Protocol of the Session on December 11, 2013

Ach, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ’ne Antwort, oder was?!)

Ich komme zu den gemeinsamen Anträgen der GRÜNEN und der LINKEN. Ich fand es spannend, dass jetzt eine gewisse Disziplinierung einsetzte im Ausgabeverhalten, dass man hier tatsächlich auch geschaut hat, ob man im eigenen Ressort eine Gegendeckung findet, oder aber wenn, dann nur ganz vorsichtig noch was obendrauf.

Also ich kann es nicht über einen Kamm scheren. Die Anträge der GRÜNEN sind eher zusammengefasst so: Wir teilen nicht die Schwerpunkte der Landesregierung, sondern würden bei den allbekannten Themen – die haben wir ja heute schon mehrfach gehabt, Redefin, Polizeihubschrauber, Rostock-Laage – Geld absenken, und dafür kommen diese Bereiche vornehmlich in die Bildung, insbesondere die Hochschulbildung, und in alles, was Öko ist. Das ist aber eine andere Auseinandersetzung, als überall was obendrauf zu legen, was irgendwie schick sein könnte. Und insofern hat das für mich auch einen anderen Stellenwert. Ich respektiere, dass die GRÜNEN andere Schwerpunkte haben. Schön wärs, wenn das umgekehrt auch so wäre.

Und damit bin ich im Grunde, ohne dass ich überhaupt auf mein Manuskript geguckt habe, weil alle Dinge heute wirklich auch schon genannt wurden und durch mich nicht noch mal breitgetreten werden müssen, schon bei einem letzten Thema, das ich Ihnen unbedingt mit auf den Weg geben möchte. Bei unserem strukturellen Defizit haben wir nur ein Thema genauer beleuchtet, dem müssen wir zu Leibe rücken. Das heißt, wir müssen entweder unsere Aufgaben günstiger gestalten oder dafür sorgen, dass wir auch durch eine Steuerentwicklung höhere Einnahmen haben. Und da meine ich jetzt keine gesetzliche Veränderung, sondern ich meine unsere eigene wirtschaftliche Grundlage.

Was nach 2020 mit uns passieren wird als Nehmerland im Kanon des Föderalismus, können wir hier alle nicht sagen. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich aus den Runden, die ich da mit erleide: Ich bin nicht sehr optimistisch, dass wir das besser hinkriegen, als es zurzeit läuft. Die Solidarpaktmittel laufen sowieso aus. Im Moment versuchen wir noch, uns darum zu kümmern, dass wenigstens die Entflechtungsmittel der Höhe nach bleiben, dass unser Ausgleich im Sozialbereich noch bleibt und dass es dann zumindest eine Infrastrukturförderung gibt, und zwar nicht mehr nach Ost/West, sondern nach bedürftigen Regionen, wo wir dann ja mit dabei wären. Aber all das steht in den Sternen.

Und ob ein Land wie Bayern Erfolg haben wird vor Gericht, wie sich ein neuer Länderfinanzausgleich entwickelt, das wissen wir erst recht nicht. Aber wer meint, man könnte nur, wenn man laut genug kräht als kleines Land, hier was erreichen, dem sage ich, der irrt. Man braucht sehr gute Verbündete, man braucht sehr gute Argumente, man braucht sehr viel Kraft, um dagegen anzukommen. Und wenn wir mal eine andere Gelegen

heit haben, will ich gerne im Finanzausschuss dazu berichten, was ich an der Ecke auch erlebe mit meinen Kolleginnen und Kollegen.

Was ich aber berichten werde, und zwar jetzt, ist zum Thema Stabilitätsrat. Wir vergessen immer, dass wir uns auf einer komfortablen Ebene bewegen, weil wir ausgeglichene Haushalte haben. Was glauben Sie denn, wie Länder wie Bremen, wie das Saarland, wie SchleswigHolstein, Sachsen-Anhalt und Berlin mit ihren Haushalten umgehen müssen?

(Stefanie Drese, SPD: Ja.)

Die stehen unter Kontrolle der anderen, weil sie ja Konsolidierungshilfen von uns empfangen. Auch Mecklenburg-Vorpommern – 9 Millionen in jedem Jahr, zur Erinnerung – zahlt das. Deshalb wird genau hingeschaut, wie die damit zurechtkommen. Und was meine Kollegin in Bremen sich da beim letzten Mal anhören musste, meine GRÜNE-Kollegin in Bremen, hat mich schon etwas durchgeschüttelt. Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken.

Und man muss sich an dieser Stelle auch mal die Frage stellen: Wie kommen denn die öffentlichen Haushalte zu so hohen Schulden? Das ist doch nicht durch die Wetterlage passiert, sondern das ist seit Jahren durch Parlamentsentscheidungen, egal auf welcher Ebene, zum Schluss entschieden worden: Machen wir mehr Schulden oder machen wir es nicht?

Und auch der Schuldenberg von 10,5 Milliarden, über den wir im Moment noch stolz verfügen und der mir richtige Sorgen macht, der ist irgendwie entstanden durch Haushaltsentscheidungen,

(Udo Pastörs, NPD: Ach so, irgendwie!)

und nicht jede Entscheidung war auch notwendig. Ich räume ein, dass es mitunter anders gar nicht geht, dass man gar keine Alternativen hat, als neue Schulden aufzunehmen. Aber genauso hart muss der Kurs werden, die wieder abzubauen.

Ich bin dankbar, dass zumindest die Koalitionsfraktionen diesen Weg überzeugt mitgehen, auch durch schwierige Ecken, wenn man mitunter auch gerne Argumenten nachgeben möchte. Und ich denke, wir haben gemeinsam gar keine andere Chance. Denn glauben Sie mir, je näher wir an das Jahr 2019 kommen, umso weniger Spielräume hat man, etwas abzubauen. Wir bauen unser Personal sukzessive ab. Ich habe nicht vor, irgendwann vor der Situation zu stehen, einen Hochschulstandort abzubauen. Wir haben unsere Entscheidungen getroffen in der Infrastruktur, und das ist eine gute Situation, aber die muss man auch immer wieder erkämpfen.

Und eine implizite Verschuldung, die ich auch gerne noch erwähnen möchte, damit mir nicht einer vorwirft, ich male hier rosa Zahlen: Das, was uns im Versorgungsbereich im Bundesgebiet erwarten wird – der Bund der Steuerzahler hat das schon gut aufgelistet –, wird vor allem die alten Bundesländer erschlagen im Budget, SchleswigHolstein schon jetzt 1 Milliarde jedes Jahr nur für die Versorgung, weil keine Rücklagen rechtzeitig gebildet wurden.

(Torsten Renz, CDU: Wie werden die das Problem lösen aus Ihrer Sicht?)

Es wird, denke ich, da an Standards irgendwann gebastelt. Herr Kretschmann hat ja schon angefangen. BadenWürttemberg hat auch ein riesiges Problem.

(Heinz Müller, SPD: Ach ja?)

Und an dieser Stelle muss ich sagen, die neuen Bundesländer insgesamt hatten eine gute Chance, viel, viel später anzufangen. Aus den Fehlern anderer kann man ja lernen und wir haben zumindest seit 2008 unsere Tücher im Trockenen. Aber wir vergessen mal nicht, die meisten Beamten wurden vor 2008 eingestellt. Ja, für die 14.000 Beamten, die wir haben, die sind 91 bis 96 sukzessive eingestellt worden, für die haben wir noch keine Antwort. Und darum sind 4,5 Milliarden implizite Verschuldung außerdem in unseren Büchern. Sachsen ist ja immer unser Vorbildland. Die gehen inzwischen nicht nur mit Tilgung, sondern auch Aufstockung dieses Fonds rückwärts. Die sind schon bei 98 gelandet. Bei uns würde bis 98 der gleiche Schritt bedeuten, wir müssten 200 Millionen zusätzlich in den Fonds setzen und dann noch Jahr für Jahr 30 Millionen neben unseren Zahlungen obendrauf. Und dann sind wir bis 98. Ich will Ihnen nur mal plastisch daran vorführen, dass da noch ein ganz dickes Problem schlummert, denn es wird sich sicherlich in 15 Jahren, wenn ich schon fröhlich in meinem Sessel sitze,

(Torsten Renz, CDU: Na, na, na, Heike!)

keiner hier hinsetzen und sagen, so, und jetzt müssen die Beamten aber mal zusehen, jetzt lassen wir das mal mit der Versorgung,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn die sind nicht schuld an diesem Zustand, ja? Ich finde, und das habe ich immer verteidigt in anderen Zusammenhängen, lieber jetzt mit kleinen Schritten, die aber dann auch noch Jahre später anhalten.

So, nun bin ich natürlich wieder meiner Rolle gerecht geworden, die Mahnerin für Sie zu sein. Ich kann auch damit leben, dass das wieder mal nicht zum Publikumslieblingspreis gereicht.

(Burkhard Lenz, CDU: Na?)

Meine Überzeugung ist nach wie vor die alte: Ich bedanke mich dafür, dass Sie so konstruktiv mitgearbeitet haben. Ich bitte Sie um Verständnis, dass Kommunikation auch heißen kann, dass man nicht der gleichen Meinung ist. Und ich denke, dass wir auf diesem Weg ein gutes Stück weiter vorangekommen sind mit der Entwicklung unseres Landes. Die Bürger sehen das so, dass unser Land auf einem guten Weg ist. Dafür wollen wir uns weiter mühen und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Die Finanzministerin hat die Redezeit um 19 Minuten überzogen.

(Zurufe aus dem Plenum: Oooh!)

Diese Zeit steht den Oppositionsfraktionen zur Verfügung.

Nun hat das Wort die Abgeordnete Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin der Ministerin dankbar dafür, dass sie unsere Anträge hier noch mal erläutert hat, auf das Funktionieren der Ausgleichsrücklage eingegangen ist und hier auch erläutert hat, dass natürlich ebenso die Koalition, also die Landesregierung, Entnahmen aus der Rücklage für bestimmte Dinge vornimmt, beispielsweise für die Sonderhilfen an die Kommunen.

Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU brachten das Gros ihrer Anträge nicht etwa in den Fachausschüssen ein,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ach, guck mal an! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach?! Das ist ja wohl ein Skandal hoch drei!)

nein, dies hätte ja unter Umständen zu einer fachlichen Befassung führen können. Und so erreichten die meisten Anträge der Koalitionsfraktionen den Finanzausschuss erst auf der Zielgeraden.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Können Sie das noch mal wiederholen? – Peter Ritter, DIE LINKE: Kann ich das noch mal hören? – Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Da bleibt viel Interpretationsspielraum, meine Damen und Herren. Die Koalitionäre wollten so einer Beratung in den Fachausschüssen aus dem Wege gehen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die erzählen, im Himmel ist Jahrmarkt. Glaubst du das?!)

oder die Abgeordneten von CDU und SPD wussten erst kurz vor Abpfiff, welche Anträge welchen Abgeordneten am besten in seinem Wahlkreis glänzen lassen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Jedoch blieb es den Koalitionären im Finanzausschuss nicht erspart,

(Heinz Müller, SPD: Die Platte kennen wir doch schon.)

sich den Fragen der Opposition zu stellen.

(Heinz Müller, SPD: Champagner- museum in Bad Blödhausen.)

Auskunfts- und erklärungsfreudig zeigten sich die Kollegen der Regierungsfraktionen zu ihren eigenen Anträgen allerdings nun wahrlich nicht.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Haben Sie das so empfunden, ja?)

Keine fundierten Begründungen, keine Plädoyers für die gute Sache waren zu hören. Lediglich vage und oberflächlich und zum Teil mit mürrischen Halbsätzen wurde die finanzielle Förderung ausgewählter Einzelprojekte in den verschiedenen Landesteilen begründet. Warum eigentlich? Dies, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, haben die von Ihnen auserkorenen Projekte wirklich nicht verdient. Selbstverständlich haben diese Projekte in jedem Fall die finanzielle Unterstützung verdient.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Deshalb haben wir auch unsere Zustimmung im Ausschuss gegeben.