Protocol of the Session on December 12, 2013

denke ich, ganz eindeutig und klar definiert und auch genannt. Und weil uns vorhin gesagt wurde, wir haben uns nicht beraten und so weiter, da kann ich Ihnen sagen, wir haben wirklich bei uns im SPD-Arbeitskreis viel gesprochen, wir haben Gespräche mit Schulpraktikern und Experten vor Ort durchgeführt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?)

Nach Abstimmung mit unserem Koalitionspartner und nach den intensiv geführten Diskussionen im Bildungsausschuss

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wer genau hat im Bildungsausschuss diskutiert?)

und der Auswertung in der Expertenanhörung ist es uns wirklich gelungen, dieses Gesetz in relativ kurzer Zeit vorzulegen, und ich denke, auch vernünftig vorzulegen.

Deshalb möchte ich heute auch die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen zu bedanken, die sich aktiv an diesem Prozess beteiligten, Parlamentarier und auch Außer- parlamentarier, die diesen Prozess wirklich aktiv begleiteten und sich beteiligten. Durch diesen sehr konstruk- tiv und intensiv geführten Diskussionsprozess kam es noch zu einigen wichtigen neuen Veränderungen in diesem Lehrerbildungsgesetz. Und es zeigt sich auch hier wieder deutlich, dass ein Gesetzentwurf, so, wie er eingebracht wird, dann nicht im Parlament verabschiedet wird.

Auf die wichtigsten Veränderungen will ich wirklich jetzt bloß noch mit Schlaglichtern eingehen. Das Land legt mindestens einmal alle fünf Jahre eine schulart- und fächerspezifische Lehrerbedarfsplanung vor. Damit können dann gezielt die Ausschreibung von Lehrerstellen an den Schulen vorgenommen und auch die Ausbildungskapazitäten bestimmt werden.

Eine weitere wichtige Änderung war das ganze Problem um die Seiteneinsteiger. Um eins hier noch mal klarzustellen: Seiteneinsteiger gibt es heute in unserem Schulsystem, wir haben es gehört, und wird es auch zukünftig geben, denn heute und in Zukunft wird es, vor allem in beruflichen Schulen, einen Bedarf an Berufspraktikern geben und mit den vorliegenden Veränderungen soll das Verfahren gesetzlich geregelt werden.

Für den Erwerb einer dem Lehramt gleichgestellten Qualifikation gelten folgende Voraussetzungen, die haben Sie schon gehört, diese sieben- und zehnjährige Voraussetzung, ich will das nicht wiederholen. Grundlage einer Feststellung ist die Einschätzung des Seiteneinsteigers durch die Schulleitung. Für diese Regelung habe ich mich persönlich auch sehr starkgemacht, da ich aus eigenem Erleben und aus zahlreichen Gesprächen mit Schulleiterinnen und Schulleitern weiß, dass nur die Verantwortlichen vor Ort eine reale Beurteilung abgeben können. Dabei ist der Unterricht wirklich das Kerngeschäft einer Lehrkraft.

Kollegenbeurteilungen gehören zu einer der wichtigsten Aufgaben einer Schulleiterin oder eines Schulleiters, Frau Berger. Und wenn ich hier höre, dass ein Lehrer einen fachfremden Lehrer nicht beurteilen darf, ich bitte Sie: Was soll der Schulleiter alles für Fächerkombinationen haben und geschweige denn der Schulrat? Der

muss dann auch alles haben und dann noch BWL, EDV und was noch alles studiert werden muss.

Ebenfalls wurde die Fort- und Weiterbildungsmaßnahme in diesem Lehrergesetz beschrieben. Die Verantwortung liegt beim Institut für Qualitätsentwicklung MecklenburgVorpommern, das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung berät und unterstützt bei dieser Arbeit. Damit wird die prominente Rolle des ZLB im Prozess der Lehrerbildung unterstrichen. Das ist ein Ergebnis der Expertenanhörung.

Die Qualifizierung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger wurde bewusst nicht näher in diesem Gesetz beschrieben, der Minister hat es auch vorhin schon gesagt, damit gezielte individuelle Maßnahmen möglich sind. Ein Seiteneinsteiger, der bereits zehn Jahre im Schuldienst ist, benötigt weniger oder andere Fort- und Weiterbildung als ein Neueinsteiger. Das ist kein Gummiparagraf. Wenn Sie richtig hingehört haben, der Minister hat angekündigt, es gibt eine Verordnung dazu.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Gesetz tritt in wenigen Tagen in Kraft.)

Das werden wir nachher sehen, es gibt noch Verordnungen dazu. Gestatten Sie mir dann auch eine persönliche Meinung zu dieser Seiteneinsteigerproblematik. Mit diesem Gesetz wollen wir besonders den Seiteneinsteigerinnen und Seitensteigern, die im Schuldienst sind und zum überwiegenden Teil eine gute Arbeit leisten, eine Perspektive bieten und vor allen Dingen eine gerechte Bezahlung. Und dass das gerecht ist, das gibt es in anderen Berufsgruppen auch, zum Beispiel bei den Beamten, der Minister sagte es schon. Es steigert nicht nur die Leistungsbereitschaft und Motivation, sondern ist auch Anerkennung für die geleistete Arbeit.

Nach der Bewährung und einer entsprechenden pädagogischen Qualifikation soll dies künftig möglich sein und ist bereits in anderen Bundesländern gängige Praxis. Und wir haben die ganze Zeit davon gesprochen. Im öffentlichen Dienst gibt es natürlich auch eine Probezeit. Diese geht mindestens ein halbes Jahr. Als Evaluator kann ich Ihnen sagen, dass diese Zeit ausreichend ist, um genau einzuschätzen, ob der Seiteneinsteiger eine Perspektive im Schuldienst hat. Deshalb sollten die demokratischen Oppositionsparteien nicht immer so ein negatives Bild malen. Es gibt sicherlich die unterschiedlichsten Erfahrungen, aber die positiven überwiegen.

Zu einer Sache will ich vielleicht dann noch mal kurz hingehen. Auch wenn es in den nächsten Monaten einige Diskussionen in den Lehrerzimmern zu der verpflichtenden Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren geben wird, ist dies sehr vernünftig und trägt zu mehr Gerechtigkeit bei den Lehrerinnen und Lehrern bei. Die Ausbildung des Lehrernachwuchses sollte wirklich im Interesse jeder Schule liegen. Wir wollen junge Lehrerinnen und Lehrer haben und ich denke, auch die erfahrenen Kollegen wollen gern ihre Erfahrungen weitergeben. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen und sie werden auch stimmen.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Die Mentorinnen und Mentoren müssen die Gelegenheit haben, ihre Referendare im Unterricht zu sehen und

zu beraten. Und vor allen Dingen muss die Kontinuität bei der Referendarausbildung in den Schulen gewährleistet sein. Bei der Referendarausbildung muss es eine wirklich zielgerichtete wohnortnahe Fort- und Weiterbildung geben.

Neben den Schulleitungen nimmt das Institut für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vorpommern eine entscheidende Rolle dabei ein. Das IQ M-V wird die Seminarausbildung an den vier Schulamtsbereichen durchführen. Das, denke ich, ist auch ganz wichtig. Es darf nicht nur in Rostock und Greifswald stattfinden, sondern ich denke, auch in Neubrandenburg und in Schwerin. Ich kann mir dann auch gut vorstellen, dass durch die gute Ausbildung in ganz Mecklenburg-Vorpommern die ländlichen Regionen einen größeren Zuspruch durch die Referendare und späteren Lehrer erfahren. Dieses Lehrerbildungsgesetz entspricht den Erfordernissen der nächsten Jahre und die SPD-Fraktion wird dem Gesetz zustimmen. Und ich fordere die Opposition auf, dem auch zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Oldenburg von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, es entsetzt mich, dass der Bildungsminister der Opposition hier vorwirft, Seiteneinsteiger nicht anzuerkennen. Herr Brodkorb, das enttäuscht mich wirklich sehr. Wir sind sehr wohl, weil wir auch über die Lehrerbedarfe Bescheid wissen, für die Einstellung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern, aber nur mit einer berufsbegleitenden Qualifizierung vom ersten Tag an. Das ist wichtig. Und Eltern und Seiteneinsteiger hier noch in einen Topf zu werfen, das finde ich schon peinlich.

(Marc Reinhardt, CDU: Sie machen das ja mit Ärzten.)

Das ist wirklich peinlich, Eltern dort zu vergleichen, wo ein Elternherz schlägt, und Lehrer, was nicht nur ein Beruf ist, sondern auch eine Berufung.

Und Sie haben recht, Herr Brodkorb, es ist richtig, dass Seiteneinsteiger auch vollkommen erfolgreich sein können, selbstverständlich, weil sie ein Gespür haben für das, was sie unterrichten, für das, was die Schülerinnen und Schüler benötigen. Aber es ist trotzdem erforderlich und trotzdem ganz doll wichtig, dass diese Seiteneinsteiger, die es dann auch wirklich im Blut haben, fortgebildet werden. Woher um Himmels willen soll ein Seiteneinsteiger wissen, wie ich eine Arbeit bewerte und zensiere, wie ich eine Arbeit aufbaue, wie ich was vermittle, damit es bei den Kindern da ist, wo es hingehört, damit das Wissen vermittelt wird? Woher soll er die schulrechtlichen Grundlagen kennen? Woher um Himmels willen soll er das alles wissen? Soll das alles die Schulleitung machen? Haben Sie vergessen, dass Sie 120 Funktionsstellen nicht besetzt haben? Wer um Himmels willen soll es dann machen? Die, die kommissarisch da sind, die Schulleitungen, die so viele Aufgaben haben, dass sie nicht mehr aus den Augen gucken können? Denn ansonsten werden doch diese Funktionsstellen nicht kommissarisch besetzt, sondern man würde sich darum rei

ßen, wenn es denn so ein toller Job wäre. Immer mehr Aufgaben, immer mehr Aufgaben!

Aber eine Qualifizierung dann für die Seiteneinsteiger einfach irgendwo hinzuschieben, Herr Brodkorb, das ist nicht richtig. Jeder Seiteneinsteiger wird gebraucht. Jeder Seiteneinsteiger soll bei uns an den Schulen arbeiten. Aber es geht um die Arbeit mit Kindern und da verlange ich eine Fortbildung für jeden, der mit den Kindern als Beruf arbeitet.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Wirklich, Herr Brodkorb, ich bin so enttäuscht. Dann auch noch Seiteneinsteiger mit ausgebildeten DDRLehrkräften irgendwo gleichzusetzen, das ist auch nicht richtig. Und das IQ M-V ist doch bisher überfordert mit der Ausbildung der Seiteneinsteigerinnen und Seiten- einsteiger. Von über 300 – Sie wissen ja nicht mal ge- nau, wie viele Sie im System haben – sind 25 in den letzten Jahren weitergebildet worden. Und jetzt soll dieses IQ M-V auf einmal einen Ansturm weiterbilden, wenn Sie es nicht mal geschafft haben, in den vergangenen Jahren die Seiteneinsteiger, die in doch relativ über- sichtlicher Zahl da waren, fortzubilden. Das kann nicht funktionieren. Mal wird es dem IQ M-V, dem IQ M-V, dem IQ M-V übergehalst. Das IQ M-V hat bis heute nicht einmal eine Verordnung über seine Arbeit. Die fehlt seit Jahren. Die Verordnung, die im Schulgesetz steht, gibt es nicht für die Arbeit des IQ M-V.

Unsere Fraktionen – und ich denke, dass ich auch für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rede – möchten, dass wir die Seiteneinsteiger bei ihrer pädagogischen Arbeit mit den Kindern unterstützen,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

dass wir es für beide Seiten einfacher machen. Das ist unser Wille. Und wenn Sie einfach so darüber hinwegsehen, dass eine Ausbildung die Grundlage ist, um mit Kindern zu arbeiten, Herr Brodkorb, gehen Sie doch ein halbes Jahr als Seiteneinsteiger an die Schule! Gehen Sie dort hin und Sie wissen, mit wie viel Kleinigkeiten sich eine Lehrkraft irgendwo beschäftigen muss,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Marxismus- Leninismus wird ja nicht mehr gelehrt.)

um wirklich sinnvollen Unterricht zu machen und unse- ren Kindern eine Bildung zu vermitteln, die zukunftsorientiert ist. Das wollen wir und deswegen wollen wir die Weiterbildung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat der Abgeordnete Herr Renz von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde das beeindruckend und bemerkenswert, wie Frau Oldenburg sich hier engagiert.

(Beifall Regine Lück, DIE LINKE: Wir auch. – Egbert Liskow, CDU: Echauffiert.)

Nein, engagiert, so, wie ich es gesagt habe.

Und ich glaube, es ist auch legitim, wenn man seine beruflichen Erfahrungen im Gesetzgebungsverfahren mit einbringt und inhaltlich in der Sache streitet. Ich will auch nicht explizit jetzt jede Textstelle hier im Gesetz noch mal hoch und runter deklinieren. Aber ich will schon mal, wenn ich die Situation so betrachte, zurückdenken – vielleicht denkt jeder mal ein bisschen an seine Kinderzeit. Meine lag in den 70er-Jahren. Wenn man gefragt wurde, was möchtest du denn gern werden,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Lehrer.)

dann wurde vielleicht der Feuerwehrmann genannt, aber ziemlich oben auf der Skala stand auch der Lehrerberuf.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bei mir nicht.)

Ja, es gab Ausnahmen. Das ist schon klar.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Also der Lehrerberuf war immer ein Beruf, der sehr erstrebenswert war. Und ich habe mich in meiner Kindheit dann auch erinnert an Berichte, Erzählungen von der noch älteren Generation,

(Jochen Schulte, SPD: Noch älter?)

die das Thema Nachkriegsende besprochen haben, wo wir einen absoluten Lehrermangel hatten. Und wie hat man da das Problem gelöst? Am Ende – die meisten wissen ja, wie es da gelöst wurde – war es möglicherweise so wie heute eine ähnliche Thematik, die wir hier betrachten, nämlich die Thematik Seiteneinsteiger. Und ich hätte es in meiner Kindheit oder auch vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten,