Protocol of the Session on April 11, 2014

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Wir haben das immer so ein bisschen betont unter dem Motto der „Verlässlichkeit der deutsch-polnischen Zusammenarbeit“, wenn du dich daran erinnern kannst, und das war auch eine sehr gute Sache.

Ich will aber für mich festhalten, dass solche aktive Politik, die wir hier als Landtag begleitet haben, die Tatsache der Zusammenarbeit mit ganz anderem Leben erfüllt hat als das, was ich heute für mich persönlich wahrnehme. Das kann möglicherweise damit zusammenhängen, dass ich nicht mehr so unmittelbar eingebunden bin in die Aktivitäten, die jetzt über die Ostseeparlamentarierkonferenz laufen. Es hat mich aber dann im Zusammenhang

mit unserem Antrag, mit unserer Initiative tatsächlich doch noch mal dazu animiert, vielleicht etwas intensiver darüber nachzudenken und auch etwas intensiver nachzuforschen, wie sich diese neue Zusammenarbeit, die wir ab 2004 auf dieses Parlamentsforum Südliche Ostsee gehoben haben, ob das tatsächlich in allen Punkten so gut ist, wie wir uns das denken, weil ich doch die Gefahr sehe, wenn wir etwas global betrachten und in diesem Bereich global agieren, dass möglicherweise der eine oder andere Punkt im Bereich der bilateralen Zusammenarbeit nicht mehr ganz so intensiv abgearbeitet wird. Ich fühle mich da auch in meinen Gedankengängen oder in meiner Auffassung etwas bestärkt, wenn ich noch mal erinnern kann an die Berichte der Ostseeparlamentarierkonferenz, die wir hier in diesem Hohen Hause diskutieren.

Es wird ja immer so gemacht, dass die Präsidentin einen entsprechenden Bericht hält und wir den zur Kenntnis nehmen, sodass ich schon glaube, dass die eigenen Aktivitäten dort etwas gedämpft in diesen Prozess eingebracht werden. Wenn man dann in diese Berichte schaut, ich habe das noch mal extra getan, weil ich sage, wenn ich politisch handele, möchte ich auch konkrete Dinge vollziehen, da fiel mir sehr stark auf, dass wir in unseren Berichten – und da möchte ich an uns alle appellieren, dass es da vielleicht wieder etwas mehr Bewegung gibt, obwohl es natürlich bei dieser Vielzahl der Partner auch etwas schwieriger ist, weil wir Kompromisse finden müssen – Formulierungen haben, wie „es ist erforderlich“ oder „es wird an die Regierung appelliert“, das ist auch richtig so, oder „wir sind der Auffassung“. Aber wenn an die Regierung appelliert wird, dann, glaube ich, kommt es jetzt darauf an – und dazu ist unser Antrag da –, dass aus diesem Appellieren noch mehr konkrete Handlungen erwachsen.

Auch hier fiel mir auf, das will ich zumindest anmerken, dass die Redebeiträge des Ministers und des Mitglieds der SPD-Fraktion ausschließlich darauf abgezielt haben, die Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft zu betrachten.

(Jochen Schulte, SPD: Das läge bei ihnen in der Natur der Sache.)

Ich glaube, wir können das jetzt als Aufgabenteilung hier mal betrachten, dass wir als CDU jetzt auch diesen Bereich Bildung wieder etwas verstärkt in den Vordergrund rücken wollen. Deswegen habe ich aus meiner Sicht noch mal das Beispiel mit der SPD-Dame vor Ort hier gebracht, um zu zeigen, dass auch Sie da mit im Boot sind. Aber wir bei unserem Regierungshandeln und hier im Landtag müssen aufpassen, dass wir diese Zusammenarbeit eben nicht nur betrachten im Bereich Wirtschaft. Und der Minister hat berichtet, hat gesagt, er will Bilanz ziehen. Dazu möchte ich die Regierung – und dazu dient der Antrag – auch auffordern, dass wir an dieser Stelle die Sache nicht stoppen, sondern dass wir Punkt 3, sprich den Blick in die Zukunft, auch mehr diskutieren. Hier sind wir auf dem Weg, dass wir – der Minister hat es ausgeführt – die Projektskizze zum deutsch-polnischen Entwicklungskonzept der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin diskutieren mit klaren Ansagen, mit klaren Aufträgen.

Im Jahre 2014 wird es Ergebnisse geben. Aber wenn Sie dann in diese Erklärung und in diese Vereinbarung schauen, dann werden Sie keinen Punkt finden, der

explizit das Thema Bildung aufruft. Ich glaube, das ist ein Fehler. Das Thema Bildung setzt sich logischerweise aus mehreren Parametern zusammen. Deswegen finden Sie – und da bin ich dankbar, dass wir so einen Antrag einbringen können – unter dem Punkt II ganz klar definiert das Thema „Hochschulen und Wissenschaft“, was, wie gesagt, in dieser Projektskizze keine Abbildung findet. Und was mir persönlich dann auch sehr, sehr wichtig ist, ist der Punkt III, wo es noch mal explizit um das Thema Schule geht. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren, das sollte auch Schwerpunkt sein, untersetzt mit konkreten Maßnahmen.

Und wenn Herr Holter zu Recht hier unsere Koalitionsvereinbarung im Punkt 200 zitiert hat, wo es nämlich um diese Tatsache geht, Zusammenarbeit im Bereich Bildung, Zusammenarbeit im Bereich Schule, dann sage ich Ihnen, Herr Holter, genau das ist es, was die CDULandtagsfraktion hier beabsichtigt, dass das untersetzt wird, so, wie es richtigerweise angemahnt werden muss, untersetzt werden muss anhand von Projekten, die dann ausfinanziert werden müssen. Dazu dient dieser Antrag.

Ich sehe das ähnlich wie in der gestrigen Debatte, meine Position hat sich da nicht geändert. Wenn es zum Beispiel um Berufsschulen geht, dann geht es um eine Gleichberechtigung von Praxis und Theorie, das heißt von Wirtschaft und Bildung. Und wir alle sind uns immer einig, dass Bildung den Schlüssel für die Zukunft, für den Erfolg darstellt. So ist auch dieser Antrag zu verstehen, dass wir gleichberechtigt den schon gut entwickelten Bereich Wirtschaft weiter intensivieren, aber den Bereich Bildung möglicherweise auf eine neue Stufe heben durch konkretes Handeln.

Ich danke Ihnen, dass wir so eine große Übereinstimmung hier im Parlament erreicht haben. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/2831. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/2831 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Rechtliche Regelungen zur Kinder- und Jugendgesundheit konsequent anwenden – schulärztliche Untersuchungen umfassend und flächendeckend durchführen, Drucksache 6/2825.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Rechtliche Regelungen zur Kinder- und Jugendgesundheit konsequent anwenden – schulärztliche Untersuchungen umfassend und flächendeckend durchführen – Drucksache 6/2825 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mecklenburg-Vorpommern – das Gesundheitsland, Mecklenburg-Vorpommern – das Land mit den Kindergesundheitszielen „Chancengleich gesund aufwachsen“,

(Udo Pastörs, NPD: Mann, Mann, Mann!)

Mecklenburg-Vorpommern – das Land, das in seinem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst sowie in der Schulpflegeverordnung die Schuluntersuchungen der Kinder und Jugendlichen unter anderem in den Jahrgangsstufen 4 und 8 rechtlich eindeutig regelt, Mecklenburg-Vorpommern – das Land, das genau dieses Recht nicht einhält, das Land, das schlicht seine Kinder nicht umfassend untersucht.

Das Gesundheitsland hat es vor drei Jahren unglaublicherweise gerade einmal geschafft, in Nordwestmecklenburg die beachtliche Anzahl von fünf Kindern der Klassenstufe 4 und zwei Kindern der Klassenstufe 8 zu untersuchen. Das Gesundheitsland kam den selbst gestellten Pflichten in diesem Zeitraum lediglich bei rund 30 Prozent der 14-Jährigen und bei circa 50 Prozent der 10-Jährigen nach. Ich rede hier nicht über eine freiwillige Leistung, nicht über ein zusätzliches Angebot, sondern unser Antrag beschäftigt sich damit, dass das Land seine Pflichtaufgabe nicht erfüllt und wir die Regierung auffordern, diese grobe Fahrlässigkeit umgehend zu beenden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Richtig.)

Wer die Gesundheit seiner Kinder derart links liegen lässt, wer sein eigenes Recht nicht umsetzt, der ist weit von dem Recht entfernt, sich mit den Bezeichnungen „Gesundheitsland“ oder „Kinderland“ zu schmücken.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie will MecklenburgVorpommern seine Kindergesundheitsziele umsetzen, wenn es nicht einmal weiß, wie krank seine Kinder sind? Den Schülerinnen und Schülern helfen keine wohlfeilen Ankündigungen oder gar ein Kinder- und Jugendgesundheitsbericht, dem die Datengrundlage fehlt, aber aus dem die ehemalige Sozialministerin ableitet, dass der Bericht zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Den richtigen Weg beweist sie unter anderem daran, dass sich der Gebisszustand der Schülerinnen und Schüler sowohl der Klassen 1 bis 4 als auch der 5. und 6. Klasse kontinuierlich verbessert hat. Richtig, genau von den 60 Prozent, die man lediglich untersucht hat, kann man das ganz eindeutig ableiten. Die Logik der Landesregierung besteht nämlich darin, dass der Gebisszustand gesünder wird, je weniger Mädchen und Jungen untersucht werden. Und mit diesen Erkenntnissen geht man dann auch noch hausieren, erstellt Berichte und ist auf dem richtigen Weg.

Der richtige Weg ist hier nur der eine: Die Landesregierung muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit jedes Jahr jedes Kind von Klasse 1 bis 12 zahnärztlich untersucht werden kann. So besagt es das Gesetz. Aber auch davon ist man weit entfernt. In Nordwestmecklenburg, Rostock oder auch im Landkreis LudwiglustParchim untersuchte man lediglich jedes vierte Kind. Und wenn man seine eigenen Erhebungen ernst nehmen würde, hätte der Regierung auffallen müssen, dass in Schwerin 116 Prozent der Kinder und Jugendlichen untersucht wurden. Hier macht Übertreibung anschaulich,

aber nur anschaulich, wie achtlos man mit Daten und Untersuchungen umgeht.

Achtlos ist die Landesregierung auch bei der Umsetzung der gesetzlichen Pflicht, Förderschülerinnen und Förderschüler jährlich ärztlich untersuchen zu lassen. Diese Kinder werden weder jährlich noch flächendeckend in den Jahrgangsstufen 4 und 8 untersucht.

(Regine Lück, DIE LINKE: Richtig. Das ist unmöglich.)

Auch das ist ein Gesetzesverstoß.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist ein Skandal!)

Mecklenburg-Vorpommern hält diese gesetzliche Pflicht wissentlich nicht ein, ignoriert sie sogar und versucht es weiterhin unter dem Mantel bedrückter Mienen und Ausreden auch noch zu erklären und zu rechtfertigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, in der Antwort auf eine unserer Kleinen Anfragen heißt es, ich zitiere: „Die Landesregierung registriert mit Sorge, dass die schulärztlichen Untersuchungen nicht vollständig durchgeführt werden … Trotz intensiven Bemühens ist es den jugendärztlichen Diensten der Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte nicht möglich, die schulärztlichen Untersuchungen in vollem Umfang durchzuführen. Die Stellenpläne der Landkreise und kreisfreien Städte … lassen dies nicht zu.“ Ende des Zitats.

(Regine Lück, DIE LINKE: Traurig, traurig.)

Sie betrachten also mit Sorge, dass Sie nicht handeln. Sie betrachten mit Sorge, dass die Finanzzuweisungen des Landes an die Kreise und kreisfreien Städte zu gering sind, um weitere Ärztinnen und Ärzte sowie Arzthelferinnen einzustellen. Sie wissen, das belegen Sie in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, dass zehn weitere Stellen notwendig wären, um allein die Schuluntersuchungen flächendeckend durchführen zu können. Sie wissen das und schaffen weder die Rahmenbedingen für die Realisierung dieser Pflichtaufgabe, noch ergreifen Sie Maßnahmen, um auf die Umsetzung der so wichtigen Untersuchungen hinzuwirken.

(Regine Lück, DIE LINKE: Kann man nicht verstehen.)

Aber anstatt zu handeln, lenken Sie ab und gaukeln mir in der gleichen Antwort vor, ich zitiere, dass sich die Landesregierung „in der Umsetzung notwendiger Maßnahmen zur Erhöhung der Lebenskompetenzen, zur Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten und für mehr Bewegung gestärkt“ sieht. Ende des Zitates und Ende meines Verständnisses dafür, dass ein Nichtstun auch noch schöngeredet wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wie können Sie sich gestärkt sehen, wenn der Anteil jener Kinder, die unter Übergewicht und Adipositas leiden, jährlich kontinuierlich steigt? Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass schicke Versprechungen und Ankündigungen Wirkung zeigen, wenn jedes dritte untersuchte Kind, ob in Klasse 4 oder in Klasse 8, über- gewichtig oder krankhaft dick ist und ebenfalls jedes

dritte Kind unter einer Herabsetzung der Sehschärfe leidet?

(Julian Barlen, SPD: Ist das jetzt der Arbeitskreis Pädagogik, oder was?)

Glauben Sie wirklich, Ihren Weg des Wegguckens weitergehen zu können, wenn jedes zweite untersuchte Kind an Förderschulen an Übergewicht oder Adipositas leidet? Sie, Herr Barlen, versagen durch Ihr ignorantes Verhalten den Kindern und Jugendlichen nicht nur die ihnen zustehenden Untersuchungen, sondern auch eine unbeschwerte und vor allem gesunde Entwicklung.

Sehr geehrte Damen und Herren, meine Fraktion fordert die Landesregierung auf, umgehend die Rahmenbe- dingungen so auszugestalten, dass jede vorgeschriebene kinder- und jugendärztliche Schuluntersuchung landesweit und kontinuierlich durchgeführt wird. Für uns ist es wesentlich wichtiger, Ärzte und Krankenschwestern einzustellen, um gesunde Kinder zu haben, als mit Rücklagen vermeintlich die Zukunft des Landes zu stärken. Es ist genau diese Zukunft, die Sie in der Gegenwart vernachlässigen, wenn Sie den Mädchen und Jungen weiterhin das Recht auf eine gesunde Entwicklung verwehren.

(Rainer Albrecht, SPD: Das ist doch nicht wahr.)

Wer als Land seiner eigenen gesetzlichen Pflicht nicht nachkommt – und darüber können Sie nicht hinwegtäuschen, Sie erfüllen die gesetzliche Pflicht der Schuluntersuchungen nicht –, der ist unglaubwürdig und nicht an wirksamer Hilfe und Unterstützung interessiert.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Nur wenn dieser Gesundheitsschutz gewährt wird, ist es auch möglich, Kindeswohlgefährdungen frühzeitig und landesweit zu erkennen. Gelingt es, auch nur ein einziges Kind vor nie wieder gutzumachenden Schäden zu bewahren und vor kaum heilenden Wunden zu schützen, dann haben sich jede Anstrengung und jedes konsequente Handeln gelohnt. Deshalb sollte es für Sie jetzt ganz konsequent und selbstverständlich sein, dem Antrag meiner Fraktion zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.