neubepflanzungen von Alleen richtet sich derzeit nach der Klassifizierung der Straßen und dem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen. Auf Betreiben des Verkehrsministeriums wurde trotz des bestehenden Alleenerlasses die Bepflanzung an Landesstraßen ausschließlich auf einen Abstand von 3,50 Metern festgelegt. Dies kommt vor allem aus verkehrstechnischen Gründen zum Tragen, denn die Mehrzahl der Unfalltoten in unserem Land resultiert nach wie vor aus Unfällen mit Alleenbäumen. Deshalb war es zwingend notwendig, die Abstandsregelung zum Schutz von Menschenleben zu erweitern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schon heute stellt die Bereitstellung der Flächen für Neuanpflanzungen die Straßenbauämter – wie vom Minister schon erwähnt – vor enorme Schwierigkeiten. Die fehlende Flächenverfügbarkeit blockiert sowohl den Ausbau von Radwegen als auch die Ersatzpflanzung von Alleen. Aus diesem Grund haben wir damals auch den Alleenfonds eingerichtet, um Alleenschutz dort voranzutreiben, wo Flächen zur Verfügung stehen. Eine Enteignung von Flächen im Rahmen von Planfeststellungsverfahren, so, wie Sie es erwähnt haben, würde zu erheblichen Verzögerungen beim Ausbau oder bei der Instandhaltung des Straßennetzes in unserem Bundesland und zu höheren Kosten führen. Zeitgleich würde damit, glaube ich, auch

die Akzeptanz des Alleenschutzes und des Naturschutzes insgesamt sinken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat sich verpflichtet, im fünfjährigen Turnus einen Bericht zur Sicherstellung des Schutzes, des Erhalts und der Mehrung des Alleenbestandes in Mecklenburg-Vor- pommern zu erarbeiten. Der letzte Bericht hierfür wurde im Dezember 2008 vorgestellt. Damit ist der neue Bericht allerdings lange überfällig. Aber seitens der Landesregierung wurde uns versichert, dass der Bericht in den nächsten Monaten vorgelegt wird.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ganz im Gegenteil! Ganz im Gegenteil! Meine mündliche Anfrage ergab genau das Gegenteil.)

Vor diesem Hintergrund bedarf es dafür auch keines Antrages der Fraktion Bündnis für Rügen.

(allgemeine Heiterkeit – Zurufe aus dem Plenum: Bündnis für Rügen. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Bündnis 90 für Rügen.)

Es gibt ein Bündnis für Rügen, das wissen Sie vielleicht, Frau Dr. Karlowski. Das sind auch nicht die Leute, die mir so nahestehen. Die haben sich schon gespalten.

Insgesamt enthält Ihr Antrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nichts Neues zum Schutz der Alleen bei uns im Land. Deshalb wird die CDU-Fraktion Ihren Antrag ablehnen. – Recht schönen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Lenz.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schutz der Alleen in Mecklenburg-Vorpommern steht in einem großen Spannungsfeld. Alleen genießen einerseits den Schutz der Landesverfassung. Sie sind ein Marketingfaktor für die Touristiker, sie entspannen das Reisen – wer fährt nicht gern durch einen grünen Tunnel –, haben eine wertvolle Funktion für funktionierende Biodiversität, sie schützen vor Sonne oder Wind und damit auch vor dem Humusabtrag. Sie verbessern bei Nebel und Dämmerung die Orientierung und erleichtern das Schätzen von Entfernungen. Das Wurzelwerk der Alleenbäume festigt die Fahrbahnen und schützt Wege auch vor Erosion und Verschlammung. Sie reinigen zudem das Grundwasser, filtern Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft. Sie sind, wenn sie dicht genug sind, ein natürlicher Schallschutz. Sie bereichern unser Bundesland und sind ein Schatz, um den uns viele beneiden.

Andererseits ist durch die Alleen das Risiko von Unfällen mit Sachschäden, Verletzungen oder gar tödlichem Ausgang deutlich erhöht. Gerade tagsüber kann bei häufigem, schnellem Wechsel zwischen grellem Sonnenlicht und Schatten in einer Allee die Sicht im Straßenverkehr oft behindert sein. Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume sind reale Gefahren bei Sturm oder Schnee

bruch. Im Herbst kann der Laubfall zu ziemlich glatten Straßen führen. Die meisten von uns haben schon mal eine Kastanie bei voller Fahrt auf die Windschutzscheibe bekommen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Aufs Auge auch.)

Deshalb polarisieren Alleen sehr stark. Es gibt viele Befürworter, die den Schutz jeden Alleenbaumes in den Vordergrund stellen. Es gibt aber auch Gegner von Alleen, denen vor allem ein risikoärmerer und schnellerer Autoverkehr am Herzen liegt.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat die Aufgabe, einerseits für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu sorgen und andererseits unsere Alleen zu erhalten, zu pflegen und zu mehren – ein Spagat, der mitunter schwer zu bewerkstelligen ist.

Die Straßenbauämter und Landkreise stehen dabei genauso in der Verantwortung wie die Städte und Gemeinden unseres Landes. Genau diese unterschiedlichen Zuständigkeiten sind ein Teil des Problems. Deshalb bin ich den Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr dankbar, dass sie diesen Antrag heute eingebracht haben.

(Egbert Liskow, CDU: Ja, hätten Sie denn etwas anderes erwartet?)

Aus Sicht meiner Fraktion ist er sehr umfangreich, detailliert, gründlich vorbereitet, gut begründet und sehr sachlich. Dieser Antrag bietet uns Gelegenheit, abseits von Einzelfällen und hoffentlich ohne Polemik, Beschimpfungen und politische Spielchen einmal gründlich und an der Sache orientiert zu diskutieren. Damit will ich auch sagen, dass meine Fraktion diesem Antrag zustimmen wird. Falls sich die Koalitionsfraktionen nicht dazu durchringen können, es uns gleichzutun, würden wir diesen Antrag gern im Energieausschuss, im Wirtschaftsausschuss und federführend im Agrar- und Umweltausschuss weiterdiskutieren. Denn der Antrag macht auf viele Defizite aufmerksam, die wir im Land Mecklenburg-Vorpommern beim Schutz, bei der Entwicklung und bei der Pflege der Alleen haben.

Um es gleich zu sagen, wir bestreiten nicht die Notwendigkeit, manchmal aus Gründen der Verkehrssicherheit Alleenbäume zu fällen. Das Gleiche trifft auch auf andere Gründe zu, zum Beispiel wenn kranke oder überalterte Bäume gefällt werden müssen. Und manchmal – ich betone: manchmal! – ist es auch notwendig, Alleenbäume zu fällen, wenn sie Neubauprojekte oder die Verbesserung der Infrastruktur zu verhindern drohen.

Viele Landesregelungen gibt es und sie fordern, dass solche Maßnahmen ausgeglichen werden müssen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Alleenerlass des Landes zu. Aus Sicht meiner Fraktion muss er unbedingt erhalten, aber auch weiterentwickelt werden. Das sehen wir genauso wie Sie, Frau Dr. Karlowski. Der Minister hat ja auch nichts anderes gesagt.

Landesweit ist ein großes Pflanzdefizit bei Alleenbäumen zu verzeichnen. Wir setzen ein Fragezeichen hinter das

Vorhaben, bisher nicht geleistete Ersatzpflanzungen an Bundes- und Landesstraßen durch die Straßenbauämter mit 4,9 Millionen Euro Zahlung in den Alleenfonds des Landes abzulösen. Wird das dazu führen, die Lücken zu schließen? Wir bezweifeln das.

Aber auch wenn alle Defizite bei Ersatzpflanzungen und Neuanpflanzungen von Alleen zunächst gelöst scheinen – damit rechnen wir in naher Zukunft leider noch nicht –, werden die Probleme nicht unbedingt verschwinden, denn über viele Jahre wurde die Pflege der Jungbäume vernachlässigt. Wenn wir vor einigen Jahren noch schlecht ausgebildetes Personal bei den Straßenbauämtern und bei den beauftragten Firmen beklagen mussten, scheinen mir jetzt die fehlenden finanziellen Mittel für die Pflege der Hauptgrund zu sein.

Dies trifft vor allem auf den Verantwortungsbereich der Kreise und Kommunen zu. Das berührt die kommunale Finanzausstattung und meine Fraktion sieht hier das Land in der Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Kommunen ihren Verpflichtungen nachkommen können. Eine gesetzlich verbindliche Regelung für die Kreise, dass diese ein Alleenentwicklungskonzept erarbeiten müssen, halte ich auch für sinnvoll. Es gibt zwar durchaus positive Ansätze hierzu, zum Beispiel auf Rügen oder in Ostvorpommern und Mecklenburg-Strelitz, aber trotzdem scheint an dieser Stelle überwiegend das Motto „Still ruht der See“ zu gelten. Ich denke, das sollten wir nicht länger hinnehmen.

Auch das immer wieder geforderte Alleenkataster dürfte in Zeiten von digitalen Geoinformationssystemen eigentlich nicht das große Problem darstellen. Grundvoraus- setzung muss dabei allerdings sein, dass diese Daten öffentlich zugänglich sind und zum Beispiel für eine Kartierung oder auch für Marketingmaßnahmen genutzt werden können. Ein Onlinezugang zu einem solchen Kataster ist für uns deshalb ebenso zwingend. Wir meinen auch, dass andere Akteure ihre Verantwortung mehr als bisher wahrnehmen sollten.

Ich denke dabei zum Beispiel an den Landestourismusverband und die vielen regionalen Tourismusverbände. Unsere Alleen sind ein Pfund, mit dem man wuchern muss. Aber auch das Landesmarketing könnte hier wesentlich mehr tun.

Kurz und gut: Der Antrag von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, enthält eine Menge guter Vorschläge, die unsere Unterstützung finden. Wir wollen aktiv dazu beitragen, dass der Schutz, die Entwicklung und die Pflege der Alleen nicht bloß eine Willensbekundung in der Landesverfassung bleiben und zu leeren Worthülsen verkommen.

Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, in den von mir vorgeschlagenen Ausschüssen über dieses wichtige Thema weiterdiskutieren! Wenn Sie eine Überweisung nicht für möglich halten, werden wir in der Sache zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Drese von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Alleenschutz hat bei uns Landesverfassungsrang und das ist keine Worthülse. Wir sind also alle gehalten, ständig nach Verbesserungen des Schutzes, der Entwicklung und Pflege von Alleen und einseitigen Baumreihen zu streben. Dass dieses Streben auch die Landesregierung auszeichnet, hat Minister Dr. Backhaus in seiner Rede detailliert zum Ausdruck gebracht.

Ich werde mich daher in meinen Ausführungen auf einige Aspekte unserer Kritik am Antrag der GRÜNEN beschränken – Kritik nicht am Bemühen um Verbesserung, sondern Kritik am Ansatz des Antrages, Maximalforderungen zum Alleenschutz zu stellen, ohne Prüfung von Praktikabilität, rechtlichen Rahmenbedingungen, finanziellen und personellen Ressourcen und ohne Abwägung der Interessen anderer.

Dies wird aus meiner Sicht besonders in den Punkten 1b, 1d, 3, 4 und 6 deutlich. Die Wahrung der vorrangigen Pflanzpflicht ist nämlich an die ausreichende Flächenverfügbarkeit gebunden. Diese ist insbesondere bei Pflanzverpflichtungen aus verkehrssicherungsbedingten Fällungen oft nicht gegeben. Wir halten daher am Grundsatz „Pflanzung vor Zahlung“ fest.

Inakzeptabel ist für uns die Forderung, dass die bundesweit geltende Richtlinie für passiven Schutz an Straßen für Fahrzeugrückhaltesysteme so nicht zur Anwendung kommen soll. Diese Richtlinie dient der Verkehrssicherheit und der Vermeidung tödlicher Verkehrsunfälle. Die Regelungen entsprechen dem derzeitigen Stand der Technik und sind im Interesse einer einheitlichen Straßengestaltung und eines einheitlichen Sicherheitsniveaus in den Ländern umzusetzen. Weil in der Auftragsverwaltung des Bundes das Land verpflichtet ist, diese so umzusetzen, gilt das also auch für unsere Straßen.

Im Zusammenhang mit der Forderung, Alleenentwicklungskonzepte für die Landkreise gesetzlich regeln zu wollen, hat der Minister schon von der Überregulierung gesprochen. Abgesehen von der Tatsache, dass dafür zusätzliche finanzielle Mittel und personelle Ressourcen notwendig wären,

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

löst eine solche Regelung das grundsätzliche Problem der tatsächlich und zukünftig zur Verfügung stehenden Pflanzflächen auch nicht. Ohne konkrete Standorte benennen zu können, hätten solche Konzepte nur einen sehr begrenzten Aussagewert.

Eine Alleenkartierung und ein öffentlich einsehbares Alleenkataster wären sicherlich wünschenswert, sind aber mit den damit verbundenen finanziellen und personellen Aufwendungen nicht zu leisten.

Die Diskussion um das Streusalz im Winter ist nicht neu. Eine Minimierung des Einsatzes liegt in unser aller Interesse. Eine generelle Abkehr des Winterdienstes vom Tausalz zugunsten salzfreier Formen des Winterdienstes zum Schutz der Alleenbäume muss aber im Interesse der Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Verkehrsteilnehmer abgelehnt werden.