Ich kann für unsere Fraktion sagen, wir unterstützen diesen Maßnahmeplan und werden ihn auch aktiv begleiten, und noch mal vielen Dank an die Landesregierung für diesen Maßnahmeplan. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist bereits viel gesagt worden und ich finde es immer wieder faszinierend, wie Dinge eingeschätzt werden und bewertet werden. Klar haben wir einen Maßnahmeplan und klar ist mir auch, dass es sehr schwierig ist, hier zwischen den Ressorts Absprachen zu tätigen. Gerade die Debatte, Herr Schubert, und die Akzente, die Sie eben genannt haben, haben mir noch mal vor Augen geführt, dass möglicherweise auch dieser Begriff „Behinderung/Handicap“ noch einmal anders betrachtet werden muss, und vielleicht wird uns das auch gelingen im Bereich der Bewusstseinsbildung.
Ich werde am Anfang kurz noch mal den Aktionsplan und die nicht fortschreitende Festlegung von Terminen, von Aktionen kritisieren, aber das zieht sich ja im Grunde genommen durch den gesamten Aktionsplan durch. Wir unterstützen auch, und ich denke, das muss die Landesregierung sich ins Stammbuch reinschreiben lassen, wenn der Bürgerbeauftragte einen Maßnahmeplan so derartig kritisiert, dann muss das nicht nur zur Kenntnis genommen werden, sondern, ich denke, da muss nachgebessert werden.
Das, was den Maßnahmeplan durchzieht, ist eben eine Schwammigkeit beim zeitlichen Rahmen, aber auch Formulierungen wie, ich zitiere, „Anpassung des geltenden Rechts“, „Umsetzung neuer gesetzlicher Regelungen“ oder „Fortsetzung integrativer Umgestaltungsprozesse“, das sind Wortblasen. Konkretes – darauf warten wir noch.
Ich möchte an dieses Ressortübergreifende noch mal anknüpfen. Wenn ich allein sehe, was in dem Bereich
Verkehr steht: In dem Bereich Verkehr steht zuvor drin, es ist natürlich noch einiges zu machen, um die Barrierefreiheit bis 2020 umzusetzen, sofern es der Geldbeutel hergibt. Wir haben in der Enquetekommission vor zwei Wochen Mobilität diskutiert und da war das Ministerium dort. Eins ist mir da ganz deutlich geworden: Wir müssen wesentlich enger zusammenarbeiten, denn was nützen uns barrierefreie Haltestellen, wenn da nachher kein Zug oder kein Bus mehr entlangfährt.
Also wie sollen Menschen mit oder auch ohne Behinderungen – und ich denke, das ist auch diese Behinderung, die wir häufig im Kopf haben –, wie sollen die von A nach B kommen? Was nützt es mir, wenn ich eine Ambulanz habe, die irgendwo ist, wo man ohne Individualverkehr überhaupt nicht mehr hinkommt? Ich denke, hier ist vernetztes, übergreifendes Denken notwendig. Von daher nehme ich den Maßnahmeplan jetzt auch als ein Konstrukt, wo die Ministerinnen und Minister dazu verpflichtet sind zusammenzuarbeiten.
Aber ich möchte auf einen Teil kommen, der mich insbesondere ärgert, weil der hier heute auch so blumig dargestellt wurde – Bewusstseinsbildung. Wenn wir uns mal wieder ins Bewusstsein rufen, wie unser Bildungsminister durchs Land fährt, nämlich mit Vorträgen unter dem Titel, ich zitiere, „Warum Inklusion unmöglich ist“, oder auch Inklusion als „Kommunismus für die Schule“ zu bezeichnen oder „Inklusion und pädagogisches Scheitern“, dann frage ich mich: Wie will man ernsthaft Inklusion in diesem Land umsetzen und wie wollen hier Ministerien zusammenarbeiten?
Es gibt natürlich auch inklusionsbefürwortende Literatur. Davon hören wir wenig vom Minister und dazu fordere ich ihn einfach auf, denn da ist es zum Scheitern eigentlich verurteilt, weil …
und ich finde es bezeichnend und ich finde es im Grunde erschütternd, was hier abläuft. Ich kann den Minister, der heute leider nicht da ist, nur dazu auffordern, Inklusion ernst zu meinen und hier nicht dagegen anzugehen.
Es gibt einen Punkt „Frauen mit Behinderungen“. Was dort zu lesen ist, ist Frauen und häusliche Gewalt. Da habe ich gedacht, als ich das gelesen habe, das kann
doch wohl nicht wahr sein. Also Frauen an sich sind in dieser Gesellschaft benachteiligt. Erinnern wir uns an den Equal Pay Day. 22 Prozent bekommen wir weniger bezahlt, wir haben die Schwierigkeiten, nach der Erziehungszeit wieder in Vollzeit zu kommen,
wir haben auch Probleme in Bezug auf Mobilität. Also es ist nachgewiesen, auch das haben wir in der Enquetekommission immer wieder gehört, Frauen haben schlechtere Zugänge zur Öffentlichkeit, zur Teilhabe.
Dann diesen Bereich reinzunehmen, das, meine liebe Frau Schwesig, finde ich ein bisschen zu kurz gegriffen in der Frage Gleichstellungspolitik, denn auch Frauen und Gleichstellung ist ein Querschnittsthema. Und das hätte ich mir von diesem Maßnahmeplan gewünscht, dass er insbesondere noch mal die Punkte, die wichtig sind, reinnimmt. Ich denke auch an Migration. Das sind alles Punkte, die man irgendwie vergeblich sucht.
und das, was wirklich Nachholbedarf ist oder wo etwas zu leisten ist, ist in den Bereichen Bewusstseinsbildung, Kampagnenfähigkeit. Das hat ja sogar die schwarz-gelbe Regierung vorgemacht, dass es funktioniert, Schule und Inklusion. Das, worauf wir warten, sind nicht nur Handbücher für Menschen, die erblindet sind, oder wie heute, dass wir hier punktuell Gebärdensprache haben im Landtag, sondern wir müssen gucken, wie wir die Menschen im ländlichen Bereich mit hineinbringen, auch dieser Bereich fehlt, stringent.
Wie wir hier die Integration und Inklusion voranbringen, ich denke, das ist ein Prozess, und darin sind wir uns auch alle einig. Wir wissen auch, dass wir das nicht von heute auf morgen hinbekommen, aber dieser Maßnahmeplan lässt eins vermissen: Verbindlichkeit und insofern auch Verbindlichkeit der Kontrolle, denn dann kann man sich immer wieder leicht rausreden, so, wie wir das heute schon gehört haben: Machen wir alles. Fragen Sie die Leute vor Ort!
Und, Herr Schubert, ich habe sehr genau zugehört, was vorgestern beim 20-jährigen Jubiläum der Selbsthilfe gesprochen wurde, was kritisiert wurde. Die Selbstbestimmung von Menschen, ob mit Behinderung oder ohne, ob mit Migrationshintergrund oder ohne, für Menschen mit chronischer Krankheit oder psychischer Erkrankung oder ohne, das muss unser Ziel sein, dass wir diese Schere nicht mehr im Kopf haben. Und wenn wir das alle hinkriegen, dann ist, glaube ich, auch unsere Fraktion dazu bereit, hier noch mal einzelne Impulse zu geben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Punkte wie Barrierefreiheit in den Bereichen Wohnen und Medien sind nur zu begrüßen. Für den Bereich der Bildung lehnen wir, und das dürfte Sie wenig überraschen, die Inklusion kategorisch ab. Ich erinnere an den entsprechenden Antrag unserer Fraktion und möchte den einen oder anderen Grundgedanken hier und heute noch einmal wiederholen.
Gern wird von den Inklusionsbefürwortern eine entsprechende UN-Behindertenrechtskonvention herangezogen. In dieser steht aber mit keinem Wort geschrieben, dass Behinderte und Nichtbehinderte generell gemeinsam zu unterrichten seien.
Das Inklusionsexperiment stellt Lehrer, Schüler und Eltern vor zusätzliche Herausforderungen. Schon dadurch, dass auf behinderte Schüler im regulären Klassenverband besonders eingegangen wird, werden leistungsstarke Schüler unterfordert, derweil es bei den leistungsschwächeren zu einer Überforderung kommt. Die Folgen sind Frustration und womöglich Spannungen, die dem Ziel, einen solidarischen Klassenverband unter Einschluss Behinderter zu schaffen, letztlich entgegenstehen. Schulexperten warnen hierbei vor dem Entstehen klasseninterner Subsysteme, die zu Mobbing und spezifischen Konflikten führen können. In der Folge werden noch mehr betuchtere Eltern ihre Kinder auf Privatschulen schicken.
Auch sind die Kosten, die mit der Umstellung auf das Inklusionsmodell verbunden sind, immens. So hat der Bildungsökonom Klaus Klemm von der Uni DuisburgEssen errechnet, dass sich die Kosten der Inklusion pro Jahr auf über 660 Millionen Euro belaufen. Die Aufwendungen ergeben sich in erster Linie aus dem zusätzlichen Bedarf an Lehrern, Sonderpädagogen, Psychologen und Therapeuten.
Und dennoch wird weiter behauptet, dass der gemeinsame Unterricht Kosteneinsparungen ermögliche. Welcher Irrtum, wie ein Blick über die Landesgrenzen beweist. Nach Angaben des brandenburgischen Bildungsministeriums würde die Inklusion allein in Brandenburg Mehrkosten von satten 265 Millionen Euro mit sich bringen. In Brandenburg wären mindesten 5.300 neue Lehrerstellen vonnöten.
Internationale Studien legen überdies den Schluss nahe, dass für Kinder mit erhöhten Förderbedarfen und Verhaltensauffälligkeiten Spezialschulen geeigneter sind, um ihnen auf diese Weise eine angemessene Förderung zuteilwerden zu lassen. Finnland mit seinem ausgefeilten Bildungssystem verfügt nach wie vor über ein fein verästeltes System von Spezial- beziehungsweise Förderschulen.
Selbst die Gewerkschaft GEW weist auf Risiken der Inklusion hin. So zweifelt sie an der Qualität des gemeinsamen Unterrichts und sagt voraus, dass viele Lehrer mit dem Anspruch, den extrem unterschiedlichen Leistungsprofilen der Schüler gerecht zu werden, schlichtweg überfordert sein werden.
Wir Nationalen stehen auf dem Standpunkt, dass Ungleiches auch ungleich behandelt werden und gefördert werden muss. Die radikalen Inklusionsbefürworter hingegen tendieren sogar dazu, die Kategorien von Behinderungen schlichtweg zu negieren. Sie würden einen diskriminierenden Charakter aufweisen. Man sei deshalb gut beraten, sich von ihnen zu trennen.
Professor Bernd Ahrbeck bringt es auf den Punkt, wenn er bemerkt, Zitat: „Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn in einer Fachsprache gefasst wird, dass eine konkrete Person blind ist oder eine starke Sehbehinderung aufweist? Was ist so unerträglich an einem besonders langsam und wenig erfolgreich lernenden Kind, dass es sich verbietet, seine Schwierigkeiten kategorial zu benennen? Warum dürfen gravierende psychische und soziale Probleme, die Kinder zu massiven Verhaltensstörungen führen, nicht als solche in einer klarifizierenden Fachsprache begrifflich erfasst werden? Warum soll man nicht anerkennen und entsprechend benennen, dass Menschen durch eine massive Beeinträchtigung ihrer sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten im Leben ernsthaft behindert sind? Oder auch deshalb, weil sie kaum noch etwas oder (fast) gar nichts mehr hören?“
Und an anderer Stelle: Worauf soll sich eine Bewertung stützen, die sich ausschließlich am Individuum orientiert? Wer beantwortet die Frage, was jemand erreichen kann? Was sind sinnlose Anforderungen und worauf muss aus gutem Grund verzichtet werden? Was ist über- oder was ist unterfordernd? Ohne explizite und aus einem äußeren Rahmen abgeleitete Norm- und Zielvorstellungen fällt die Entwicklung eines Kindes der Beliebigkeit anheim. Ein zielgerichtetes pädagogisches Handeln wird dadurch infrage gestellt, wenn nicht gar gänzlich aufgehoben.
Wir von der NPD lehnen die Inklusion nach wie vor ab. Wir fordern die Beibehaltung des Förderschulsystems. Dies ist nicht nur gerechter und effizienter, es ist obendrein auch noch kostengünstiger. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wer den Verlauf der Debatte verfolgt hat, der kriegt Folgendes mit: Den einen geht es beim Thema Inklusion nicht schnell genug voran und die anderen, das haben wir gerade erlebt, der Abgeordnete von der NPD spricht sich strikt gegen eine Inklusion, zumindest im Bereich der Schule, aus.
Wenn man die Argumente derer aufgreift, die sagen, es passiert ja nichts, kann man sagen, na ja, vielleicht geht es nicht schnell genug, aber wenn wir uns die Realität ansehen, müssen wir Folgendes feststellen: Neben mir steht zum ersten Mal, während ich rede, eine Gebärdendolmetscherin und vermittelt das, was ich sage, in Gebärdensprache.
Das ist nicht das erste Mal, aber für mich ist es das erste Mal, Frau Borchardt. Sie müssen gut zuhören und nicht gleich so heftig wieder das Wort ergreifen und hier dazwischenrufen mit Dingen, die nicht der Realität entsprechen. Also für mich ist es das erste Mal, aber wir haben schon Gebärdendolmetscherinnen im Landtag gehabt und es wird wahrscheinlich dazu kommen, dass ständig irgendwann hier jemand neben einem steht und das, was man sagt, in Gebärdensprache übersetzt. Das heißt, wir haben Fortschritt und wir haben Entwicklung.