Protocol of the Session on September 5, 2013

Meine Herren von der NPD, lassen wir vielleicht mal Ihre Widersprüchlichkeiten und Schlüssigkeitsprobleme beiseite. Kommen wir zu den objektiven Falschaussagen

der Begründung. Die Darstellung in der Begründung, dass durch Sanktionen automatisch die Krankenversicherung entfalle, ist nämlich schlichtweg falsch, auch wenn Sie das hier an dieser Stelle eben noch mal betont haben. Sie entfällt erst, wenn eine Sanktion über die vollständige Leistung, also zu 100 Prozent verhängt wird.

(Michael Andrejewski, NPD: Das habe ich doch gesagt.)

Dies gilt bei wiederholter Pflichtverletzung und dadurch vollständigem Wegfall des Regelbedarfes.

(Udo Pastörs, NPD: Das wurde ausgeführt.)

Aber selbst dabei greift dann noch eine Nachrangversicherung von einem Monat. Das Entfallen des Krankenversicherungsschutzes ergibt sich aus dem Umstand, dass während der Sanktion formal kein Leistungsbezug vorliegt, deshalb können auch keine Sozialversicherungsbeiträge durch den SGB-II-Träger übernommen werden. Sobald aber durch Leistungsberechtigte ein Antrag auf Sachleistungen gestellt wurde und diese gewährt werden, liegt formal wieder ein Leistungsbezug vor.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Dann werden auch die Sozialversicherungsbeiträge wieder vom SGB-II-Träger übernommen.

Und dann sei noch eines betont: Leistungsberechtigte, die mit minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten sowieso zwingend Sachleistungen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Bei diesen entfällt dann auch kein Krankenversicherungsschutz. Das kann einzig und allein bei Volljährigen passieren und auch diese,

(Udo Pastörs, NPD: Sie hätten mal darauf eingehen sollen und nicht nur ablesen, was Sie sich da zusammengeschrieben haben!)

und auch diese müssen nicht selbst die Sozialversicherungsbeiträge zahlen, wenn nach Antrag dann Sachleistungen gewährt werden.

Auf diese Umstände muss der SGB-II-Träger übrigens hinweisen. Ein Verlust der Krankenversicherung für die verbleibenden zwei Monate muss nicht eintreten, es sei denn, dass aus selbstverantworteten Gründen kein Antrag gestellt wurde.

Damit bleiben nun zwei Fragen. Zum einen: Welchen Anteil macht solch ein wiederholtes Fehlverhalten an den eingangs erwähnten drei Prozent von Sanktionierten überhaupt noch aus? Ich denke, wir reden über einen kleinen Anteil innerhalb eines geringen Anteils der von Sanktionen Betroffenen. Und zum anderen: Sollte es nicht Ziel sein, endlich zur Eigenverantwortung zu erziehen, wenn etliche Warnschüsse, wie eben dargestellt, vorher ungehört verhallt sind?

Im Übrigen tritt aber selbst nach Ablauf der Sanktionen der Versicherungsschutz durch die Weitergewährung der Leistungen wieder ein. Man kann also maximal auf den

Beiträgen für die zwei Monate sitzenbleiben, und dafür kann dann auch noch Ratenzahlung vereinbart werden.

Das Fazit: Behandlungen können also selbst bei mehrmaliger Pflichtverletzung durchgeführt werden.

Was bleibt vom Antrag der NPD übrig?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nix!)

Fassen wir zusammen: Auch bei vermeintlich seriös daherkommenden NPD-Anträgen lohnt der genaue Blick. Dabei stellt sich dann immer wieder schnell heraus, das NPD-Anliegen dient ganz offensichtlich nur einem Zweck, nämlich einen misslichen Zustand angestrengt herbeizureden. Ich denke, ich habe diese misslichen Zustände in meiner Rede hinreichend widerlegt.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Im Landtag tut die NPD immer so, als wären Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in einer NPD-Fraktionssitzung erfunden worden. Die Realität ist eine andere. Das beweist schon das überaus überschaubare Engagement Ihrer Leute, Herr Pastörs, im Sozialausschuss.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die NPD hat nur ein Anliegen: Wenn Sie sich schon nicht im Sozialausschuss als Kümmerer aufspielen können, dann wenigstens mal fünf Minuten im Plenarsaal. Das ging heute mal wieder gründlich daneben, auch mit dem Blick auf diese Drucksache der NPD-Fraktion bleibt es nämlich dabei: Nicht überall, wo Kümmerer draufsteht, ist auch Kümmerer drin.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Stefan Köster, NPD: Hab ich immer noch nicht verstanden.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Andrejewski von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Renz, ich weiß nicht, wie lange sind Sie jetzt im Landtag? Zwei Jahre? Für Anfänger im Landtag sollte man vielleicht...

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Na, ich kann sie mir kaum merken, diese austauschbaren Funktionärstypen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Man hätte Ihnen vielleicht so einen Anfängerzettel in die Hand drücken können, so ganz leicht ausgeführt und groß geschrieben. Da hätte drinstehen können: Wie mache ich so eine Erwiderungsrede? Erstens, ich lese überhaupt den Antrag, auf den ich erwidern soll. Zweitens höre ich vielleicht mal zu, wenn der Betreffende den

erläutert, und drittens weiche ich dann von meinem vorgefassten Redemanuskript ab, wenn der Betreffende vielleicht schon etwas erwähnt hat, was das obsolet macht, was ich in meinem vorgefassten Redemanuskript habe.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Ich habe zum Beispiel in meinem Beitrag gesagt, wenn minderjährige Kinder beim Leistungsempfänger sind, dass dann verpflichtend ist, dass er sie in der Tat zu bekommen hat, die Sachleistungen. Das haben Sie einfach so runtergerattert, ohne überhaupt zugehört zu haben, was ich gesagt habe.

Immerhin haben Sie die richtige Rede gehabt im Gegensatz zu einem Ihrer Kollegen. Das war ja schon mal ein Fortschritt. Und wenn Sie den Antrag gelesen hätten, hätten Sie auch festgestellt, dass da nicht gefordert wurde, dass Fehlverhalten belohnt werden sollte. Natürlich muss Fehlverhalten bestraft werden. Die Frage ist nur, wie. Wie geht es denn dem Serienkiller im Gefängnis? Der kriegt sein Frühstück, sein Mittagessen, sein Abendessen. Vielleicht hat er sogar einen Fernseher, wo er jeden Abend „Das Schweigen der Lämmer“ gucken kann. Der wird jedenfalls nicht damit bestraft, dass man ihm das Essen entzieht. So etwas gibt es gar nicht, im Gegenteil, wenn der in den Hungerstreik tritt,

(Udo Pastörs, NPD: Wird er künstlich ernährt.)

dann wird er noch zwangsernährt.

Was ist denn der schlimmstmögliche Fall der Leistungsverweigerung oder der Pflichtverletzung eines ALG-IIEmpfängers? Wenn er sagt, ich will nicht arbeiten, auf gar keinen Fall, nix. Schön, bestrafen müssen Sie natürlich, das habe ich auch gesagt. Sie können überlegen, ob Sie den von seiner Wohnung in ein Obdachlosenheim verfrachten, aber Sie können ihn nicht auf die Straße jagen. Das würden Sie bei jedem Asylbewerber als unmenschlich bejammern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das können Sie nicht machen. Dann kommt er eben in ein Obdachlosenheim. Und dann können Sie sich überlegen: Wie gehe ich mit dem ernährungstechnisch um? Geben Sie ihm Geld? Nein. Bestraft werden muss er, klar. Geben Sie ihm dann vielleicht Lebensmittel?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich kann jetzt natürlich wieder in Herrn Saalfelds Nachfolge Lenin zitieren und sagen, „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“. Aber können Sie ihn denn wirklich drei Monate hungern lassen? Das Äußerste, was Sie machen können, wäre, zu sagen: Du kriegst nichts zu essen, bis du wieder anfängst zu arbeiten oder deine Bereitschaft erklärst.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Gut, das kann man machen, ein, zwei Tage, aber dann müssen Sie die Sanktionsdauer auch auf ein, zwei Tage verkürzen, nicht für drei Monate.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Sie können dem nicht sagen: So, wenn du diese 3-Monats-Frist ohne Essen überlebst, dann geben wir dir wieder was, wenn du dann bereit bist zu arbeiten. Du darfst erst in drei Monaten erklären, dass du wieder bereit bist zu arbeiten. Bis dahin musst du zusehen, wie du zurechtkommst. Drei Monate lang nichts, keine Essenmarken, kein Geld, keine Wohnung, nichts.

Und was die Krankenversicherung betrifft, Sie haben hier gesagt, ja, wenn er denn Leistungen bekommt, also ergänzende Sachleistungen, dann ist er auch wieder krankenversichert. Das ist richtig. Aber in dem Antrag, wenn Sie ihn gelesen hätten, geht es ja gerade um die Leute, die das nicht bekommen, und wenn man solche Leistungen nicht bekommt, hat man auch keine Krankenversicherung.