Gerade im ländlichen Raum spielt das Fahrrad im Alltagsverkehr eine zunehmende Rolle. Viele haben aus Alters-, Kosten- oder Gesundheitsgründen kein Auto. Wie sonst sollen die Menschen von A nach B, zu den Amtsgerichten, zu den Schulen, zu den Ärzten kommen? Hier muss die Landesregierung die notwendige Verkehrssicherheit schaffen. Auch spielt das Fahrrad eine wichtige Rolle beim Erreichen von Bahn- und Busstationen. Hier fehlen sichere Abstellmöglichkeiten und attraktive Mitnahmemöglichkeiten für das Fahrrad.
Für die GRÜNE-Fraktion steht es außer Frage, dass der Radverkehrsplan Bestandteil des in Planung befindlichen Integrierten Landesverkehrsplans der Landesregierung sein muss. Der Fahrradtourismus ist eine wachsende Branche für den Tourismus und unsere touristisch geprägte Wirtschaft kann es sich nicht leisten, diese Zielgruppe zu vernachlässigen.
Ich möchte Sie für einen Radverkehrsplan gewinnen. Ein wichtiger Punkt ist, dass der Alltagsradverkehr mit dem touristischen Radverkehr Hand in Hand gehen muss. Insbesondere der Alltagsradverkehr wird verkehrspolitisch immer noch unterschätzt, meine Damen und Herren. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Danke schön.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in Vertretung für den Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung. Herr Dr. Backhaus, bitte.
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nächsten Monat wird das möglich sein, Herr Backhaus. Sehr, sehr gerne.)
Ja, dann können wir ja zusammen radeln. Also ich fahre auch wirklich sehr, sehr gerne Rad und ein paar Kilome
ter schaffe ich auch im Jahr, leider nicht genug, aber kann ja nur noch besser werden. Aber wenn man die Situation auf unseren Radwegen zurzeit anschaut, glaube ich, wäre es zurzeit nicht so amüsant, mit dem Fahrrad zu fahren.
Aber zum Thema: Ich darf heute Herrn Schlotmann vertreten und ich glaube, man darf das hier auch mal sagen, ich wünsche ihm wirklich gute Besserung, dass er schnell wieder hier sein kann und damit auch seine Aufgaben wieder voll wahrnehmen wird. Ich wünsche ihm wirklich von dieser Stelle gute Besserung.
Ja, ich will dann auch die Rede, die vorbereitet worden ist, hier vortragen, und werde einige Aspekte noch zusätzlich mit einflechten. Im Kern fordern Sie hier einen Radverkehrsplan für das Land Mecklenburg-Vorpom- mern, um, ich darf zitieren, eine „engagierte Fahrradförderung … zu unterstützen“. Also ob es alleine ums Fahrrad geht, ich glaube, da haben wir uns richtig verstanden, es geht ja um die Infrastruktur, um mit dem Fahrrad von A nach B zu kommen. Ich glaube, da sind wir uns auch einig.
Gleich vorweg: Ich will betonen, es bedarf keines eigenen Radwegeplanes durch das Land MecklenburgVorpommern, und ich möchte Ihnen das auch insofern erläutern. Das Fahrrad ist ein kommunales Verkehrsmittel. Ich glaube, da sind wir uns einig. Und dass das auch weiter unterstützt werden soll, ist durch das Verkehrsministerium, Energieministerium auch immer wieder gesagt worden. Das Fahrrad kann nämlich über den Nahbereich von bis zu zehn Kilometern hinaus nur im Zusammenhang mit anderen Verkehrsmitteln, vorzugsweise dem öffentlichen Verkehr, seine Wirkung voll entfalten. Daher wird der Radverkehr auch Teil des Integrierten Landesverkehrsplanes werden, in dem wir insbesondere die Schnittstellen von Verkehrsträgern entwickeln wollen. Sie haben ja da auf die Bahnhöfe und andere Schnittstellen bereits hingewiesen. Also man arbeitet daran sehr intensiv.
Auch die Untersetzung des Nationalen Radverkehrsplanes ist für einen Landesradwegeverkehrsplan aus der Sicht des Verkehrsministeriums überflüssig. Die Landesverwaltung war an der Entwicklung des neuen Nationalen Radverkehrsplanes beteiligt. Und dieser Verkehrsplan, der national Bedeutung hat, enthält ja auch bereits differenzierte Aufgabenstellungen für die Länder und vor allen Dingen für die Kommunen. Die im Antrag angesprochenen Punkte sind im Übrigen alle Teil der Entwicklung des Integrierten Landesverkehrsplanes und werden von der Landesregierung in Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplanes vorangetrieben und teilweise natürlich befördert und unterstützt.
Die Integrierte Landesverkehrsplanung hat auch zum Ziel, ganz klar den Radwegeanteil weiter deutlich zu erhöhen. Zentral ist dabei die Verfügbarmachung des tatsächlich durch den Radverkehr bereits nutzbaren Radwegenetzes, des Netzes, das aus allen für den Radverkehr nutzbaren Straßen und Wegen besteht im Übrigen.
Dazu läuft aktuell ein gemeinsames E-GovernmentProjekt aus dem Energieministerium und dem Innen- ministerium. Ziel dieses Projektes ist die Erfassung des Radverkehrswegesystems Mecklenburg-Vorpom-
mern und die dann auch anschließende Darstellung in einem Internetonlineportal. Dazu sollen noch die Serviceleistungen, von denen Sie ja richtigerweise gesprochen haben, wie die Routenplanung oder auch ähnliche Angebote hinzukommen.
Die geforderte bessere Vernetzung der Angebote im öffentlichen Verkehr und dem Radverkehr ist bereits Gegenstand von einer Reihe von Aktivitäten in diesem Lande.
Und ich flechte jetzt mal einfach ein, ich bin ja nun in der DDR groß geworden. Und wenn wir uns jetzt einmal erinnern …
Es gab auch nicht so viele Autos, aber ich will Ihnen nur eins andeuten, auch für die jungen Menschen vielleicht, die hinten im Raum sitzen: Wir haben zu DDRZeiten keine ausgewiesenen Radwege gehabt und trotzdem gab es auch viel Verkehr. Und wenn man sich das mal anschaut, was es in den letzten Jahren seit der Wende an Infrastrukturmaßnahmen gegeben hat, da finde ich das schon beachtenswert, nämlich, dass allein an den Radwegen an Bundesstraßen immerhin 838 Kilometer Wege gebaut worden sind oder in gleicher Weise 882 Kilometer an Landesstraßen.
Und wenn wir uns dann mal anschauen, was ansonsten noch an Infrastrukturmaßnahmen in den letzten Jahren dazugekommen ist, habe ich noch unsere ländlichen Wege, die im Übrigen ja sehr beliebt sind bei den Radfahrern...
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir hatten vor der Wende auch keine Autobahnen im Bezirk Rostock.)
Ja, ein Glück, dass wir heute eine Autobahn haben, sage ich Ihnen. Für viele Menschen ist das ein Segen, dass wir diese Autobahn haben.
Das können Sie ja mal versuchen. Aber ich will das hier nicht ins Lächerliche ziehen. Ich glaube, die Menschen, die hier tagtäglich zur Arbeit fahren müssen, ob mit dem Fahrrad, mit dem Auto oder mit einem öffentlichen Ver
kehrsmittel, die werden sehr zu schätzen wissen, dass wir eine Infrastruktur seit der Wende entwickelt haben, die wir vorher überhaupt nicht gekannt haben. Ich glaube, das ist auch eine wichtige Aussage.
Im Übrigen sind über 5.000 Kilometer ländliche Wege neu gebaut worden, auch Dorfverbindungswege, um damit auch deutlich zur Entwicklung der Fahrradinfrastruktur beizutragen. Und es ist natürlich so, dass an verschiedenen Beispielen, das wird hier noch mal deutlich, weitere Initiativen des Energieministeriums, nämlich die Etablierung von Radstationen an den Bahnhaltepunkten, über die EFRE-Förderung weiter unterstützt werden.
Sie sehen, die Landesregierung hat die Vernetzung des Radverkehrs im Fokus und fördert diese sehr kräftig. Wenn man sich das alles anschaut, sind in den letzten Jahren seit der Wende fast 600 Millionen Euro hier investiert worden, meine Damen und Herren. Sie können doch nicht so tun, als ob hier nichts gemacht worden ist!
Die im Antrag ebenfalls angesprochene Verknüpfung des Alltags- und des touristischen Radverkehrs muss und kann man natürlich weiterhin planen. Eine Brandenburger Studie – vielleicht schauen Sie sich die wirklich mal an – aus dem Jahr 2010 hat im Übrigen den Alltags- und den touristischen, aber auch den Freizeitverkehr in geeigneten Wegen überprüft und letzten Endes herausgefunden, dass aus dieser Erkenntnis tatsächlich die Aufgabe in einer Umorientierung für die Landesregierung insofern besteht, dass nämlich wegweisende Beschilderungen vorgenommen werden sollen und müssen. Wir müssen weg von der heute de facto touristischen Aufgabe hin zu einer alltagstauglichen Ausschilderung mit touristischem Nutzen. Ich glaube, dass es sehr sinnvoll und auch richtig sein wird.
Hinzu kommt auch, dass wir mittlerweile ein Pilotprojekt im Amt Dömitz-Malliß jetzt auf den Weg gebracht haben, also das Energieministerium. Und die gesammelten Erfahrungen in diesem Bereich, weil wir hier im Hamburger Umland uns befinden, werden dann auch Grundlage sein, um wegweisende Beschilderungen von Radwegen in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt einfließen zu lassen. Auch diesen Aspekt haben wir angesprochen und daran wird gearbeitet.
Und die Landesregierung verschanzt sich auch nicht in den Amtsstuben. Seitens des EM als auch des WM werden die Radaktiven in unserem Land über Informationsplattformen vernetzt und mit Rundmails versorgt. Angebote der Fahrradakademie des Bundes beziehungsweise auch der jährlichen Fahrradkommunalkonferenz des Bundes wie auch diese zweijährigen Nationalen Radverkehrskongresse werden durch das Land begleitet. Von der Teilnahme an der jährlichen Velo-city-Konferenz werden die zur Diskussion stehenden Inhalte an die Kommunen im Land übermittelt. Im Gegenzug bittet die Landesregierung im Übrigen ausdrücklich um Informationen und Hinweise aus den Kommunen, um damit entsprechende Themen jährlich auf die Tagesordnung zu setzen.
Die IMAG Radverkehr mit den Ministerien – das Energieministerium, das Wirtschaftsministerium, das Land
wirtschaftsministerium – sowie auch dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr tagt nach wie vor anlassbezogen. Die IMAG ist auch in einer Kooperation mit dem ADFC, der im Übrigen auch auf der Bundesebene im letzten Jahr sehr aktiv gewesen ist.
Und auch die Hochschule, auch die Hochschule Wismar, mv bike oder der Landestourismusverband sowie die Senioren- und die Behindertenverbände sind hieran beteiligt. Es gibt also bereits das Gremium und die Kooperation, wie sie von Ihnen gefordert wird.
Kurz noch zur Erläuterung: mv bike wurde 2009 durch das damalige Verkehrsministerium – Sie haben das richtigerweise angedeutet – gegründet und ist im Übrigen auf Wunsch der Mitglieder ein lockeres, kommunales Netzwerk ohne feste Organisationsstruktur. Das ist ausdrücklich von diesem Gremium so gewünscht worden. Das Land ist nicht Mitglied dieses Netzwerkes, sondern es werden anlassbezogene Veranstaltungen durchgeführt.
Sie fordern weiterhin im vorliegenden Antrag ein politisch-strategisches Dokument. Ich möchte Sie darum bitten, im Namen von Volker Schlotmann, dass Sie die Ziffern 96 bis 98 im Koalitionsvertrag anschauen. Für den Radverkehr existiert in Mecklenburg-Vorpommern also bereits eine klare politisch-strategische Auffassung und damit auch ein Dokument.