Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe das verfolgt, wie gesagt, über mehr als zehn Jahre. Ich habe hier die Totengeläute so oft gehört in diesem Land, was die maritime Industrie angeht. Und vor dem Hintergrund der Wandlungsfähigkeit der Industriestandorte und auch der Kompetenzen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den jeweiligen Standorten haben, habe ich allerdings doch die Hoffnung, dass es vielleicht – mit aller Vorsicht –, vielleicht nicht unbedingt der weiße Ritter als Werftinvestor sein wird, der hier noch durch das Land oder, besser gesagt, über die See geritten kommt, aber dass es uns vielleicht doch noch gelingen wird, gemeinsam in diesem Land einen Industriestandort tatsächlich so zu sichern, dass die Beschäftigten dort vor Ort sagen können, das, was ich gelernt habe, das, was ich kann, das, was ich an Fähigkeiten und Kompetenzen habe, ist genau das, was derjenige, der hier jetzt investiert hat, von mir erwartet, und deswegen bin ich mit meiner Arbeit zufrieden und mache meine Arbeit auch gut. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, daran lassen Sie uns gemeinsam arbeiten! – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich habe sehr gut zugehört vorhin, als Sie hier vortrugen, und ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn ich Ihnen vorwerfen muss, dass Sie eine Strategie verfolgt haben, die Sie schon seit gut anderthalb Jahren verfolgen, die man umschreiben könnte mit totschweigen, hinhalten, tarnen, täuschen und sich aus dem Staube machen.
Was haben Sie hier eben zum Besten gegeben? Sie haben hier mit einer Träne im Knopfloch Folgendes vorgetragen, ich zitiere Sie: Wir brauchen eine „tragfähige, langfristige Lösung“. Wer würde das bezweifeln? Wir müssen „klug den Insolvenzverwalter unterstützen“. Schuldig geblieben sind Sie, wie. Das ist nach dem Insolvenzrecht schlechterdings fast unmöglich, weil der Insolvenzverwalter nur einen originären Auftrag hat: für die Gläubiger möglichst viel aus der Konkursmasse zu erlösen.
Und dann haben Sie hier ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass wir nicht konkurrenzfähig seien in Mecklenburg-Vorpommern, indem Sie ausführten: In Asien werden Schiffe gebaut zu Konditionen, da können wir – wörtliches Zitat von Ihnen – „nicht mithalten“.
dass die „Ostsee-Zeitung“ morgen eine ähnliche Überschrift formuliert wie in der letzten Woche: „Onkel Sellering, die Zweite“. Das würde ganz genau das treffen, was Sie hier vorhin diesem Parlament zugemutet haben.
Tatsache ist, dass Sie Hoffnungen geweckt haben. Tatsache ist, dass Sie schwadroniert haben davon, dass eventuell die vollkommen falsch konstruierten Fähren bei einer Übernahme eines Investors der P+S Werften dann hier wieder für Arbeit sorgen würden. Das heißt also, dass das, was mit Fördergeldern gebaut worden ist, falsch gebaut worden ist, dann wiederum mit Fördergeldern hier auf der Werft repariert oder zurechtgebogen werden könnte. Dieser Traum ist ebenfalls geplatzt. Die Eigner der beiden Fähren haben weltweit ausgeschrieben und so, wie Sie es richtig gesagt haben, werden die Preise sich dort in einem Bereich befinden, wo Mecklenburg-Vorpommern als Standort nicht konkurrenzfähig ist. Und das wissen Sie ganz genau.
Die maritime Industrie in diesem Land hat in den letzten zehn Jahren mindestens 3.500 Arbeitsplätze verloren. Auf der hier in Rede stehenden Werft waren 1.600 Menschen beschäftigt in der Spitze, im Schnitt 1.200. Wir haben gerade noch 300 und die qualifiziertesten Mitarbeiter – Ingenieure, Meister, Facharbeiter, Gesellen – sind längst über alle Berge und haben sich umorientiert.
Warum sagen Sie nicht, was jeder weiß und was auch die Arbeiter vor Ort wissen? Die Werft ist tot und bis heute ist kein Unternehmer da, der bereit ist, für die Werft auch nur 100 Millionen Euro cash auf den Tisch zu legen.
Zu Herrn Waldmüller von der CDU möchte ich noch kommen, der hier ausführte, ja, das ist nicht so einfach, Sie müssen sich Folgendes vorstellen, Zitat Herr Waldmüller: „Potenzielle Käufer müssen“ nun ihre Finanzkraft nachweisen, haben Sie gesagt.
der Kaufinteresse bekundete, wo sich dann am Ende herausstellte, dass er das Kleingeld nicht in der Tasche hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist bis heute nicht in der Lage, ich wiederhole das hier, überhaupt zu definieren, konkret zu definieren, welchen Wert denn die Konkursmasse der P+S Werften darstellt. Das können Sie, Herr Ministerpräsident, bis heute hier dem Parlament nicht mitteilen. Und Sie können auch nicht vom Plan B hier Kunde ablegen, dass
dieser überhaupt besteht. Wenn Sie dann sagen, das darf man nicht öffentlich verhandeln, da würden eventuell potenzielle Investoren abgeschreckt, wie das Herr Schulte vorhin hier ausführte, dann sagen Sie dem Parlament und den Arbeitern vor Ort doch bitte, haben Sie denn überhaupt einen Plan B, ohne dass Sie konkret hier sagen, wie der aussieht.
Wir von der NPD sagen Ihnen, Sie haben weder einen Plan B noch einen Plan C. Sie tauchen weg und hoffen, dass irgendjemand kommt, der Ihnen das Problem abnimmt. Das wird aber nicht geschehen, weil in den Standort, leider, in diese Werft, in die Werften überhaupt Milliarden Subventionen hineingeflossen sind seit der Wende und wir auf dem absteigenden Ast sind.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eins sagen: Sie werden die Wandlungsfähigkeit dieser Standorte nur dann fortführen können, wie in den letzten Jahren auch festzustellen ist, wenn Sie weiterhin hohe Millionenbeträge, hohe Millionenbeträge an Subventionen, an Bürgschaften et cetera pp. in diesen Standort hineinpumpen. Wir stellen uns die Frage, nachdem Sie uns erklärt haben, dass die Standorte eh nicht wettbewerbsfähig sind, was den Schiffbau angeht, inwieweit Sie es verantworten können, den Arbeitern und den Menschen weiterhin zu erzählen, die Werftindustrie hätte Zukunft, auf der einen Seite, und auf der anderen Seite resultierend aus Ihrer Feststellung dann in die Steuerkasse greifen, um dem Steuerzahler klarzumachen, dass in Zukunft selbstverständlich auch mit Milliardenverlusten zu rechnen ist, Hauptsache Ihre Scheinwelt können Sie noch solange aufrechterhalten, wie Sie hier Ministerpräsident spielen wollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will noch mal daran erinnern, warum wir im Januar diesen Dringlichkeitsantrag ge- stellt haben. Wir haben unmittelbar vor der Landtagssitzung, nachdem DIE GRÜNEN die Aussprache beantragt hatten – das hatte ich bei der Einbringung noch mal ausgeführt –, festgestellt, dass seitens der Regierung der Ministerpräsident das Wort nicht ergreifen will.
In der Situation vor dem 31. Januar – und das war die konkrete Situation – hielten wir es für dringend geboten, dass der Ministerpräsident hier zu der Frage der Zukunft der Volkswerft Stralsund spricht. Das hat Erwin Sellering nicht getan. Das war aus der Rednerliste, aus dem Zeitplan zu erkennen und das war die Motivation, diesen Dringlichkeitsantrag zu stellen.
Er hat sich so entschieden. Das haben wir kritisiert. Jetzt haben wir die Aussprache dazu. Sachlich festgestellt: Deswegen reden wir heute darüber.
Wir sind, Herr Ministerpräsident – da, glaube ich, kennen wir uns beide gut genug –, und auch meine Fraktion, wir sind ernsthaft daran interessiert, dass es eine Zukunft an dem maritimen Standort in Stralsund gibt. Ich und auch die Fraktion DIE LINKE hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern können sich ein Küstenland ohne maritime Industrie einfach nicht vorstellen. Unser ganzes Bemühen, unser ganzes Ringen geht genau darum, eine Zukunft für einen maritimen Standort in Stralsund zu erreichen.
Das soll man nicht machen, aber ich will es kurz erwähnen. In der Zeit, als ich Arbeitsminister war, bekam ich den Auftrag, in Boizenburg …
(Heinz Müller, SPD: Lang, lang ist es her! – Torsten Renz, CDU: Das war die Zeit der steigenden Arbeitslosigkeit. – Udo Pastörs, NPD: Oh!)
Ich bekam den Auftrag, 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Boizenburger Werft zu erklären, hier ist Schluss. Das wünsche ich weder Frau Hesse, das wünsche ich nicht Herrn Glawe und das wünsche ich auch nicht Ihnen, Herr Ministerpräsident. Das können Sie mir abnehmen.
Und wenn es darum geht, eine Lösung für Stralsund zu finden, und das mit Ihrer Unterstützung passiert, dann gestehe ich Ihnen auch zu, und es ist Ihre Verantwortung, dass Sie uns erklären, es ist eine Lösung gefunden, da werden Sie auch von mir, von meiner Fraktion riesigen Beifall bekommen. So weit zu Ihrem Angebot und zu Ihren Aussagen, ob wir ernsthaft diese Sache verfolgen. In dem Sinne stimme ich auch Herrn Suhr vollkommen zu.
Und, Herr Schulte, wenn Sie sich noch an die vorangegangene Legislaturperiode erinnern – wir haben ja immer wieder die Auseinandersetzung, ich meine jetzt eine positive Diskussion über die Zukunft der maritimen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern geführt –, da habe ich in einer Debatte mal formuliert, es muss ja nicht unbedingt Schiffbau sein. Ich habe das damals so formuliert, wir müssen mal schauen, was unter dem Wasser, auf dem Wasser, über dem Wasser passiert, was heute mit Rohstoffgewinnung vom Meeresboden beschrieben wird, was mit Meeresautobahn beschrieben wird, was mit Windenergie und anderen Fragen beschrieben wird und viele andere Dinge mehr, die man jetzt alle aufzählen könnte. Da hat damals Herr Schulte zu mir gesagt, Herr Holter, Sie sind der Totengräber des Schiffbaus in Mecklenburg-Vorpommern. Ich fühle mich heute durch Ihre Rede erneut bestätigt, dass diese Vision durchaus richtig war, dass wir überlegen müssen, was gibt es denn nicht anstelle von, sondern im Zusammenhang mit maritimer Wirtschaft noch außer Schiffbau, um tatsächlich maritime Wirtschaft zu er- möglichen.
Weil der Ministerpräsident das hier angeführt hat und uns, den GRÜNEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – so viel Zeit muss sein – und den LINKEN, vorgeworfen hat, wir haben einen Untersuchungsausschuss hier einberufen: Na selbstverständlich, das ist unsere Verantwortung als Opposition, auch diese Frage aufzuklären. Aber, Herr Ministerpräsident, es sollte auch zu Ihnen vorgedrungen sein, dass wir im Untersuchungsausschuss dieser Tage einen ersten Schlüsselstand uns erarbeitet haben. Bei aller unterschiedlichen Bewertung, aber meine Fraktion hat gesagt, Ende 2009/Anfang 2010 war es genau richtig, dieses Risiko einzugehen und diese Entscheidung für die beiden Standorte Wolgast und Stralsund zu treffen, nämlich auch die Bürgschaften und die Kredite auszureichen. Da beißt die Maus keinen Faden ab, dazu stehen wir.
Das war auch gar nicht die Frage gewesen. Die Frage war: Was ist denn bis 2012 passiert? Aber da sind wir bei der Untersuchung noch nicht, da kommen wir im Einzelnen noch hin und da werden Sie garantiert auch als Zeuge geladen werden. Das haben wir ja schon mehrfach angekündigt.
Spannend ist die Frage, wie es denn nun weitergehen soll. Unbeantwortet bleibt auch die Frage: Wo werden die beiden Scandlines-Fähren zu Ende gebaut?
Sie sind in der Tat ausgeschrieben, aber es steht doch die Frage, warum es denn nicht und auch durch politische Einflussnahme erreicht werden kann, dass diese beiden Fähren in Stralsund zu Ende gebaut werden?