Protocol of the Session on March 20, 2013

einen Teil davon, den Sie hier aufgegriffen haben. So ist es eben, Herr Kokert, wenn man rückwärtsgewandt diskutiert und eine historische Situation betrachtet, aber das lasse ich jetzt mal stehen, darüber will ich mich gar nicht auseinandersetzen.

Es gibt nach meiner Auffassung zwei grundsätzlich verschiedene Herangehensweisen, die heute hier noch mal deutlich geworden sind. Die einen, die hier gesprochen haben von den demokratischen Fraktionen, bewegen sich innerhalb des Systems von Hartz IV. Und auch wir, die LINKEN, haben immer wieder Vorschläge gemacht, auch hier im Landtag Anträge eingebracht, die immer wieder abgelehnt wurden – das nur zu Ihrer Information, Herr Suhr –, was also innerhalb des Systems von Hartz IV wie auch an den anderen Hartz-Gesetzen verändert werden müsste. Unser gesellschaftspolitisches Konzept ist ein anderes, nicht das von Korea und von Kuba, Herr Kokert.

(Vincent Kokert, CDU: Ach, ich dachte nur, weil Sie da gerade gratuliert haben nach Kuba.)

Das ist schon zwei Jahre her. Inzwischen haben wir ja auch andere Vorsitzende. Aber das sei jetzt mal dahingestellt.

(Vincent Kokert, CDU: Okay.)

Ja, da muss man einfach mal Entwicklung zur Kenntnis nehmen.

Was wir wollen, das können Sie in unserem Programm nachlesen, das haben wir auf der Straße auch immer eingefordert. Übrigens schon damals, als wir in der Regierung waren, habe ich nicht nur im Bundesrat dagegen gesprochen, sondern ich habe auf der Straße demonstriert, habe mir dafür auch die Schelte von Herrn Ringstorff eingehandelt.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir jenseits von Hartz IV eine bedarfsorientierte Grundsicherung für diejenigen haben wollen, die nicht arbeiten können. Das ist unser Prinzip. Deswegen ist es ein Unterschied, ob ich Verbesserungen innerhalb des Systems anrege oder ob ich grundsätzlich ein anderes Verständnis vom Sozialstaat habe.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und das war die Botschaft meiner Rede.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nun will ich Ihnen ein Zitat vortragen: „Hartz IV …“

(Torsten Renz, CDU: Frau Gramkow ist gegen den Mindestlohn neuerdings.)

Frau Gramkow ist nicht gegen den Mindestlohn.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Also ich bitte doch einfach mal, meine Damen und Herren der CDU, das macht Herr Kokert und das macht Herr Renz, Sie sind christlich,

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

reden Sie nicht falsch Zeugnis! Es stimmt einfach nicht, was Sie behaupteten, dass Angelika Gramkow gegen den Mindestlohn ist.

(Torsten Renz, CDU: Das habe ich in der Zeitung so gelesen.)

Sie glauben neuerdings, was in den Zeitungen steht. Das ist ja ganz interessant.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich lese auch viel über Renz in der Zeitung.)

Ich will Ihnen folgendes Zitat vortragen: „Hartz IV ist offener Strafvollzug. Es ist die Beraubung von Freiheitsrechten. Hartz IV quält die Menschen, zerstört ihre Kreativität“, formulierte 2006 der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Kurt Beck, ein Sozialdemokrat. Damit wird auch sehr deutlich, dass Hartz IV – und die Agenda 2010, ist ja allen klar, ist mehr als Hartz IV – die Bundesrepublik verändert hat, und zwar nicht nur in den Sozialsystemen, sondern auch gesellschaftspolitisch verändert hat. Und darum geht es doch.

Was für eine Bundesrepublik wollen wir sein? Wollen wir eine Bundesrepublik sein, die die Armen belastet und die Reichen entlastet? Das ist nämlich genau der Teil, der mit der Agenda 2010 nicht umgesetzt wurde, keine Transaktionssteuer, keine Erbschaftssteuer, keine Vermögenssteuer.

(Vincent Kokert, CDU: Wir wollen gern an der Spitze in Europa stehen, Herr Holter.)

Und das sind doch die Fragen, die auf der Tagesordnung stehen. Wenn es um die Finanzierung geht, müssen die Reichen belastet werden, um die Armen tatsächlich zu befördern, dass sie auch eine Arbeit annehmen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heydorn für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Vielleicht muss man doch noch mal zugreifen auf die Zeit, die wir Anfang der 2000erJahre gehabt haben. Die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik Deutschland war schwierig. Die Arbeitslosigkeit stieg stark an. Und vor diesem Hintergrund kam es zu der Agenda 2010. Und diese Agenda 2010 hat, glaube ich, keiner Partei letztendlich mehr Probleme gemacht als der SPD, weil man nicht dazu fähig ist, das differenziert zu betrachten.

Mit der Agenda 2010, Herr Holter, darauf sind Sie mit keinem Wort eingegangen, ist ein erhebliches Bildungsprogramm initiiert worden. Das Thema Ausbau von Ganztagsschulen, das Thema Kinderbetreuung ging mit der Agenda 2010 einher, das Thema Beratungsange- bote, das Thema bessere Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt von Menschen, die vorher in der Hilfe zum Lebensunterhalt gewesen sind, ging mit der Agenda 2010 einher.

Kernbaustein dieser Agenda war eine milliardenschwere Entlastung, Herr Holter, der kommunalen Ebene durch die Zusammenführung von der Hilfe zum Lebensunterhalt und Arbeitslosenhilfe.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das bezweifeln die Kommunen aber.)

Das bezweifeln die?

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja.)

Dann würde ich sagen, gehen Sie mal hin und fragen mal nach, wer jetzt das Personal bezahlt, was in den Jobcentern diese Anträge auf SGB-II-Leistungen bearbeitet! Dann gucken Sie mal, wer diese Leistungen wirklich kriegt, dass da in erheblichem Umfang auch noch über die Höhe der Geldleistungen diskutiert worden ist. Aber vom Prinzip her ist doch das nicht vom Tisch zu diskutieren. Es ist doch nicht vom Tisch zu diskutieren.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sagen Sie doch mal was über die Zunahme der Millionäre!)

Unter Gerhard Schröder wurde das Thema „Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ durchgesetzt. Das heißt, die Kommunen wurden entlastet und auch die Menschen haben davon profitiert.

Herr Koplin, folgende Frage: Wie hoch war die Arbeitslosenhilfe zuletzt? Wie hoch war die Arbeitslosenhilfe? Hier wird ja immer suggeriert, dass wir vorher paradiesische Zustände gehabt haben, und erst mit der Agenda 2010 hat man die Leute kujoniert, unter Druck gesetzt und Dinge getan, die vorher keine Rolle spielten. Ich will Ihnen auf die Sprünge helfen: Die Arbeitslosenhilfe belief sich auf 54 beziehungsweise 57 Prozent. Und wir haben in erheblichem Umfang auch schon zu dieser Zeit Menschen gehabt, die aufstockend Sozialhilfe in Anspruch nehmen mussten.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Haben wir auch immer kritisiert.)

Das ist klar. Ich meine, Sie machen ja Folgendes, das ist ja offenkundig, das heißt, die Dinge, die wir durch die Agenda 2010 in der Bundesrepublik erreicht haben, die sind Sie ja heute dabei, wieder tüchtig umzuverteilen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Wir reden von Grundsicherung. Das ist unser Vorschlag.)

Ich kann mich erinnern, Ihr damaliger Parteivorsitzender, der tingelte durch die Talkshows, Oskar Lafontaine, und hat dem damaligen kranken Mann Europas, das war die Bundesrepublik Deutschland, immer Frankreich und dergleichen vorgehalten. Wo sind die heute?

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Wo sind die heute?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wo sind die?)

Und ich sage Ihnen heute, und da lasse ich auch nichts anbrennen: Wir haben das analysiert, wir haben die Konsequenzen gezogen und wir werden die Dinge, die heute hier schon mehrfach angesprochen worden sind, im

Rahmen der Weiterentwicklung dieser Agenda aufgreifen und die werden wir entschärfen.

Es ist nicht richtig, dass die Minijobs zunehmen in rasanter Höhe, nach wie vor. Es ist nicht richtig, dass feste Arbeitsverhältnisse in Zeitarbeitsverhältnisse gedrückt werden. Es ist nicht richtig, dass Frauen und Zeitarbeiter letztendlich heute noch anderes Geld kriegen als Festbeschäftigte.

(Regine Lück, DIE LINKE: Schön zu hören.)

Und es ist auch nicht richtig, dass Arbeitsverhältnisse ohne Grund befristet werden, wobei, das der Agenda 2010 in die Schuhe zu schieben, ist ja auch nicht richtig. Das sind Dinge, die sind unter Helmut Kohl und Norbert Blüm schon verabschiedet worden.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Torsten Renz, CDU)