Protocol of the Session on April 9, 2014

dass dieser Gesetzentwurf weich gespült wird, denn er ist doch schon löchrig, löchrig wie ein Schweizer Käse.

(Torsten Renz, CDU: Och, das ist nicht Ihr Ernst! Das ist nicht Ihr Ernst!)

Im Übrigen, in der Schweiz wird Mitte Mai eine Volksabstimmung durchgeführt über einen gesetzlichen Mindestlohn

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

von 22 Franken, das sind 18 Euro. Das wollte ich Ihnen bloß mal am Rande mitteilen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, das ist ihr Modell vom Mindestlohn.)

Von einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, und zwar für alle, sind wir noch ein ganzes Stück entfernt. Jugendliche unter 18 Jahren sollen herausfallen, wie in dem Gesetzentwurf zu lesen ist, Auszubildende sowieso, Rentnerinnen und Rentner und Saisonarbeitskräfte fallen ebenfalls heraus.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und was mit den Langzeitarbeitslosen gemacht wird, das geht ja gleich gar nicht! Die sollen schlechter behandelt werden als jeder andere, der in Arbeit kommt beziehungsweise in Arbeit ist.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Bis zu einem halben Jahr sollen sie überhaupt nicht von dem Mindestlohn profitieren.

Die Große Koalition, Herr Kokert und Herr Nieszery, hat schlicht und ergreifend den Koalitionsvertrag nicht erfüllt.

(Vincent Kokert, CDU: Gut, dass Sie uns darauf hinweisen.)

Bundesministerin Nahles hat sich von der CDU und von den Arbeitgebern im wahrsten Sinne des Wortes über den Tisch ziehen lassen und herausgekommen ist ein Mindestlohngesetz, das die Zweiklassengesellschaft zementiert.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Aber selbstverständlich.

(Vincent Kokert, CDU: Mit den zwei Ausnahmen, die Sie eben nannten?! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wenn denn der Satz, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, irgendjemandem, und besonders in der SPD, noch etwas wert sein soll, dann darf dieses Gesetz nicht ad absurdum geführt werden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Eine unmissverständliche Lohnuntergrenze, meine Damen und Herren der CDU, sieht nun wirklich anders aus. Warum werden denn Spargelstecher und Erdbeerpflücker ausgenommen? Das ist doch Knochenarbeit! Warum werden diese nicht in das Mindestlohngesetz einbezogen? Das muss man mir mal erklären. Die Halbjahresfrist für die Langzeitarbeitslosen ist doch Diskriminierung in Reinkultur. Sie reden von einer Brücke in den Arbeitsmarkt. Die Brücke hat immer einen Anfang und ein Ende, aber diese Brücke hat kein Ende.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Das ist richtig. Jawohl.)

Das führt nämlich dazu, dass der Missbrauch jetzt schon vorprogrammiert ist, weil die Unternehmen möglicherweise genau diese Lücke nutzen werden, denn der Kündigungsschutz beginnt erst nach einem halben Jahr. Wer sagt Ihnen denn, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht kurz vor Ende des halben Jahres diese Langzeitarbeitslosen wieder entlassen und neue Langzeitarbeitslose einstellen, und zwar unter dem gesetzlichen Mindestlohn?

Das ist eine harte Kritik, die ich hier formulieren will, denn es geht nicht so, wie Sie das beschreiben und wie das auch die Bundesarbeitsministerin gemacht hat.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Diese Menschen gehen dann zurück in Hartz IV, in die Grundsicherung, und das kann nicht Anliegen eines Gesetzes über den flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland sein, auch nicht in Mecklenburg-Vorpom- mern. Das hier ist kein Anreiz, es gibt diesen Anreiz gar nicht. Diese Regelung hilft den Langzeitarbeitslosen kein Stück weiter, im Gegenteil. Diese Brücke wird gar nicht aufgebaut, es ist eine Barriere. Die Losung, die ausgegeben wurde, es handle sich um diese Brücke, ist eine bewusste Irreführung. Damit werden die Langzeitarbeitslosen zur Niedriglohnreserve in Mecklenburg-Vorpom- mern und in Deutschland.

Reden wir über die 8,50 Euro. Im Land sind wir uns ja einig über das Vergabegesetz. Die 8,50 Euro wurden eingeführt. Da gibt es auch entsprechende Kritiken,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

aber, Herr Kokert, aktuell können Sie für 8,50 Euro zwölf Liter Milch kaufen oder vier Paar billige Socken – die kaufen Sie nicht, Sie kaufen andere –,

(Vincent Kokert, CDU: Sie nicht? Sie nicht?)

eine DVD im Sonderangebot oder eine Pizza beim Italiener. Vor drei Jahren haben Sie für die 8,50 Euro noch vierzehn Liter Milch, also zwei Liter mehr bekommen oder eben zwei Pizzen.

(Vincent Kokert, CDU: Na, Gott sei Dank ist der Milchpreis gestiegen, Herr Holter! Gott sei Dank ist der Milchpreis gestiegen!)

Der Milchpreis, das weiß ich auch, dass der Milchpreis …

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ein Beispiel, da können Sie sich Hände und Füße dran wärmen!)

Es geht doch bloß um den Vergleich, dass das Leben teurer geworden ist. Ich hätte auch andere Beispiele nehmen können.

(Vincent Kokert, CDU: Wären Sie mal dabei geblieben.)

2018 wollen Sie jetzt das erste Mal über die Höhe des Mindestlohns beraten.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das ist viel zu spät, wo heute schon alle wissen, dass die 8,50 Euro nicht ausreichen,

(Vincent Kokert, CDU: Und Sie wollen jetzt 10 Euro und so weiter.)

um nicht …

Wir wollen 10 und sogar mehr Euro, wenigstens 10 Euro, weil 8,50 Euro heißt, Herr Kokert,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

auch nach 45 Jahren Arbeit erhalten die Menschen nur die Mindestrente, wenn denn überhaupt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und wenn Sie bei 10 Euro sind, dann wollen Sie 12. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und sie gehen wieder zum Amt, um einen Zuschuss zur Rente zu bekommen. Deswegen: Der Mindestlohn muss armutsfest sein, armutsfest heute und in der Zukunft, wenn die Menschen dann in Rente sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und deswegen: mindestens 10 Euro – flächendeckend, deutschlandweit und regelmäßig angepasst.

(Vincent Kokert, CDU: Mindestens 10 und dann sind Sie nachher bei 12.)

Mindestens 10, wenn nicht sogar mehr. Frau von der Leyen hat sogar mal von 12 Euro und noch was gesprochen, wenn wir uns gemeinsam daran erinnern.

(Vincent Kokert, CDU: Ich weiß, was Frau von der Leyen gesagt hat. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Jüngst auf dem Saisonauftakt der Tourismusbranche hatte Herr Zöllick, der Präsident des DEHOGA in Mecklenburg-Vorpommern gefordert, wer von dem Mindestlohn spricht und ihn einfordert, muss auch über Folgen sprechen. Na, selbstverständlich wird es Preissteigerungen geben, das ist doch klar, das habe ich hier mehrfach gesagt, auch in der Öffentlichkeit. Und diese Preissteigerungen sind auch vernünftig. Deswegen geht es nicht an, dass Menschen in Gruppen und einzelne Menschen von dem Mindestlohn ausgeschlossen werden! Wir wollen nämlich die Kaufkrafterhöhung, damit die Friseurin und der Kellner tatsächlich einen guten Lohn verdienen,