Protocol of the Session on May 29, 2013

Und es ging nicht nur um die Aufgabenzuordnung durch Gesetz und zurück durch Vertrag, sondern es geht natürlich auch um die Finanzströme. Das Stichwort „Konnexität“ ist uns allen gut geläufig und deswegen enthielt die gesetzliche Aufgabenübertragung natürlich auch eine Regelung der Bereitstellung der notwendigen Finanzmittel, um diese Aufgaben denn auch tatsächlich wahrnehmen zu können. Und wenn man im Vertragswege die Aufgabe zurückgibt, dann gibt man auch im Vertragswege die Finanzmittel zurück, sodass wir auch hier zu einer doch sehr bemerkenswerten Situation gekommen sind.

Nun, wie bereits gesagt, diese Aufgabenübertragung durch Vertrag läuft am 30.03.2013 aus und unter den Beteilig- ten – zu diesen Beteiligten zähle ich in erster Linie natürlich die kommunalen Verbände, aber auch die Fachbehörden des Landes – herrscht Einigkeit, dass es besser wäre, wenn diese Aufgabe auch zukünftig von den Landesbehörden, also dem Landesamt für Gesundheit und Soziales wahrgenommen würde, wir also die gesetzliche Aufgabenübertragung zurücknehmen und diese Aufgabe auch de jure beim Land lassen, wo sie de facto im Augenblick ist.

Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist genau der Inhalt unseres Gesetzentwurfes. Und ich möchte noch einmal betonen, dies ist ein Inhalt, der auch von den kommunalen Verbänden so gewünscht wird. Sie möchten, dass wir hier Gesetz und Realität miteinander in Einklang bringen.

Über diesen Hauptinhalt hinaus haben wir noch zwei weitere nicht ganz unwichtige Punkte. Zum einen geht es um die Auszahlungsmodalität von Geldern an den kommunalen Sozialverband, wo wir eine Anpassung an praktische Notwendigkeiten vornehmen. Und es geht um ein Thema, das in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert worden ist, obwohl das Volumen, das hier an Verwaltungsarbeit zu leisten ist, ungleich kleiner ist als in den genannten Bereichen. Das sind die Fragen der Fischereiaufsicht, wo die im Gesetz vorgenommene Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene von den Praktikern heftig kritisiert worden ist. Auch in diesen beiden Punkten, so sagt es unser Gesetzentwurf, soll eine notwendige Korrektur vorgenommen werden. Bei der Fischereiaufsicht heißt dies Rücknahme der Aufgabe zum Land.

Der Gesetzentwurf insgesamt wird komplettiert dadurch, dass wir die notwendigen finanziellen Regelungen hier natürlich ebenfalls mit vorschlagen. Wenn wir eine Aufgabe übertragen, übertragen wir die Finanzmittel, die notwendig sind, die Aufgabe zu erfüllen. Nehmen wir die Aufgabe zurück, nehmen wir logischerweise auch die Finanzmittel mit zurück.

Dieses, meine Damen und Herren, ist also in aller ge- botenen Kürze der Inhalt unseres Gesetzentwurfes. Und ich habe schon auf das Thema Zeit hingewiesen. Die vertraglichen Regelungen im Bereich Elterngeld und Schwerbehindertenrecht laufen am 30.06. aus und es ist der Wunsch aller Beteiligten, auch der Wunsch der kommunalen Verbände, dass wir mit unserer Gesetzgebungsarbeit so zügig sind, dass wir nicht in die Situation kommen, dass wir am 01.07. eine Hängesituation haben, wo unklar ist, wo denn jetzt tatsächlich diese Aufgabe rechtmäßig erfüllt ist,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hätten wir alles viel eher haben können. Hätte, hätte, Fahrradkette.)

sondern dass wir schnell diese Aufgabenrückübertragung vornehmen, damit am 01.07. rechtssicher vom Land diese Aufgaben wahrgenommen werden können.

Ich bin dem Vorsitzenden des Innenausschusses deshalb sehr dankbar, dass er unsere Diskussion, die wir in der letzten Innenausschusssitzung ja geführt haben mit Blick auf die Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung, dass er diese Diskussion aufgenommen hat und bereits zu einer Sitzung des Innenausschusses für heute eingeladen hat. Wir wollen dort über das Verfahren reden, wobei ich glaube, dass wir angesichts der Sachlage hier mit einem sehr schnellen und vereinfachten Verfahren diesen Gesetzentwurf beraten können, damit wir dann in der Junisitzung des Landtages hier einen entsprechenden Beschluss fassen.

Ich bitte Sie also um Überweisung des Gesetzentwurfes von SPD und CDU, federführend in den Innenausschuss und mitberatend in die beteiligten Fachausschüsse. Das sind der Sozialausschuss und der Agrar- und Umweltausschuss, damit wir hier zu einer vernünftigen und auf Dauer tragfähigen Regelung kommen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zur Überweisung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Müller.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Müller, ich bin zutiefst beeindruckt, wie Sie eine Fehlleistung der Regierungskoalition so schönreden können, aber niemand kann es so schön wie Sie.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Danke.)

Das muss ich neidlos anerkennen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach meinem Verständnis verbietet es sich an dieser Stelle, im Zusammenhang mit dem sogenannten Aufgabenzuordnungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern von einem Trauerspiel zu reden. Das würde die Angelegenheit nämlich unzulässig verharmlosen. Selbstverständlich wird meine Fraktion der Überweisung zustimmen und eine zügige Beratung unterstützen. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel, denn nur so lässt sich nämlich verhindern, die bestehenden Geschäftsbesorgungsverträge unsinnigerweise um Monate zu verlängern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auf dieses Hickhack innerhalb der Landesregierung nicht weiter und vertiefend eingehen, auch wenn der Innenminister, der zur Debatte heute gar nicht sprechen will, vor sieben Wochen noch anderer Auffassung war und sich für ein geordnetes Gesetzgebungsverfahren ausgesprochen hat. Nun haben wir gerade gehört, es muss dann doch ganz schnell gehen – 1. Juli und so weiter und so fort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der heutigen Ersten Lesung, also der Grundsatzdebatte, will ich mich nicht auf die Aufhebung der Paragrafen 3, 17 und 19 Aufgabenzuordnungsgesetz oder die notwendigen Folgeänderungen konzentrieren. Nein, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Beleg dafür, dass es der Koalition nicht gelingt, die Verwaltungsmodernisierung in unserem Land fortzuführen oder zu vernünftigen Ergebnissen zu bringen. Die Große Koalition bringt die Verwaltungsmodernisierung zur Selbstblockade, zum Stillstand und teilweise zur Rückabwicklung.

Und, Herr Ministerpräsident und Herr Innenminister, es macht wenig Sinn, einen Zukunftsvertrag zwischen Land und Kommunen erst am Ende eines solchen Weges beziehungsweise zum Ende der Legislaturperiode abzuschließen. Richtigerweise hätte ein solches Instrument an den Anfang gehört. Vielleicht wäre dem Land damit die derzeitige weitgehend konzeptionslose Kommunalpolitik der Landesregierung erspart geblieben.

Meine Damen und Herren, auf die Problematik der über mehrere Monate nicht funktionierenden ehrenamtlichen Fischereiaufsicht brauche ich an dieser Stelle nicht weiter einzugehen. Hier hat die Koalition dem Ehrenamt einen Bärendienst erwiesen. Das wissen wir alle, die wir im Land unterwegs sind.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich auf drei Aspekte verweisen, die beim vorliegenden Gesetzentwurf aus Sicht der Verwaltungsmodernisierung problematisch sind:

Erstens werden nunmehr weitere Aufgaben des Landes nicht mehr auf die kommunale Ebene übertragen. Diese Nicht- beziehungsweise Rückübertragung erfolgt auf Initiative des Landkreistages beziehungsweise der kommunalen Ebene. Ich kann im Moment noch nicht beurteilen, ob hierfür das Land eine Teilverantwortung trägt. Wie hat die Landespolitik diese Prozesse vorbereitet und moderiert? Der Antrag meiner Fraktion jedenfalls zu einer entsprechenden Berichterstattung hier im Landtag vor einem Jahr wurde an dieser Stelle noch vollmundig als überflüssig abgelehnt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Hört, hört!)

Und wir sehen heute wieder, wie notwendig dieser Bericht gewesen wäre. Problematisch ist jedoch, dass dieser Gesetzentwurf und sein Zustandekommen die Aufgabenkommunalisierung als Bestandteil der Verwaltungsmodernisierung insgesamt in ein trübes Licht rückt.

Zweitens dient der vorliegende Gesetzentwurf auch nicht dem Prozess der interkommunalen Aufgabenverla- gerung, Stichwort „Funktionalreform II“. Was ist davon überhaupt noch übriggeblieben?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Die Rückübertragung auf das Land fördert selbstverständlich nicht die Bereitschaft der Landkreise, ihrerseits Aufgaben an die unterkreisliche Ebene zu verlagern, obwohl das in den neuen großen Kreisen bitter notwendig wäre und auch möglich ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Im Aufgabenzuordnungsgesetz der Landesregierung vom 8. Juli 2009 wurde allerdings etwas ganz anderes versprochen. Es heißt dort, ich zitiere: „Es ist daher vorgesehen, eine umfassendere interkommunale Aufgabenverlagerung im Zuge einer Strukturreform der gesamten unterkreislichen Gemeindeebene in der kommenden Legislaturperiode zu prüfen.“ Zitatende. In dieser kommenden Legislaturperiode befinden wir uns jetzt.

Und, lieber Kollege Kokert, Ihre Presseäußerungen im Zusammenhang mit der Kommunalpolitik kommen mir mitunter etwas losgelöst von Zeit und Raum daher. Während Ihr Minister zur Ämterbereisung im Land unterwegs ist, sollten Sie nicht auf dem Tisch herumtanzen – leider ist er nicht da, aber vielleicht hört er das ja –, sondern ein wenig im Koalitionsvertrag, insbesondere Ziffer 327, herumschmökern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine letzte Anmerkung: Die Gewährung des Elterngeldes und das Feststellungsverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht sollten nach den Vorstellungen der Kommunen bereits vor einem Jahr bei den Landesbehörden verbleiben. Die Landesregierung hat also vor einem Jahr noch das abgelehnt, was die Koalitionsfraktionen heute als Gesetzentwurf vorlegen. Konzeptionelle Politik, liebe Koalitionäre, sieht anders aus.

Vor einem Jahr ist mir an dieser Stelle der Innenminister entgegengetreten mit einem Loblied auf die Dialektik, was ja vom Ansatz her nicht verkehrt ist. Vor einem Jahr erklärte der Minister noch staatstheoretisch, dass man mit dieser äußerst schmalen Aufgabenübertragung immerhin einer Gefahr gegenübergetreten sei, nämlich der zunehmenden Verstaatlichung der Kommunen. Heute schweigt der Minister völlig. Hier hilft wohl dann auch Dialektik nicht mehr weiter.

Bei diesem Hickhack der Verwaltungsmodernisierung würden selbst unserem Landesverfassungsgericht letztlich die Worte fehlen, denn für das Landesverfassungsgericht sind es gerade die durch das Funktionalreformgesetz erweiterten Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten, die für das Gewicht der Mandatsausübung in den verkörperten Kreisen prägend sind.

Meine Damen und Herren, anders ausgedrückt hat das Verfassungsgericht die Kreisstruktur passieren lassen in der Annahme, dass die Kreistagsmandate durch erheblichen Aufgabenzuwachs an Gewicht gewinnen. Wir betreiben aber auch heute wieder das Gegenteil. Das ist keine Dialektik, das ist einfach Selbsttäuschung.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend anregen, dass der Innenminister analog zur Umsetzung der Landkreisneuordnung einen Zwischenbericht zur Aufgabenübertragung, ihren Problemen und Perspektiven im Innenausschuss, im Finanzausschuss des Landtages erstattet. Vielleicht gelingt es uns dann gemeinsam, die Verwaltungsmodernisierung wieder vom Abstell- auf ein Zukunftsgleis zu stellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ringguth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den meisten von uns wird, und ich schränke das ein, weil ja nicht alle da waren, die gestrige Rede des Bundespräsidenten noch in ganz lebhafter Erinnerung sein.

(Udo Pastörs, NPD: Tolle Rede! – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Herr Pastörs, der Mann ist nicht darauf angewiesen, dass Sie seine Rede zensieren. Und gehen Sie davon aus, alle, die hier waren, haben diese Rede als eine tolle Rede empfunden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, irgendwann in einer Phase seiner Rede hat er, der Bundespräsident, uns ganz direkt angesprochen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

uns, die Abgeordneten des Landtages hier in Mecklenburg-Vorpommern. Und ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren aus seiner Rede: „Auch Sie leisten einen unverzichtbaren Dienst für unsere Demokratie. Sie arbeiten für Ihr Land als ,Bürger mit Spezialauftrag auf Zeit‘,“

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

„verliehen von Ihren Wählerinnen und Wählern hier in Mecklenburg-Vorpommern. Sie behandeln wichtige Fragen – kurzfristig drängende wie langfristig entscheidende.“