Wenn man sich vor Augen hält, welche fachlichen, finanztechnischen, rechtlichen oder auch organisatorischen Anforderungen durch die Vorstände aller Ebenen heute und künftig gemeistert werden müssen, dann meine ich, dass sich unsere Anerkennungskultur noch weiter ausprägen lässt. Auch hier sollte zumindest Einigkeit im Landtag bestehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der konkrete Anlass für den vorliegenden Antrag ist nicht irgendwelcher Unmut hinterm Gartenzaun. Den wird es immer wieder geben. Anlass ist vielmehr der offene Brief des Landesverbandes der Gartenfreunde von Ende Oktober des letzten Jahres an den Innenminister, die Berichterstattung darüber in der Fachzeitschrift des Landesverbandes sowie zahlreiche Vor-Ort-Gespräche. In dem offenen Brief wird beklagt, dass es seit mehreren Jahren die Bitte an den Innenminister gibt zu einem Gesprächstermin und dass es seit mehreren Jahren keine Reaktion aus dem Innenmi- nisterium gibt. Und wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, es ist doch alles in Ordnung, dann, muss ich Ihnen sagen, wissen Sie offensichtlich nicht, welche Erwartungshaltung bei den Gartenfreunden im Land besteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Innenminister – unterwegs nach Berlin –, ich habe an dieser Stelle nicht zu bewerten, wann und wie die Ministerien beziehungsweise die Landesregierung mit Landesverbänden korrespondieren und wie hierbei Federführung und Abstimmung organisiert sind, ich möchte aber zwei Dinge feststellen:
Zum einen ist an der Kleingartenfront ein gewisser Unmut in Richtung Landesregierung unüberhörbar. Um es sachlich auszudrücken: Man fühlt sich mit den wachsenden Problemen zunehmend alleingelassen.
Zum anderen wird die Auffassung vertreten – und das ist inzwischen auch mein Standpunkt –, es reicht nicht mehr aus, die Verantwortlichkeit für das Kleingartenwesen innerhalb der Landesregierung allein beim Landwirtschaftsministerium und seinem Minister festzumachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag verkennt ausdrücklich nicht die Aktivitäten des Landwirtschaftsministers bezüglich des Kleingartenwesens. Ich denke hier etwa an seine Teilnahme am Zukunftsforum „Kleingärten Rostock“ oder auch an das Modell der Seniorengärten. Ich meine aber, dass die veränderten demografischen, sozialen, finanziellen oder ökologischen Rahmenbedingungen des Kleingartenwesens auch in unserem Land die Vereine, die Kommunen und die Landespolitik gleichermaßen herausfordern,
(Helmut Holter, DIE LINKE: Kleingärten geht alle an. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau. Insbesondere im Kommunalwahljahr.)
und auf Landesebene scheint mir hierbei eine konzertierte Aktion der gesamten Landespolitik dringend geboten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Brief, lieber Kollege Nieszery, ich sage es noch mal, stammt vom Oktober des letzten Jahres, veröffentlicht in der Januarausgabe des Landesverbandes der Gartenfreunde, hat so vordergründig mit Kommunalwahlkampf nichts zu tun.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, nein, nein! – Vincent Kokert, CDU: Nein, nein! – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Entschuldigen Sie bitte! Entschuldigen Sie bitte, dass ich das Wort in den Mund genommen habe. Entschuldigen Sie bitte!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Koalitionsvereinbarung in Ziffer 337 die Kommunen „ermutigt, ihre gesetzlich bestehenden Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen“, dann ist das zunächst in Ordnung. Das steht aber nicht automatisch im Einklang mit Ziffer 181 der Koalitionsvereinbarung, das Kleingartenwesen „weiterhin unterstützen“ zu wollen. Dank und Anerkennung reichen hier nicht aus.
Und wenn Sie meinen, das ist ein Thema im Kommunalwahlkampf, dann würde ich an Ihrer Stelle diesen Antrag nicht ablehnen, sondern intensiv eine Behandlung dieses Antrages befördern, um zu zeigen, dass Sie die wahren Gartenfreunde im Land sind.
(Vincent Kokert, CDU: Damit Sie sich dann feiern können, Herr Ritter. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier ist zwischen den Ressorts und zwischen Land, Kommunen und Vereinen Einvernehmen über die Zukunft des Kleingartenwesens und daraus abzuleitende Maßnahmen herzustellen. Ob Leerstand oder notwendiger Rückbau, ob Senioren- oder Schulgärten, ob Förderung der Abwasserbeseitigung oder kommunale Abgabenbelastung – mit dem vorliegenden Antrag soll der Landtag dem Kleingartenwesen im Land zunächst politisch den Rücken stärken. Der von der Landesregierung darüber hinaus eingeforderte Bericht muss Grundprobleme der Zukunftssicherung unserer Kleingärten aufgreifen. Dieser Bericht, der noch in diesem Jahr vorliegen sollte, kann dann eine belastbare Grundlage sein für politische und strategische Entscheidungen dieses Landtages zur Zukunft des Kleingartenwesens in Mecklenburg-Vorpommern. Und ich weiß nicht, welche Gründe dagegensprechen sollten, einen solchen Bericht zu erstellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben einer soliden Bestandserfassung sollte der Bericht Aussagen enthalten zu den finanziellen Belastungen der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner über die Pacht hinaus sowie zur Pachtentwicklung. Er sollte Grundlage für einen noch
zielgerichteteren Einsatz bisheriger Fördermittel sowie den künftigen Förderbedarf sein. Der Bericht sollte Hilfe sein für planerische Entscheidungen kommunaler Verpächter und kommunaler Partner. Eine Bewertung bestehender rechtlicher Rahmenbedingen oder auch Empfehlungen zur Fortentwicklung des organisierten Kleingartenwesens könnten diesen Bericht abrunden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei dem von meiner Fraktion eingeforderten Bericht betritt unsere Landesregierung kein Neuland, sondern kann an die gute eigene Tradition und vorliegende Erfahrungen anderer Bundesländer anknüpfen. Aus diesem Grund bitte ich um eine breite Zustimmung zu diesem Antrag. – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kleingartenwesen nimmt innerhalb der heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einen besonderen Stellenwert in unseren Städten und Gemeinden ein und steht nach wie vor im Fokus der Landesregierung, auch ohne dass es eines gesonderten Antrages bedarf.
Über 80.000 Kleingärten in Mecklenburg-Vorpommern sorgen dafür, dass sich Jung und Alt, Beschäftigte aller Berufe und Nichterwerbstätige, Familien und Alleinstehende begegnen können. Sie sorgen für den Dialog zwischen den Generationen und zwischen Einheimischen und Hinzugezogenen. Sie sind in vielen innerstädtischen Gebieten die grüne Lunge und ökologisch wertvolle Rückzugsfläche. Sie sind ein willkommener Ausgleich für innerstädtisches Wohnen in verdichteten Stadtquartieren und bieten den Kleingärtnern in den Vereinen ein soziales Netz.
In M-V gibt es mehr als 1.000 Vereine. Die Kleingärtner bewirtschaften insgesamt eine Fläche von etwa 3.700 Hektar. Das Kleingartenwesen wurde seit 1999 mit Fördermitteln in Höhe von insgesamt 1,18 Millionen Euro für Vereinsheime, Außeneinfriedungen, Kinderspielplätze, Erholungs- und sanitäre Einrichtungen, Anlagen zur Abwasserentsorgung, Pflanzungen von Bäumen und Gehölzen sowie Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Weiter wurden speziell für die Anpassung der Abwasserentsorgung an den Stand der Technik zusätzliche Fördermittel in Höhe von 148.000 Euro aus Mitteln der Abwasserabgabe zur Unterstützung von Abwassermaßnahmen in Kleingartenanlagen ausgezahlt. Außerdem wurden die Schulungskosten für über 100 Mitglieder von Kleingartenvereinen übernommen, die zu Dichtheitsprüfern für vorhandene Abwasseranlagen ausgebildet wurden.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Dichtheitsprüfung müsste man auch mal machen. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU und Peter Ritter, DIE LINKE)
Gerade der Abwasserentsorgung hat sich die Landesregierung ganz besonders gewidmet. Zum Ende des Jahres 2013 konnte eingeschätzt werden, dass bei circa 75 Prozent aller Parzellen, bei denen die Abwasserbeseitigung angepasst werden musste, die Arbeiten erledigt sind. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der noch nicht abgeschlossenen Vorhaben das Ziel bis zum Beginn der nächsten Saison erreichen wird.
Im Landeskleingartenausschuss unter Leitung des Ministers, für den ich hier gerade stellvertretend stehe, beraten Vertreter der Kleingartenverbände, des Landtages, des Städte- und Gemeindetages und des Landkreistages aktuelle Probleme. Für spezielle Fragen, insbesondere wenn für ein Problem die Mitarbeit anderer Ressorts benötigt wird, werden weitere Fachleute dazu geladen.
Während die Abwasserfrage auf einen guten Weg gebracht wurde, stehen andere Fragen auf der Tagesordnung, wie zum Beispiel die Pachthöhe, die Gemeinnützigkeit, die Beteiligung der Vereine an kommunalen Aufgaben und vor allem natürlich die Leerstandsproblematik.
Bei der Pachthöhe gibt es nicht so sehr viel Spielraum. Das Bundeskleingartengesetz macht hier die Vorgaben. Die Pachthöhe ist auf das Vierfache der Pachten im gewerblichen Obst- und Gemüseanbau begrenzt. Dabei ist es natürlich nicht vorgeschrieben, dass diese Obergrenze in jedem Falle ausgereizt wird, auch wenn das manche gern so darstellen. Es handelt sich um eine Obergrenze. Das heißt, man darf auch weniger verlangen. Andererseits weiß ich natürlich, dass die meisten Kommunen nicht nur auf jede mögliche Einnahme angewiesen sind, sondern sie durch das Haushaltsgesetz geradezu verpflichtet sind, die Einnahmemöglichkeiten maximal auszuschöpfen. Ähnlich sieht es bei den kommunalen Abgaben aus, auch wenn es da einen größeren Entscheidungsspielraum gibt.
Die Fraktion DIE LINKE hat mit ihrem Antrag vorgeschlagen, eine umfassende Analyse des Kleingartenwesens in unserem Land zu erstellen, die in einen Bericht zur Situation des Kleingartenwesens münden soll. Auf dieser Basis sollen dann politische, rechtliche und ökonomische Handlungsfelder definiert sowie Zukunftsstrategien formuliert werden. Das sieht nach einem guten Ansatz aus. Die Umsetzung wird aber außer viel, viel Arbeit und vordergründigem Aktionismus nicht viel Neues bringen.
Es gibt zu den Fragen, die damit untersucht werden sollen, schon bundesweite und sehr fundierte Studien, in die unser Bundesland sehr umfassend eingebunden wurde. Das sind zum einen die Studie mit dem Thema „Städtebauliche, ökologische und soziale Bedeutung des Kleingartenwesens“ aus dem Jahre 2008 und zum anderen die Forschungsarbeit zum Thema „Bewältigung der Leerstandsproblematik in Kleingartenanlagen in strukturschwachen Regionen“ aus dem Jahre 2012 – beide erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
In die statistischen Erhebungen für die beiden Forschungsberichte waren nicht nur Verbände, Kommunen und Verwaltungen unseres Bundeslandes einbezogen,
sondern es erfolgten hier auch Fallstudien in ausgewählten Gemeinden. Auf der Grundlage dieses sehr umfangreichen Materials wurde die Situation des Kleingarten- wesens in den verschiedenen Regionen analysiert. Es wurden Handlungsoptionen für die Bewältigung der Leerstandsproblematik und der Sicherung beziehungsweise Weiterentwicklung der Kleingartenanlagen entwickelt. Es ist nicht zu erwarten, dass die Wiederholung der Untersuchung zu wesentlichen, darüber hinausgehenden Erkenntnisgewinnen führt.
Der Arbeitskreis Kleingartenwesen beim Deutschen Städtetag und die Gartenamtsleiterkonferenz haben im Jahr 2011 in einem Strategiepapier aufgezeigt, welche Handlungsfelder zu bearbeiten sind, um das Kleingartenwesen nachhaltig positiv zu beeinflussen. Auch wenn es darin vorrangig um das urbane Kleingartenwesen ging, ist das Papier verallgemeinerungsfähig. Wir müssen also das Rad nicht noch einmal erfinden.
Und wir müssen auch keine teure und aufwendige Studie erstellen, nur um der interessierten Öffentlichkeit zu signalisieren, dass das Kleingartenwesen einen festen Platz auf der politischen Agenda der Landesregierung hat. Innerhalb der Landesregierung besteht Einigkeit, dass das Kleingartenwesen in Mecklenburg-Vorpommern eine wichtige gesellschaftliche, soziale und ökologische Funktion hat. Daher haben wir die Sicherung und die Weiterentwicklung der Kleingärten in den einzelnen Ressorts auch mit einem hohen Stellenwert versehen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE versucht mit ihrem Antrag, das Kleingartenwesen verstärkt in den landespolitischen Fokus zu nehmen, den Anschein zu erwecken, dass die Koalition und die Regierung in dem Bereich untätig sind. Dem, meine Damen und Herren, ist nicht so. Das haben wir eben auch von Frau Ministerin Polzin gehört.
Meine sehr geehrten Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, Ihnen wird sicherlich bekannt sein, dass bereits im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU in die Nummern 180 und 181 Folgendes aufgenommen wurde: „Die Kleingärtner und ihre Verbände erfüllen vielfältige soziale, ökologische, kulturelle … Funktionen, die für unsere Gesellschaft unverzichtbar sind.“
„Die Koalitionspartner werden Investitionen in Gemeinschaftseinrichtungen zur Abwasserbeseitigung in Kleingartenanlagen des Landeskleingartenverbandes unterstützen.“ Und: „Die Imkerei, die Jagd, die Angelfischerei und das Kleingartenwesen sind ökologisch wertvolle Formen der Naturnutzung, welche durch die Koalition weiter unterstützt werden.“ Zitatende.
Wie Sie sehen, braucht es nicht erst Ihres Antrages der LINKEN, damit die Landesregierung die gesellschaftliche Bedeutung des gemeinschaftlichen Kleingartenwesens erkennt. Zu dieser Erkenntnis ist sie bereits vor Ihrer Fraktion gelangt.
(Vincent Kokert, CDU: Das trifft DIE LINKE hart jetzt. – Egbert Liskow, CDU: Siehste. – Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)