Protocol of the Session on May 31, 2013

Wer die deutsche Staatsangehörigkeit behalten möchte, muss bis zu diesem Zeitpunkt die ausländische Staatsangehörigkeit nachweislich ablegen oder abgeben. Für einige Betroffene endet diese Frist bereits in diesem Jahr, das ist die sogenannte Optionspflicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es derzeit vier optionspflichtige junge Erwachsene. Von ihnen haben sich drei Personen für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden. Zwei haben den Verlust der anderen Staatsangehörigkeit bereits nachgewiesen. Dies geht aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage im Februar dieses Jahres hervor.

Wird bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres keine Erklärung abgegeben beziehungsweise kann bis zu diesem Zeitpunkt der Verlust ausländischer Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen werden, geht die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren. Für viele Menschen ist eine solche Entscheidung unmöglich zu treffen. Und das ist auch aus meiner Sicht nicht notwendig. Wir fordern generelle Akzeptanz und Mehrstaatlichkeit, Herr Pastörs.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ja, das wundert mich nicht bei Ihnen.)

Das Thema, Einbürgerung zu erleichtern und Mehrstaatlichkeit zu akzeptieren, wird seit Längerem diskutiert,

(Udo Pastörs, NPD: Wir können ja einen Weltpass einführen. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

auf Bundesebene gab es hierzu mehrere Initiativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat im Bundestag einen Gesetzentwurf vorgelegt, DIE LINKE und SPD haben jeweils Anträge gestellt, in denen es um die Streichung der Optionspflicht geht.

DIE LINKE fordert darüber hinaus die Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes sowie umfassende Einbürgerungserleichterungen. Im März dieses Jahres fand hierzu eine Anhörung im Bundestag statt. Die meisten der angehörten Expertinnen und Experten befürworteten die Erleichterungen von Einbürgerung in Deutschland und die grundsätzliche Akzeptanz von Mehrstaatlichkeit. Also bei Besitz von mehr als einer Staatsangehörigkeit können auch verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

und ich kann Ihnen sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mehrstaatlichkeit hat Vorteile. Ich als ursprünglicher

Iraker könnte mit meiner irakischen Staatsangehörigkeit problemlos zu meinem Ursprungsland Irak fahren, nur jetzt benötige ich ein Visum dafür.

(Udo Pastörs, NPD: Schade. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Und es gibt natürlich auch andere Vorteile: Eigentum haben, Immobilien kaufen. An der Wahl des irakischen Parlaments teilnehmen kann ich leider nicht, aber so ist es halt.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja der Vorteil zu einem Deutschen, der hier also geboren ist, der nur einen Pass hat. Sie hätten dann zwei.)

Ruhig, Brauner!

Auch die Integrationsminister der Länder beschlossen auf ihrer 8. Konferenz im März dieses Jahres mehrheitlich Anträge zur Abschaffung der Optionspflicht und Förderung von Einbürgerung sowie Aufklärung des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit. Die bestehende Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz und die daraus folgende komplizierte Regelung, die schon bei Einführung politisch recht umstritten war – so heißt es im Beschlusstext –, sind aus integrationspolitischer Sicht kontraproduktiv. Die Integrationsminister verständigten sich darauf, dass der im Staatsangehörigkeitsgesetz verankerte Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeiten aufgegeben und die Hinnahme von Mehrstaatlichkeit uneingeschränkt zugelassen werden soll.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon jetzt kann im Land darauf hingewirkt werden, dass die Einbürgerungsentscheidungen in Mecklenburg-Vorpommern verstärkt zugunsten der Hinnahme von mehrfachen Staatsangehörigkeiten getroffen werden. Für die Einbürgerung sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. In ihrem Ermessen kann heute schon nach Zustimmung des Innenministeriums in Mecklenburg-Vorpommern die Mehrstaatlichkeit in Fällen der Einbürgerung nach Paragraf 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes akzeptiert werden. Hier kann das Land seinen direkten Einfluss und seine Entscheidungsmöglichkeit stärker nutzen.

Und ich sehe, das Lämpchen leuchtet.

(Udo Pastörs, NPD: Das Lämpchen leuchtet. – Peter Ritter, DIE LINKE: Im Gegensatz zu Ihnen sieht er das, Herr Pastörs.)

Ich würde mich freuen auf die Debatte und ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Inneres und Sport Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion der LINKEN offenbart, dass Sie, meine Damen und Herren, ein anderes Verständnis von Staatsangehörigkeit und Einbürgerung haben, als das die Kollegen Innenminister und auch ich haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das mag so sein.)

Er beinhaltet eine Aufzählung von Forderungen, die man mit dem Motto „Grundsätzlich alle Bürger können nach Deutschland kommen“ beschreiben kann.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wo sich unsere Auffassungen wohl am meisten unterscheiden, ist, dass für mich und auch für meine Kollegen die Annahme einer neuen Staatsangehörigkeit etwas Besonderes ist – ein Akt, der mit Rechten und mit Pflichten einhergeht, die man eben mal nicht so beliebig übernimmt.

Ihre Vorschläge hingegen, Herr Dr. Al-Sabty, scheinen mir Ausdruck davon zu sein,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass Staatsangehörigkeit und Einbürgerung mit einer gewissen Sorglosigkeit der Beliebigkeit praktisch allen gewährt werden soll,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

am besten noch mehrere Staatsangehörigkeiten gleichzeitig. Das ist nicht meine Auffassung, auch nicht die Auffassung meines Hauses. Es heißt aber eben keinesfalls, dass wir grundsätzlich gegen die Einbürgerung sind. Ich habe auch die feste Überzeugung, dass eine Einbürgerung eine bewusste und wichtige beiderseitige Entscheidung sein muss, die mit einer erfolgreichen Integration in die deutsche Gesellschaft einhergeht.

Ziel der Einbürgerungspolitik in Deutschland ist die Integration in die Lebensverhältnisse und in das deutsche Rechtssystem. Das ist Voraussetzung dafür, dass sich nicht weiter ethnisch abgeschottete Parallelgesellschaften entwickeln, wie es derzeit in der einen oder anderen Region in Deutschland der Fall ist, denn diese leben nach eigenen Wertevorstellungen und untergraben die deutsche Rechtsordnung. Das gilt es auch im Rahmen des Einbürgerungsrechts zu verhindern.

Deswegen soll deutsche Staatsbürgerschaft nur dann verliehen werden, wenn sich die Antragsteller bereits im hohen Umfang gesellschaftlich integriert haben. Dem tragen die Einbürgerungsvoraussetzungen Rechnung, indem zum Beispiel ein Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse und von Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensweise in der Bundesrepublik Deutschland sowie ein Bekenntnis zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung verlangt wird. Diese Einstellung kommt in Ihrem Antrag jedenfalls nach meinem Eindruck so insgesamt nicht zum Ausdruck.

Aber auch im Einzelnen betrachtet sind die Forderungen nicht überzeugend und auch in dem Fall unnötig. So ist zum Beispiel bereits geregelt, dass Kinder ausländischer Eltern, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland erworben haben, unter bestimmten

Voraussetzungen eingebürgert werden können. Die wesentlichen Einbürgerungstatbestände sind im Staatsangehörigkeitsgesetz bundesrechtlich geregelt, zum Beispiel der Anspruch auf Einbürgerung nach achtjährigem, rechtmäßigem und gewöhnlichem Aufenthalt. Auch das sind Tatbestände, die gemeinsam in der Innenministerkonferenz geregelt werden, und zwar zwischen allen Ländern. Der Anspruch auf Einbürgerung steht auch Kindern zu, die ohne ihre Eltern eingebürgert werden sollen.

Die Einbürgerung kann nach Ermessen bereits nach drei Jahren erfolgen. Dieses Ermessen wird natürlich auch in Mecklenburg-Vorpommern pflichtgemäß ausgeübt. Daraus nun den Regelfall machen zu wollen, wäre falsch und würde in vielen Fällen auch den Interessen der Kinder nicht gerecht. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, wie es bereits heute der Fall ist.

Ein Punkt, in dem ich wiederum grundsätzlich eine andere Meinung vertrete als Sie, ist die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft. Der Grundsatz ist, jeder hat eine Staatsangehörigkeit. Ausnahmen für Einbürgerungsansprüche gibt es nur nach Paragraf 12 Staatsangehörigkeitsgesetz. Die Regelung ist abschließend. Einbürgerungsbehörden haben keine Möglichkeit, davon abzuweichen. Auch bei Einbürgerungen nach Ermessen wird die bundeseinheitliche Rechtsauslegung durch Verwaltungsvorschriften gesichert, die sich an dieser Vorschrift orientieren, und ich meine, der Kollege Saalfeld hatte gestern eine Anfrage im Rahmen der Fragestunde, wo genau diese Thematik über die Anzahl eine Rolle gespielt hat, über die wir hier reden, wo Sie auch entnehmen konnten, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern eine klare Regelung haben und die Behörden dementsprechend verfahren.

Die Entscheidungen der Behörden in Mecklenburg-Vor- pommern über Einbürgerung unter Beibehaltung der ausländischen Staatsangehörigkeit erfolgen also auf der Grundlage eines rechtlich vorgegebenen Rahmens und nicht auf der Grundlage einer Ermessens- oder einer Grundsatzauslegung des jeweiligen Fachministers. Und dieser Rahmen wird von dem Grundsatz der Vermeidung von doppelter Staatsangehörigkeit derzeit bestimmt. Das finde ich, wie gesagt, richtig, denn Staatsangehörigkeiten, die mit Rechten und Pflichten einhergehen, welche nicht leichtfertig eingegangen werden sollen, sind ein Teil der Identität jeder Person. Nur in besonderen Ausnahmefällen sollte eine doppelte Staatsbürgerschaft möglich sein. Daher trete ich auch weiterhin für die Beibehaltung der Optionspflicht ein.

Die im Antrag verwendete Formulierung der Hinnahme der mehrfachen Staatsbürgerschaft, die sogar mehr eine Zahl von mehr als zwei Staatsbürgerschaften bedeuten könnte, lehne ich daher entschieden ab. Ich habe bereits deutlich gemacht, dass der Antrag für die doppelte Staatsangehörigkeit einen besonderen Wert ausmacht. Deshalb wird es Sie auch nicht überraschen, dass ich der weiteren Aufweichung der Einbürgerungsvoraussetzungen zumindest kritisch gegenüberstehe. Die Einbürgerung soll am Ende der gesellschaftlichen und rechtlichen Integration stehen. Damit diese Integration gelingen kann, müssen die Erwartungen auch beiderseitig offen und klar formuliert werden. In der Regel ist eine solche Integration nach fünf Jahren nicht erreicht. Für besonders gut integrierte Ausländer gibt es aber bereits jetzt Ausnahmemöglichkeiten. Auch hier gilt wieder, die Ausnahme kann aber nicht, wie gefordert, zur Regel werden.

Was die Möglichkeit angeht, für ein Kind ausländischer Eltern durch Geburt in Deutschland die Staatsangehörigkeit zu erwerben, so gibt es diese Regelung bereits. Voraussetzung ist, dass ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit acht Jahren rechtmäßig in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Diese Voraussetzungen sind so auch gerechtfertigt.

Um es noch mal abschließend zu sagen: Einbürgerung ist wichtig für unsere Gesellschaft und sie ist wichtig für die zu uns gekommenen und kommenden ausländischen Mitbürger. Sie ist aber nichts Beliebiges, sondern ein ganz besonderer Schritt. Und dafür müssen auch besondere und genaue Formulierungen und Voraussetzungen geschaffen werden. Das tun die gesetzlichen Regelungen so, wie wir sie haben. Sie sind aus meiner Sicht derzeit richtig und angemessen und sie obliegen einem ständigen Wandel, den wir regelmäßig auf der Innenministerkonferenz bearbeiten und dementsprechend auch anpassen.

Ich glaube, gerade im Bereich der Fristen wird es schon die eine oder andere Veränderung im Sinne von kürzeren Fristen geben. Das zeichnet sich schon heute ab. Aber wir müssen auch immer darauf achten, dass man hier nicht in Mecklenburg-Vorpommern einen Sonderweg geht, sondern einen Weg im Verbund der Länder. Und deswegen kann ich den Antrag in der Form, wie er hier gestellt wurde, nicht empfehlen anzunehmen, sondern sagen: Auch hier gilt wie für die Zukunft, den Verbund der Länder beizubehalten und auf der jetzt gültigen Gesetzlichkeit die Einbürgerung in Mecklenburg-Vorpom- mern dementsprechend auch vorzunehmen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich brauche hier eigentlich gar nicht mehr viele Worte zu machen, um unser Votum an dieser Stelle abzugeben. Das liegt ja klar auf der Hand. Unser Koalitionspartner mit unserem stellvertretenden Ministerpräsidenten, Herrn Caffier, hat ja eindeutig die Formulierung oder die Position der CDU und der Innenminister hier vorgetragen.

Entschuldigung, ich habe jetzt der Position der CDUFraktion vorgegriffen, das nehme ich natürlich zurück. Aber ich glaube nicht, dass die Bewertung hier eine gänzlich andere in der Sache ist. Und damit ist natürlich auch klar und deutlich geworden, dass wir hier grundsätzlich unterschiedlicher Auffassung, gerade was die doppelte Staatsbürgerschaft angeht, sind.

Wir haben ja auf Bundesebene bereits 2011 als SPD-Bun- destagsfraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, der genau das angeht, nämlich die Optionspflicht abzuschaffen, was nicht gelungen ist. Und wir haben deswegen ja auch im Regierungsprogramm das erneut wieder aufgenommen mit vielen Dingen, die Sie in Ihrem Antrag hier ganz explizit aufgenommen haben und fordern, sodass eine Zustimmung seitens der SPD-Fraktion aus Koalitionsdisziplin natürlich ausbleiben muss. Gleichwohl ist, denke ich mal, auch in aller Öffentlichkeit bekannt, dass wir uns in diesem Zusammenhang auf keine gemeinsame Position innerhalb der Koalition irgendwann einigen können.

Ich möchte es – weil der Innenminister das eben gesagt hat, Gleichklang der Länder in diesem Zusammenhang und dass man sich mit den Innenministern da auf gleicher Linie bewegen muss – trotzdem als bemerkenswert noch benennen, dass Sachsen-Anhalt mit einem CDUInnenminister aktuell eine große Plakatkampagne zur Einbürgerung inklusive nachgelagertem Portal betreibt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Die CDU – „Ausländerstopp“ haben die plakatiert seit den 80er-Jahren.)