Aber im Landtag gibt es Funktionszulagen für Fraktionsvorsitzende – für stellvertretende Fraktionsvorsitzende bei einigen Fraktionen – und für Ausschussvorsitzende, bei einigen Fraktionen auch noch für Arbeitskreisvorsitzende oder stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Warum eigentlich? Arbeiten Sie mehr als der Richter? Was hat der Richter denn für eine Unterstützung? Der Richter hat eine Sekretärin, der kann er das Urteil diktieren. Eine andere Unterstützung hat er nicht. Er kann nicht irgendeinem Hiwi die Akte geben und sagen, arbeite die mal durch und gib mir einen Aktenauszug, sondern er muss die natürlich selber durchlesen, wenn er in der Verhandlung nicht ins Schwimmen geraten will. Er muss alles selber machen. Er muss das Urteil auch selber formulieren, er kann es nur diktieren, mehr kann er nicht machen. Ein Ausschussvorsitzender hingegen hat das Ausschusssekretariat. Das Ausschusssekretariat macht den Hauptteil der Arbeit. Selbst ein Ausschuss…,
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Thomas Krüger, SPD: Ja, so stellen Sie sich das vor!)
das habe ich doch jetzt lange genug beobachtet, selbst ein Ausschussvorsitzender, der neu reingekommen ist, der noch keine Ahnung hat von seinem Ausschuss, der nicht vorbereitet ist und so weiter, der kann sich vom Ausschusssekretariat tragen lassen. Der kann fragen: Was soll ich jetzt machen,
(Thomas Krüger, SPD: Das heißt, am Anfang muss er weniger Funktionszulage kriegen und wenn er es dann alleine kann, kriegt er wieder mehr, oder was?)
Das heißt, er hat eine massive Unterstützung und eigentlich könnte das Ausschusssekretariat auch ohne den Vorsitzenden den Ausschuss am Laufen halten, weil das Fachwissen da ist und der Hauptteil der Arbeit. Das hat der Richter am Landgericht nicht. Der hat eine Sekretärin, der er seinen Kram, sein Urteil diktieren kann, mehr nicht. Und was die Fraktionsvorsitzenden oder stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, die Arbeitskreisleiter angeht, die haben die Fraktionsmitarbeiter. Das sollte man hier auch nicht totschweigen.
Der hat eine Geschäftsstelle, aber die schreibt ihm nicht das Urteil und führt ihm nicht die Verhandlungen. Für seine eigentliche Tätigkeit hat er das nicht. Er hat nichts, was man auch nur entfernt vergleichen könnte mit dem Ausschusssekretariat oder mit den Fraktionsmitarbeitern. Die Fraktionsmitarbeiter erarbeiten Kleine Anfragen, die Fraktionsmitarbeiter erforschen Sachverhalte und die können natürlich auch Arbeitskreissitzungen vorbereiten
Das heißt, warum sollten solche Zulagen bezahlt werden für Funktionsträger in den Fraktionen, wenn der Richter am Landgericht, der angeblich das große Vorbild ist, das nicht hat. Die Geschäftsstelle, die macht vielleicht den Schriftwechsel, die macht aber nicht sein Urteil und hilft ihm auch nicht bei der Verhandlung, das muss er selber machen. Ich habe auch noch keinen Richter am Landgericht erlebt, der sich an die Schöffen gewandt und gefragt hätte: Was soll ich jetzt machen? Ich habe durchaus Ausschussvorsitzende erlebt, bei denen das so war, die schwammen und wären ohne das Sekretariat verloren gewesen. Das ist der Unterschied.
Das heißt, es gibt nicht den geringsten sachlichen Grund für irgendwelche Funktionszulagen. Diese 5.511 Euro
sollten wirklich jedem ausreichend sein, und er soll sich überlegen, dass er stattdessen auch durch den Dreck hätte robben können, um Oberstleutnant zu werden.
Wie ich schon in der Ersten Lesung ausgeführt habe, ist das Ganze auch verfassungsrechtlich äußerst zweifelhaft, genauso zweifelhaft wie vieles, was mit Diäten zu tun hat. Ich erinnere gerade an Herrn Gauck, der vom Verfassungsgericht zum Ersatzkaiser ernannt worden ist, der jetzt große Zweifel daran hat, ob die neue Diätenregelung im Bundestag verfassungsgemäß ist, und die er deswegen in der Luft hängen lässt, weil der Bundestag nämlich genau das macht, was Sie hier auch durchgezogen haben: automatische Diätenerhöhung gekoppelt an die Besoldung der Richter, damit bloß keine neuen Diätenerhöhungsbeschlüsse gefasst werden müssen und damit bloß die Öffentlichkeit nicht aufmerksam wird, wenn Sie sich wieder mehr Geld genehmigen, was kein Mensch braucht bei 5.511 Euro.
Ja, ich muss schon sagen, Herr Andrejewski, sehr viel Neues war das nicht, was Sie uns heute erzählt haben, außer, dass Sie uns hier mal vor Augen geführt haben, wie die Laufbahn bei der Bundeswehr oder bei irgendwelchen Behörden ist.
Besonders eindrucksvoll war das, ehrlich gesagt, nicht. Ich hatte schon eher gedacht, dass Sie zur Begründung Ihres Gesetzentwurfes doch mehr auf die angebliche Unvereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht eingehen. Aber gut, das haben Sie recht kurz abgehandelt, sei es drum.
alles gesagt, aber, meine Damen und Herren, ganz so einfach mache ich es natürlich nicht. Ich will schon in aller Unaufgeregtheit, Herr Andrejewski, und in aller Sachlichkeit auch auf Argumente eingehen.
Sie versuchen hier, trotzdem Sie eigentlich vom Grunde her das Wertesystem der Bundesrepublik ziemlich offen ablehnen, ja doch, sich die Rechtsordnung so hinzudrehen und für sich zu – ja, wie soll man sagen – missbrauchen. Auch dieses Mal wird das nicht gelingen, denn die NPD versucht, die aus Mitteln der Fraktionen gezahlten Entschädigungen für fraktionsinterne Funktionen zu diskreditieren beziehungsweise zu instrumentalisieren.
Meine Damen und Herren, der Gesetzgeber und die Rechtsprechung – ich betone das: und die Rechtsprechung! – haben das Selbstorganisationsrecht und die Fraktionsautonomie als Kernrechte der Fraktionen herausgearbeitet. Ein wesentlicher Bestandteil der Fraktionsautonomie ist die demokratische Binnenorganisation,
die die Schaffung und Besetzung bestimmter fraktionsinterner Funktionen wie die der Fraktionsvorsitzenden, der Parlamentarischen Geschäftsführer oder eben auch der Arbeitskreisleiter – aber Sie haben es selber gesagt, das ist beileibe nicht in allen Fraktionen so, in meiner übrigens auch nicht – einschließt.
Meine Damen und Herren, im November 2011 hat der Ältestenrat des Deutschen Bundestages eine unabhängige Expertenkommission unter anderem auch zu der Fragestellung der Funktionsvergütungen eingesetzt. Diese Expertenkommission bestand aus elf Sachverständigen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Justiz und Wissenschaft. Nach Ansicht dieser Kommission sind Funktionsvergütungen auch insoweit verfassungsrechtlich zulässig, als sie eben nicht nur Präsidiumsmitgliedern und Fraktionsvorsitzenden, sondern auch weiteren Funktionsträgern gewährt werden können. Dieser Bericht ist als Buch veröffentlicht, mal als kleiner Hinweis vielleicht für Sie, können Sie mal nachlesen. Das Buch heißt „Der Wert der parlamentarischen Repräsentation“, und diese Ausführungen finden Sie auf den Seiten ab Seite 91.
Meine Damen und Herren, durch die Funktionsver- gütungen werden weder die Freiheit noch die formelle Gleichheit der Abgeordneten unzulässig beschränkt. Der formalisierte Gleichheitssatz der Abgeordneten ist nicht berührt, denn die Funktionszulagen werden eben nicht aufgrund der Abgeordneteneigenschaften gezahlt, sondern aufgrund eines funktionsinternen Wahl- und Bestellungsaktes. So sieht es jedenfalls die Kommission. Diese Zulagen widersprechen deshalb auch nicht der Rechtsprechung, so, wie es die NPD fälschlicherweise behauptet, sondern sind durch besonders zwingende Gründe, so, wie es gerade das Bundesverfassungsgericht verlangt, gerechtfertigt. Das kann man auch nachlesen.
Meine Damen und Herren, durch die Übernahme einer fraktionsinternen bezahlten Position wird auch nicht, wie behauptet, die Mandatsfreiheit beschränkt, weder in rechtlicher, politischer oder wirtschaftlicher Hinsicht. Die Kommission befürwortet sogar ausdrücklich die Funktionszulagen, denn eine Funktionsvergütung „erhöht den Anreiz, eine stets mit einem erheblichen Mehraufwand verbundene Stelle zu übernehmen“. Die Zulagen sind, und hier zitiere ich aus dem Bericht der Kommission, Zitat, „zugleich Ausdruck des Gedankens, dass wer mehr leistet, auch mehr verdient … Rechtlich bleiben … die Funktionsträger unabhängige, nur ihrem Gewissen verpflichtete Abgeordnete. Die verfassungsrechtlich verbürgte Mandatsfreiheit kann ihnen nicht genommen werden.“ Zitatende.
Erstens. Jede Fraktion kann für sich entscheiden, wie sie mit ihren eigenen Geldern umgeht und welche Funktionsstellen sie für ihre Arbeit benötigt und einrichten möchte.
Zweitens. Durch die aus den Geldern der einzelnen Fraktionen gezahlten Vergütungen werden weder die Freiheits- noch die Gleichheitsrechte der anderen Fraktionen oder der Abgeordneten tangiert.
Drittens. Wer besondere Funktionen übernimmt, erhält hierfür auch eine entsprechende Vergütung. Das ist in Politik und Verwaltung nicht anders als in der freien Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, wer sich mit der parlamentarischen Arbeit beschäftigt, weiß, dass das Parlament und die Fraktionen auf die Arbeit der Fraktionsträger angewiesen sind und ohne sie nicht ordnungsgemäß arbeiten können. Doch genau das will die NPD mit ihrem Antrag wohl erreichen, dass die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes eingeschränkt beziehungsweise geschwächt wird. Deshalb fiel es der NPD auch schwer, den Gesetzentwurf zu begründen, sachlich zu begründen, außer dass man uns hier vorträgt, wie viel einzelne öffentlich Bedienstete möglicherweise an Besoldung erhalten.
Zur Rechtfertigung hat die NPD deshalb ein Buch bemüht, ich wiederhole den Titel noch mal „Der Verfassungsbruch – Verbotene Extra-Diäten – Gefräßige Fraktionen“.
Allein anhand dieses Titels wird klar, dass der Autor nicht mit der für ein Fachbuch gebotenen Sachlichkeit an das Thema herangegangen ist, sondern es ihm vielmehr darum ging, irgendwelche Aufmerksamkeiten zu erhaschen.
mag ja als Staatsrechtler und Parteienkritiker bekannt sein, doch mit seiner unsachlichen Darstellung in diesem Werk ist er wohl über das Ziel hinausgeschossen.
Herr Müller hat bei der Ersten Lesung auf die Haltung von Professor von Arnim im Anhörungsverfahren ausreichend hingewiesen. Ich erinnere daran, dass er zur Anhörung damals eingeladen wurde – zu unserer eigenen Kommission –, nicht erschienen ist und anstelle dessen eine Stellungnahme abgegeben hat, in der er sich nicht zum Thema geäußert hat, sondern pauschal eine Politikerschelte abgegeben hat. Das noch mal zu Herrn von Arnim und Ihrer Argumentationskette.
Ich meine, Übertreibung und groteske Kritik sind eher als Kunstform in den Unterhaltungsbereich einzuordnen, aber wahrlich nicht geeignet, Gesetzentwürfe zu begründen. Die demokratischen Fraktionen, meine Damen und Herren, werden Ihren Gesetzentwurf selbstverständlich ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.