Protocol of the Session on December 15, 2011

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dachner von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wie viel Gewalt, wie viele Morde, wie viel Terror kann eine Demokratie ertragen? In den Jahren 2009 und 2010 haben sich in Deutschland über 34.600 rechts motivierte Straftaten ereignet,

(Michael Andrejewski, NPD: Wie viel insgesamt?)

darunter 11 Morde, 11 weitere Tötungsdelikte, über 1.300 Körperverletzungen, über 2.700 Sachbeschädigungen und 47 Brandstiftungen.

(Michael Andrejewski, NPD: Wie hoch ist der Prozentsatz im Vergleich zu allen Straftaten?)

Ich denke, dass keine Demokratie dieser Welt langfristig ohne Schaden davonkommt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Ohne Schaden davonkommt!)

Deshalb begrüße ich ausdrücklich den von der LINKEN eingereichten Antrag, dass er zeitgemäß ist, dass er erforderlich ist und dass er auch notwendig ist.

(Udo Pastörs, NPD: Na, wenn er erforderlich ist, ist er auch notwendig.)

Allerdings, spätestens mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten hätte ich gedacht oder auch erwartet, dass Sie Ihren Antrag noch mal präzisieren, weil Sie wissen, dass wir bereits beim Erfüllen einiger Forderungen sind, die Sie stellen, insbesondere in Punkt I, und sie gemeinsam zum Beispiel erfüllt haben oder noch erfüllen werden.

Ich darf vielleicht an einige Forderungen erinnern: Zum Beispiel hat sich die SPD schon sehr frühzeitig für ein NPD-Verbot auf Bundesebene eingesetzt.

(Udo Pastörs, NPD: Jawohl.)

Wir haben auch stets, über viele Jahre, Vereine, Organisationen und Verbände unterstützt und ermutigt, den Paragrafen 18a unserer Landesverfassung zu unterstützen.

Und ich kann mich gut erinnern, Herr Ritter, dass wir auch gemeinsame Projekte ins Leben gerufen haben. Sie wissen auch, dass wir gemeinsam und die Landesregierung dabei sind zu prüfen, ob der Verfassungsschutz unseres Landes Versäumnisse zugelassen hat.

Wir werden also gern einem Teil Ihres Antrages in Punkt I zustimmen, weil Sie im Nachhinein unseren Koalitionsvertrag und auch die Regierungserklärung damit adeln.

Ich gestehe allerdings, zu Punkt II, dass die Extremismusklausel auch in der SPD sehr umstritten ist und infrage gestellt wird. Ich persönlich betone aber, dass die Extremismusklausel keinen Gesetzescharakter hat. Sie ist Teil einer Verwaltungsvorschrift und ich denke, dass es nicht zu viel verlangt sein kann, dass ein Verein, der Fördermittel beantragt, sich zur freiheitlich-demokrati- schen Grundordnung bekennt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich bin seit vielen Jahren

(Udo Pastörs, NPD: „Sag mir, wo du stehst“, fällt mir dazu ein.)

in Vereinen und Verbänden tätig, und kenne auch unsere Partner, und das hat mit Ausspionieren derer Ziele überhaupt nichts zu tun. Ich kenne aber auch sogenannte Autonome oder linksextremistische Gruppierungen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Bei autonom müssen Sie gerade mich angucken, ne?)

die mit Gewalt aufrüsten, um andere Extreme zu bekämpfen, andere Extremisten, die Rechten.

(Michael Andrejewski, NPD: Auch Polizisten?)

Und ich denke einfach, es ist nicht zulässig, dass mit Fördermitteln die einen Extremen die anderen bekämpfen,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und NPD)

sondern das Gewaltmonopol hat allein der Staat.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ob mit der Extremismusklausel gegen das Gleichheitsprinzip in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot, dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes verstoßen wird, muss sich allerdings erst noch erweisen. Wir wissen, zwei Professoren haben immer drei Meinungen. Warum Sie allerdings dann im Punkt II Ihres Antrages

(Udo Pastörs, NPD: Alles wissenschaftlich begründet.)

überhaupt diesen Punkt 2 stellen – und ich finde ja noch, dass der Punkt 1 gut gestellt ist von Ihnen –, bleibt für mich unlogisch und wirft auch ein seltsames Licht auf Ihren Antrag,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

weil Sie zu Recht den Schwerpunkt auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus legen, aber zum linken Extremismus gar nichts sagen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

In 2009 und in 2010 gab es in der Bundesrepublik auch 8.040 Straftaten Linksmotivierter. Wir wissen, die Geschichte der RAF zeigt es, dass der Weg vom Brandanschlag zum Mord nicht weit ist. Sie können also nicht einseitig fordern, die Morde und das Terrornetzwerk rechts aufzuklären und zu bekämpfen, aber dem Rechtsstaat das Handwerkszeug und die Instrumente verweigern. Keine Pest, meine Damen und Herren, keine Pest dieser Welt kann man allein mit Weihwasser bekämpfen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die zentrale Datenbank, und das ist auch in allen Par- teien so, ist sicherlich umstritten. Sie ist aber für mich keine Bedrohung für die Bürger, sondern ein Stück mehr Sicherheit. Sie ist ein zentrales Hilfsmittel gegen den Extremismus und den Terror. Und das „Abwehrzentrum Rechts“, der Innenminister hat es erwähnt, unter Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamtes einzurichten, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genau.)

Dabei sind Grundrechte und das Trennungsgebot zu wahren. Die Einführung einer zentralen Datenbank erfasst Mörder, Terroristen, also Verbrecher, und deshalb kann ich nicht sehen, dass allgemeine Bürgerrechte hier tangiert werden.

Wer in der Demokratie schläft, sagt Goethe, macht der Diktatur Mut.

(Udo Pastörs, NPD: Das hat er nie in den Mund genommen, das Wort „Demokratie“.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich beantrage, über die Ziffern I und II des Antrages getrennt abstimmen zu lassen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat der Ab- geordnete Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90 unterstützt den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Wir tun dies vor allem deshalb aus ganzem Herzen,

(Udo Pastörs, NPD: Aus der Erfahrung der GRÜNEN-Vergangenheit, die maßgeblich Terroristen in ihrer Partei beherbergt haben.)

weil wir mit diesem Antrag …

Herr Pastörs, Ihr Gezeter, Ihr permanentes Gezeter an diesem Tagesordnungspunkt wird nicht dazu ausreichen,

(Udo Pastörs, NPD: Das interessiert mich gar nicht, was Sie dazu meinen.)

um von Ihrer Verantwortung zu den Geschehnissen abzulenken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Das interessiert mich überhaupt nicht.)