denn für meine Arbeit will ich auch Geld verdienen. Gleichwohl, ich betone noch mal: Es ist freiwillig. Niemand wird dazu gezwungen.
und deswegen finde ich den Beschluss aus der Arbeits- und Sozialministerkonferenz unter Punkt 5 oder die Anregung daraus, dass geprüft werden soll, Praktikantenverhältnisse in das Nachweisgesetz aufzunehmen, sehr interessant, begrüßenswert, und ich hoffe, dass genau das getan wird.
Wer das Nachweisgesetz kennt, weiß ganz genau, welche Bestandteile da drin verlangt werden, dass der Arbeitgeber nämlich einen Monat, nachdem ein Arbeitsverhältnis aufgenommen worden ist, ganz genau aufschreiben muss, wie das aussieht, welche Inhalte das sind, wie das entlohnt wird, wie die Urlaubsansprüche daraus sind und so weiter. Das muss schriftlich fixiert und unterschrieben werden und dem Arbeitnehmer natürlich selbstverständlich auch zur Kenntnis gelangen und von ihm gegengezeichnet werden.
Also das ist eine ganz praktische Geschichte, die zukünftigen Praktikanten und Praktikantinnen sehr helfen könnte, auch schon aus dem moralischen Druck heraus, der dadurch auf die Arbeitgeber natürlich auch geladen würde, weil wer gibt schon öffentlich zu und schriftlich, dass er Menschen arbeiten lässt, ohne sie dafür auch zu bezahlen.
Sehr geehrte Damen und Herren, zusammengefasst: Missbrauch muss bestraft werden, Missbrauch muss abgeschafft werden. Wie das auf Bundesebene bereits angegangen wird, ohne auf die Aufforderungen der Fraktion DIE LINKE zu warten, haben wir hier dargestellt bekommen. Den Antrag brauchen wir nicht. Wir brauchen ihn nicht zu unterstützen und wir werden ihn nicht unterstützen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden den Antrag der LINKEN unterstützen, wobei aber noch einige Anmerkungen notwendig sind, um den größeren Zusammenhang deutlich zu machen, in dem sich die „Generation Praktikum“ bewegt.
Doch zunächst zu einigen im Antrag enthaltenen Forderungen. Sie verlangen von der Regierung einen Sachstandsbericht, der Zahlen, Daten und Fakten zur aktuel
len Situation von Praktikantinnen und Praktikanten nach abgeschlossenem Studium beziehungsweise abge
In der Tat mangelt es an verlässlichen Daten. Im Febru- ar 2007 lieferte eine Studie der Freien Universität Berlin im Auftrag der DGB-Jugend erstmals Zahlenmaterial darüber, wie viele Hochschulabsolventen nach ihrem Studium noch ein Praktikum absolvierten. Befragt wurden 499 Absolventen der Freien Universität Berlin und der Uni Köln, deren Studienabschluss zum Zeitpunkt der Studie dreieinhalb Jahre zurücklag. Die Studie ist aber nicht repräsentativ, weil lediglich zwei Hochschulstandorte und auch nur ein eingeschränktes Fächerspektrum Berücksichtigung fanden. Daraus kann man nur lernen. Wenn es eine Erhebung für M-V geben sollte, dann muss diese alle Standorte sowie ein möglichst breites Spektrum an Fächern abdecken, damit ersichtlich wird, welche Studiengänge hauptsächlich vom Praktikantenunwesen betroffen sind.
Dennoch enthält die Studie einige interessante Fakten. So stieg der Anteil der Absolventen, die nach dem Studium noch ein Praktikum absolvierten, gegenüber dem Absolventenjahrgang 2000 von 25 auf immerhin 41 Prozent. Oftmals, so die Autorin der Studie, handelt es sich um verdeckte reguläre Beschäftigung. Nur ein Drittel gab an, dass das Lernen im Vordergrund stand. Steht aber die Arbeitsleistung im Vordergrund, missachten die Unternehmen gesetzliche Bestimmungen. Ich nenne als Stichwort nur Lohnwucher. Andererseits sind nur wenige Fälle von Arbeitsgerichten bekannt, in denen Praktikanten für ihre Rechte eintraten.
Die Punkte 2 und 3 des LINKEN-Antrages fußen auf einer Petition, die von der DGB-Jugend beim Bundestag eingereicht worden ist. Vorgesehen ist dabei, Praktika und ähnliche Lernverhältnisse per Gesetz eindeutig von Arbeitsverhältnissen abzugrenzen, um so die Vernichtung regulärer Stellen zu verhindern. Auch sollen Praktika künftig auf drei Monate begrenzt und mit mindestens 300 Euro im Monat vergütet werden.
In Deutschland war es in der Vergangenheit so, dass Uniabsolventen es schafften, sich aufgrund ihrer guten Qualifikation in sehr, sehr vielen Fällen in der Mittelschicht zu etablieren. Doch die Mittelschicht bröckelt, wie 2010 eine Langzeitstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zu immer ungleicheren Einkommensverteilungen ergab.
Auf „Spiegel online“ wurde Klartext geredet: „Durch verbesserte Transportmöglichkeiten und Kommunikationsnetze ist der internationale Wettbewerbsdruck stark gestiegen. Um mitzuhalten, müssen deutsche Unternehmen ihre Waren immer günstiger produzieren. Sie lagern zahlreiche Produktionsschritte in Billiglohnländer aus und erhöhen die Löhne in Deutschland kaum noch.“ Verschärft wird die Situation durch das soziale Kahlschlagprogramm namens Agenda 2010, das zu der bekannten Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse geführt hat.
Mit der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse als direkter Folge der Globalisierung setzte sich der Soziologe HansPeter Blossfeld auseinander. Zitat: „Es scheint paradox, zum einen sind diese jungen Leute ja viel mehr auf die Internationalisierung eingestellt als frühere Generationen: Sie sprechen viele Fremdsprachen und haben viel mehr Auslandserfahrung. Aber auf der anderen Seite haben
sich durch die Globalisierungsprozesse die Beschäftigungsverhältnisse der jungen Leute radikal geändert.“ Zitatende.
Für Blossfeld sind die jungen Menschen, und dabei nicht zuletzt solche mit einer akademischen Ausbildung, die „Verlierer der Globalisierung“. Die Folgen sind Kinderlosigkeit und Abwanderung. Bleibt abzuwarten, ob auch die deutsche Mittelschicht Nationalstaat und Volk als historische und naturgegebene Solidar- und Schutzgemeinschaft wiederentdeckt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einige Themen aus der Debatte schreien ja geradezu danach, noch mal darauf einzugehen.
Frau Kollegin Tegtmeier, Ihnen müsste ich die Frage stellen: Warum fasst wohl die ASMK Beschlüsse, die darauf abzielen, den Missbrauch von Scheinpraktika zu unterbinden, wenn es das Problem tatsächlich gar nicht gibt? Also wenn ich Ihre Ausführungen hier richtig verstanden habe, dann haben Sie ja – ähnlich wie Herr Renz – darauf verwiesen, dass es hier nur um ein Randgruppenphänomen geht.
Ein Geisteswissenschaftler, für den es keinen Bedarf in einem Unternehmen gibt, der wird auch nicht für ein Praktikum eingestellt.
Nein, ich habe lediglich gesagt, dass sich in einigen Branchen beziehungsweise in einigen Studienrichtungen das Thema konzentriert.
So, und drittens zum Thema „Statistik und wir brauchen sie nicht“: Ich glaube, es wäre ein relativ geringer Aufwand, im Betriebspanel des IAB, wo ohnehin die „atypische Beschäftigung“, wie es dort heißt, erhoben wird, einfach ein oder zwei Fragen mehr einzubauen, und dann hätten wir mit dem nächsten Bericht belastbares Datenmaterial auch für unser Land. Und ich denke, zumindest in dem Punkt könnte man hier partei- und fraktionsübergreifend zustimmen, weil das Ganze eine sinnvolle Geschichte wäre.
Viertens: Bei dem heute von uns zur Diskussion gestellten Papier handelt es sich keineswegs um alten Wein in neuen Schläuchen, Herr Renz, denn die Problematik sogenannter Scheinpraktika ist nach wie vor hochaktuell und sie wird im Übrigen auf allen politischen Ebenen und in unterschiedlichsten Zusammenhängen diskutiert. Sie
war in diesem Jahr beispielsweise ein großes Thema im Zusammenhang mit der Ankündigung der EUKommission, angesichts der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit – vor allem in den südeuropäischen Ländern – ein Beschäftigungspaket für junge Leute aufzulegen.
Und ich will Ihnen gerne auch mal sagen, warum das da thematisiert worden ist. Es ging nämlich wieder einmal darum, verbindliche Angebote zu unterbreiten, die am Ende auch zu einem ordentlichen Arbeitsverhältnis führen und damit Perspektiven sichern.
Die hier schon häufig angesprochene DGB-Jugend äußerte sich zu den Vorschlägen aus Brüssel wie folgt, ich will das mal zitieren:
„Die Jugendgarantie darf kein Blendwerk sein, daher wehren wir uns dagegen, Maßnahmen wie Praktika nach einem erfolgreichen“ Studien- oder „Berufsabschluss mit einzubeziehen.“ Zitatende.
Und warum hat man so eine kritische Haltung? Das liegt auf der Hand, denn einerseits wird natürlich grundsätzlich das Vorhaben der EU, allen jungen Menschen unter 25 innerhalb von vier Monaten nach Schul- und Studienabschluss eine Arbeitsstelle, eine Weiterbildungsmaßnahme oder einen Praktikumsplatz anzubieten, begrüßt, allerdings hat man zu Recht größte Bedenken gegen die Möglichkeit, insbesondere postgraduelle Praktika in die Jugendgarantie mit einzubeziehen.
Und das liegt eben daran, Herr Renz, dass die Arbeitswelt in Deutschland und auch in Europa nicht ganz so heil ist, wie Sie es bei jeder Gelegenheit hier zeichnen.
das liegt daran, dass bereits die Ankündigung der EU den Verdacht nährt, dass die Jugendlichen beim Einsatz als Praktikanten am Ende vor allem wieder eins sind: nämlich billige Arbeitskräfte.
Und auch dazu noch mal ein Zitat: „Die Möglichkeit, insbesondere auch postgraduelle Praktika als Maßnahme der Jugendgarantie einbeziehen zu können, lehnt die DGB-Jugend entschieden ab. Sie fordert, dass die einzelnen Maßnahmen der Jugendgarantie entweder zu einem qualifizierenden Abschluss führen oder eine qualitativ hochwertige Weiterbildung mit Anschlussperspektiven beinhalten muss. Da bei Praktika beides nicht gegeben ist, besteht die Gefahr, dass dieses als Schlupfloch genutzt wird, um die Garantie zu unterlaufen und möglicherweise die jungen Menschen als billige Arbeitskräfte auszunutzen.“ Zitatende.