Protocol of the Session on April 24, 2013

Und zweitens. Bürgermeister, die zugleich Kreistagsmitglieder sind, kontrollieren den Landrat und als solchen auch ihre eigene Aufsichtsbehörde.

In der Praxis führt die bestehende Rechtslage zu einer ganzen Reihe von Interessenkonflikten in den Kreistagen, zum Beispiel bei der Festsetzung der Höhe der von den kreisangehörigen Gemeinden zu entrichtenden Kreisum- lage – wir kennen alle die Auseinandersetzung – oder zum Beispiel bei der Festlegung der Kosten für Unterkunft und Heizung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern, von denen oft kommunale Wohnungsunternehmen profitieren, oder zum Beispiel bei der Entscheidung über Verwaltungs- standorte. Auch da entstehen Interessenkonflikte.

Das Landes- und Kommunalwahlgesetz sieht bereits vor, dass ein Mitglied einer kommunalen Vertretung den Sitz verliert, wenn es in dem Wahlgebiet, in dem es einen Sitz innehat, zur Bürgermeisterin oder zum Bürgermeister oder zur Landrätin oder zum Landrat ernannt wird. Die Kommunalverfassung ist dagegen hinsichtlich von Bürgermeistern und Kreistagen nicht so eindeutig und konsequent.

Meine Damen und Herren, in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in Brandenburg, werden die genannten Interessenkonflikte durch eine entsprechende Regelung ausgeschlossen, nach der eben Mitglieder im Kreistag nicht auch Bürgermeister der dem Landkreis angehörigen Gemeinden sein können. Diese Regelungen haben bisher auch vor den jeweiligen Verfassungsgerichten Bestand gehabt. So hatte zum Beispiel – ich weiß nicht, ob Sie das wissen – ein Bürgermeister in Brandenburg geklagt, weil er nach der Wahl zum Bürgermeister sein Kreistagsmandat verlor. Das Landesverfassungsgericht stellte damals fest, dass die Bestimmungen der brandenburgischen Kommunalverfassung – die ja in der Tat, das räume ich ein, das passive Wahlrecht des klagenden Bürgermeisters verkürzen – verfassungskonform sind und damit Bestand haben.

(Manfred Dachner, SPD: Was interessiert uns das Land Brandenburg?)

Die grüne Fraktion fordert mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun, dass hauptamtliche Bürgermeister nicht auch Kreistagsmitglieder sein können. Wir begrenzen den Personenkreis ganz bewusst auf die hauptamtlichen Bürgermeister,

(Heinz Müller, SPD: Warum?)

weil wir gut begründen können, dass diese in besonderem Maße, nämlich auch in dienstrechtlicher Hinsicht, in einem Interessenkonflikt zum Landrat stehen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das sind ja Unterstellungen ohne Ende. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Zudem sind in amtsfreien Gemeinden häufig hauptamtliche Bürgermeister anzutreffen, die der Fachaufsicht des Landrats unterstehen. Wenn Sie gerne auch andere Bürgermeister ganz konsequent von der Wahl in den Kreistag ausschließen wollen, können wir darüber gerne im Innenausschuss beraten.

Nun möchte ich auch auf einige mögliche Gegenargumente schon im Vornhinein eingehen. Ja, es gibt auch grüne hauptamtliche Bürgermeister mit Kreistagsmandat.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, ganz wenige.)

Aber spricht das denn gegen diesen Gesetzentwurf? Nein. Das unterstreicht nur unsere Glaubwürdigkeit, weil wir selbst zum Nachteil eigener Mandatsträger eine Regelung durchsetzen wollen, von deren Richtigkeit wir überzeugt sind. Und nein, es ist noch nicht zu spät für die Änderung der Kommunalverfassung, damit diese noch rechtzeitig Gültigkeit für die nächste Kommunalwahl im Mai 2014 erlangt. Wir haben uns da mit der Landeswahlleiterin abgesprochen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Zeiten reichen völlig aus, um noch mal diesen Antrag und diesen Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, eine Anhörung zu machen, dort das zu beraten und ein zweites Mal hier zu lesen und zu veröffentlichen.

Die Zeit reicht völlig aus. Wir brauchen nur ein halbes Jahr vor dem Termin, vermutlich im Mai 2014.

Zum nächsten etwaigen Gegenargument, wonach wir froh sein sollten, dass es überhaupt noch Menschen gibt, die sich in die Kreistage wählen lassen, und diese sollten wir jetzt nicht auch noch ausschließen, möchte ich Ihnen Folgendes entgegnen, hierzu zwei Punkte.

Erstens sollten nicht nur hauptamtliche Bürgermeister mit Dienstwagen, entsprechendem Zeitbudget und eigenen Mitarbeitern in der Lage sein, ein Kreistagsmandat aus- üben zu können, denn dann wäre ganz offensichtlich etwas bei der Kreisgebietsreform schiefgelaufen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Was macht ihr hier für eine Sozialneiddebatte?)

Zweitens sind die aktuellen Wahllisten alle ausreichend lang, sodass sofort die hauptamtlichen Bürgermeister ersetzt werden könnten. Es gibt also genügend interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, die ein Mandat übernehmen wollen und können.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Alles GRÜNE. – Egbert Liskow, CDU: Die wählt ja keiner.)

Herr Müller, Sie boten uns beim letzten Mal an, dass wir uns mittelfristig zwischen den Fraktionen durchaus über eine Reform der Kommunalverfassung verständigen sollten.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber nicht so ein dummes Zeug.)

Für das Gesprächsangebot bin ich Ihnen weiterhin dankbar, allerdings habe ich Ihnen schon damals mitgeteilt,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass diese hier beantragte Angelegenheit mit Blick auf die Wahl 2014 und die einzuhaltenden Fristen sehr kurzfristig und daher dringend ist. Deswegen stellen wir diesen Antrag auch schon dem Landtag heute zur Beratung zur Verfügung. Ausdrücklich möchte ich, Herr Müller, damit nicht das Gesprächsangebot ausschlagen.

(Egbert Liskow, CDU: Haben Sie schon, haben Sie schon.)

Meine Damen und Herren, es gibt allerdings auch noch eine weitere Änderung, die wir Ihnen hier vorschlagen, nämlich die Erhöhung der Transparenz bei den hauptberuflichen, nebenberuflichen, ehrenamtlichen Tätigkeiten von Gemeindevertretern und Kreistagsmitgliedern.

Bisher haben die Mitglieder der Gemeindevertretungen dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung ihren Beruf sowie andere vergütete oder ehrenamtliche Tätigkeiten nur dann mitzuteilen, wenn diese unvereinbar mit ihrem Mandat sind. Diese Mitteilungspflicht der Gemeindevertreter soll nach unserer Auffassung um für die Ausübung ihres Mandates bedeutsame Angaben über ihren Beruf sowie andere vergütete oder ehrenamtliche Tätigkeiten erweitert werden. Außerdem sollen diese Angaben öffentlich bekannt gemacht werden können,

(Egbert Liskow, CDU: Ihr Datenschutzrechtler!)

wie auch bei den Landtagsabgeordneten und bei den Bundestagsabgeordneten.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Und wir haben ja auch so viele.)

Vergleichbare Regelungen bestehen bereits in Brandenburg.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Die stehen ja überall Schlange, wenn die was werden wollen.)

Hören Sie doch mal zu, Frau Dr. Seemann!

Vergleichbare Regelungen bestehen bereits in Brandenburg, dort in Paragraf 38 Gemeindeordnung,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

in Nordrhein-Westfalen, Paragraf 43 Gemeindeordnung,

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

und Rheinland-Pfalz, Paragraf 32 Gemeindeordnung. Dort haben wir eine höhere Transparenz. Das ist also nichts revolutionär Neues, was wir Ihnen hier vorschlagen,

(Torsten Renz, CDU: Verbessern sich dadurch auch die Beschlüsse?)

sondern gelebte Rechtspraxis in anderen Bundesländern.

Gerade im kommunalen Bereich, in dem viele Aufträge vergeben werden und viele Entscheidungen, zum Beispiel über Bebauungspläne, getroffen werden, ist die Gefahr der Vorteilsnahme und der Einflussnahme zum eigenen Vorteil sehr groß.

(Torsten Renz, CDU: Da haben wir doch Paragraf 23 der Kommunalverfassung.)

Und dies hat auch die CDU-Kreistagsfraktion in der Mecklenburgischen Seeplatte vor einigen Monaten thematisiert.

(Torsten Renz, CDU: Das ist doch in der Kommunalverfassung geregelt.)

Die CDU-Kreistagsfraktion kündigte daher an,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

einen Ehrenkodex für Gemeindevertreter zu erarbeiten, Sie erinnern sich sicherlich. Das heißt, Sie haben ja selbst das Problem erkannt.

(Torsten Renz, CDU: Wir haben doch die Befangenheit in der Kommunalverfassung geregelt.)

Leider habe ich von dieser Initiative nie wieder etwas gehört.