Protocol of the Session on December 15, 2011

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordert in ihrem Antrag, dass die Landesregierung im Rahmen des aktuellen Konsultationsver- fahrens bis zum 4. Januar 2012 auf Verfahrensfehler hinweist beziehungsweise ein Beschwerdeverfahren ge- gen die EU-Kommission prüfen sollte, und dieses auf Grundlage eines Gutachtens, erstellt im Auftrage der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MecklenburgVorpommern, Brandenburg und Sachsen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Berlin.)

Berlin, ja.

Die beauftragte Rechtsanwältin Frau Dr. Ziehm hat im Ergebnis der Auswertung des polnischen Kernenergieprogramms aus ihrer Sicht schwere inhaltliche Fehler festgestellt und Lücken und Verstöße gegen das europäische Recht aufgezeigt.

Ich möchte an dieser Stelle mich ausdrücklich bedanken bei diesen drei Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, dass sie dieses Gutachten in Auftrag gegeben haben. Und, Herr Jaeger hat es gesagt, wir werden selbstverständlich im Energieausschuss in unseren Beratungen zu diesem anstehenden Thema dieses Gutachten auch entsprechend auswerten und entsprechend beraten. Es ist inzwischen ja auch allen zur Verfügung gestellt worden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, echt?!)

Allerdings, werte Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist das für uns noch lange kein Grund, Ihrem Antrag zuzustimmen. Den halten wir in der jetzigen Situation für nicht notwendig und ich werde das im Folgenden begründen. Die Landesregierung hat ja nur Zeit bis spätestens 04.01., um ihre Stellungnahme abzugeben. Und vom Verfahren her ist völlig klar, am 20.12., also nächste Woche Dienstag, wird das Kabinett die Stellungnahme beschließen und dann entsprechend auch einreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister hat es gesagt, ich glaube, von der Zielsetzung her sind wir uns einig, und insofern bin ich mir auch sicher, dass in der Stellungnahme der Landesregierung – die wir zwar noch nicht kennen, aber wir wissen, was in etwa kommt – die kritische Haltung zu dem polnischen Kernenergieprogramm natürlich auch deutlich gemacht wird.

Ich möchte an dieser Stelle unseren Ministerpräsidenten zitieren, „Ostsee-Zeitung“, 06.12.2011: „Mecklenburg-Vor- pommerns Ministerpräsident Erwin Sellering … sprach sich vor kurzem gegen das AKW in Grenznähe aus: ,Ich sehe die Pläne unserer polnischen Nachbarn sehr kritisch. Wir werden alle Rechte nutzen, um das abzulehnen.‘“

Von daher gehe ich davon aus, die Landesregierung handelt zumindest im Sinne des Antragstellers, und insofern ist, wie gesagt, Ihr Antrag nicht erforderlich.

Ich möchte zum Zweiten anführen, dass wir im Energieausschuss uns verständigt haben auf ein Verfahren, um zu beraten, wie wir mit dem Ursprungsantrag in der Sache umgehen, mit dem Antrag der LINKEN mit dem Titel „Umfassende Zusammenarbeit mit der Republik Polen auf dem Energiesektor“, und werden dann bereits am 18. Januar – und das finde ich insofern auch ganz gut vom Zeitablauf – in der ersten Sitzung, also am Beginn des Jahres, im Energieausschuss die aktuell angekündigte Stellungnahme der Landesregierung beraten. Die Landesregierung wird unterrichten und sicherlich wird auch dann, aber auch in den folgenden Beratungen dieses Gutachten der Fraktionen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eine wichtige Rolle spielen.

Wir haben des Weiteren uns darauf verständigt, dass wir einen Vertreter der polnischen Botschaft einladen wer

den. Wir werden Vertreter des Bundesumweltministeriums einladen, das heißt, wir treten in den vom Minister angekündigten Dialog, insbesondere hier natürlich auch im Rahmen unserer parlamentarischen Arbeit im Energieausschuss und begleitend zu dem, was die Landes- regierung tun wird.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal deutlich machen, worum es uns im Schwerpunkt natürlich geht. Kritik ist das eine, ich habe das in der letzten Rede schon mal deutlich gesagt zu dem Thema. Allerdings wird das nicht reichen und wir werden da auch den richtigen Ton finden müssen. Viel wichtiger ist es natürlich, Alternativen aufzuzeigen, Alternativen in der Form, dass wir deutlich machen – wir, auch Deutschland, aber auch MecklenburgVorpommern –, es gibt die Alternativen. Wir sind das positive Beispiel in Europa und in der Welt, dass es auch anders geht, und zwar mit Energieeffizienz und erneuer- baren Energien diese Energiewende voranzutreiben, ohne Atomenergie. Und neben dieser Vorbildwirkung gehören natürlich auch die Hilfe und die Unterstützung dazu und die werden wir natürlich anbieten, insbesondere natürlich auch als Land Mecklenburg-Vorpommern, um beim polnischen Nachbarn auch praktisch die Initiativen zu befördern zum Weg in die erneuerbaren Energien. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe sowohl den polnischen Umweltbericht zum Vorhaben als auch die Stellungnahme der Rechtsanwältin Frau Dr. Ziehm sehr aufmerksam gelesen. Und ich habe mir jetzt auch noch mal den Antrag angeguckt, denn, wie das so oft ist, Anträge der Opposition sind nie nötig.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings fällt mir tatsächlich ein Widerspruch auf. In der Überschrift heißt es: „Stellungnahme des Landtages zu Atomkraftwerken in Polen“ und darunter, bei den Beschlusspunkten geht es darum, die Landesregierung aufzufordern. Also vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir tatsächlich eine Stellungnahme des Landtages hier verabschiedet hätten, denn, wie der Minister hier schon zum Ausdruck gebracht hat, für die Stellungnahme der Landesregierung wäre der Startpunkt heute natürlich schon zu spät. Also es ist ganz klar, dass die Landesregierung schon eine ganze Weile daran arbeiten muss.

Ich kann Ihnen aber versichern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meine Fraktion ist genauso beunruhigt wie Sie über die polnischen Pläne und sieht ebenso wie Sie ernsthafte Mängel bei der Risikobewertung, bei der Bewertung der Umweltauswirkungen. Auch wir sehen, dass das polnische Verfahren nicht ganz den Anforderungen der EU-Richtlinie über die strategische Umweltprüfung entspricht. Maßgebliche Entscheidungen sind in Polen bereits gefallen. Und wir hoffen ganz einfach nur, dass die Stellungnahmen der Nachbarländer, von Kommunen, Einwendungen von

Bürgerinnen und Bürgern nicht völlig überflüssig sind. Allerdings haben wir ja auch im Energieausschuss und auch heute vom Minister erfahren, es gibt neue Standortvorschläge auf polnischer Seite, und so scheint es ja doch so zu sein, dass nicht schon alles völlig fest ist.

Die Risiken der Kernenergie werden nicht nur unvollständig dargestellt, sie werden auch verniedlicht. Auch darauf ist der Minister eingegangen. Allein die angebotene Lösung der Endlagerfrage für den radioaktiven Abfall steht auf sehr tönernen Füßen.

Es ist richtig, das zu hinterfragen und den Finger in die Wunde zu legen. Neue Atomkraftwerke dürfen nicht gebaut werden, auch nicht in Polen. Das ist auch unsere Auffassung. Atomenergie ist auch für Polen als Brückentechnologie untauglich. Wir wollen gern jeden Schritt mitgehen, der verhindert, dass Polen eine Brücke zu bauen beginnt, die von vornherein brüchig und einsturzgefährdet ist. Aber Polen hat im Zusammenhang mit seiner Energieversorgung mindestens drei riesige Probleme:

Erstens. Bisher wird die Energieversorgung mit alten Kohlekraftwerken gesichert, die ungeheuer große Emissionen verursachen und dringend ersetzt werden müssen.

Die zweite Tatsache ist, dass auch in Polen der Energiebedarf steigen wird. Das in Zweifel zu ziehen, ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Deshalb halte ich auch an der Stelle das Gutachten der Rechtsanwältin für überzogen und ein bisschen selbstherrlich.

Drittens möchte ich gerne noch einmal betonen, dass die Ausgrenzung Polens aus der westeuropäischen Erdgasstrategie mit Russland ein großer Fehler war und dieses Kernenergieprogramm aus meiner Sicht eins der Ergebnisse davon ist.

Wir halten es für selbstverständlich, dass Bundes- und Landesregierung, dass Parlament und Kommunen sowie die Zivilgesellschaft in ihren Stellungnahmen die polnischen Atomkraftwerkspläne ablehnen. Argumente gibt es dafür genug. Und das ist auch keine Einmischung in innere Angelegenheiten Polens, wie Herr Kokert per Pressemitteilung verlautbart hat. Es trifft uns alle. Usedom und UeckerRandow zuerst, aber – nun ist Herr Kokert nicht da oder ich sehe ihn zumindest nicht – auch die Mecklenburgische Seenplatte wird im Ernstfall sehr schnell von atomaren Wolken erreicht werden. Entscheidend wird aber sein, und das möchte ich noch einmal betonen, ob es gelingt, mit den Polen gemeinsame Alternativen zu entwickeln. Genau darüber wollen wir im Energieausschuss reden.

Vieles in dieser Beziehung hängt von der Atmosphäre und vom gegenseitigen Verständnis ab. Das ist im Privaten nicht anders als in der Politik. Deshalb schlagen wir auch vor, ein Beschwerdeverfahren nur als Ultima Ratio ins Auge zu fassen, nur wenn gar nichts anderes mehr hilft. Die lange Verfahrensdauer in solch einem Fall kommt noch hinzu. Deshalb unser Änderungsantrag. Ich wollte nur sagen, wir stimmen Ihrem Antrag zu und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen wir.)

Danke.

Das Wort hat jetzt Herr Seidel von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Jaeger, will ich ganz klar sagen: In der Sache sind wir beieinander, das ist auch nichts Neues. Das haben wir, glaube ich, auch im Ausschuss so miteinander besprochen. Ich finde es auch sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Landesregierung Ihnen auch noch mal bestätigt hat heute, dass sie natürlich aktiv sein wird im Zuge des Beteiligungsverfahrens. Das ist ganz klar.

Was ich noch mal sagen möchte, ist – man kann ja nicht mehr allzu viel Neues bringen, weil die Argumente im Wesentlichen ausgetauscht sind, und deshalb werde ich mich auch nicht zu lange aufhalten mit der ganzen Geschichte –, dass wir im Ausschuss besprochen haben, wie wir mit dem Antrag der LINKEN umgehen. Also der Sachverhalt liegt vor.

Und nun haben Sie ja gerade im letzten Tagesordnungspunkt sehr viel gesagt dazu, dass man doch sachlich miteinander umgehen sollte und so weiter und so fort. Da muss ich den Ball ein bisschen zurückspielen. Es hätte nun wirklich dieses Antrages nicht bedurft,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist die Frist.)

um sich mit dem Thema zu befassen, weil Sie genau wissen, was geschieht. Das ist ja alles mit Ihnen auch besprochen worden. Und insofern, finde ich, muss man seinen Frust auch ein bisschen überwinden, dass man jetzt mal vielleicht eine Landtagssitzung zu spät gekommen ist mit einem Thema, was Sie sich zugegebenermaßen auf die Fahnen schreiben, keine Frage. Aber das bringt uns jetzt nicht weiter. Das würde am Ende zur Folge haben, dass nun jede Fraktion für sich zu jedem Thema immer wieder mit einem Antrag kommt mit der Erwartung, dass der Landtag diesen dann auch entsprechend behandelt, und das wird nicht der Fall sein. Und da wird man sich dann dagegenstellen müssen. Das ist doch die ganz klare Folge. Insofern, glaube ich, sollten wir uns das ersparen.

Im Übrigen, zur Sache noch einmal selbst will ich schon sagen – und Sie haben ja meine Haltung auch vielleicht gespürt zu dem Antrag der LINKEN, der sollte ja so am besten hier holterdiepolter beschlossen werden –, das geht eben nicht, weil die Dinge im Leben etwas komplizierter sind, und wir sind hier nicht, sagen wir mal, für uns allein, wenn wir über solche Fragen sprechen.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Und deswegen finde ich es auch sehr gut, dass wir dort im Ausschuss mit dem Ministerium, mit der Landesregierung, aber auch mit der Bundesregierung sprechen. Denn man muss einfach wissen, was man auslöst, wenn solche Aktivitäten gefahren werden.

Ich will nur noch mal daran erinnern, wir haben gerade mit Polen eine Menge von Zusammenarbeit. Und Mecklenburg-Vorpommern, da werden Sie mir zustimmen, muss ein großes Interesse haben an einer intensiven Zusammenarbeit mit Polen. Ich denke gerade, um nur mal eine Sache herauszugreifen, an die Frage: Wie ent

wickelt sich der Raum östlich in unserem Land im Zusammenhang mit der Entwicklung zum Beispiel Stettins? Alles das braucht eine gute intensive Zusammenarbeit. INTERREG ist da ein Thema zum Beispiel. Und insofern, glaube ich, kommt es hier darauf an, wie wir miteinander umgehen.

Und im Übrigen will ich schon zum Ausdruck bringen – das ist aber eine ganz persönliche Meinung von mir –, ich glaube, wenn wir hier Ländern Vorwürfe machen, wenn wir, sagen wir mal, ihnen Beschwerden anheimstellen, wenn wir ihnen sagen, wenn ihr das nicht macht, was wir wollen, dann werden wir aber das, das und das tun, dann werden wir nicht weiterkommen. Ich glaube nicht, dass dies zum Erfolg führen wird. Ich glaube, wir könnten auch in die schwierige Lage kommen, eine Menge von Anträgen beschließen zu wollen. Ich habe schon in der letzten Sitzung gesagt, auch andere Länder, Schweden, Finnland, beschäftigen sich mit solchen Fragen, Kapazitäten diesbezüglich zu erweitern. Wollen wir jedes Mal dann solche Anträge hier formulieren? Das bringts nicht. Ich glaube ganz ernsthaft, dass wir einen Beitrag leisten müssen und ihnen jetzt in Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern vormachen müssen, wie die Energiewende praktisch ausgestaltet wird.

(Udo Pastörs, NPD: Und finanziert.)

Die Länder werden uns nicht folgen, wenn wir den Finger erheben. Die Länder werden dann folgen, wenn wir deutlich machen können, es funktioniert so, und das, glaube ich, muss die Stoßrichtung sein. Insofern tut es mir leid, diesen Antrag können wir nicht bestätigen, dem können wir nicht zustimmen. Wir beschäftigen uns mit der Frage, so, wie es verabredet ist, im Ausschuss und ich denke, dann tun wir dem Thema auch entsprechend Genüge. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön.

Das Wort hat jetzt Herr Müller von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass ausgerechnet die GRÜNEN einen Antrag zum Thema Atomkraftwerke einbringen, ist nicht sonderlich erstaunlich. Die selbsternannten Umweltengel setzen damit wieder auf ihr altes Steckenpferd, wohl getrieben von der Angst, nur noch als Anti-NPD-Partei in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Erst kürzlich trat die GRÜNE-Abgeordnete Ulrike Berger in die Fußstapfen Joschka Fischers,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielen Dank! Vielen Dank!)

als sie mit ihrem antideutschen Gesindel die dritte Kreistagssitzung in Vorpommern-Greifswald sprengte, worauf diese vertagt werden musste.