Protocol of the Session on April 24, 2013

Anders sind die Klage, die die Stadt Wolgast gegen das Finanzausgleichsgesetz vorbereitet, oder die bis Mai zurückgestellte Klage in Nordwestmecklenburg nicht zu interpretieren.

Die kommunale Unterfinanzierung, und darum geht es, ist kein Sonderfall eines bestimmten Jahres oder einer bestimmten Situation geschuldet. Nein, sie ist strukturell bedingt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Und ein Dauerzustand.)

Deshalb wird ihr Postulat „Seite an Seite der Kommunen“ als das begriffen, was es ist, nämlich als zunehmende Existenzbedrohung für die Kommunen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, oh, oh! Na, da wollen wir mal sehen, woher DIE LINKE das Geld holt. Wollen wir mal gucken. – Torsten Renz, CDU: Ich habe gar keine Vorschläge von den LINKEN gehört.)

Danke, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Lieber Kollege Holter, zunächst möchte ich mal feststellen, dass mich schon enttäuscht, was Ihre Ausführungen hier betrifft. Sie müssen sich mal entscheiden, welche Forderungen Sie gerade aufmachen. Einmal sagen Sie, das Parlament soll entscheiden, dann wird bei bestimmten Parametern im Parlament entschieden, dann ist es auch wieder verkehrt.

Sie bringen hier Ausführungen des Finanzausschusses des Landkreistages, der hat auch Forderungen oder Auffassungen. Aber der Landkreistag und der Städte- und Gemeindetag haben sich ganz klar geäußert, wie das weitere Vorgehen sein soll, und das ist anders als in der Pressemitteilung, wie Sie sie zitiert haben. Und im Übrigen, dass das Land, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen die Probleme angeht, die vor uns liegen, und zwar sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene, dazu haben wir genau die Gespräche beim Ministerpräsidenten mit der kommunalen Ebene geführt und haben uns auch auf ein weiteres Verfahren verständigt. Deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, dass Sie sagen, das Land, das Parlament steht nicht an der Seite der Kommunen. Wir tun dies und wir versuchen, gemeinsam die Lösung zu finden, und die Lösung besteht eben nicht nur in der Frage von Finanztransfers.

Die 100 Millionen sind sicherlich eine gute Entscheidung, aber sie sind ein Teil der Gesamtpakete, des Gesamtdiskurses, den wir derzeit führen. Wir haben als Land gesagt, wir werden die Kommunen in schwierigen Situationen nicht alleinlassen und folgerichtig unterstützen wir die Kommunen auch in dieser Situation. Dafür sind eben unter anderem auch die zusätzlichen 100 Millionen Euro gedacht. Die Gelder sind für die Bereiche gedacht und vorgesehen, wo der Schuh am meisten drückt. Das sind einmal eben Bedarfe für Investitionen, für Sanierungen und Modernisierungsmaßnahmen. Außerdem war uns aber auch wichtig, dass die Kommunen, wenn sie zu der Auffassung kommen, dass sie Schulden weiter tilgen,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

um solide Haushalte zu gewährleisten, dieses auch nutzen können, genauso wie für die möglichen Mehrkosten im Rahmen der Anschubfinanzierung.

In den letzten Tagen kamen immer die Begriffe auf „fordern und fördern“ oder „fördern und fordern“ und ich kann sagen, beides wird mit dem Maßnahmenpaket in Gänze getroffen. Und das ist auch richtig so, weil das Geld nicht einfach zur Verfügung gestellt werden soll, ohne dass damit Maßnahmen im Sinne der kommunalen Entwicklung gewährleistet werden können. Damit können die durchaus schwierigen Situationen und die dringenden Probleme auf der kommunalen Ebene mit vorangebracht werden. Die Aufteilung der 100 Millionen folgt dabei in der Tat einem nachvollziehbaren Schlüssel, der nicht dem FAG entspricht, das ist korrekt, aber so, dass sie allen kommunalen Ebenen gleichermaßen zugutekommen.

Und ein Bestandteil, lieber Herr Holter, war auch, dass die Entscheidung, die so gefallen ist, eine Entscheidung ist, die gemeinsam vom Städte- und Gemeindetag und Landkreistag getragen werden soll, und der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag haben die Entscheidung, wie wir die Aufteilung vorgeschlagen haben, dementsprechend mitgetragen. Deswegen ist es auch ein

Weg, wir wollen dies in einer Vereinbarung abschließend mit den kommunalen Trägern vereinbaren. Wir brauchen beide dazu, damit wir auch die Frage der Vermögensaus- einandersetzung klären können. Deswegen ist die Verteilung in der Form für die 100 Millionen so vorgenommen worden.

Die 55 Millionen, darauf hat mein Kollege Heinz Müller schon verwiesen, werden entsprechend dem FAG, entsprechend dem Schlüssel, wie er derzeit rechtlich Bestand hat, verteilt. Und natürlich hat Wolgast die Möglichkeit, gegen ein Gesetz zu klagen, wenn es damit nicht einverstanden ist. Ich verweise nur darauf, dass gegen den Gleichmäßigkeitsgrundsatz ja schon Klagen erfolgt sind, und die sind beim Verfassungsgericht ausgeurteilt.

Dass wir überhaupt die Möglichkeit haben, zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen, sowohl im kommunalen Bereich, aber auch im Bildungsbereich und in anderen Bereichen, ist doch das Ergebnis der soliden Finanzpolitik, die das Land gemacht hat. Insofern gilt an der Stelle auch ein besonderer Dank an das Finanzministerium, ohne das wir solche Möglichkeiten, über die wir hier reden, gar nicht hätten. Das gehört zum Gesamtkontext nämlich auch dazu.

Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz ist nun relativ einfach geregelt. Wenn es dem Land gut geht, ist für die kommunale Familie auch Geld mit vorhanden, und deswegen sind wir derzeit überhaupt in der Lage, zusätzliches Geld zu verteilen, denn die Probleme, die auf kommunaler Ebene durchaus hier und dort bestehen, sind genauso unsere Probleme, wie die Probleme des Landes kommunale Probleme sind.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Probleme dürfen aber jetzt in der kommunalen Ebene nicht ausgeblendet werden vorübergehend, weil hier zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt wird. Dies ist hier schon eingangs erwähnt worden. Das Geld muss effektiv eingesetzt werden, damit die Entwicklung, die kommunale Entwicklung weiter vorankommt. Und die Vermögensauseinandersetzung – das wurde hier schon kurz angesprochen – zwischen den großen kreisangehörigen Städten und den Landkreisen, die sich in einer Höhe von rund 70 Millionen Euro bewegt, wird im gemeinsamen Handeln mit dem Städte- und Gemeindetag und mit dem Landkreistag gelöst, um hier nicht zusätzliche Belastungen für die Landkreise und damit auch für die gemeindliche Ebene aufzubringen, denn ansonsten wird es eine weitere Erhöhung der Kreisumlage geben. Das muss man dem Bürgermeister in Wolgast auch sagen, weil das eine Situation aus der Vermögensaus- einandersetzung ist.

Über die finanziellen Hilfen hinaus lassen wir die Kreise, die Städte und die Gemeinden mit ihren Problemen ebenfalls nicht allein. Eine Arbeitsgruppe – das wird in der Diskussion immer wieder ausgeblendet, auch das ist ein Ergebnis des Gespräches beim Ministerpräsidenten – ist mit der Überprüfung der Standards der Aufgabenerfüllung der Kommunen beauftragt. Das betrifft alle Leistungen der Kommunen, auch die aktuell besonders im Fokus stehenden Leistungen im Jugend- und Sozialbereich.

Ich möchte dabei betonen, dass es selbstverständlich nicht darum geht, die Rechtsansprüche der Leistungs

empfänger zu schmälern. Ziel ist die Entlastung der Kommunen durch Überprüfung von Verwaltungsstandards und von Effizienz. Insofern gilt auch hier das, was Kollege Müller ausgeführt hat. Gleichermaßen kann ich das nur unterstützen. Dies entspricht eben auch einer Forderung der Kommunalverbände aus den zuvor geführten Gesprächen. Genau das war eine Forderung, die wird durch die Landesregierung umgesetzt, und dementsprechend handeln wir im Verbund mit den kommunalen Landesverbänden.

Dass diese Forderung nun umgesetzt wird, halte ich für sehr klug. Insgesamt ist es notwendig, sich in Gänze im Land über Standards zu verständigen, auch über gesetzliche Standards. Das gehört zum Gesamtkontext dazu. Außerdem haben die Koalitionspartner, das wurde hier kurz erwähnt, einen weiteren wichtigen Punkt beschlossen.

Seit Langem hat die kommunale Ebene eine Überprüfung der Finanzausstattung durch das Land gefordert. Auch hier hat sich die Landesregierung nicht weggeduckt. Wir haben vielmehr beschlossen, dass wir der Forderung entsprechend eine grundsätzliche Untersuchung der Finanzverteilung nach dem FAG durchführen werden. Beim Ministerpräsidenten ist vereinbart worden, dass diese sich auch mit der horizontalen und der vertikalen Aufteilung der Finanzmittel befasst.

Diese Untersuchung wird – und das, glaube ich, ist selbstverständlich, darauf haben alle einen Anspruch – auf einer soliden Basis und entsprechend der gesetzlichen Regelung umgesetzt. Und deswegen ist es auch nur folgerichtig, dass dementsprechend eine Untersuchung durchgeführt wird, und zwar eine neutrale, damit es nicht wieder von Ihnen hinterher heißt, die Landesregierung rechnet sich den Schlüssel gut. Dementsprechend werden wir die Ergebnisse der Finanzuntersuchung abwarten.

Nichtsdestotrotz – auch das weiß jeder – wird es zum 01.01. im kommenden Jahr die rechtliche Anpassung an das Finanzausgleichsgesetz geben, wie das in regelmäßigen Abständen gesetzlich vorgeschrieben ist. Mit welcher Quote, das werden wir am Ende sehen, wenn der Entwurf hier in den Landtag eingebracht wird.

Und eins geht bei der Diskussion auch verloren. Es waren nicht die ersten Maßnahmen, die zur Unterstützung der Kommunen in den zurückliegenden Jahren getroffen worden sind. Wir haben neben den Maßnahmen hier für die Haushaltskonsolidierung einen zusätzlichen 50Millionen-Euro-Fonds für Investitionen aufgelegt. Die letzte Sitzung war vor zwei Tagen, auf der die Kommunen wieder ihre Anträge dementsprechend eingebracht und ein Investitionsprogramm auf den Weg gebracht haben, was dazu beiträgt, dass auch die Kommunen, die schwache Schultern haben, in der Lage sind, mit den Landesressortmitteln zu investieren.

Auch in der letzten Legislaturperiode haben wir den Kommunen geholfen. So wurden nicht nur die 20 Millionen Euro zusätzlich für das Schlagloch-Programm bereitgestellt als zinsloses Darlehen, sondern auch gemeinsam mit dem Bund ist das Zukunftsinvestitions- programm aufgelegt worden, indem 316 Millionen Euro für das Land bereitgestellt wurden und davon 221 Millionen Euro für die kommunale Ebene. Die Kommunen konnten über 130 Millionen Euro davon selbst verteilen,

die restlichen Mittel in Kooperation mit dem Land. All dieses geht in der Diskussion der letzten Woche ver- loren.

Insgesamt haben wir in Mecklenburg-Vorpommern da- mit die Kommunen in einer Weise unterstützt, die in Deutschland in der Form ihresgleichen sucht. Dafür bin ich allen Beteiligten und insbesondere dem Parlament und der Finanzministerin dankbar und glaube, das ist ein deutliches Zeichen an die kommunale Ebene.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und wir werden weiter fest an der Seite der Kommunen stehen.

(Jörg Heydorn, SPD: Harry, hast du gehört? – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Im ständigen Gespräch tauschen wir uns mit den Kommunen aus und beraten konstruktiv über die Probleme und Herausforderungen. Die Verhandlungen zum Zukunftsvertrag gehen sehr konstruktiv weiter. Wir stehen im engen Kontakt mit der kommunalen Ebene. Auch wenn mehr Zeit für die Verhandlungen in Anspruch genommen wird, als ich erhofft hatte, bis sich die Kommunen und Verbände auf die Themen im Zukunftsvertrag verständigt haben, sind wir jetzt hier auf einem guten Weg.

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Außerdem unterstützen wir die Kommunen weiter bei der Umsetzung der Kreisgebietsreform. Aktuell werden Entscheidungen zu den Haushalten und zu den Vermögens- auseinandersetzungen erarbeitet und ein Gutachten zu den Auswirkungen der Reform auf das Ehrenamt durch Professor Hesse von der FU Berlin durchgeführt, der Dialog wird fortgesetzt und strukturiert werden die Themen angegangen, die Probleme bereiten. Diesen Austausch in konstruktiver Atmosphäre werden wir auch in Zukunft weiterführen. Alle Beteiligten müssen sich bewusst sein und sind sich, glaube ich, auch bewusst, dass weitere Herausforderungen auf das Land und auf die kommunale Familie in Gänze zukommen.

Die Solidarpaktmittel laufen mit 2020 aus und gleichzeitig steigen die Ausgaben. Das ist nicht für alle einfach zu schultern. Auch in Bezug auf den Länderfinanzausgleich ist nicht davon auszugehen, dass es eine entspanntere Situation in den Folgejahren geben wird. Und letztlich stehen wir alle gemeinsam vor einer großen Herausforderung, der demografischen Entwicklung in unserem Bundesland.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung muss es auch eine breitere Diskussion über Standards insgesamt geben, die in unserem Land noch erfüllbar sind. Es muss gelingen, dass wir praktikable Lösungen finden, die sich nicht nur am Wünschenswerten, sondern eben am Machbaren orientieren. Ein erster Schritt dazu ist auch, wie gesagt, die beschlossene Arbeitsgruppe.

Den künftigen Herausforderungen werden wir weiter gemeinsam begegnen und wir müssen sie gemeinsam in Angriff nehmen. Mit der jetzigen Unterstützung gilt dazu, die schwierigsten Probleme in den nächsten Jahren gemeinsam anzugehen. Aber die Landesregierung und auch ich als Kommunalminister haben es immer wieder

betont, die kommunale Familie kann nicht davon ausgehen, dass jedes Jahr ein neues Hilfspaket geschnürt wird, sondern sie muss die vorhandenen Mittel auch so effektiv einsetzen, dass wir unsere Aufgaben in dieser Legislatur gemeinsam lösen können, und jeder weiß, was das für das Land, was das für die Kommune heißt.

Die finanzielle Entwicklung von Bund und Ländern als auch die demografische Entwicklung stellen uns vor große Herausforderungen. Alle Probleme, die in Deutschland auftreten werden früher oder später, treten als Erstes in Mecklenburg-Vorpommern auf. Das ist unstrittig, weil wir ein großes Flächenland sind mit wenig Einwohnern, in dem alle den gleichen Anspruch auf Versorgung von Schule bis Polizei, von Straßenbau bis zu sonstigen Leistungen haben. Und deswegen muss man hier nicht nur kluge Reden reden, sondern man muss auch konstruktive Ideen mit einbringen. Dazu sind zum Dialog alle aufgefordert. Und auf dem Weg ist die Landesregierung gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten. Das ist der richtige Weg. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, Herr Saalfeld, der Kommunalspezialist, der Spezialist für kommunale Angelegenheiten, der Spezialist für Schiffbau und kommunale Angelegenheiten.)

Ich freue mich, dass das Parlament erwacht.

(Jörg Heydorn, SPD: Jetzt erklären Sie uns aber noch mal die Welt, Herr Saalfeld! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Glück stinkt Eigenlob anscheinend nicht, denn andernfalls wäre es im Hohen Hause kaum aushaltbar. Und zum Glück stinkt auch Selbstbetrug nicht, denn andernfalls müsste wahrscheinlich ganz Schwerin evakuiert werden.

Vier kommunale Hilfspakete innerhalb von zweieinhalb Jahren, das macht im Schnitt alle sieben Monate ein neues Hilfspaket.