Protocol of the Session on April 25, 2013

Es gibt auch im Bereich der Prüfungsverordnungen in Mecklenburg-Vorpommern einen erheblichen Dschungel, der gelichtet werden muss. Das möchte ich Ihnen auch an einem Beispiel klarmachen, dass wir jetzt nicht nur über fachliche Inhalte, sondern auch noch einmal über das Ganze reden.

Das Ministerium, und das finde ich eine sehr gute Idee, wollte die Lehrkräfte am Gymnasium entlasten und änderte für das laufende Schuljahr die Abiturprüfungsverordnung. Es sollen nur noch in der Regel drei Lehrkräfte die mündliche Prüfung abnehmen, was bedeutet, dass diese Zahl auch unterschritten werden kann. Und das war die Intention des Ministeriums, weniger Lehrer in die Prüfung zu geben, um die Lehrer zu entlasten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weniger produzieren mehr.)

Nämlich sollten dann weniger Lehrer möglich sein, wenn es nur mit erhöhtem Aufwand realisierbar ist, eine dritte für das jeweilige Fach ausgebildete Lehrkraft zu finden. Das steht nun allerdings im Widerspruch zum Schulgesetz. Hier wollte jetzt eine Verordnung ein Gesetz korrigieren, und das ist nach hinten losgegangen. Daran sehen Sie, wie komplex dieses System ist. Das führte nämlich dazu, dass die staatlichen Schulämter ein Schreiben erhalten haben mit dem verführerischen Titel „Rechtliche Auslegung der Vierten Verordnung zur Änderung der Abiturprüfungsverordnung“, also eine Auslegung über die gerade geänderte Verordnung. Und damit das jetzt auch noch mal ganz deutlich wird, möchte ich daraus einen Teil zitieren.

(Udo Pastörs, NPD: Auch das noch!)

Ich beginne: „Diesbezüglich ist jedoch zu beachten, dass durch das Fortgelten von Paragraf 14 Absatz 4 Satz 3 im Falle des Abweichens von den genannten üblicherweise geltenden Voraussetzungen, die für mindestens zwei Mitglieder bestimmt sind, weiterhin ein ausdrücklicher Genehmigungsvorbehalt der zuständigen Schulbehörde gemäß Paragraf 13 Absatz 3 Satz 2 für das dritte Mitglied besteht. Da Paragraf 13 Absatz 3 Satz 2 auf Paragraf 13 Absatz 1 Satz 3 abstellt, hat die untere Schulbehörde im Falle eines Besetzungsvorschlages zu prüfen, ob das dritte Mitglied mit seinen Qualifikationsvoraussetzungen in der Lage ist, den durch die Mitglieder der Fachprüfungsausschüsse wahr- zunehmenden Aufgaben gerecht zu werden.“ Ende des Zitats.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann ich das noch mal hören? – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Nee, Peter, ich übersetze: Eine Schülerin kann von ihrem Schulleiter, der ausgebildeter Sport- und Geschichtslehrer ist, in Informatik geprüft werden, aber nicht von dem Lehrer, bei dem sie zwei Jahre Informatikunterricht hatte, weil er dieses Fach zwar seit 20 Jahren unterrichtet, aber es nicht studiert hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aha!)

Und das ist jetzt keine Lehrerentlastung, das ist Lehrerverwirrung. Hier wird ein Aufwand losgetreten,

(Udo Pastörs, NPD: Müssen Sie erst noch verwirrt werden?)

den es bis zum vergangenen Jahr nicht gab, denn bisher konnte das der Schulleiter alleine regeln, jetzt muss er es melden, prüfen und dann am Ende doch selbst machen. Dieses Beispiel belegt, dass wir hier lichten müssen und dass wir keine künstlichen Versuche brauchen, die dann wiederum zu erklärenden Erlassen, ausführlichen Handreichungen führen, deren Lektüre weiß Gott weder Freude bereitet noch hilfreich ist.

Ich möchte jetzt zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommen. Diese genannten Mängel, über die wir hier so heiß diskutiert haben, von nun zwei Jahren auf drei Jahre auszudehnen, beseitigt nicht die Ungereimtheiten, die Stofffülle und auch nicht die Belastungen. Ich kann die Intention dieses Antrages nachvollziehen, sehe hier aber den dritten oder vierten Schritt vor dem ersten. Denn bevor man ein pädagogisches und unterrichtsorganisatorisches Konzept entwickelt, das parallel zum bestehenden System eingeführt wird, muss doch erst einmal der derzeitige Zustand überprüft und überarbeitet werden. Die Oberstufe ist so widersprüchlich und überfordernd, dass auffällig viele Schülerinnen und Schüler vor dem Druck resignieren und Jahrgangsstufen wiederholen.

Und, Herr Minister, hier möchte ich Ihnen noch mal widersprechen: Sicherlich haben sich die Abiturergebnisse nur um 0,1 Prozent verschlechtert, aber es liegt daran, dass wir verdammt gute Ergebnisse haben im Bereich der zweiten Fremdsprache, und zwar bei der Fremdsprache Russisch,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

die bei uns sehr viele Schülerinnen und Schüler machen. Dadurch haben wir dort ein sehr gutes Ergebnis, was sich dann auf den Prüfungsdurchschnitt auswirkt. Und zum Zweiten schicken wir ja vorher durch die Prüfung die Kinder wieder weg aus der Jahrgangsstufe 10. Sie müssen das Gymnasium verlassen oder sie wiederholen eine Jahrgangsstufe.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Deswegen kann man nicht davon ausgehen, dass der jetzige Durchschnitt des Abiturs, bei dem eben viele Kinder eine Jahrgangsstufe wiederholen, gut ist und dass alles so bleiben kann. Ich denke, wir sollten immer im Sinne der Kinder, der Eltern und der Lehrer überlegen, was ist machbar, wo hapert es, und da ganz ehrlich sein und auch mit den Expertinnen und Experten vor Ort reden.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Wenn man nun dieses fehlerhafte System, Frau Berger, auf drei Jahre ausdehnt, wird es nicht besser. Es bleibt fehlerhaft. Und diese Situation, die die Schülerinnen und Schüler beim Lernen behindert, beseitigen wir auch nicht, indem wir sie auf drei Jahre ausdehnen. Drei Jahre lang als Schülerin oder Schüler durch ein mit Mängeln versehenes System zu gehen, bedeutet, sie haben mehr Zeit, die Fehler zu machen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Die notwendigen Verbesserungen …

Herr Renz, vielleicht waren Sie zehn Jahre, wenn Sie denn erst im Juli Geburtstag haben.

(Torsten Renz, CDU: Nein, im Mai.)

Wenn Sie im Mai Geburtstag haben, dann würden Sie in diesem Mai zehn Jahre alt werden, wären im Mai noch in der 4. Klasse. Und die 5. Klasse fängt mit dem 1. August an, lieber Herr Renz, und dann wären Sie …

(Marc Reinhardt, CDU, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zehn.)

Gut, Sie wären noch zehn. Das stimmt. Ja, Mensch, Herr Renz,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Renz, ich zeige Größe. Ich entschuldige mich nicht, und das beweist ja, ach … Ich entschuldige mich und …

(allgemeine Heiterkeit)

Jetzt habe ich einen freudschen Fehler gemacht.

(allgemeine Heiterkeit und Unruhe – Minister Dr. Till Backhaus: Und das als Lehrerin! Das auch noch! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nee. Nee, da würden Sie nichts finden. Sie haben ja bis jetzt gebraucht, nachzurechnen, wie alt Sie sind.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Also da sehe ich jetzt überhaupt nicht mehr die Möglichkeit, über andere Sachen mit Ihnen zu diskutieren. Herr Renz war also zehn Jahre alt – fürs Protokoll –, als er in die fünfte Klasse gekommen ist.

(Marc Reinhardt, CDU: Das gilt aber auch, wenn man im Februar geboren ist. Die meisten sind zehn. – Udo Pastors, NPD: Bla, bla, bla!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben gegenwärtig erneut eine bundesweite Diskussion um die Dauer der Abiturzeit. Das wurde heute schon mehrmals gesagt. In Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und wohl bald auch in Hessen gibt es die Möglichkeit, ein Abitur nach zwölf oder dreizehn Jahren abzulegen. Bayern führt sogar ein Intensivierungsjahr ein. Das ist aber alles andere als der gemeinsame Weg zu einem einheitlichen vergleichbaren Abitur.

(Unruhe bei Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Einführung des zwölfjährigen Abiturs…

Frau Berger, ich rede über Ihren Antrag.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Herr Butzki auch.)

Wenn Sie das interessiert, wäre es schön, ansonsten lasse ich das, sage ich, wir lehnen den Antrag ab, und dann erfahren Sie nicht mehr, um welche Gründe es geht.

(allgemeine Unruhe – Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und aufgrund Ihrer Diskussionsfreude, während ich über Ihren Antrag rede, beende ich meine Ausführungen,

(Udo Pastörs, NPD: Aufhören!)

die noch sehr umfangreich gewesen wären, zum Antrag der GRÜNEN.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen

(Udo Pastörs, NPD: Gott sei Dank!)

und ich werde Ihnen hier nicht weiter die Gründe erläutern, Frau Berger.