Protocol of the Session on January 30, 2014

Welche mag das wohl sein? Und genau das ist das rechtsextreme Spektrum in Deutschland und in unserem Bundesland inklusive NPD, inklusive Kameradschaften und inklusive Autonomgruppierungen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zurück zur Klausel. Es ist völlig klar, völlig klar und meines Erachtens auch gesamtgesellschaftlich unstrittig, dass keine Personen und keine Initiativen staatliche Förderung erhalten dürfen, die die wesentlichen Werte einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft, also die Achtung der unveräußerlichen Würde eines jeden Menschen, unabhängig von Herkunft, Glauben und Geschlecht, das Demokratieprinzip, die strikte Gewaltfreiheit, dass also niemand Förderung erhalten soll, der diese Werte nicht teilt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Und das ist nicht neu. Genau hierfür gab es schon lange vor der Einführung der sogenannten Extremismusklausel einschlägige Regelungen in der Förderpraxis. So wurde selbstverständlich per Unterrichtung beziehungsweise technisch gesagt per Auflagenbescheid klar dokumentiert, dass eine Förderung an solche Träger erfolgt, die mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und die Gewähr für eine in diesem demokratischen Sinne förderliche Arbeit bieten.

Mit dieser Vorgehensweise sind den Verwaltungen alle Möglichkeiten gegeben, einerseits die Möglichkeit, vertrauensvoll mit jenen Trägern zusammenzuarbeiten, die mit viel persönlichem Engagement und teils unter sehr schwierigen Bedingungen unsere Demokratie verteidigen, und andererseits die Möglichkeit, solchen Trägern die Förderung zu verwehren, die offensichtlich andere Ziele verfolgen.

Und hierzu, für dieses ganz klare Verwaltungshandeln und für die staatliche Förderung bedarf es also keiner Klausel, die in ihrer ersten Fassung sogar dazu auf- forderte, Zitat, „im Rahmen ihrer Möglichkeiten … und auf eigene Verantwortung dafür Sorge (zu) tragen, dass die … als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten et cetera sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten.“

Meine Damen und Herren, es ist doch klar und eine auch für die Fördervergabe logische Folge, dass solche Initiativen, die sich dem Grundgesetz verpflichtet fühlen, allen eine Kooperation verwehren – und das auch sehr aktiv –, klar und erkennbar die Grundwerte nicht teilen und gegen die Demokratie arbeiten. Und insofern besteht auch hier keine Erfordernis für diese Art der Klausel.

Im Gegenteil, die unbestimmte Formulierung im Rahmen der Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung musste nicht nur als Aufruf zur Schnüffelei verstanden werden, sondern hat ganz konkret sehr negative Folgen für die praktische Umsetzung zur Folge gehabt, so zum Beispiel im Bundesland Sachsen, dem Bundesland, das ja ohnehin an einer eigenen Bekenntnisregelung festhalten möchte, unabhängig davon, was auf Bundesebene geschieht. Dort musste beispielsweise die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Dresden erleben, was striktes Verwaltungshandeln nach der Extremismusklausel bedeutet. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hatte zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung den Vorsitzenden der Föderation der Jüdischen Gemeinden der Tschechischen Republik und zugleich Vizepräsidenten des Jüdischen Weltkongresses und zusätzlich den stellvertretenden Dekan der Karls-Universität in Prag eingeladen.

Gefördert werden sollte diese Dialogveranstaltung durch das Demokratieprogramm „Weltoffenes Sachsen“. Und genau da, meine Damen und Herren, liegt der Hase im Pfeffer. Zuwendungsfähig sind gemäß dieser Klausel nämlich nur solche Veranstaltungen, deren Ausrichter und deren Referenten sich schriftlich zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung bekennen. Also hätten auch die tschechischen Referenten unterschreiben müssen, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland unterstützen. Einer von den beiden Herren ist Kind von Holocaust-Überlebenden und wirbt weltweit aktiv für Versöhnung.

Meine Damen und Herren, das ist zwar ein Einzelfall, das gebe ich zu, das zeigt aber deutlich, wohin eine Bekenntnislösung mit Unterstützung einer, ich nenne es mal, sehr engagierten Verwaltung für Initiativen und für Projekte führen kann. Der Aufwand für die beiden Referenten wurde übrigens aus Scham darüber, den Gästen eine solche Erklärung abverlangen zu müssen, selbst getragen, und nicht durch das sächsische Landesprogramm.

Diese Lage hätte durch eine andere Förderpolitik, nämlich ohne Extremismusklausel und mit sehr konkreten Auslagenbescheiden verhindert werden können, ohne administrativ auf Steuerungsmöglichkeiten für die Förderung zu verzichten und natürlich ohne Gefahr zu laufen, die oben beschriebenen Feinde unserer Demokratie durch Fördermittel mit Steuergeld zu versorgen.

Meine Damen und Herren, insofern spricht viel dafür, die Extremismusklausel zu streichen und zur vorherigen Förderpolitik zurückzukehren. Das ist das erklärte und vor allen Dingen inhaltlich auch differenziert dargestellte Ziel der SPD und der Bundesministerin Manuela Schwesig. Und wenn wir schon darüber reden, dass Manuela Schwesig in Berlin im Bereich der Demokratieförderung dabei ist, wieder einen wertschätzenden Umgang zwischen Staat und Zivilgesellschaft herzustellen, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich auch einmal auf die insgesamt deutliche sozialdemokratische Handschrift zum Thema Demokratieförderung im Koalitionsvertrag hinweisen.

Herr Ritter, das dürfte Sie ungemein freuen. Viele dieser Dinge haben Sie in Ihrem Redebeitrag eben angesprochen. Darin bekennen wir uns nämlich zu einer Stärkung der Prävention gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit durch die Verstetigung und langfristige finanzielle Sicherstellung von Programmen. Diese Programme sollen sogar darüber hinaus zusätzlich mehr Haushaltsmittel bekommen, und das gepaart mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit aller, die sich für eine lebhafte, selbstbewusste und starke Demokratie engagieren. Das ist unseres Erachtens der richtige Weg. Und im Lichte dieser Erörterung könnte ich es kurz machen und sagen, der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist so überflüssig wie die sogenannte Extremismusklausel selbst.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Lieber Herr Barlen, ich habe zu 99 Prozent alles unterstreichen können, was Sie gerade gesagt haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist doch schön.)

Und dann haben Sie den Schlusssatz gesagt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie was anderes erwartet?)

Das entsprach voll der Erwartung, die offensichtlich auch der Kollege Ritter hatte.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das war doch klar.)

Das war auch klar.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, klar.)

Aber ich finde, man sollte in der Tat schon noch mal darüber nachdenken, wenn man eine so hohe Übereinstimmung in einer derartigen Frage hat, ob man dann, wo alles im Beitrag daraufhin orientiert, wenn man jetzt als unbedarfter Zuhörer die Praktik hier im Landtag nicht kennt,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

zuschauen muss und zu einem Schluss kommt, den in der Tat kein Mensch mehr versteht.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und vor dem Hintergrund, weil vieles richtig gesagt worden ist, will ich das jetzt hier nicht wiederholen, sondern mich mit meinem Beitrag auf zwei Dinge konzentrieren, die ich auch beachtenswert finde, denn gegen die Extremismusklausel, die Frau Schröder seinerzeit zu verantworten hatte, ist ja geklagt worden, auch in Sachsen übrigens. Die Klage ist seinerzeit vom Verein Alternatives Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz eingereicht worden und ist dann gewonnen worden, wie Sie sicherlich alle wissen.

Und ich will mal zwei Passagen aus der Begründung der Klageschrift verlesen, weil ich finde, sie trifft vieles von dem, was das Problem mit der Extremismusklausel ausmacht. Ich verlese mal, in der Klageschrift heißt es: „Es gebe keine verhältnismäßige Möglichkeit, das abgegebene Bekenntnis auf seine Wahrhaftigkeit hin zu überprüfen. Es bestehe somit kein unmittelbarer Zusammenhang (zwischen) der Abgabe des Bekenntnisses und dem beabsichtigten Förderziel. Es sei eine Fehlvorstellung, dass die Ablehnung des schriftlichen FdGO-“, das ist die Abkürzung, „Bekenntnisses gleichbedeutend sei mit dem Unterhalten und Fördern verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Denn die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen sei ausweislich des Urteils vom Bundesverwaltungsgericht vom 21.07.2010 – 6 C 22/09 – nicht als Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzuschätzen. Der Rahmen der freiheitlichdemokratischen Grundordnung werde durch eine derartige Kritik nicht verlassen.“ Und so weiter und so weiter.

Dann ist dem Antragsteller aber insbesondere deshalb gefolgt worden, weil der Kläger zu Recht rügt, für ihn sei die Regelung nicht so vollständig klar und unzweideutig, dass er sein Verhalten danach richten könne. Also es gab auch noch eine kräftige Watsche für die Ausführung der Extremismusklausel, weil sie zu unbestimmt war. Nun hätte man naiverweise davon ausgehen können, dass die seinerzeit zuständige Ministerin Schröder das zurückzieht. Das hat sie mitnichten getan, sondern sie ist in Widerspruch gegangen, und wir befinden uns im Augenblick in der Situation, in der genau das wieder verhandelt wird. Und es wäre jetzt eigentlich ein Leichtes für die Ministerin – und ich hoffe und ich gehe davon aus, dass sie das auch tut, weil sie sich sonst unglaubwürdig machen würde, dass sie daraus die entsprechenden Konsequenzen zieht –, weil sie auch inhaltlich dahintersteht.

Der Kern des Problems der Extremismusklausel ist aber das pauschale, über alles hinweggehende Misstrauen, was Sie gegenüber denjenigen zum Ausdruck bringen, die sich mit dem Rechtsextremismus und seinen Ausprägungen auseinandersetzen. Das ist der Kern.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Und in dem Zusammenhang hat Herr Ritter das auch schon getan. Herr Ritter, Sie haben das pauschaler getan und sich auf den NSU-Bericht bezogen. Ich will das auch an einer Stelle tun, aber etwas konkreter. Auf der Seite 865 folgende NSU-Untersuchungsausschussbe- richt des Deutschen Bundestages heißt es: „In manchen ländlichen Regionen, wo demokratische Werte und Normen, aber auch Repräsentantinnen und Repräsentanten demokratischer Institutionen zu wenig präsent sind, gehören sie zu den Wenigen, die sichtbar und aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten – und die für ihr demokratisches Engagement von Neonazis bedroht und angegriffen werden.“

Dieses Engagement muss unterstützt, ausreichend gefördert, ausgebaut und verstetigt werden. Und diese Personen, diese Institutionen auch noch mit einer Extremismusklausel zu bestrafen, gehört einfach nicht hin. Wir wissen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern auch durchaus solche Regionen haben. Wir werden selbstverständlich dem Antrag der Linksfraktion die Zustimmung geben. Wir verstehen das ausdrücklich als Unterstützung der Ministerin. Und denken Sie doch noch einmal darüber nach, wenn Sie Redebeiträge halten, die all das bestätigen, aber im letzten Satz das alles wieder umstoßen! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Friemann-Jennert von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der SPD-Fraktion sollte es nicht schwerfallen, sich für den Erhalt der Extremismusklausel auszusprechen, alles andere würde ihrem bisherigen Verhalten widersprechen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Frau Schwesig, wenn ich auch daran erinnern darf, hat hier im Hause oder hier in Mecklenburg-Vorpommern selbst Richtlinien herausgegeben, die ein Bekenntnis

zum Grundgesetz fordern. Ich will sie jetzt nicht aufzählen, das nur mal vorneweg.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Es geht aber um die Umsetzung eines Bundesgesetzes, Frau Kollegin, oder?)

Ich bekräftige gern, dass sich die CDU zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und sich den Zielen unseres Grundgesetzes verpflichtet fühlt.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Wir haben seinerzeit das Grundgesetz maßgeblich mitgeprägt und wir werden es jederzeit verteidigen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie alle Demokraten.)

Im Verfassungskonvent August 1948 auf der Insel Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat 1948/49 wurde der Grundstein unserer heutigen Demokratie gelegt. Dies geschah in dem Bedürfnis und Verlangen, jegliches Wiedererstarken demokratiefeindlicher Kräfte in Deutschland zu verhindern.

(Michael Andrejewski, NPD: Unter amerikanischer Aufsicht.)