Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine abschließende Bemerkung zu den außenwirtschaftlichen Aspekten der Gesundheitswirtschaft. Gelungen ist es bereits, Wirtschaftsvertreter aus der Golfregion für die Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu interessieren. Das zeigt, der zunehmend gute Ruf in der Gesundheitsbranche wird nicht nur hierzulande wahrgenommen, er reicht bereits heute bis in den arabischen Raum. Die Vereinigten Arabischen Emirate gehören mittlerweile zu wichtigen Abnehmern für Krankenhausleistungen oder medizinische Dienstleistungen. Mecklenburg-Vorpommern hat hier vor allem hervorragende Kompetenzen im Bereich der Diabetesbehandlung. Ich denke da zum Beispiel an den Bereich in Karlsburg, der da jetzt auf diesem Markt tätig wird.
Insgesamt kann Mecklenburg-Vorpommern gerade in diesem Bereich noch stärker profitieren als bisher. Daran muss weiter gearbeitet werden. Und die 9. Nationale Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft vom 10. bis zum 11. Juli in Rostock-Warnemünde hat gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit dem arabischen Raum ein gutes Signal ist.
Begleiten Sie uns gerne auf diesem Weg! Dafür wollen wir mit diesem heutigen Antrag werben. – Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/2126. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/2126 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN, Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Entwurf eines Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes zurückziehen, auf Drucksache 6/2020.
Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwurf eines Gerichtsstruktur- neuordnungsgesetzes zurückziehen – Drucksache 6/2020 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Sie ist gegenwärtig nicht notwendig, in der Begründung unseriös, in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zielorientiert manipuliert und beinhaltet keinen logischen Ansatz, die Effizienz der Justiz zu steigern. In jedem Fall aber ist das Vorhaben darauf ausgerichtet, die Bürger des Landes zusätzlich zu belasten und unser Land weiter gesellschaftlich zu verarmen.“
Das, meine Damen und Herren, ist ein Zitat aus der schriftlichen Stellungnahme des Rechtsanwaltsvereins im Landgerichtsbezirk Neubrandenburg. Dieses Zitat ist deshalb so treffend,
weil es eigentlich genau das Ergebnis unserer dreitägigen Anhörung mit über 60 Anzuhörenden widerspiegelt – Anzuhörende, die alle sehr gut vorbereitet waren, sich fachlich und sachlich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auseinandergesetzt haben. Dafür aus Sicht der Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von dieser Stelle aus unser Dank!
Zweitens. Die Mehrheit der Anzuhörenden ist gegenüber einer Justizreform offen, wenn sie auf der Basis von konkreten Zahlen und einer Analyse den notwendigen Reformbedarf nachweist.
Dieses Fazit hat uns bewogen, noch vor der Sommerpause den Ihnen vorliegenden Antrag als Dringlichkeitsantrag vorzulegen, dringend deshalb, weil das von mir beschriebene Fazit deutlich geworden ist.
Zum Abschluss des ersten Anhörungstages hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses die Sachverständigen gebeten, in zwei Sätzen zu sagen, was sie den Abgeordneten auf den Weg geben möchten. Da war zu hören, wir möchten, dass das Gesetzgebungsverfahren, wie es in der Anhörung dargestellt wurde, kritisch von Ihnen begleitet wird, um zu überprüfen, ob die von der Landesregierung im Gesetzentwurf festgelegten Kriterien für den Einzelstandort zutreffen, eine kritische Auseinandersetzung unter Einbeziehung aller Dienste, insbesondere der Rechtspfleger und der dargestellten Kosten, Ermittlung des Reformbedarfs unter Einbezie
hung der Praxis, kritische Bewertung der Bürgernähe, Berücksichtigung der mittelbaren Kosten für die kommunalen Körperschaften. Es ist keine umfassende Neustrukturierung notwendig, sondern lediglich sinnvolle Korrekturen, eine Überprüfung der finanziellen Prognosen, um künftig eine bürgernahe effiziente Justizstruktur im Land zu sichern, zu prüfen, wie hoch die Kosten sind, wie sie von wem bezahlt werden und ob wir mit dieser Reform nicht mehr kaputt machen, als wir durch die Reform an Vorteilen erreichen können. Denken Sie an die Ehrenamtlichen, an die Betreuer, die für die Betroffenen kämpfen!
Soweit in aller Kürze die Erwartungshaltung der Sachverständigen an uns. Unterm Strich kann man sagen: Weg mit dem Gesetzentwurf! Fangen Sie noch einmal von vorn an! Und genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Meine Damen und Herren, nun haben Sie entschieden, dass der Antrag nicht dringlich ist, da eine weitere Anhörung geplant ist und man diese erst einmal abwarten müsse. Nun gut, diese Anhörung hat stattgefunden und sie hat, wie von uns erwartet, in Bezug auf die Notwendigkeit dieser Reform keine weiteren Erkenntnisse gebracht. Nun kann man ja, wie Herr Müller der Presse gegenüber gesagt hat, meinen, dass es normal wäre, dass die betroffenen Bürgermeister für ihre Region kämpfen. Das ist auch ihre Aufgabe.
Ja, das ist wohl so. Aber wenn Sie den Ausführungen der Bürgermeister – und Herr Müller, Sie waren ja persönlich anwesend –
gut zugehört haben, werden Sie unschwer erkannt haben, dass es den Bürgermeistern eben nicht nur um ihre eigene Stadt, sondern um die Entwicklung der Regionen geht, dass es ihnen um die Bürgernähe und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger geht in Bezug auf den Rechtsgewährungsanspruch, dass sie sich Sorgen machen um die Demokratie in unserem Land und um die vorhandenen ehrenamtlichen Strukturen, die Präventionsräte, die Gewinnung von Schöffen und auch über die möglichen finanziellen Folgen für die kommunalen Haushalte und den Landeshaushalt. Wer aber nun glaubt, dass sich die Fachausschüsse, wie angekündigt durch Herrn Müller im Innenausschuss und im Finanzausschuss, mit diesen Argumenten ernsthaft auseinandergesetzt haben, der irrt. Soweit ich informiert wurde, gab es vonseiten der Abgeordneten der Koalition so gut wie keine Nachfragen, keinen Handlungsbedarf, in welche Richtung auch immer nachzubessern, und sei es bei der konkreten Darstellung der Kosten für den Landeshaushalt. Unterm Strich kann man sagen, dieser dritte Anhörungstag war für die Katz.
So hat der Bürgermeister aus Anklam zu Beginn seiner Darstellung festgestellt, ich zitiere: „Ich fühle mich jedenfalls nicht besonders wohl. Warum? Ich denke, dass diese heutige Anhörung eher eine Art Alibifunktion erfüllen soll, damit man die Stellungnahmen der betroffenen Städte zumindest aktenkundig macht und abheften kann.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass für die Koalitionsparteien in diesem Land, wie schon vorher öfter geschehen, die Entscheidungen zu diesem Gesetz unumstößlich feststehen.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren von SPD und CDU, Sie haben es heute in der Hand, diese Befürchtung von Herrn Galander zu widerlegen, denn eines steht doch fest, und das wurde in allen möglichen Veranstaltungen landauf, landab teilweise auch deutlich von vielen Abgeordneten bestätigt: Der vorliegende Gesetzentwurf ist wohl einer der schlechtesten, den eine Regierung diesem Haus jemals vorgelegt hat. Und das ist keine Kritik an diejenigen, die ihn erarbeitet haben beziehungsweise die Zuarbeiten geliefert haben, denn auch das ist klar geworden: Das Ziel dieser Reform war von Beginn an festgeschrieben, nämlich die Anzahl der Amtsgerichte drastisch zu reduzieren und alles andere drum herum wurde passend gemacht. Unterm Strich weiß aber auch niemand mehr so richtig, welches Ziel diese Reform eigentlich verfolgt.
Fangen wir an mit der Wirtschaftlichkeit. Gut, man sagt ja, Einsparung sei nicht das Ziel der Reform. Und das soll nun die Rechtfertigung für eine grottenschlechte Wirtschaftlichkeitsprüfung sein? Vergessen wir nicht, der BBL hat mittlerweile selbst Fehler eingeräumt.
Nein, meine Damen und Herren, auch wenn es angeblich nicht um Einsparungen geht, hat die Wirtschaftlichkeitsberechnung zutreffend und belastbar zu erfolgen. Dass das nicht der Fall ist, hat ja die Anhörung ganz deutlich gezeigt. Ich weise da auf das Gutachten von Professor Hacker hin, wonach die Aufstockung des Justizzentrums in Stralsund statt der veranschlagten 1,3 Millionen Euro etwa 3,2 Millionen Euro kosten wird. Des Weiteren kommt man in Greifswald mit einer guten Million für die Umbauten auch nicht hin. Selbst der BBL hat diese Zahl auf mittlerweile 2,5 Millionen hochkorrigiert.
Herr Hennig, der Amtsgerichtsdirektor von Wolgast, der erst vor Kurzem ein Grundbuchamt bekommen hat, weiß, worauf es ankommt. Er schätzt die Kosten sogar auf 4 Millionen Euro. Apropos Wolgast: Da wird die Schließung eines Standortes unter anderem mit notwendigen Investitionskosten von 2,6 Millionen Euro begründet, obwohl die tatsächlichen sich viel geringer beliefen, weil nämlich ein großer Teil der Investitionen bereits erledigt ist. Und die Kosten für eine freistehende Immobilie sind ebenfalls nicht dargestellt. Es ist doch nicht zu erwarten, dass die leerstehenden Gebäude des Landes in den nächsten Jahren wieder vermietet werden. Dazu kommt, dass Alternativen überhaupt nicht geprüft würden. Was ist mit den 4 Millionen Euro, die in Ribnitz-Damgarten durch den neuen Mietvertrag eingespart werden könnten? Der BBL teilte mit, diese seien nicht berücksichtigt worden, da Ribnitz-Damgarten ohnehin geschlossen würde.
Es kann doch auch nicht sein, dass wir die Strukturentscheidungen danach machen, ob das Land eigene Immobilien besitzt oder nicht. Warum lässt man erst eine Immobilie des Landes verkommen, um dann zu begründen, dass der Standort wie in Hagenow geschlossen werden muss, weil die Investitionskosten zu hoch sind? Warum werden die vorgeschlagenen Alternativen von den Bürgermeistern, die sich schriftlich an das Ministerium gewandt haben, nicht geprüft wie in Hagenow oder Bad Doberan?
Schauen wir uns die Verfahrenskosten an. Im Gesetz- entwurf steht, man könne den Anstieg im Bereich der Verfahrenskosten nicht beziffern, habe aber vorsorglich 250.000 Euro jährlich eingestellt. Der Rechtsanwaltsverein hat hierzu Berechnungen angestellt. Hiernach hätten allein die Anwälte in den Bezirken einschließlich der Gerichte Mehrkosten von 800.000 Euro, davon 432.000 Euro im Rahmen von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe. Die Grundlage dieser Berechnung erscheint mir zumindest seriös. Warum hat man seitens des Justizministeriums kei- ne derartigen überschlägigen Berechnungen vorgenommen? Zumindest das hätte doch möglich sein müssen.
Vonseiten des Justizministeriums ist zu hören, dass sich derartige zukünftige Entwicklungen nicht prognostizieren lassen. Überall bekommen wir zu hören, man könne keine Aussagen machen, da die Entwicklungen ungewiss seien. Andererseits glaubt die Regierung aber, sie könne eine Prognose hinsichtlich eines Rücklaufes der Geschäftseingänge machen, und das, obwohl wir aktuell noch gar keinen Rückgang haben. Es wurde ja mehrfach darauf hingewiesen, dass die Geschäftseingänge sich nicht linear zum demografischen Wandel verhalten. Und auch das ist während der Anhörung deutlich geworden: Die Amtsgerichte verzeichnen einen Anstieg der Eingänge beziehungsweise einer Stagnation gegenüber dem Jahr 2011.
Diese Prognose, meine Damen und Herren, halte ich allerdings für deutlich gewagter als eine Prognose zu der Entwicklung der Verfahrenskosten, denn da sind die Grundlagen doch etwas berechenbarer. Bösartig könnte man auf den Gedanken kommen, dass nur da prognostiziert wurde, wo einem das Ergebnis passt, ansonsten lässt man es lieber. Das ist nicht seriös.
Meine Damen und Herren, derartige Fragen sind in der Anhörung thematisiert worden. Und insofern finde ich es auch befremdlich, wenn der Landesrechnungshof mitteilt, er habe keine eigene Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen bei solch einer Reform, die Einschätzungen basierten lediglich auf Plausibilitätserwägungen. Plausibilitätserwägungen sind aber nichts als Mutmaßungen und Mutmaßungen ersetzen nun mal auch keinen Sachverstand.
Weiterhin stellt sich doch die Frage, warum der Landesrechnungshof der Meinung ist, eine eigene Wirtschaftlichkeitsprüfung sei entbehrlich, wo er doch ansonsten alles und jeden überprüft. Oder sind es die positiven Erfahrungen, die man hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit mit der Kreisgebietsreform gemacht hat? Also ich weiß es nicht. Meiner Meinung nach ist eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Landesrechnungshofes dringend angesagt.
Kommen wir zu den eigentlichen Kriterien dieser Reform. Da wäre zunächst die Frage der Größe und Effizienz von Amtsgerichten. Nicht nur, dass es niemanden gab, der die Effizienz größerer Einheiten bestätigen konnte, spätestens als die Frage nach den zehn Richterplanstellen als Mindestgröße kam und wo denn diese Anzahl herkommen könnte, guckten alle Sachverständigen nur fragend Löcher in die Luft.
Meine Damen und Herren, wir werden in der Debatte auf weitere Punkte und Unwirklichkeiten dieses Gesetzentwurfes hinweisen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Aussprache.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit jetzt eineinhalb Jahren wird das Thema Gerichtsstrukturreform schon diskutiert und allein in den Plenarsitzungen dieses Landtages haben wir heute das siebte Mal diesen Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung. Dennoch habe ich immer den Eindruck, und der hat sich gerade erneut bestätigt, dass vieles bewusst falsch dargestellt, nicht verstanden oder einfach ignoriert wird. Deshalb will ich Ihnen erneut die Gründe für die Gerichtsstrukturreform wiederholen. Und jetzt, Frau Borchardt, hören Sie mal hin!