Protocol of the Session on October 10, 2013

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber das hat doch nichts mit dem Steuervorteil zu tun. Den gabs nämlich nie.)

Und sie sieht einen maßgeblichen Zusammenhang zu der steuerlichen Ungleichbehandlung. Mit dieser Feststellung der IHK wird aber deutlich, dass dieses Betriebsausgabenabzugsverbot aus dem Einkommensteuergesetz in seiner jetzigen Form gerade nicht nur die unmittelbar Betroffenen tangiert. Mittelbar ist nämlich auch die Attraktivität maritimer Großveranstaltungen wie die Hanse Sail insgesamt betroffen.

Wenn es mit unserer heutigen Landtagsinitiative gelingt, gewerbliche Buchungen von Traditionsseglern auf der Hanse Sail von dem von der IHK diagnostizierten stetigen Abwärtstrend zu befreien, dann haben wir auch die Attraktion der Hanse Sail weiter steigern können.

Meine Damen und Herren, Aufwendungen für Regattabegleitfahrten fallen unter das Abzugsverbot des Paragrafen 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 – unglaublich – des Einkommensteuergesetzes. Diese Verwaltungsauffassung wurde, wie bereits angedeutet, durch ein Urteil

des Bundesfinanzhofes am 2. August 2012 bestätigt. Das Urteil stellte fest, dass die Kosten für Regattabegleitfahrten mit Geschäftspartnern auf der Kieler Woche nicht absetzbar seien. Das Einkommensteuergesetz schließe die Kosten für Schiffsreisen und die damit zusammenhängende Bewirtung bewusst vom Abzug aus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das bringt die Wirtschaft zum Einsturz in Mecklenburg-Vorpommern.)

Hierin sieht der Bundesfinanzhof eine „unangemessene Repräsentation“, die nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfe.

Wenn wir uns die Begründung des Regierungsentwurfes des Steueränderungsgesetzes von 1960 anschauen, dann heißt es dort zu der genannten Ausgabe, sie sei, und das ist ein Zitat, „ihrer Art nach eine überflüssige und unangemessene Repräsentation, die im Interesse der Steuerpflichtigen und des sozialen Friedens nicht länger durch den Abzug vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt werden könne“. Zitatende.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig so. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung kann diese gesetzgeberische Begründung auf die Ausfahrten zur Hanse Sail und zu vielen anderen maritimen Großveranstaltungen nicht zutreffen. Die Ausfahrt zur Hanse Sail steht den Einladungen zu Sport- und Kulturveranstaltungen gleich. Denken Sie an die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit von Einladungen in die VIP-Logen von Fußballspielen.

Und auch der soziale Frieden würde nach unserer Auffassung nicht durch eine steuerliche Absetzbarkeit von Ausfahrten auf Traditionsschiffen etwa anlässlich der Hanse Sail bedroht,

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

denn an der Hanse Sail beteiligen sich gerade auch Unternehmen. Gerade Unternehmen und ihre Beteiligung liegen im allgemeinen Interesse, weil sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

dieses maritime Großereignis mit über einer Million Besuchern und den bereits genannten Wirtschaftseffekten am Leben zu erhalten und in Zukunft weiter mitzugestalten. Und diesen Unternehmen bei ihrem Engagement mit einer steuerlichen Ungleichbehandlung Steine in den Weg zu legen, halten wir für den falschen Weg. Ausfahrten zu Segelveranstaltungen wie der Hanse Sail sollten ausdrücklich vom Abzugsverbot ausgenommen werden. Es darf aus unserer Sicht keinen steuerlichen Unterschied machen, ob ein Unternehmer seinen Geschäftskunden zur Hanse Sail, in die VIP-Loge eines Fußballvereins oder eben zum Oktoberfest einlädt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zu Uli Hoeneß. Da kann man Geschäfte machen.)

Deswegen wollen wir heute im Landtag für eine Lockerung des Betriebsabgabenabzugsverbots werben.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Gestatten Sie mir abschließend eine Bemerkung: Wir haben die Problematik auch auf der wirtschaftspolitischen Sprechertagung der CDU/CSU-Fraktion in München am 29./30. September 2013 thematisiert. Insbesondere die Nordländer...

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, deswegen!)

Hören Sie doch zu!

Insbesondere die Nordländer haben die Initiative ge- würdigt. Die wirtschaftspolitische Sprechertagung der CDU/CSU-Fraktion hat eine entsprechende Initiative der Nordländer begrüßt.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und dann erlauben Sie mir zwei Hinweise auf Ihre bereits getätigten Pressemitteilungen der LINKEN und der GRÜNEN,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gehen Sie doch mal auf die Pressemitteilung von Ihrem Kollegen Tilo Gundlack ein! – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

insbesondere der GRÜNEN. Auch die Finanzministerin der GRÜNEN, Monika Heinold, aus Schleswig-Holstein ist dafür.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich zitiere: „Was den Bayern das Oktoberfest, ist uns die Kieler Woche.“ Ich kann die Kritik der Wirtschaft an dieser Ungerechtigkeit bei der Absetzbarkeit repräsentativer Aufwendungen verstehen.

Ich möchte Ihnen zum Abschluss sagen, nachdem die Pressemitteilungen heraus waren, hatte ich noch mal mit dem Hauptgeschäftsführer der IHK, Herrn Jens Rademacher, telefoniert, und ich darf Ihnen auch hier noch mal einen O-Ton von ihm mit auf den Weg geben: „Nach den Rückmeldungen unserer Unternehmen und den Betreibern von Traditionsseglern haben in den letzten Jahren immer mehr Unternehmen vom Chartern der Traditionssegler bei der Hanse Sail Abstand genommen, weitere Unternehmen denken darüber nach. Die Buchungen sind in erster Linie deshalb rückläufig, weil die Unternehmen diesbezügliche Kosten steuerlich nicht geltend machen können.“

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, werbe ich heute auch bei Ihnen um Zustimmung zu diesem Antrag. Lassen Sie uns heute einen Beitrag dazu leisten, dass gewerbliche Buchungen von Traditionsseglern auf der Hanse Sail wieder steigen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Waldmüller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Finanzministerin Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen mich in einer etwas schwierigen Rolle.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber zum Glück wurde ja meine liebe Kollegin im Nachbarland, Frau Heinold, zitiert, die sich sehr geschickt aus der Affäre gezogen hat,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das kriegen Sie jetzt auch hin.)

und ich glaube, das kriege ich auch auf die Reihe, wir werden sehen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Am Sonntag ist das Münchner Oktoberfest zu Ende gegangen. Wenn Sie mich persönlich fragen, gut so, aber einige fanden das ja vielleicht auch toll. Immerhin sind es Millionen Besucher, die dieses Volksfest zum größten der Welt machen. Aber ich glaube, auch das, was im Norden bei uns als Volksfest gilt und ein Millionenpublikum anzieht, hat eine ähnliche Attraktion. Und so sind die Hanse Sail in Rostock oder auch die Kieler Woche

(Beifall Dietmar Eifler, CDU)

natürlich weit über die jeweiligen Landesgrenzen bekannt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Müritz Sail, die Müritz Sail. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, ganz wichtig.)

Das sind schon überregionale Ereignisse. Wer möchte das leugnen und wer möchte auch die Bedeutung für das ganze Land leugnen, nicht nur für die Unternehmer, die hierbei investieren oder auch gewinnen und betroffen sind? Es ist schon eine gute touristische Attraktion für das Gemeinwohl.

Diese Veranstaltungen sind also durchaus vergleichbar mit dem Oktoberfest und deshalb gilt für mich auch folgender Satz, weil sie sich eben steuerlich beträchtlich unterscheiden, dass das so nicht weitergehen kann.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf die Unterschiede ist natürlich von Herrn Waldmüller eingängig auch hingewiesen worden. Ich muss das jetzt hier nicht wiederholen. Mir ist diese Situation nicht nur seit Längerem bekannt, sondern sie ist oft genug vehe

ment an mich herangetragen worden, unter anderem von einzelnen Unternehmern, aber auch von den Veranstaltern der Hanse Sail und natürlich von der IHK Rostock. Insofern gibt es da einen Austausch, bei dem wir die IHK darauf hingewiesen haben, dass, wenn man überhaupt eine Änderung herbeiführen möchte, man natürlich den Länderverbund braucht.

Und mit Verlaub, die Hoffnung fängt natürlich im Norden an mit den Betroffenen, aber damit kriegt man mitnichten eine Ländermehrheit hin. Meine persönliche Prognose ist, dies wird ein Weg sein, der zwei Gefahren birgt: Die erste Gefahr ist, dass die Südländer und alle Nichtbetroffenen sagen, jetzt gehts los, jetzt fangen die auch noch an. Es werden immer mehr Privilegien und damit die Minderung der Steuermasse zulasten der Steuerzahler hier herbeigeführt. Dann würde uns ja glatt auch noch was einfallen und wir würden demzufolge vermutlich zurzeit noch keine Ländermehrheit kriegen.

Herr Waldmüller hat ja aber auch sehr optimistisch den Anfang gezeigt, auf welchen Kanälen wir das hinkriegen könnten. Ich werde da niemandem in den Arm fallen, wenn die erfolgreicher sind als wir auf Finanzministerebene. Die Finanzminister sind ja da ein eigenes Volk, die haben auch sofort das Eurozeichen im Auge und werden mit sehr großer Vehemenz dagegen angehen.