Protocol of the Session on September 5, 2013

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht „leider“.)

Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU...

Ja, jetzt habe ich noch etwas nachzuholen, was ich erst noch nicht erledigen konnte. Bevor wir in diesen Tagesordnungspunkt einsteigen, möchte ich es nicht versäumen, ganz herzlich dem Geburtstagskind aus der SPDFraktion, Frau Katharina Feike, zu gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Udo Pastörs, NPD – Gratulationen)

So, also jetzt zum Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Mecklenburg-Vorpommern als Land der Generationen vermarkten, auf Drucksache 6/2126.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Mecklenburg-Vorpommern als Land der Generationen vermarkten – Drucksache 6/2126 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Waldmüller für die Fraktion der CDU. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Trotz eines nicht immer leichten zweiten Quartals konnte die Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommern jüngst ein positives erstes Halbjahr bilanzieren. Mecklenburg-Vorpommern hat sich in diesem Sommer einmal mehr als führendes Hochsommerreiseziel der Deutschen gezeigt. Allein im Jahr 2012 erreichte die Tourismusintensität in Mecklenburg-Vorpommern einen bundesweiten Höchststand. Die Zahl der Betten stieg auf 185.000. Und in den ersten sechs Monaten 2013 hatten die Touristiker das drittbeste Ergebnis seit 1990. Die sonnigen Monate im Juli und August und auch jetzt noch im September wurden und sind im gesamten Bundesland mehrheitlich als erfolgreich bewertet worden.

In den vergangenen Wochen wurde das SparkassenTourismusbarometer Ostdeutschland in Tellow vorgestellt. Einige Ergebnisse halte ich für sehr bemerkenswert. Besonders hervorzuheben sind die Aktivitäten des Auslandsmarketings. Bereits im Jahr 2012 gab es hier ein überragendes Übernachtungswachstum von 15,5 Prozent bei ausländischen Gästen. Und im ver- gangenen Jahr hatten wir laut Statistischem Amt mit 918.000 Übernachtungen den höchsten Wert ausländischer Gäste. Im ersten Halbjahr 2013 stieg die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste erneut. Einen Spitzenplatz hat unser Bundesland auch bei der Kundenzufriedenheit. In der Onlinebewertung des dwif war Mecklenburg-Vorpommern vor Sachsen und vor Bayern bundesweiter Spitzenreiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz einer Menge positiver Zahlen und Nachrichten müssen wir aber eines festhalten: Die Freizeitwirtschaft gerät überall in den neuen Ländern insgesamt stärker unter Druck. Auch das hat das Sparkassen-Tourismusbarometer gezeigt. Wir haben hier einen Besucherrückgang zu verzeichnen in Mecklenburg-Vorpommern von circa 2,1 Pro- zent, in den anderen neuen Ländern weitaus mehr, bis zu 12,7 Prozent in Sachsen.

Bemerkenswert war die Beurteilung des Innovationsbedarfs beim Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser wurde von 87 Prozent der Tourismusorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern als sehr hoch eingeschätzt, aber die Bereitschaft für die Innovationen hingegen muss als eher gering angesehen werden, also nur 48,3 Prozent der Tourismusbetriebe erachten das als positiv.

Meine Damen und Herren, ich habe mit der Vorstellung der Ergebnisse des Tourismusbarometers exemplarisch darstellen wollen, an welcher Stelle unser heutiger Antrag ansetzt. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat in seinen Handlungsempfehlungen zur Förderung des Tourismus in den ländlichen Räumen aus dem Januar 2013 auf die steigende Nachfrage der älteren Bevölkerung nach touristischen Angeboten verwiesen.

Mit einer Fußnote auf dem Demografiebericht des Bundesinnenministeriums aus 2011 heißt es dort, und ich zitiere, „bis 2060“ wird die deutsche Bevölkerung von etwa 82 Millionen „auf 65 bis 70 Millionen Menschen“, also um etwa 21 Prozent „zurückgehen“. Damit einher geht eine Verschiebung in der Alterspyramide. Betrug der Anteil der über 65-Jährigen in 2010 noch 21 Prozent der Bevölkerung, so wird er 2030 bereits bei 29 Prozent liegen. Prognose für 2060: 34 Prozent. Zitatende.

Und aus diesen Zahlen leitet das Bundeswirtschaftsministerium konkrete Handlungsempfehlungen ab. Demnach ist etwa Barrierefreiheit nicht nur eines der wichtigsten sozialpolitischen Themen, es ist auch eine sehr konkrete Herausforderung für den Tourismus, denn die Anzahl der Gäste, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oder einer Behinderung auf Barrierefreiheit angewiesen sind, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, Tendenz weiter zunehmend. Rollstuhlfahrer/innen, blinde und sehbehinderte Menschen, gehbehinderte oder gehörlose Personen, aber insbesondere auch viele Ältere ohne spezifische Einschränkungen finden häufig nur erschwert Zugang zu den von ihnen nachgefragten Urlaubsangeboten.

Und für die Entwicklungschance der kommenden Jahre für uns in Mecklenburg-Vorpommern heißt das, die führende Position des Landes im Qualitätstourismus können wir als maßgeblichen Wettbewerbsvorteil erhalten und ausbauen, aber dafür muss das stärker denn je Aspekte wie Barrierefreiheit als ein Grundprinzip der erfolgreichen touristischen Entwicklung beinhalten. Die Belange Älterer müssen stärker in das Blickfeld der Touristiker gerückt werden.

Aus der demografischen Entwicklung ergeben sich nämlich insbesondere für den Gesundheitstourismus im Land zahlreiche Möglichkeiten. Die Vernetzung von Gesundheitswirtschaft und Tourismus bringt weitere Impulse. Mecklenburg-Vorpommern muss diese Möglichkeiten nutzen. Wir haben das Potenzial als die gesundheitstouristische Destination schlechthin, dies zu etablieren. Angebote wie etwa die des Kurzentrums in Waren sind ein Schritt in die richtige Richtung.

Lassen Sie uns kurz bei diesem Beispiel bleiben. Das Kurzentrum hat sich auf zwölf verschiedene Indikatoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen über Allergien bis hin zu Atemwegserkrankungen spezialisiert. Für circa 600 Euro die Woche können Touristen im Kurzentrum einen Gesundheitsurlaub machen. Prävention, Vorsorge mit Ur

laubsflair, inkludiert sind hier die Vollpension, 14 Anwendungen, Eingangsuntersuchung, Ausgangsuntersuchung, für diese 600 Euro, das sind also Angebote, die, denke ich mal, unschlagbar sind.

Mit dem Kurzentrum sind über 80 Arbeitsplätze entstanden. Doch nicht nur in dieser Hinsicht ist es ein Glücksfall für den Tourismusstandort Waren. Für die Stadt Waren war die Inbetriebnahme die Voraussetzung für die Erlangung des angestrebten Kurortprädikats „Staatlich anerkanntes Heilbad“.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass sich Mecklenburg-Vorpommern auch in 5, 10 oder 15 Jahren als führendes Sommerreiseziel zeigt. Eines ist dabei überdeutlich: Aufgrund der aufgezeigten Bevölkerungsentwicklung müssen dafür der barrierearme beziehungsweise barrierefreie Tourismus und der Gesundheitstourismus Berücksichtigung finden. Die Zielgruppen dafür sind Senioren, Menschen mit Behinderung und Familien.

Der Zukunftsmarkt „Wellness und Gesundheitstourismus“ muss stärker denn je in unser Blickfeld rücken. Und der Masterplan Gesundheitswirtschaft stellt hierzu treffend fest, ich zitiere auch hieraus, aus dem Masterplan: „Nach Untersuchungen des Qualitätsmonitors DeutschlandTourismus ordneten 2007/2008 bzw. im Untersuchungszeitraum 2008/2009 rund 16 bzw. 17 Prozent aller deutschen Urlauber ihre Reise der Kategorie Gesundheitsurlaub … zu … In den letzten Jahren ist der Markt des inländischen Gesundheitstourismus gewachsen, sodass sich der Gesundheitstourismus von einem ‚Nischenmarkt‘ zu einem stabilen Segment der Gesundheitswirtschaft entwickelt hat.“ Zitatende.

Deshalb bitten wir die Landesregierung mit dem vorliegenden Antrag, die Vermarktung Mecklenburg-Vorpommerns als Land der Generationen weiter voranzutreiben. Dabei soll auf das Potenzial entsprechender Leitprojekte für die Etablierung von Produkten und Dienstleistungen infrage kommender Unternehmen zurückgegriffen werden.

Meine Damen und Herren, ich betone aber ganz deutlich, die Berücksichtigung der demografischen Entwicklung darf nicht am Hotelausgang enden. Die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung müssen sich auch in der Stadt- und Wohnungspolitik wiederfinden. Wir haben diesen Aspekt daher in unserem Antrag betont.

(Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut.)

Ich freue mich, dass auch die Enquetekommission dies in der vergangenen Woche nochmals thematisiert hat. Insbesondere bei der Barrierefreiheit besteht weiterer Handlungsbedarf – ich denke mal, da sind wir uns alle einig, das ist klar – und deswegen muss sichergestellt werden, auch hier im Land, dass die Städtebau- und Wohnraumförderung auf hohem Niveau fortgeführt werden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Sehr gut.)

Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich jetzt auf die Debatte, damit wir das Land Mecklenburg-Vorpommern als Land der Generationen in Zukunft besser weitervermarkten können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Waldmüller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Und ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

(Vincent Kokert, CDU: Herr Holter hat mir einen Brief geschrieben und der ist bei mir nicht angekommen.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Kokert hat recht, ein Brief sollte erst den Empfänger erreichen, bevor er denn öffentlich gemacht wird.

(Vincent Kokert, CDU: Vor dem NDR.)

Also da bitte ich um Nachsicht.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ach na ja, das ist nicht peinlich,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na ja, na ja, wir sind alle lang genug im Geschäft.)

das ist eine Frage der Auseinandersetzung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jaja.)

Aber ich will noch was zu dem Antrag sagen. Ich bin schon erstaunt, Herr Waldmüller, wie Sie die Begründung hier vorgetragen haben, wie ich immer wieder erstaunt bin, wie Sie Anträge einbringen, ich mir Gedanken mache mit meinen Kolleginnen und Kollegen, was denn dieser Antrag bezwecken soll.

Wir haben im vergangenen Jahr vom Landestourismusverband vorgestellt bekommen, auf verschiedenen Veranstaltungen, da waren Sie ja teilweise auch dabei, das neue Marketingkonzept des Landestourismusverbandes. Und wir haben von Herrn Kranz, der ja anwesend ist, nach langer Diskussion gehört, also vernünftiger und guter Diskussion, da gab es eine Entscheidung, dass das Landesmarketing „M-V tut gut.“ und die Dachmarke Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickelt werden sollen. Das wurde jüngst im Wirtschaftsausschuss noch mal vorgestellt und heute kommen Sie mit einer Initiative und sagen, wir wollen das Land Mecklenburg-Vorpommern als Land der Generationen vermarkten.

Gegen das Land der Generationen haben wir nichts, ich komme gleich im Einzelnen darauf zurück, weil man das nur unterstützen kann. Ich will das zum Anfang ganz bewusst hier sagen. Da habe ich alle Spezialisten, die sich mit Marketing beschäftigen, immer so verstanden, man muss aufpassen, dass man seine Marketingstrategie nicht dazu bringt, dass sie verwässert wird. Wir wollen als Mecklenburg-Vorpommern erkennbar bleiben. So habe ich sowohl das Marketing verstanden als auch die Urlaubswelten des Landestourismusverbandes.

Dass wir ein Land für Generationen sein wollen, und zwar für alle Generationen, setze ich mal als Basis unserer Diskussion voraus. Dazu will ich im Einzelnen noch etwas sagen. Auch wir haben uns als Fraktion, ich hoffe, das haben Sie noch in Erinnerung, immer wieder damit beschäftigt und wir haben im Jahre 2010 ein Leitbild „Mecklenburg-Vorpommern 2020+ – Ideen für unser Land.“ entwickelt.

Ich erlaube mir, aus diesem Leitbild zu zitieren. Dort heißt es, in einem solchen Land, also unsere Vorstellung von einem Land der Generationen, Zitat, in einem solchen Land „leben die Menschen in einer Solidargemeinschaft, Stadt und Land, Alt und Jung kooperieren miteinander, unterstützen und stärken sich gegenseitig und gleichen damit Schwächen aus“. Wir formulieren mit unserem Leitbild konkrete Anforderungen, die ich jetzt im Einzelnen hier nicht referieren will. Ich möchte aber einzelne Grundbausteine definieren und benennen. Das ist ein anderer Ansatz als der, den Herr Waldmüller hier vorgetragen hat.

Wenn es also um ein Land der Generationen geht, welches ich vermarkten will, dann muss ich mir doch erst mal über das Produkt im Klaren sein. Dann muss ich mir doch klar sein, was will ich denn vermarkten. Nur der Begriff „Land der Generationen“ reicht ja nicht aus.

Wenn es also darum geht, dass ein Land der Generationen in erster Linie eine gute öffentliche Infrastruktur haben muss, die von allen genutzt werden kann, unabhängig vom Alter oder vom Geldbeutel der Einzelnen, erinnere ich an die gestrige Debatte zur Aktuellen Stunde und die Haushaltsdebatte, wo wir genau die Frage, wie komme ich zur Schule, wie komme ich wieder nach Hause von der Schule, ob nun die allgemeinbildende oder die Berufsschule, diskutiert haben.

Dazu gehört natürlich ein flächendeckendes bezahlbares gutes Gesundheitssystem. Uns allen, allen Abgeordneten der demokratischen Fraktionen, wird immer wieder gesagt: Na, wie geht es denn weiter mit der ärztlichen Versorgung in den ländlichen Räumen? Und gestern Abend in einer Gesprächsrunde ist mir das wieder gesagt worden beziehungsweise die Frage gestellt worden.

Dazu gehört gute Bildung, die niemanden ausgrenzt und zurücklässt. Auch darüber haben wir gestern debattiert.

Dazu gehören Busse und Bahnen und andere Mobilitätsangebote, die die Regionen miteinander verbinden und die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, den Arzt, das Geschäft, das Lebensmittelgeschäft, das Amt zu erreichen.