Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Thema, dem Thema Schule, werden Sie mich vielleicht etwas nachdenklicher erleben als bei anderen Themen, weil ich schon sagen muss, auch mich bedrückt die Situation, die wir teilweise an Schulen haben, mich bedrücken Probleme, die dort auftreten.
Mich bedrückt auch, wenn planmäßig, wie bestellt sozusagen, sie die OZ heute Morgen aufmachen und die Überschrift lautet: „Chaos in den Klassen: Lehrer mit Förderschülern überfordert“. Da fragt man sich natürlich: Kann man diese Ausdrucksform von „Chaos“ überhaupt noch steigern?
Ich glaube, das ist doch etwas überzogen. Man kann sicherlich, und ich denke, da sind wir uns in diesem Hause hier einig, die Situation an unseren Schulen als schwierig betrachten. Man sollte, denke ich, der Fairness halber sagen, das ist ein Prozess, der sich über Jahre hinweg hinzieht. Frau Oldenburg hat ja auch schon mal so den Zeitrahmen benannt, wann das sozusagen losging. Ich glaube nicht, dass Minister Tesch zu der Zeit im Amt war. Es waren auch viele Akteure – und dazu zähle ich auch immer die Mitglieder der Landesregierung, aber auch Vertreter hier im Landtag, ob das jetzt ein Arbeitskreis Bildung der CDU oder auch der SPD ist – schon immer aktiv. Ich sehe das also als längeren Prozess.
Das, was Frau Oldenburg heute hier dargeboten hat, war zu Beginn für mich so eine Art verhaltene Abrechnung mit diesem Prozess, der bisher stattgefunden hat, auch mit den Fragen nach den Ursachen. Sie haben zumindest aus meiner Sicht, vielleicht kommt das nachher noch in der Diskussion, wenig Dinge angesprochen, die
Sie als Vision aus Sicht der LINKEN vielleicht im Bereich der Bildungspolitik hier in die Diskussion mit einbringen wollen, was aus meiner Sicht in Ordnung ist. Und das ist auch akzeptabel. Vorredner haben schon gesagt, dass wir dieses Angebot von Ihnen, dass Sie sich in den Prozess einbringen wollen, sehr gerne annehmen.
Ich denke nämlich auch, dass es ein Prozess ist, der es erfordert, dass alle gesellschaftlichen Gruppen – und dazu zähle ich eben auch die Opposition, Herr Ritter – sich hier beteiligen, um das, was Sie so heroisch auch immer wieder hier in den Fokus der Betrachtungen stellen, nämlich das Kind,
dass wir alle daran arbeiten, dass im Bereich der Bildungspolitik dann Fortschritte erzielt werden. Wenn jetzt aber die GRÜNEN das auch versuchen so darzustellen, dass der Prozess erst heute beginnt, dann, glaube ich, werden wir dem nicht gerecht.
Herr Butzki hat aus meiner Sicht richtigerweise festgestellt, dass die Einführung der Selbstständigen Schule richtig war. Und insofern möchte ich auch mit gewissem Stolz an dieser Stelle sagen, dass dieser eigentliche Prozess dann auch unter einem CDU-Minister begonnen hat. Ich hoffe, auch in dieser Frage sind wir uns einig. Aber wenn die Einführung erfolgte und – so, wie es der Herr Minister auch aus meiner Sicht zieltreffend sozusagen beschrieben hat – es heute hier um eine Weiterführung geht, dann können wir bei so einem Antrag nicht so tun, als wenn es ein Neustart ist.
Und insofern ist es gut und richtig, dass Sie sich einbringen wollen in diesen Diskussionsprozess, unabhängig davon, sage ich vielleicht mal so etwas lax, wie dieser Antrag formuliert ist. Dieser Antrag bezieht sich ja auch im Kern wirklich mehr nur auf die Thematik „Selbstständige Schule“. Und ich glaube, wir alle stehen vor der Herausforderung, so, wie es im Koalitionsvertrag auch formuliert ist, nicht nur die Selbstständige Schule zu betrachten als einen wesentlichen Baustein, sondern, so, wie Sie unsere Koa-Vereinbarung ja hier vorgetragen haben, es geht eben auch um Integration, Inklusion, Attraktivität des Lehrerberufs et cetera, also dieses Gesamtpaket.
Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, wir sind viel globaler aufgestellt und Sie zu speziell, und das sind die Gründe, die alle dazu führen, dass wir den Antrag ablehnen müssen, und, und, und, oder, wir arbeiten bereits – das ist ja auch manchmal so der Klassiker –, aber das wird, ich will es gerne wiederholen, dieser Frage und diesem Prozess nicht gerecht. Und insofern möchte ich ganz einfach heute hier an dieser Stelle aufrufen, dass wir auch gemeinsam an diesem Thema arbeiten, ähnlich wie es vielleicht in Nordrhein-Westfalen gelungen ist, dort auch parteiübergreifend einen Prozess in Gang zu bringen …
… und, wie es hier auch gelungen ist im Jahre 2006, mit einer Expertenkommission gemeinsam – und da war es eben so, dass die CDU damals dort noch in der Opposition war – diesen Weg „Bildung in Mecklenburg-Vorpommern“ auf den Weg zu bringen.
Ihren Ausführungen entnehme ich, dass die CDU schon immer für die Selbstständige Schule war. Das überrascht mich etwas, weil ich noch andere Diskussionen im Ohr habe. Ich bin ja schon ein paar Tage hier im Landtag.
Aber können Sie mir vielleicht erklären – oder für Herrn Liskow, der ganz aufgeregt auf meine Frage wartet –, warum der vormalige Bildungsminister Henry Tesch ohne die Evaluation des Modellversuches „Selbstständige Schule“ abzuwarten und auszuwerten, dann einen völlig neuen Ansatz gefunden hat? Diese Frage wurde beim Bildungsminister Brodkorb zwar angeschnitten, aber auch nicht hinreichend beantwortet. Vielleicht können Sie mir sagen, was die Motivation war, einen Modellversuch nicht auszuwerten und ein gänzlich anderes Konzept der Selbstständigen Schule auf den Weg zu bringen, wo wir heute viele Probleme sehen.
Ja, Herr Ritter, ich weiß jetzt nicht, welche Antwort Ihnen lieb ist, eine Umschreibung des Zustandes oder in welche Richtung wir jetzt auch generell diskutieren wollen. Ich habe hier eigentlich vonseiten der CDU-Fraktion so mal ein bisschen versucht, das Angebot zu machen, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen, wie man so schön sagt, in die richtige Richtung.
Und Sie haben genug Intelligenz, dass Sie die Antwort selbst kennen. Und ich bin, ehrlich gesagt, nicht bereit, weil es einfach so logisch und eindeutig ist – Frau Oldenburg hat den Prozess dargestellt –, hier jetzt nur noch nach hinten zu schauen. Vielleicht ist das auch der Grund, dass Herr Brodkorb darauf auch nur bedingt eingegangen ist.
nicht erst die Evaluation des Modellversuches vorzunehmen, sondern etwas Neues anzufangen, dann der falsche Weg war und dass das die Ursache für die Probleme war, die wir jetzt mit der Selbstständigen Schule haben?
Sehr geehrter Herr Ritter, ich hoffe, Sie stimmen mir zu, dass rückwärtsgewandte Politik uns in dieser Frage nur wenig voranbringt. Insofern glaube ich mit Blick in die Zukunft,
so, wie ich jetzt dazu aufgerufen habe, und ich werde das ja gleich noch weiter ausführen, was das Agieren im Bereich der Bildungspolitik betrifft, beginnend mit dem Jahre 2006. Bezüglich der Fraktionen, glaube ich, sind wir auf dem richtigen Weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der letzte Gedanke, den ich geäußert habe, war, dass wir 2006 auch aus Zeiten der Opposition heraus am 28. Juni, das war damals die letzte Sitzung der Legislaturperiode, einen gemeinsamen Weg beschritten haben, nämlich über so eine Expertenkommission im Bereich Bildung etwas auf den Weg zu bringen. Und die Leute, die im Bereich Bildungspolitik in den letzten Jahren hier Verantwortung getragen haben, die wissen eben, dass wir auch über den Prozess der letzten Legislaturperiode in der Gesamtheit immer wieder dieses Thema der Expertenkommission behandelt haben und auch erst im Juni 2011 dann abschließend hier in einer Debatte die Thematik bearbeitet haben.
Ich will aber auch noch mal etwas konkreter auf die Selbstständige Schule eingehen, weil es dann doch etwas den Kern Ihres Antrages trifft. Wenn Sie von einer umfassenden Evaluierung sprechen, aber gleichzeitig sagen, dass im Prinzip zum Schuljahr September 2009 – es ist ja konkret zum 1. September eingeführt worden – der Prozess der Einführung erst begonnen hat und wir jetzt im Prinzip zwei Jahre weiter sind, ist es, glaube ich, auch etwas vermessen, hier schon gleich von einer umfassenden Evaluierung zu sprechen.
Und die Vertreter der SPD und auch der LINKEN sind ja eigentlich aufgrund ihrer Erfahrung, dass sie direkt jetzt als Schulleiter aus der Praxis kommen,
vielleicht sogar noch etwas besser aufgestellt als andere hier im Hause, Herr Ritter. Und insofern wissen Sie dann ja auch, wenn die Einführung der Selbstständigen Schule als ein wesentlicher Baustein nach sich gezogen hat die Einführung von Schulprogrammen, dann ist das ja eben nicht am 1. September 2009 an allen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern erfolgt, sondern in diesem Prozess, Schulprogramme zu entwickeln, da steckt ja auch ein Haufen Arbeit drin, erst mal nur die Zielstellung sozusagen zu definieren, die eigentliche Umsetzung folgt ja logischerweise, nachdem die Zielstellung, sprich das
Schulprogramm, verabschiedet wurde. Und insofern, glaube ich, ist es auch nicht gerechtfertigt, jetzt dann hier mit umfassender Evaluierung zu agieren, weil der Prozess angelaufen ist.
Und es ist ja auch nicht so, dass es ein Prozess im luftleeren Raum war. Wir haben unterschiedliche Dinge dort auf den Weg gebracht, einfließen lassen. Ich will nur mal beispielhaft nennen Fortbildungsangebote des Landes, die in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausfinanziert wurden, die Fortbildungsangebote an den Schulen in Höhe von 1 Million oder auch die entsprechenden Budgets für besondere Lehrerleistungen, die ja auch noch mal in Höhe von 2,5 Millionen für den Zeitraum von 2010 bis 2012 zur Verfügung gestellt werden. Ich sehe auch eingebettet in diesen Prozess das Landesprogramm „Zukunft des Lehrerberufes“. Und insofern erfolgte dann ja auch im Jahre 2010 eine Lehrerbefragung. Auch das wissen Sie. Ich glaube, es waren 400 Schulleiter, die befragt wurden in diesem Lande. Und ich sehe das auch schon als eine Begleitung, als Teil der Evaluierung.
Und es ist eben so, dass dieser positive Aspekt „Einführung der Selbstständigen Schule“ dann auch in den Umfragen deutlich wurde. Auch hier nur mal zwei, drei Zahlen: 73 Prozent der Schulleiter sehen die Selbstständige Schule als positiv, über 70 Prozent der Schulleiter fühlen sich gut auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Und so kann man natürlich noch einige weitere Bausteine hinzufügen, die zeigen, dass wir zumindest erst mal auf dem richtigen Weg sind. Und insofern möchte ich Sie einfach bitten, diesen Weg zu begleiten, dass auch die Selbstständige Schule eines Tages dann ein Erfolgsmodell wird.
Und politisch haben es in diesem Lande auch die Fraktionen dieses Landtages nicht geschafft, im Jahre 2011 diese Thematik aufzugreifen, denn es war so im Jahre 2011, dass der erste Bildungsbericht in diesem Lande vom Bildungsminister vorgelegt wurde. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, das ist aus meiner Sicht ein fundierter Bericht. Ich muss aber auch kritisch anmerken, dass es nicht gelungen ist, auf Grundlage dieses Berichtes, den ich als Bestandteil auf dem Weg zur Selbstständigen Schule betrachte, hier eine politische Diskussion zu führen.