Protocol of the Session on November 17, 2011

Also mein Angebot ist, lassen Sie uns über diesen Zukunftsvertrag ernsthaft diskutieren, und nicht nur auf der Grundlage eines Satzes, einer Mitteilung des Staatssekretärs: „Am heutigen Tag beginnen die Gespräche.“ Das reicht uns nicht aus!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dazu müssen erst mal Gespräche geführt werden.)

Und wenn Ihnen die Kraft zu dieser gemeinsamen Debatte fehlt, im Innenausschuss oder hier im Landtag, dann bitte ich Sie nur, nicht mehr von einem Zukunftsvertrag zu sprechen, denn alles andere wäre bestenfalls Budenzauber.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, der ja an sich schon ein Zukunftsvertrag sein soll,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist!)

hat einen tatsächlichen Zukunftsvertrag für unsere Kommunen zu Grabe getragen. Zukunftsfähige Gemeindestrukturen sind nun kein Thema mehr, stattdessen sollen die Kommunalwahlen 2019 in anderen Strukturen erfolgen – ich komme darauf zurück. Es findet weder eine Funktionalreform I noch II statt, auch das könnte ein Bestandteil eines Zukunftsvertrages sein. Lediglich das schwindsüchtige Aufgabenzuordnungsgesetz soll in

seiner Umsetzung beobachtet werden. Auch dazu hat der Staatssekretär etwas gesagt: Man muss genau überprüfen, ob die Zuordnung der Aufgaben sinnvoll war. Und da wissen wir, wie wenig der kommunalen Ebene zugeordnet wurde. Jetzt sollen sogar noch Dinge zurückgeholt werden. Tolle Leistung, kann ich da nur sagen!

Die Finanzbeziehungen werden nicht zukunftsfähig ausgestaltet. Nein, das Finanzausgleichsgesetz wird nicht grundlegend diskutiert, es wird durch das Festklammern am Gleichmäßigkeitsgrundsatz lediglich angepasst. Diese notwendige Anpassung, lieber Kollege Müller, ist übrigens aktuelle Rechtslage und kein Zugeständnis der Koalition. Und es ist im Koalitionsvertrag von angemessener Finanzausstattung die Rede, aber nicht von aufgabengerechter Finanzausstattung. Auch da waren wir in der gemeinsamen Diskussion schon viel weiter.

Die Festlegungen lassen in der Tat keinen Raum für ergebnisoffene Gespräche mit der kommunalen Ebene. Diese einseitigen Vorfestlegungen setzen praktisch den sogenannten Dialog der letzten Legislaturperiode fort, der schließlich in Sprachlosigkeit mündete.

(Marc Reinhardt, CDU: Oh nee! – Torsten Renz, CDU: Wir haben uns immer der Diskussion gestellt.)

Das ist kein Zukunftsprojekt, es sei denn, man schreibt Zukunft mit C, wie unser Innenminister. Damit aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen Sie die Zukunft des Landes aufs Spiel.

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was hatten wir an dieser Stelle vor gut einem Jahr für ein Theater, als ich für meine Fraktion den Antrag gestellt habe, den Vollzug der Kreisgebietsreform erst zu den Kommunalwahlen 2014 in Kraft treten zu lassen?! Für den Ministerpräsidenten sei nun lange diskutiert worden, jetzt müsse entschieden werden, der Innenminister brauchte die neuen Strukturen dringend, und zwar jetzt, um den Bestand des Bundeslandes sichern zu können, und der von mir geschätzte Kollege Müller als kühler Rechner hat mir bei 50 Millionen Einsparungen im Jahr bei einer dreijährigen Verschiebung messerscharf eine Rechnung mit 150 Millionen ausgestellt.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen …

Ja, 3 mal 50 ist 150. Da beißt nun mal die Maus keinen Faden ab, Herr Müller.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer heute die kreiskommunale Praxis erlebt, der weiß genau, wie begründet der Antrag der LINKEN war, und ich sehe hier eine ganze Reihe von Kreistagskollegen aus dem Kreistag der Mecklenburgischen Seenplatte, die genau das mit nachvollziehen können. Ob die Anzahl der Volkshochschulen und Musikschulen in den neuen Großkreisen, die Perspektiven der Schulsozialarbeiter oder die Fusion der Kreisfeuerwehrverbände – die Umsetzung des Kreisstrukturgesetzes hätte einer anderen Vorbereitung

bedurft.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na ja, das ging doch aber ganz gut.)

Und da es diese Zeit nicht gegeben hat, wäre es sinnvoll, genau über diese Fragen in einem Zukunftsvertrag zu reden oder in den Verhandlungen über einen Zukunftsvertrag gemeinsam über Lösungswege zu diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Koalitionsvereinbarung ist das Gegenteil eines Vertrages über die Zukunft unseres Landes. Sie wirft das Land um Jahre zurück, Stichpunkt Enquetekommission beziehungsweise zukunftsfähige Gemeindestrukturen. Neben den frauenpolitischen Paukenschlägen dieser Koalition war die Beerdigung der Empfehlungen der Enquetekommission die nächste Glanzleistung. Der Landesrechnungshof dürfte jedenfalls vom Glauben abgefallen sein. Die Enquetekommission hatte unter anderem emp

fohlen, dass die Gemeinden möglichst bis zur Kommunalwahl 2014 auf freiwilliger Basis optimale und das gesamte Kreisgebiet umfassende Lösungen entwickeln. Dem hat sich der Landtag am 30. Juni dieses Jahres,

(Torsten Renz, CDU: Reden Sie noch zu dem jetzigen Antrag oder erzählen Sie zu den Themen von vor zwei Jahren?)

dem hat sich der Landtag – das hat alles etwas mit Zukunft für unsere Kommunen zu tun, Herr Renz –, dem hat sich der Landtag am 30. Juni dieses Jahres, Herr Renz, Sie waren dabei, angeschlossen. Die Reformnotwendigkeit wurde von niemandem, auch nicht von Herrn Renz, bestritten.

(Torsten Renz, CDU: Ach, von mir sowieso nicht.)

Von der Fachebene des Innenministeriums als ständiger Gast der Kommission waren gegen diese ehrgeizigen Terminstellungen auch keine Bedenken erhoben worden. Der Kollege Heinz Müller hat in der Antragsbegründung ausdrücklich die Erwartung ausgedrückt, dass wir dann in der nächsten Wahlperiode diese Handlungsempfehlungen auch gesetzgeberisch umsetzen.

(Marc Reinhardt, CDU: Das machen wir ja auch. Freiwillig.)

Und der Kollege Ringguth hat sich ebenso gewünscht, dass sich das in der nächsten Legislaturperiode, also in der jetzigen, entsprechend niederschlägt, denn, das sei den Anhörungen zu entnehmen gewesen, die Kommunalpolitiker wünschten sich ausdrücklich eine solche Umsetzung. All das soll und muss Bestandteil eines Zukunftsvertrages sein und all das findet nicht statt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie mögen sich mit dem Datum 2019 zwar eine ruhige letzte Legislatur ausgehandelt haben, mit der Zukunft dieses Bundeslandes hat das aber nichts zu tun. „Nach mir die Sintflut“ ist eine schlechte Regierungsmaxime. Für MecklenburgVorpommern wäre sie verhängnisvoll, deshalb ist unser Antrag weder überflüssig, noch hat er sich erledigt. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und bin jetzt gespannt, was der geschätzte Kollege Müller zu erwidern hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/79. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/79 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Gegenstimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Insolvenzen abwenden – Soforthilfen für Theater und Orchester gewähren, Drucksache 6/80. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag

der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/125 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Insolvenzen abwenden – Soforthilfen für Theater und Orchester gewähren – Drucksache 6/80 –

Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/125 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

(Torsten Renz, CDU: Der Mann mit den Deckungsquellen. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Soforthilfen für Theater und Orchester sind ein praktisches Erfordernis. Wenn Sie sich die Pressespiegel der letzten Tage und Wochen anschauen, haben Sie fast alltäglich davon Belege nachlesen können. Insbesondere verweise ich darauf, was sich hier in Schwerin abgespielt hat. Über die Situation hier wird mein Kollege Henning Foerster nachher noch etwas sagen.

Nun gab es vorhin, das will ich jetzt kurz anmerken, eine Auseinandersetzung, Herr Müller, die Sie angefangen haben, über Urheberrechte zu Begrifflichkeiten. Ich hätte das jetzt nicht mit angeführt, wenn ich nicht der Meinung wäre, das ist ein Stückchen weit unredlich. Was in der Wissenschaft streng verboten ist, das Abkupfern, ist in der Politik höchst willkommen, und gerade in einem föderalen Staat, dass man nämlich einander etwas abnimmt.

(Heinz Müller, SPD: Ja, aber unter Nennung der Quelle.)

Na selbstverständlich, selbstverständlich haben wir die Quelle nie verschwiegen, sonst könnten wir, was zum Beispiel Soforthilfen für Theater und Orchester betrifft, auch in Anspruch nehmen, dass wir vor Monaten diejenigen waren, die gesagt haben, sie wären nötig. Wie sind wir hier und an anderen Orten noch belächelt oder verhöhnt worden. Also Soforthilfen sind ein praktisches Erfordernis.

Der Antrag, das will ich aber sagen, der Ihnen vorliegt, hätte auch anders lauten können.

(Jörg Heydorn, SPD: Immer rüber mit der Schmalzstulle! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Der Antrag hätte lauten können: „Die Landesregierung“, Herr Heydorn, „wird aufgefordert, sich an Recht und Gesetz zu halten.“ Recht und Gesetz sind nachlesbar, zum Beispiel weil – das will ich hier erwähnen –, weil ich ahne, dass einige kommen und sagen, Soforthilfen und überhaupt die ganze Theaterthematik, was geht sie uns an, denn wir sind doch nicht die Träger

(Marc Reinhardt, CDU: Der Orchester.)

der Theater und Orchester.

Ich möchte mit freundlicher Genehmigung der Landtagspräsidentin den Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR kurz zitieren.

(Marc Reinhardt, CDU: Da war ich noch zu klein.)

Da waren Sie noch zu klein, aber lesenswert ist er allemal, weil er als Rechtsgrundlage für das Handeln gilt.

Artikel 35 Absatz 1: „In den Jahren der Teilung waren Kunst und Kultur – trotz unterschiedlicher Entwicklung der beiden Staaten in Deutschland – eine Grundlage der fortbestehenden Einheit der deutschen Nation.“