Protocol of the Session on November 17, 2011

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für mich wieder so eine Debatte nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Wir wollen mal bei den Fakten bleiben.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das haben wir heute schon zweimal gehört.)

Was wissen wir?

Wir wissen, wir haben es vom Bildungsminister gehört, das Land Mecklenburg-Vorpommern ist im Vergleich zu anderen Bundesländern mit einer sehr, sehr hohen ProKopf-Förderung bei den Theatern und Orchestern dabei. Ich will das noch mal sagen: 20 Euro pro Kopf. Ich glaube, in Bayern waren es so um die 9 Euro. Das zeigt ja erst mal, dass die Landesregierung, dass auch der Landtag, dass auch die Koalitionsfraktionen dem eine sehr, sehr hohe Bedeutung beimessen. Wir wissen auch, das haben wir von Herrn Koplin gehört, dass auch die Kommunen mit einem sehr hohen Beitrag – ich glaube, so um die 27 Millionen sind das – dabei sind. Das zeigt auch, dass bei den Kommunen ein sehr, sehr hohes Engagement vorhanden ist.

Wir wissen zweitens, dass sowohl Land als auch Kommunen unter erheblichen Konsolidierungsbemühungen stehen. Das haben wir im Tagesordnungspunkt davor gerade verhackstückt. Wir brauchen einen Konsolidierungsfonds, wir brauchen Kofinanzierungshilfen, um die Kommunen zum Investieren anzuhalten. Wir wissen also, dass in den nächsten Jahren eher weniger Geld da ist als mehr.

Und dann wissen wir, dass, wenn wir nichts tun, und die bestehenden Strukturen, wie sie bei der Theater- und Orchesterlandschaft sind, wenn wir die einfach so bis

2020 stehen lassen – das hat ja eine Berechnung der Landesregierung gezeigt –, dann brauchen wir pro Jahr 17 Millionen Euro zusätzlich. Ist irgendjemand in diesem Raum, der glaubt, das können sich Land und Kommunen leisten? Ich glaube, wer das glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Ich persönlich glaube das nicht.

(Jochen Schulte, SPD: Ich habe das immer geglaubt.)

Herr Schulte, das ist gerade … Das besprechen wir später, ne?

Und weil das so ist, dass 85 Prozent der Kosten, die wir bei den Theatern und Orchestern haben, weil die Personalkosten sind, gibt es auch hier die höchsten Steigerungen. Deshalb ist es aus meiner Sicht und auch aus Sicht meiner Fraktion unumgänglich, dass wir zu Strukturveränderungen kommen. Die Debatten der letzten Jahre haben ja gezeigt, dass es in einigen Kommunen, theatertragenden Kommunen – ich nenne Neubrandenburg, Neustrelitz – richtige Schritte in die richtige Richtung gab. Wir merken jetzt bei Rostock, dass etwas zustande kommt. Und das ist unerlässlich, wenn wir sagen, wir geben Geld, wir geben vielleicht über Soforthilfen zukünftig auch noch ein wenig mehr Geld. Und es sind ja nicht nur die 35,8 Millionen Euro jährlich gewesen. Wir haben zum Beispiel über den Hauptstadtvertrag Geld für Theater nach Schwerin gegeben, wir haben bei der Sanierung der Theater auch immer als Land unterstützt und Fördermittel gegeben. Also das Land hat jedes Jahr weit mehr als die 35,8 Millionen Euro gegeben.

Ich glaube aber, wenn wir sagen, wir wissen, so viel Geld ist da, wir wissen, dass das Geld nicht mehr wird, müssen wir auch so ehrlich sein und sagen, es muss an allen Theater- und Orchesterstandorten zu Strukturveränderungen kommen.

Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Koplin, bei den Theatern, bei den Schauspielern, da ist in der Tat nicht viel zu holen. Das ist ein sehr überschaubares Gehalt, was da verdient wird und wo auch die Steigerungen nicht so immens sind.

Aber, und das ist auch meine persönliche Überzeugung, wir werden nicht umhinkommen, uns bei den Orchestern Gedanken zu machen. Aus meiner persönlichen Sicht wird es in Zukunft darauf hinauslaufen müssen, wenn wir uns das weiter leisten wollen, dass wir zu zwei Orchestern kommen. Wir haben zurzeit vier Orchester hier bei uns im Land.

Aus meiner Sicht, und da hoffe ich, dass das die Gespräche mit dem Bildungsministerium, mit der Landesregierung bringen – man hört es auch hinter der Hand, wenn man mit theatertragenden Kommunen spricht, dass das der Weg sein muss –, dass wir es schaffen, Fusionen hinzubekommen. Auf der einen Seite, dass zwei Orchester sich zusammenschließen und wir am Ende zwei funktionierende Orchester im Land haben – mehr hat Schleswig-Holstein im Übrigen auch nicht –, und dass wir es dann schaffen, diese Finanzierung der Theater und Orchester bei uns im Land auf gesunde Füße zu stellen. Einen anderen Weg sehe ich aus meiner Sicht nicht, da ich nicht glaube, dass wir im Land MecklenburgVorpommern es mit unserem Etat schaffen, bis 2020 17 Millionen Euro mehr zu realisieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag fordern die roten Genossen die Landesregierung auf, unverzüglich den Trägern von Theatern und Orchestern Soforthilfen zu gewähren, um drohende Insolvenzen abzuwenden. Die Vergabe solle dabei nicht an das Verlangen nach einem Personalabbau oder die Schließung von Sparten geknüpft werden.

Hier möchte ich einmal etwas Grundsätzliches sagen: Nicht nur bei mir hat sich in den vergangenen Jahren der Eindruck verstärkt, dass die Theaterbetriebe im Land mehr und mehr zu einer Cliquenwirtschaft verkom- men sind. Die Mehrheit des ohnehin immer mehr verarmenden Volkes erreichen die Theater schon lange nicht mehr.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wann waren Sie das letzte Mal im Theater?)

Langsam aber sicher wird es Zeit,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dass sich die Theater den Gesetzen des Marktes stellen. Dass es auch anders geht, können Sie alljährlich bei der Störtebeker-Aufführung oder bei der Müritz-Saga sehen. Dort handelt es sich um Volksstücke, die sich Jahr für Jahr eines großen Zuspruchs erfreuen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Und überhaupt – das Volk: Wurden die Bürger hierzulande einmal gefragt, was sie sich für Theater wünschen?

(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie sind doch schon genug Theater.)

Natürlich nicht.

(Heinz Müller, SPD: Ich würde aber Tragödie definieren, Tragödie.)

Dabei wäre es ein probates Mittel, auf diesem Gebiet voranzukommen. Angesichts des eben Gesagten wird es Sie nicht verwundern, wenn wir den Antrag ablehnen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das wollte ich doch hören.)

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Heinz Müller, SPD: Ich hab die ganze Zeit gewartet, wann was kommt! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ich wünsch mir Borrmann zurück.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Foerster von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Theater sind kein Luxus, sondern ein unverzichtbarer Teil der kulturellen Bildung für alle von groß bis klein. Theater muss sein – auch in Zukunft.“ Diesen Satz würde wohl jeder so unterschreiben, und er ist nicht von mir, sondern er ist Inhalt der aktuellen Pressemeldung der SPD-Fraktion in der Stadtvertretung von Schwerin.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Die Diskussion um die Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt sich immer mehr zu einer unendlichen und vor allem zu einer unerfreulichen Geschichte.

Mein Wahlkreis beginnt direkt vor den Türen dieses Parlaments und als Mitglied der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin kann ich ganz gut einschätzen, welche Anstrengungen auf kommunaler Ebene in den letzten 17 Jahren hier unternommen wurden, um der Zukunft des Mecklenburgischen Staatstheaters, dem kulturellen Aushängeschild der Landeshauptstadt, das im Übrigen kürzlich sein 125-jähriges Bestehen feierte, eine Perspektive zu geben.

Die Fairness gebietet zu sagen, ja, die Landesregierung hat der Landeshauptstadt aktuell eine Soforthilfe von 500.000 Euro in Aussicht gestellt, die allerdings mit Auflagen verbunden ist.

(Heinz Müller, SPD: Ach nee, das ist ja furchtbar!)

Und ja, das zuständige Ministerium hat auch in Aussicht gestellt, einer Kreditaufnahme oder alternativ einer überplanmäßigen Ausgabe in gleicher Höhe zuzustimmen.

Damit kann die drohende Insolvenz aufgrund einer aktuellen Deckungslücke von 657.000 Euro abgewendet werden. Das ist zunächst die gute Nachricht. Das mittel- und langfristige Problem der Unterfinanzierung löst sich damit jedoch nicht. Bereits jetzt steht fest, dass zum Ende der Spielzeit im Juli 2012 erneut die Frage dastehen wird: Wie soll es weitergehen? Deswegen kann es auch nicht verwundern, dass böse Zungen von einer „lebensverlängernden Maßnahme“ reden und noch bösere vom „Tod auf Raten“.

Mit dem Ausschluss einer Dynamisierung der Landesmittel und dem Verweis auf das hohe Gut der kommunalen Selbstverwaltung wird die Landesregierung ihrer Verantwortung nicht gerecht. Da helfen auch keine Sonntags- reden im Wahlkampf oder auf Festveranstaltungen, sondern letztendlich nur eine Entscheidung darüber, wie viele und in der Konsequenz welche Theater man im Land künftig will.

Die Strukturreform des ehemaligen Kultusministers Tesch ist gescheitert. Die neue Landesregierung hat sich entschieden, zunächst nichts zu entscheiden und die Probleme den betroffenen Kommunen selbst zu überlassen.

(Torsten Renz, CDU: 500.000 Euro Soforthilfe für Schwerin.)

Da soll dann letztlich unter dem Druck der finanziellen Engpässe Anpassung erzwungen werden, immer frei

nach dem Motto: „Macht eure Drecksarbeit alleine!“ Und Formulierungen, wie sie Herr Brodkorb heute hier gebraucht hat, nach dem Motto: „Wir reden mal mit den Kommunen und sehen, was sie für Ideen haben“, das ist schon ein Stück Realsatire.

(Marc Reinhardt, CDU: Ihre einzige ist mehr Geld. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Natürlich wird die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Schwerin in Verantwortung für unser Theater ergebnisoffene Gespräche mit den Nachbarlandkrei- sen Nordwestmecklenburg und Parchim/Ludwigslust führen. Das Gleiche gilt auch für die Hansestadt Rostock. Ob allerdings vor dem Hintergrund des anstehenden Oberbürgermeisterwahlkampfes Begeisterung für eine Fusion ausbrechen wird, ist doch mehr als unwahrscheinlich.

(Marc Reinhardt, CDU: Ja.)