Statt für die versprochenen blühenden Landschaften haben Sie für Abwanderung, Geburtenrückgang und für die Vergreisung dieses Landes mit all ihren Folgen gesorgt.
Sie hatten und haben die Zügel der Macht in der Hand, die Ihnen nun sichtlich nach und nach entgleiten. Durch die Anhörung zum Lehrerbildungsgesetz wurde deutlich herausgestellt, dass es eben keine Lösung ist, Seiteneinsteigern nach Ablauf einer Frist die Lehrbefähigung zu erteilen. Jemand mag über ein solides Fachwissen verfügen, wenn er indes nicht in der Lage ist, den Stoff entsprechend nachhaltig zu vermitteln, ist keinem geholfen.
Darüber hinaus wird die Zuerkennung der Lehrbefä- higung nach fünfjähriger Tätigkeit zu einer Disqualifizierung des Lehramtsstudiums mit anschließendem Referendariat führen. Infrage steht auch, ob ein Einsatz dieser Seiteneinsteiger in der gymnasialen Oberstufe die allgemeine Anerkennung des Abiturs von Schülern aus Mecklenburg-Vorpommern gefährdet. Ohne Nachqualifizierung im didaktischen und pädagogisch-psychologischen Bereich darf der dauerhafte Zugang in das Schulsystem nicht zugelassen werden. Und in der Konsequenz darf eine Lehrbefähigung ohne Qualifikation nicht anerkannt werden.
Auch das Lehramtsstudium würde sonst benachteiligt werden, wenn für die Stellenbesetzung künftig kein spezifisches Lehramtsstudium mehr vorausgesetzt wird. Derzeit sind pro Jahr etwa 250 bis 300 Absolventen zu erwarten, die bestenfalls ihr Referendariat hier in Mecklenburg-Vorpommern beginnen und danach auch hier arbeiten. Laut Bedarfsanalyse werden aber rund 700 jährlich benötigt. Wenn die restlichen Stellen durch Seiteneinsteiger besetzt werden, wird sich das heutige Problem nur in ein künftiges von größerem Ausmaß verlagern.
Die Schul- und Unterrichtsentwicklung wird mindestens stark erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Allein aufgrund dieser starken Argumente muss das Gesetz in der vorliegenden Form abgelehnt werden,
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage des Seiteneinstiegs stellt natürlich das zentrale Problem dieses Gesetzentwurfes dar. Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger an unseren Schulen können nicht nur helfen, den drohenden Fachkräftemangel zu lindern, sie können im besten Fall auch Impulse und andere Perspektiven in die Schule einbringen. Damit dies gelingen kann, müssen aus unserer Sicht jedoch drei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein:
Erstens benötigen wir verbindliche Vorgaben für eine berufsbegleitende Qualifizierung, die den Standards des Lehrerstudiums entspricht.
Zweitens müssen hierfür entsprechende Qualifizierungsprogramme vorliegen, ausreichende Kapazitäten vorgehalten werden und eine umfassende Betreuung an den Schulen gewährleistet sein.
Drittens dürfen die Hürden für den Seiteneinstieg nicht so niedrig liegen – und das ist die große Gefahr, die wir hier sehen –, dass das reguläre Lehramtsstudium entwertet wird.
Schon jetzt hat die geplante Gesetzesänderung hohe Wellen geschlagen. Die Universitäten haben gewarnt, die Gewerkschaft hat gewarnt, die Lehrerverbände haben gewarnt. Eltern, Frau Oldenburg hat es vorgelesen, wenden sich an die Medien. An den Schulen macht sich Unmut breit.
Hat die Koalition diese Bedenken aufgenommen? Nein. Haben Sie Ihre erneut in der letzten Sekunde eingebrachten Änderungsanträge mit den Betroffenen beraten? Haben Sie wenigsten die Betroffenen informiert? Damit meine ich das Zentrum für Lehrerbildung, damit meine ich die Hochschulen dieses Landes, damit meine ich die Lehrerverbände und die Gewerkschaften. Nein, das haben Sie auch nicht getan.
Dieser Gesetzentwurf hat für die Frage des Quereinstiegs letztlich vor allem einen Zweck, dem Bildungsministerium durch leere Formulierungen und Gummiparagrafen freie Hand zu lassen. Das Ministerium bekommt mit diesem Gesetz einen weiten Entscheidungsspielraum, der künftig mit irgendwelcher Qualifikation regulär ausgebildeten Lehrkräften gleichgestellt wird. Und eines dürfte sicher sein: Je größer der Mangel an Fachkräften, desto großzügiger werden diese Spielräume auch ausgenutzt.
Der Änderungsantrag der Koalition bringt dabei allenfalls kosmetische Korrekturen. So soll das Ausbildungskonzept für eine Nachqualifizierung nur die Standards der Lehrerbildung berücksichtigen, nicht einhalten, nicht gewährleisten, nur berücksichtigen. Prüfungen, Leistungsnachweise oder Ähnliches sind dabei nicht vorgesehen. Für ein Zweites Staatsexamen jedoch existieren klare Prüfungsverordnungen, klare Prüfungsanforderun
Diese Regeln ermöglichen den Prüfenden eine vernünftige Vorbereitung, sie schützen vor Willkür bei der Beurteilung und definieren zum Beispiel auch Wieder- holungsmöglichkeiten. Bei Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern gibt es so etwas nicht, sondern nur Beurteilungen durch die Schulleitung auf Basis von Unterrichtsbesuchen. Da beurteilt dann die Sport- oder Geschichtslehrerin als stellvertretende Direktorin den Unterricht des quereingestiegenen Musiklehrers.
Der sicherlich unbeabsichtigten Willkür werden hier Tür und Tor geöffnet. Wir halten dieses Verfahren jedoch im Sinne der Schülerinnen und Schüler nicht für sachgerecht. Natürlich sind die im Gesetzentwurf genannten Ausbildungskonzepte noch längst nicht fertig, obwohl das Gesetz in den nächsten Tagen in Kraft treten wird.
Die Universitäten wissen noch nicht einmal, dass sie demnächst wieder Beifächer anbieten sollen, die mit der Modularisierung ja gerade erst abgeschafft wurden. Auch über den Einsatz und die Qualifizierung von Mentorinnen und Mentoren ist nichts bekannt. Einmal mehr verfährt die Landesregierung nach dem Motto „Wir wissen noch nichts Genaues, aber das Gesetz ändern wir schon mal.“
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat insgesamt neun Änderungsanträge und eine Entschließung eingereicht, um diesen Gesetzentwurf zu verbessern. Im Gegensatz zur Koalition haben wir uns dazu im Übrigen Feedback von den Fachleuten eingeholt. Wir wollten insbesondere die Regelung zur berufsbegleitenden Qualifizierung umdrehen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Koalitions- fraktionen haben ihre Fachleute in den eigenen Reihen, die müssen nicht nachfragen.)
Nach Vorstellung der Koalition soll es künftig heißen: „Soweit im Einzelfall, insbesondere bei neu eingestellten Lehrkräften, erforderlich, können zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen festgelegt werden.“ Können!
Wir sind der Meinung, es muss umgekehrt sein. Die berufsbegleitende Qualifizierung ist der verbindliche Standard, und zwar nach den inhaltlichen Maßgaben des Lehramtsstudiums einschließlich entsprechender Prüfung. Und dort, wo bereits entsprechende Qualifizierung beziehungsweise praktische Erfahrungen vorhanden sind, können diese angerechnet werden. Dazu gehört natürlich auch, dass für die Nachqualifizierung entsprechende Abmilderungsstunden zur Verfügung gestellt werden müssen, sowohl für die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, aber selbstverständlich – das hat die Anhörung auch deutlich gemacht – für die Mentorinnen und Mentoren.
Er schloss mit den Worten: „Ich … freue mich auf eine spannende Diskussion im Ausschuss.“ Wie spannend die Beratungen im Bildungsausschuss für Sie waren, das weiß ich nicht, die Koalition hat jedenfalls einmal mehr zu keinem einzigen Änderungsantrag der Oppositionsfraktion Stellung genommen. Diskussion sieht für mich anders aus. Und wenn von der Opposition Fragen zum Änderungsantrag der Koalition gestellt wurden, konnte darauf allenfalls der Minister antworten.
Ich weiß nicht, ob das die politische Sacharbeit ist, die Sie durch die Nichtöffentlichkeit der Ausschüsse schützen wollen. Wahrscheinlich haben Sie aber recht, dieses Trauerspiel ist der Öffentlichkeit in der Tat kaum zuzumuten.
Wir freuen uns aber, dass Sie, wenn auch kommentarlos, zwei unserer Änderungsanträge übernommen haben. Es ging jeweils um eine stärkere Beteiligung des Zentrums für Lehrerbildung. Das stellt immerhin eine kleine Verbesserung dar.
Ein zentrales Versprechen wird mit dem Gesetz jedoch nicht eingelöst, „gleicher Lohn für gleiche Arbeit in den Klassenzimmern“. Dies ist nach den Worten des Bildungsministers eines der wichtigsten Ziele dieses Gesetzentwurfes. Sie haben in den letzten Monaten jedoch mehrfach den Eindruck erweckt, die Ungleichbehandlung von Lehrkräften mit ausbildungsbedingter niedriger Einstufung würde mit diesem Gesetz beendet. Lehrkräfte mit einer Ausbildung als Freundschaftspionierleiter oder Erzieher würden bei entsprechender Nachqualifizierung bessergestellt. Die Wahrheit ist jedoch, auch jahrzehntelang tätige Lehrkräfte mit niedriger Einstufung haben nur dann eine Chance auf eine gleichseitige Bezahlung, wenn die dafür notwendigen Qualifizierungsstellen auch vorhanden sind und wenn sich niemand mit einem regulären Lehramtsabschluss darauf bewirbt. Schon heute werden qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer nicht höher gestuft, weil diese Stellen fehlen. Auch dazu hatten wir bereits Petitionen vorliegen.
Wir hingegen haben mit einem Änderungsantrag gefordert, dass diejenigen, die seit 20 Jahren im Schuldienst sind und sich entsprechend qualifiziert haben, automatisch einen Anspruch auf eine gleichwertige Vergütung bekommen. Das steht in diesem Gesetz nämlich entgegen aller Besprechungen nicht. Sie haben das abgelehnt und darum wird gleicher Lohn für gleiche Arbeit mit dieser Gesetzesnovelle auch nicht erreicht. Also machen Sie den Menschen in diesem Land wider besseres Wissen keine Hoffnung.
Meine Damen und Herren, neben der Frage des Seiteneinstiegs gibt es, wie bereits gehört, noch weitere Änderungen im Gesetz. Die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse in den Bundesländern können wir nur unterstützen, bei den Zulassungsbeschränkungen für den Vorbereitungsdienst haben wir hingegen nach wie vor
Überhaupt kein Verständnis haben wir dafür, dass die politische Bildung und vor allem die Sprecherziehung künftig keine verbindlichen Bestandteile des Studiums mehr sein sollen. In der Begründung des Gesetzesentwurfes heißt es allen Ernstes, die Sprecherziehung sei verzichtbar, weil man doch im Studium ohnehin sehr viel sprechen würde. Die Realität ist aber, dass funktionale Stimmstörungen zu den häufigsten berufsbedingten Erkrankungen von Lehrerinnen und Lehrern gehören. Sie treten signifikant häufiger auf, wo die Sprecherziehung eben kein verbindlicher Bestandteil der Ausbildung war. Dem Ziel einer besseren Gesundheitsvorsorge für Lehrerinnen und Lehrer leisten Sie damit also auch einen schlechten Dienst.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch einmal auf den Beginn meiner Rede zurückkommen. Die öffentliche Diskussion um den Quereinstieg hat in den letzten Wochen manchmal dazu geführt, dass Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ihre Arbeit entwertet sahen. Darum will ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einmal betonen, dass wir diese Arbeit schätzen. Wir wissen auch, dass viele Schulen diese Arbeit schätzen und wir natürlich auch für eine gleichberechtigte Bezahlung eintreten. Und gerade deshalb ist hierfür eine verbindliche gesetzliche Grundlage notwendig, um die Qualitätsstandards zu gewährleisten und zugleich einen Rechtsanspruch auf eine faire Vergütung zu schaffen. Eben diesem Anspruch jedoch wird der vorliegende Gesetzentwurf in keiner Weise gerecht und darum müssen wir ihn ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach meiner Rede bei der ersten Debatte zu diesem Lehrerbildungsgesetz und nach den Ausführungen des Ministers wollte ich heute eigentlich gar nicht mehr so viel reden, aber nach dem Redebeitrag von Frau Berger sehe ich mich doch gezwungen,
Ja, ich weiß das. Ich meine, in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit aber will ich versuchen, mich trotzdem kurzzufassen.
Uns liegt heute wirklich ein Lehrerbildungsgesetz vor, das den Erfordernissen der nächsten Jahre voll entspricht. Den Grund dieser Änderung hat der Minister,
denke ich, ganz eindeutig und klar definiert und auch genannt. Und weil uns vorhin gesagt wurde, wir haben uns nicht beraten und so weiter, da kann ich Ihnen sagen, wir haben wirklich bei uns im SPD-Arbeitskreis viel gesprochen, wir haben Gespräche mit Schulpraktikern und Experten vor Ort durchgeführt.