Herr Foerster ist darauf schon eingegangen, dass Leiharbeit und Werkverträge eben zunehmend von Unternehmen genutzt werden, um auch ihre Stammbelegschaft abzubauen und damit teilweise Lohndumping zu betreiben.
Und dass es sich hier nicht nur um vereinzelte schwarze Schafe handelt, das haben, glaube ich, jetzt alle Vorredner so gesagt. Der hier zitierte Fall der MEYER WERFT ist zu kritisieren und von daher ist dort zu agieren.
Herr Renz, Sie hatten vorhin nach Zahlen gefragt. Also ich habe hier auch noch etwas stehen, nämlich nach einer Umfrage der IG Metall bei 5.000 Betriebsräten wird berichtet, dass in 36 Prozent der Unternehmen Stammarbeitsplätze durch den Einsatz von Werkverträgen abgelöst wurden.
Werkverträge können unter fairen Bedingungen ein regulärer Weg sein, das kennen wir alle, um beispielsweise bei der Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung Aufträge an externe Unternehmen – ja, jetzt fehlt mir das Wort, so ist das manchmal am späten Abend –
zu vergeben. Ich danke. Es steht auch hier: zu vergeben. Ich danke. Aber Sie hören mir zu und das ist doch schon mal gut.
Also in einem Werkvertrag muss ganz klar ein bestimmtes Ergebnis oder ein Werk vereinbart werden. Das ist eigenverantwortlich zu organisieren und ich denke, hierum geht es auch heute.
Aber noch mal zu einigen Punkten: Solange der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen möglich ist, kann von einer ausreichenden Regulierung keine Rede sein. Darauf aufbauend müssen dann gesetzliche Schlupflöcher geschlossen werden. Wir befürworten klare Regeln gegen den Missbrauch von Werkverträgen, indem wir diese klarer gegen Leiharbeit abgegrenzt sehen.
Ich habe noch zum letzten Punkt, zum IAB, eine Anmerkung. Es wird ja hier immer wieder gesagt, es gibt keine Zahlen. Deshalb kann die Nutzung des IAB-Betriebs- panels zur Datenerhebung bezüglich des Einsatzes von Werkverträgen nur zu einer Verbesserung der Informationslage beitragen und deswegen unterstützen wir dieses auch.
Eine Bitte an die Landesregierung: Wenn Sie den Ein- zelplan 10 nehmen, gibt es beispielsweise bei dem Kapitel 1025 – Kinder- und Jugendhilfe – den Aspekt „Schabernack“, also eine Einrichtung des übertragenen Wirkungskreises. Dort steht sogar im Titel „Werkverträge“ drin. Ich hoffe, dass wir dieses hier irgendwann rausbekommen. Ich weiß jetzt nicht, wie viele Jahre der schon drinsteht, dieser Titel in dieser Form. Ich denke, dort sollte die Landesregierung mit gutem Beispiel vorangehen, und vielleicht können wir dieses in der Haushaltsverhandlung noch mal angehen. Es steht so drin und es kommt zur Irreführung. Ich weiß, dass es nicht so gemeint ist, aber das Wort „Werkvertrag“ steht da drin, und ich denke, das sollte man dann auch verändern. Vielleicht kann man dieses noch einmal in einem anderen Zusammenhang klären.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Möglicherweise führt ja der Gang in eine Große Koalition zu einer neuen Situation – je nachdem wie nachdrücklich insbesondere die SPD auf ihren im Wahlprogramm enthaltenen Vorhaben besteht. Wünschenswert wäre natürlich, unbestritten,
Und wenn ich vorhin gesagt habe, dass sich seit der Debatte im vergangenen Jahr nicht allzu viel getan hat, dann meinte ich das Prozedere vorher auf der politischen Ebene. Denn wenn Sie ehrlich Bilanz ziehen, dann müssen wir feststellen, es gibt nach wie vor keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, es gibt nach wie vor keine Meldepflicht für Werkverträge und es gibt bislang zumindest auch kein Mehr an betrieblicher Mitbestimmung.
Man darf also gespannt sein, was am Ende der Sondierungsgespräche von CDU/CSU und SPD konkret in einem möglichen Koalitionsvertrag landen wird, und vor allem, wie dieser dann umgesetzt wird. Allein deshalb ist es richtig und notwendig, auch im Herbst 2013 erneut in diesem Hohen Hause über den Missbrauch von Werkverträgen und die Möglichkeiten, diesen wirksam zu unterbinden, zu diskutieren.
Natürlich, Herr Renz, ist mir als Gewerkschafter nicht entgangen, dass beispielsweise die IG Metall im Nachgang zu den tragischen Vorfällen in Papenburg einen Haustarif verhandelt hat, der beispielsweise soziale Mindeststandards für Werkvertragsarbeiter, unter anderem einen Mindestlohn von 8,50 Euro, enthält. Man muss sich jedoch fragen, warum vor dem Zustandekommen eines solchen Papiers erst Menschen sterben mussten. Dennoch, es ist der erste Tarifvertrag deutschlandweit, der explizit auch für Werkverträge gilt, und dass es ihn gibt, hat eben auch viel mit dem politischen Druck vonseiten der dortigen Landesregierung zu tun, denn die niedersächsische Landesregierung hat Klartext gesprochen, statt zu verharmlosen. Sie ist im Land und auch über die angesprochene Bundesratsinitiative hinaus aktiv geworden.
Hierzulande muss man zumindest Sie, nämlich den kleinen Koalitionspartner CDU, offensichtlich immer noch zum Jagen tragen. Ein eigenes Problembewusstsein zu diesem Thema ist bei der CDU im Land jedenfalls bis zum Sommer bestenfalls unterdurchschnittlich ausgeprägt gewesen. Dann ist ja Herr Glawe doch noch über seinen – er ist jetzt gerade nicht da –, über seinen Schatten gesprungen und hat auf der Wirtschaftsministerkonferenz in Warnemünde der Entschließung „Abschaffung des Missbrauchs bei Werkverträgen“ zugestimmt.
Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, Herr Renz, der Feststellungsteil unseres heutigen Antrages, den Sie ja wieder kritisiert haben, ist identisch mit dem der Wirtschaftsministerkonferenz.
Insofern hätten Sie auch die Gelegenheit gehabt, genauso wie die Abgeordneten Ihrer Fraktion, Ihrem Minister mit einer Zustimmung zum Antrag den Rücken zu stärken.
Was die aktuellen Bemühungen der Länder angeht, habe ich erfreut zur Kenntnis genommen, dass MecklenburgVorpommern gemeinsam mit den Ländern Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Saarland und Schleswig-Holstein Teil der Protokollerklärung zum Tagesordnungspunkt 16 der Agrarministerkonferenz gewesen ist, in der die Praxis von Lohndumping über Leiharbeit und Werkverträge insbesondere in der Agrar- und Ernährungsbranche verurteilt und nochmals nachhaltig die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns gefordert wird. Positiv zu vermerken ist auch, dass dieser gleichzeitig Grundvoraussetzung für die Ausreichung von Fördermitteln sein soll.
Einen solchen Schritt würden wir natürlich im Interesse der Beschäftigten und im Interesse ordentlicher Beschäftigungsverhältnisse begrüßen. Dieses Papier zeigt, dass man offensichtlich politischen Handlungsbedarf sieht, eben auch in dieser anders zusammengesetzten Fachministerrunde.
Und, Herr Renz, ich nutze meine Redebeiträge bekanntlich auch gern dazu, den Betroffenen eine Stimme zu
geben, denn wenn man sich wirklich ein Bild davon machen will, was es bedeuten kann, als Werkvertragsarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt zu sein, dann ist es eben manchmal doch hilfreich, wenigstens einen Moment lang zu versuchen, sich in die Schuhe der anderen zu stellen, also in dem Fall in die der Betroffenen.
In der Dezemberausgabe 2012 der Zeitung „Mitbestimmung“, herausgegeben von der Hans-Böckler-Stiftung, werden die Zustände in Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben dargestellt. Da kommen beispielsweise auch rumänische Werkvertragsarbeiter zu Wort und dabei wird deutlich, dass sie und die anderen, zumeist aus Osteuropa stammenden Werkvertragsarbeiter unter miesen Arbeitsbedingungen für weniger als 5 Euro Stundenlohn schuften. Zum Beispiel schlachten sie Schweine im Akkord. Da gibt es dann je Tier 1,02 Euro. Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt laut Gewerkschaft NGG 14 Stunden. Eine Krankenversicherung haben die meisten nicht. Wer krank wird, den setzt man ebenso ins Auto nach Hause – wie Beschäftigte, die sich gegenüber den Medien als allzu auskunftsfreudig zeigen.
Die NGG hat an verschiedenen Stellen versucht, der Ausbeutung durch die Gründung von Betriebsratsstrukturen entgegenzuwirken, was kurzerhand dazu geführt hat, dass die Lieferzahlen heruntergefahren wurden, das Werkvertragsunternehmen pleiteging und die Werkvertragsarbeiter dann gänzlich ohne Lohn dastanden. Und problematisch, das wissen wir ja alle seit dem Sommer, sind eben nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern oft auch die Quar- tiere, in denen Werkvertragsarbeitnehmer untergebracht sind. NGG-Betriebsräte sprachen nach einer Besichtigung davon, dass manchmal bis zu 20 Menschen in einer 2Raum-Wohnung untergebracht waren, die umschichtig in Etagenbetten schliefen und dafür auch noch mit 200 Euro zur Kasse gebeten wurden. Da frage ich Sie: Was ist das anderes als eine Form modernen Sklaventums?
Längst ist das Modell „Werkvertrag“ kein Einzelfall mehr. Die Gewerkschaften beobachten eben die Ausweitung dieser Dumpinglohnstrategie auch im Einzelhandel, in der Automobilbranche und auf den Werften. Und weil Sie das angesprochen haben, man soll sozusagen nicht immer global auf alle Unternehmer einschlagen –
das tue ich nicht. Ich will Ihnen an der Stelle ganz deutlich sagen, es geht mir nicht um den klassischen Einsatz von Werkverträgen bei Spezialaufträgen, zum Beispiel der Erstellung einer neuen Software,
das Wechseln der heimischen Mischbatterie oder den Handwerker des Vertrauens, der möglicherweise dann auch Verwaltungsgebäude streicht. Mir geht es um die Scheinwerkverträge, die eigentlich eine illegale Arbeitnehmerüberlassung darstellen – das sprachen Sie an –, weil die Werkvertragsarbeiter nur für ein Unternehmen arbeiten und dabei wie Stammbelegschaft und Leiharbeiter auch dauerhaft in den Arbeitsablauf und das Arbeitszeitgefüge des Unternehmens eingebunden sind.
Wie kann man das lösen? Dazu gab es auch schon vor längerer Zeit Anhörungen im Deutschen Bundestag. Professor Däubler, anerkannter Experte in Fragen der
Mitbestimmung und des Arbeitsrechts, hat im Ergebnis folgende Vorschläge unterbreitet. Er hat nämlich ganz klar gesagt: Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nicht nur vorübergehend bei einem anderen Arbeitgeber, der dann Besteller ist, eingesetzt, dann wird vermutet, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den betroffenen Beschäftigten und dem Besteller vorliegt, und zwar immer dann, wenn die Tätigkeit nach Weisungen des Bestellers verrichtet wird, wenn die Tätigkeit mit der eines beim Besteller beschäftigten Arbeitnehmers oder Leiharbeiters vergleichbar ist, wenn im Wesentlichen Material und Werkzeug des Bestellers verwendet werden und wenn der Unternehmer für das Ergebnis seiner Tätigkeit nicht haftet. Die Rechtsfolge wäre klar. Kann der Besteller nicht nachweisen, dass er in puncto Steuerung des Arbeitseinsatzes und Erteilung von Weisungen außen vor ist, dann käme ein Arbeitsverhältnis mit dem eingesetzten Arbeitnehmer zustande. Daraus würde dann eine Pflicht zur Nachzahlung der Lohndifferenz und der Beiträge zur Sozialversicherung resultieren.
Gestatten Sie mir ein kurzes Zitat, um dann meine Frage daran anzuschließen: Frau „von der Leyen erwarte …, dass die Fleischindustrie rasch einen Mindestlohntarifvertrag aushandele, der nicht nur eine angemessene Mindestlohnhöhe festschreibt, sondern auch Vergütungsfragen rund um Transport, Arbeitskleidung und Unterkunft regelt. Das Bundesarbeitsministerium werde diesen Prozess nach Kräften unterstützen und sich für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des angestrebten Mindestlohntarifvertrages nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz einsetzen. … nur dann gelte der Schutzschirm für alle und für jeden – auch für die Arbeitnehmer, die mit ausländischen Verträgen in deutschen Betrieben arbeiten. Wirkten alle Beteiligten zusammen,“