In unserer gemeinsamen Grenzregion hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein dichtes und vor allem lebendiges Netzwerk zwischen Partnern aus Mecklenburg-Vorpommern und aus den Woiwodschaften Westpommern und Pommern entwickelt. Da sind ganz viele auch sehr persönliche Kontakte und Freundschaften zwischen Menschen beiderseits der Grenze entstanden. Ebenso entstanden ganz enge Verbindungen zwischen Kommunen, aber auch zwischen Schulen und Hochschulen, zwischen Kirchen, zwischen Vereinen, zwischen Museen und ganz aktiv auch zwischen Archiven, beispielsweise unserem Landesarchiv mit Standort in Greifswald und dem Staatsarchiv in Stettin.
Ein gelungenes Beispiel für eine besonders erfolgreiche Zusammenarbeit, das ich immer wieder gerne betone und als Chef der Staatskanzlei auch gerne wiederholt besucht habe, ist das Haus der Wirtschaft in Stettin. Deutsche und polnische Unternehmen gleichermaßen erhalten dort hoch kompetente Beratungen und praktische Tipps und Hilfen für den wirtschaftlichen Alltag beiderseits der Grenze für unser gemeinsames Wirtschaftsinteresse in eben dieser grenzüberschreitenden Region. Allein im ersten Halbjahr 2013 sind dort über tausend Kontakte und Kooperationen vermittelt worden. Die Ganzjahreszahlen liegen ja leider noch nicht vor, können aber ganz entspannt mindestens verdoppelt werden.
Polen – auch das klang eben schon an – ist für uns als Mecklenburg-Vorpommern heute der zweitwichtigste Handelspartner. Der gemeinsame Austausch, damit ist nicht nur der Warenaustausch gemeint, steigt im Übrigen stetig. In den letzten zehn Jahren hat sich das Handelsvolumen auf die eben genannte Position verdreifacht – zweitwichtigster Handelspartner.
Ein weiteres, außerordentlich gelungenes gutes Beispiel für die Zusammenarbeit – im Übrigen von MecklenburgVorpommern, Brandenburg und unseren polnischen Nach- barn – ist das Netzwerk zur Telemedizin. 35 Kliniken aus unserem Bundesland und aus dem benachbarten Brandenburg haben sich gemeinsam mit unserem polnischen Nachbarn in der Euroregion POMERANIA zum medizinischen Austausch vernetzt und arbeiten heute mit diesen intermedialen Möglichkeiten eng zusammen. Es besteht damit die Möglichkeit, das Fachwissen in der sehr dünn besiedelten Region beiderseits der Grenze im Interesse unserer gemeinsamen Patienten für die verschiedenen Interessen in dieser Fläche nutzbar zu machen.
Im Bildungsbereich finden Sie heute schon vitale, von deutscher und polnischer Seite gleichermaßen getragene Aktivitäten. Die Akteure vor Ort leben jeden Tag diese deutsch-polnische Nachbarschaft ganz selbst- verständlich. Diese intensive Zusammenarbeit, diese Netze des Wissens werden sich mittelfristig auch nachhaltig positiv auf unsere gemeinsame Wirtschaft in der
Region auswirken. Gerade ein zunehmend entstehender gemeinsamer Arbeitsmarkt einer zukünftigen Metropolregion Stettin wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen diesseits und jenseits der Grenze steigern, denn der Fachkräftemangel ist längst kein deutsches oder polnisches, sondern ein gemeinsames Problem.
Die ermutigenden Ansätze und Signale der Verständigung aus der jüngeren Zeit gilt es zu stärken, und ich bin dankbar, dass der Antrag genau das bezweckt. Ich nenne beispielhaft die Entwicklung abgestimmter Bildungskonzepte für den durchgängigen Unterricht der Nachbarsprachen im Landkreis Vorpommern-Greifswald, aber natürlich auch in der Woiwodschaft Westpommern. Ihre Umsetzung in zwei unterschiedlichen Bildungssystemen ist allerdings – das gehört zur Wahrheit auch dazu – voller Herausforderungen. Auch das Treffen von 19 Rektorinnen und Rektoren der Oder-Partnerschaft im November 2013 in der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald zum Aufbau eines Wissenschaftsnetzwerkes für die engere Zusammenarbeit in Lehre und Forschung sowie zum Austausch von Studierenden und natürlich auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geht in die gleiche Richtung: durch eine intensivere deutsch-polnische Bildungszusammenarbeit immer mehr Brücken über unsere Grenze hinweg zu bauen.
Im Infrastrukturbereich, ich glaube, der wurde noch nicht erwähnt, konnten in den vergangen Jahren im Übrigen zahlreiche Projekte sowohl durch INTERREGMöglichkeiten, insbesondere durch die POMERANIARegion, zur Verbesserung der Straßen und anderen Verkehrswege im Grenzbereich realisiert werden. Insgesamt sind es im Übrigen fast 9,5 Millionen Euro, die in den vergangen Jahren dort investiert worden sind.
Um ein Stück weit sprichwörtlich Brücken zu bauen, haben wir auch das Verkehrsprojekt „Karniner Brücke“, dem wir gleichermaßen eine deutsch-polnische Verbindungsfunktion zuschreiben, für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Es bleibt nunmehr dem Bund überlassen, darüber zu befinden, ob er unsere Einschätzung teilt.
All diese Beispiele verdeutlichen, unsere Nachbarschaft lebt von ganz vielen sehr verschiedenen Protagonisten. Und auch nur so kann das gewachsene Vertrauen ausgebaut und gepflegt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zusammenarbeit in unserer gemeinsamen Grenzregion hat sich inzwischen zu einer ganz festen Größe entwickelt und im Übrigen zu einem verlässlichen Partner nicht nur für unsere Zusammenarbeit, sondern für die gesamte deutsch-polnische, also auf die Bundesregierung bezogene Zusammenarbeit. Diese vertrauensvolle Partnerschaft zu stärken, so habe ich es verstanden, ist erklärtes Ziel dieses Antrages, dafür herzlichen Dank. Und dieses Ziel, meine Damen und Herren, ist im Übrigen jede Mühe wert, denn für uns ist klar, wir leben in einer gemeinsamen Region. Bei allem, was wir planen, bei allem, was wir unternehmen, müssen wir immer auch an unsere Nachbarn denken und überlegen, wie sich das beiderseits der Grenzregion auswirkt.
Tourismus haben Sie angesprochen, Verkehrsverbindungen, Gesundheit, Klima- und Umweltschutz und im Übrigen ganz verstärkt auch die erneuerbaren Energien. Es gibt eine Vielzahl von Aufgaben, bei denen
wir gemeinschaftlich deutlich mehr erreichen können als jeder von uns für sich allein, und zwar erreichen können in der Sache, aber natürlich auch in der Nachbarschaftspflege und in der Vertrauenspflege. Ideen kommen in solchen Konstellationen zusammen, ergänzen sich, spornen sich hoffentlich auch gegenseitig an. In so einer Grenzregion steckt schlicht auch viel Innovationskraft, wenn man ganz viele kulturelle Zusammenhänge zusammenbindet. Das wollen wir weiter für uns gemeinsam nutzen.
Zusammenarbeit öffnet, sie öffnet den Blick für den Nachbarn und sie öffnet – viel wichtiger noch – den Pfad für Vertrauen. Ein weiterer positiver Schritt dazu – auch schon angeklungen – wird die Bildung der gemeinsamen Metropolregion Stettin sein. Derzeit wird ein Entwicklungskonzept für die grenzüberschreitende Metropolregion Stettin erarbeitet. Dazu konnten wir im November 2013 auf der 5. grenzüberschreitenden Raumplanungskonferenz in Stettin erste Ergebnisse vorstellen. Von Anfang an sollte einer der Schwerpunkte der grenzüberschreitenden Metropolregion in den erneuerbaren Energien liegen. Das ist im Übrigen im Energieausschuss auch schon praktizierter Alltag.
Im Rahmen der Konferenz wurde im Übrigen ein Kommuniqué zwischen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom- mern, Berlin und dem Vizemarschall der Woiwodschaft Westpommern zum Stand der Arbeiten an diesem gemeinsamen polnisch-deutschen Konzept für die grenzüberschreitende Entwicklung der Metropolregion Stettin unterzeichnet. Damit wird unter anderem bekräftigt, dass die bisherigen Planungen und Themen weiterentwickelt und durch weitere gemeinsame Themenfelder ergänzt werden sollen. Das Entwicklungskonzept soll bis Ende 2014 vorgelegt und dann natürlich in einem laufenden und fortzuschreibenden Prozess über konkrete Projekte umgesetzt werden, so im Übrigen beispielsweise auch über Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien.
Welche Dynamik, auch das ist angeklungen, eine solche Metropolregion hat, wissen wir aus unserer Mitgliedschaft in der Metropolregion Hamburg, die ja zu Beginn von manchen kritisch beäugt worden ist und heute deutlich an Fahrt gewonnen hat.
Die fachliche Zusammenarbeit für das Konzept einer gemeinsamen Metropolregion Stettin hat längst begonnen. Dabei sollen natürlich alle bisherigen Erfahrungen, gerade auch unsere im Hamburger Raum, in die Erarbeitung des Konzeptes einbezogen werden. Wir werden damit einen weiteren wichtigen Schritt für die positive Entwicklung unserer gemeinsamen Grenzregion entwickeln. Ich freue mich, das gemeinsam zu tun. Sie haben mit dem Antrag einen weiteren Baustein dafür gelegt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und höre jetzt aufmerksam zu.
Guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Minister! Sie hatten die Karniner Brücke erwähnt, das hat
wie Sie die Realisierungschancen für dieses Projekt sehen und ob wir eine Chance haben, das jetzt darüber durchzusetzen?
Es gibt intensive Kontakte von einem Europaabgeordneten aus dem Stettiner Raum, der anregt, ganz bewusst zwei Verkehrsprojekte, die die Insel Usedom sowohl auf der polnischen als auch auf der deutschen Seite betreffen, zusammenzubinden und sich intensiv zu bemühen, auf europäische Mittel zurückzugreifen.
Unser erster Schritt ist allerdings, das ist für mich vorrangig, in den Bundesverkehrswegeplan zu kommen. Das ist die Voraussetzung überhaupt, um mit dem Bund ernsthaft über diese Dinge zu verhandeln. Da werden wir hoffentlich im laufenden Jahr – vielleicht aber erst kommendes Jahr, je nachdem, wann die Schienenwege dort bewertet werden – wissen, ob der Bund seinerseits dieses Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufnimmt.
Im zweiten Schritt geht es dann um die Finanzierung. Aber da gibt es durchaus von polnischer Seite ganz engagierte Bemühungen zu überlegen, ob man zwei Projekte, ein polnisches Projekt, das ebenfalls diesen Bereich erschließen würde – zumindest besser erschließen würde als bis jetzt –, und unser Projekt, unser Bahnprojekt „Karniner Brücke“, zusammenbindet.
Lassen Sie uns da aber gern abwarten, vor allen Dingen, was der Bundesverkehrswegeplan macht. Der ist für uns leider das Nadelöhr, durch das wir zuallererst müssen.
Jetzt war ich etwas irritiert. Wir hatten nämlich hier gerade eine Geschäftsordnungsfrage. Entschuldigung!
Herr Eifler, Sie erinnern ganz bewusst an den 1. Mai 2004, und in diesem Jahr jährt sich zum zehnten Mal der Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den Antrag gestellt haben. Ich will das hier so deutlich sagen, genauso, wie das Minister Pegel gemacht hat.
Ich bin der Überzeugung, dass uns Demokraten eins eint, nämlich, dass die Grenze zwischen Deutschland und Polen an der Oder und an der Neiße eine unverrückbare Grenze – das sage ich ganz bewusst zu Ihnen, die ja diese Grenze infrage stellen, das gehört dazu, wenn wir heute darüber debattieren –,
dass wir in der Beziehung zur Republik Polen diese Grenze als unverrückbar und als endgültig anerkennen. Das will ich hier noch mal deutlich sagen.
Jedem Revisionismus oder Revanchismus muss hier eine klare Absage erteilt werden. Ich sage das auch vor dem zweiten Hintergrund, weil ich 2003/2004 unter anderem in Polen, aber auch hier in Mecklenburg-Vorpom- mern genau über die Frage der Chancen und Risiken des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union
auf Foren und anderswo gesprochen habe. Da erinnern wir uns: Was war denn 2003 und 2004 die Debatte? Polnische Arbeitskräfte würden den deutschen Markt überschwemmen, würden den Deutschen hier in Mecklenburg-Vorpommern die Arbeit wegnehmen. Da kann man jetzt nach zehn Jahren, das konnte man schon nach zwei Jahren sagen, es gab ja noch Begrenzungen, aber das kann man nach zehn Jahren
doch mit vollem Bewusstsein sagen: All das ist nicht eingetreten, sondern wir freuen uns darüber, dass Unternehmerinnen und Unternehmer aus Polen sich hier in Mecklenburg-Vorpommern engagieren. Wir freuen uns darüber, dass Polinnen und Polen in MecklenburgVorpommern arbeiten und dass auch einige wenige, ich komme im Einzelnen noch mal darauf zurück, einige wenige auch in Polen arbeiten können. Das alles, glaube ich, gehört zur Bilanz. Das muss man grundsätzlich, wenn man über solche ausländischen Beziehungen spricht, voranstellen.