Protocol of the Session on May 30, 2013

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Schon die Definition von „Rechtsextremismus“ und „Rechtsextremisten“ ist ja nicht immer ganz leicht. Und ob eine Tat, die von einem Rechtsextremisten begangen wird, dann Auswuchs seiner rechtsextremistischen Einstellung ist oder ob sie eine Tat ist, die ganz anders motiviert ist, das ist sicherlich etwas, was zu untersuchen ist.

(Udo Pastörs, NPD: Absolut.)

Und dass die Taten, Herr Suhr, von Rechtsextremisten begangen wurden – in einem Fall haben Sie das ausdrücklich nur so dargestellt –, heißt für mich noch nicht, dass die Tat Auswuchs ihrer rechtsextremistischen Gesinnung ist. Auch ein Rechtsextremist kann aus Habgier morden oder aus anderen niederen Beweggründen einen Menschen töten. Er kann das natürlich auch aus Rassenhass oder anderen faschistischen Ideologieversatzstücken tun und dann würden wir den rechtsextremistischen Hintergrund sofort bejahen.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir eine vernünftige, wenn wir eine realistische Betrachtungsweise dieses Problems wollen, und ich denke, das wollen die Demokraten in diesem Land alle, dann müssen wir uns schon der Mühe unterziehen, die Fälle im Einzelnen genau anzusehen und nicht auf pauschale Dinge abzuheben.

Wir sollten uns deshalb zunächst einmal – und das ist für mich logisch der erste Schritt – darüber unterhalten: Was heißt eigentlich „rechtsextremistisch motivierte Tat“? Wir alle kennen sicherlich Bereiche, ich gehe jetzt mal von den Morden weg, sondern hin zu anderer Gewaltkriminalität, wo wir sehr wohl streiten können, wie weit das rechtsextremistisch motiviert ist oder anderen gesellschaftlichen Phänomenen zuzurechnen ist. Denken Sie etwa an Gewalt in Fußballstadien, bei denen Rechtsextremisten ja eine Rolle spielen, was aber durchaus nicht alles nur rechtsextremistisch motiviert ist.

Und deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich für meine Fraktion beantragt, und das ist dann ja auch so erfolgt, dass wir dieses Thema im Innenausschuss auf die Tagesordnung setzen. Wir möchten gerne im Innenausschuss, und das ist der Ausschuss, der dafür zuständig ist, vom Innenminister hören – und der Innenminister hat ja auch erklärt, dass er dazu sehr gern bereit ist –, vom Innenminister hören, wie denn da eigentlich bei unseren Polizeibehörden verfahren wird, wann denn eine Tat als rechtsextremistisch gewertet wird. Ich halte es für logisch, dass wir uns zunächst einmal mit diesen Verfahrensweisen unserer Behörden auseinandersetzen.

Wir haben weiterhin im Innenausschuss gesagt, die Polizei ist die eine Seite, die zweite Seite ist die Justiz. Und deswegen haben wir beantragt, und das wird auch so geschehen, dass wir den Generalstaatsanwalt in den Innenausschuss bitten und mit dem Generalstaatsanwalt diskutieren: Wann werden denn eigentlich Straftaten als rechtsextremistisch angesehen und wie verhält sich die Justiz hier, nach welchen Parametern geht sie vor?

Sie selbst, Herr Suhr, haben vertretungsweise – Kollege Saalfeld war krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage – im Innenausschuss vorgeschlagen, dass wir dann, wenn wir diese Behörden hören, auch die Journalisten einladen. Und diesem Vorstoß haben wir uns keineswegs widersetzt, sondern ich selbst habe gesagt, das ist geschäftsordnungsmäßig nicht ganz einfach, aber lasst uns mal gucken, wie wir das geschäftsordnungsmäßig irgendwie regeln können.

Also wir sind sehr wohl bereit, uns dieser Frage zu stellen, aber wir sind nicht bereit, sofort dem Effekt nachzulaufen, sondern wir sind sehr wohl für eine sachliche und fundierte Betrachtung dieses Problems.

Und wenn Sie sagen: Na ja, ihr macht das ja im Innenausschuss, der Innenausschuss ist nicht öffentlich. Ja, meine Damen und Herren, die Beratungen des Innenausschusses sollten nicht öffentlich sein, aber die Ergebnisse, das haben wir gerade eben auch noch einmal durch die Landtagsverwaltung bestätigt bekommen, und wir haben in allen Fraktionen darüber gesprochen, die Ergebnisse solcher Betrachtungen sind selbstverständlich geeignet, dass jedes Mitglied des Innenausschusses sie in die Öffentlichkeit trägt und darüber berichtet.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aha?! Aha?!)

Hier wird also nicht etwa versucht, etwas hinter die verschlossene Tür zu ziehen und zu verheimlichen, sondern hier wird sehr wohl in dem dafür zuständigen Gremium dieses Landtages über dieses Thema beraten, und zwar in einer Weise, dass wir Beratungsergebnisse auch an die Öffentlichkeit bringen können und dürfen und, wie ich die Mitglieder des Innenausschusses kenne, auch werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mit Sicherheit, mit Sicherheit.)

Also die Unterstellung, hier solle etwas verheimlicht und vertuscht werden, weise ich zurück.

Ganz nebenbei sei mir an dieser Ecke die Bemerkung gestattet, dass ich mit der Aussage, dass nicht jede Gewalt, die von einem Rechtsextremisten ausgeübt wird, auch rechtsextremistisch motiviert sein muss, einen Eklat erzeugt habe, wie es in der Presse zu lesen war. Ich glaube, alle, die im Innenausschuss waren, egal jetzt, ob Sie meiner Position zustimmen oder nicht, werden festgestellt haben, einen Eklat hat es dort gar nicht gegeben,

(Udo Pastörs, NPD: War zu objektiv.)

sondern der ist schlicht und einfach frei erfunden.

(Udo Pastörs, NPD: Schreiberlinge.)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir haben mit dieser Behandlung im Innenausschuss gezeigt – wir stehen ja am Anfang dieser Anhörungen von Innenminister, Generalstaatsanwalt und gegebenenfalls Weiteren, die werden ja noch erfolgen in den nächsten, ich schätze mal, 14 Tagen –, dieser Weg ist ein richtiger und ist ein vernünftiger, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Wenn wir diesen Weg gehen würden, lieber Herr Suhr und liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und den LINKEN, dann würden wir etwas fortsetzen, etwas fortsetzen, was ich bisher immer für einen großen Gewinn und für eine große Qualität der Arbeit in diesem Landtag gehalten habe. Wir würden nämlich fortsetzen, dass wir uns in Fragen der Auseinandersetzung mit Demokratiefeinden, Rechtsextremisten und anderen Demokratiefeinden nicht auseinanderdividieren lassen,

(Stefan Köster, NPD: Was für ein sinnloses Geschwafel!)

sondern dass wir hier gemeinsam und solidarisch vorgehen. Dieses haben wir bisher so getan und dieses habe ich immer als hohe Qualität und als hohen Gewinn unserer politischen Arbeit empfunden,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

und ich habe ein wenig die Befürchtung, dass Sie mit dem Antrag, den Sie uns heute hier vorlegen, diesen Weg verlassen.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, einer tritt außerhalb des Blocks!)

Denn schauen Sie bitte einmal in den Antragstext. Da geht es plötzlich darum, dass wir unabhängige Experten einladen. Wen bitte möchten Sie da einladen?

(Stefan Köster, NPD: Herrn Osman.)

Ich fände es schön, wenn Sie da mal konkreter werden würden.

Sie möchten Delikte überprüfen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich denke, wir sollten uns mal darüber unterhalten, was wir hier eigentlich tun. Wir haben es mit abgeschlossenen Gerichtsverfahren zu tun. Wollen wir Gerichtsurteile nachträglich werten oder was wollen wir tun?

(Udo Pastörs, NPD: Na klar.)

Ich habe den Eindruck, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die tiefere Motivation Ihres Antrags darin besteht,

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

zu sagen, dass Sie die einzig wahren Antifaschisten sind,

(Gelächter von Udo Pastörs, NPD)

die hier für die Aufklärung sorgen,

(Michael Andrejewski, NPD: Es gibt ein Ranking.)

und dass die anderen eher zu denen gehören, die hier Vertuschung betreiben. Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, scheint mir nicht geeignet zu sein, die bisherige Politik,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

die wir hier verfolgt haben und nach meiner Überzeugung auch weiter verfolgen sollten, zu unterstützen. Und wenn dies so geschieht, dann kann ich Ihnen sagen, es wird einen geben, der dabei gewinnt, und die freuen sich jetzt schon.

(David Petereit, NPD: Einer wird gewinnen. – Stefan Köster, NPD: Das sind die ganz Bösen. – Michael Andrejewski, NPD: Ja, genau.)

Und wenn wir uns in dieser Weise gegeneinander in Stellung bringen,

(Stefan Köster, NPD: Die unter Verfolgungswahn leiden.)

dann dienen wir der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht, sondern dann schaden wir ihr.

Und deswegen würde ich nicht so gerne auf diesem Wege vorwärtsgehen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass, wenn Sie diesen Weg gehen wollen, wir ihn natürlich gehen können. Und dann sage ich Ihnen ganz deutlich, wenn ich GRÜNER wäre, hätte ich auch ein bisschen Veranlassung, dafür zu sorgen, dass mein ramponiertes Image in Richtung Kampf gegen die NPD ein bisschen aufgebessert wird. Denn eine Fraktion,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Gehen Sie nicht bisschen zu weit, Herr Müller?)

denn eine Fraktion, die im Deutschen Bundestag einem Antrag, ein eigenes NPD-Verbotsverfahren durch den Deutschen Bundestag einzuleiten,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

nicht zustimmt, sondern sich hier der Stimme enthält, deren Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag bei diesem Antrag auf Einleitung eines NPD-Verbots von einem Schauantrag spricht,