Protocol of the Session on January 31, 2013

Die Fachverbände kritisieren das schon seit Langem und der Richterbund sieht in den vorliegenden Fällen die Ursache für das Problem im Personalschlüssel.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das wäre das Einfachste.)

Die Justiz mag zwar unter normalen Umständen funktionieren, aber sie funktioniert dann nicht mehr, wenn besondere Ereignisse auftreten, die die Verfahrenslaufzeiten verlängern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zum Beispiel?)

Hier muss man klar sagen, die Bürgerinnen und Bürger haben nicht nur unter normalen Umständen einen Anspruch auf eine funktionierende Justiz, sondern immer, und zwar gerade dann, wenn besondere Ereignisse hinzutreten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Drucksachennummer 6/1544.

Es ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Justizministerin Frau Kuder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Borchardt, Sie haben ja jetzt hier eine schöne Lehrstunde – und gar nicht mal so schlecht – zum U-Haft-Recht vorgetragen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Danke. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ob allerdings jetzt irgendjemand gesprochen hat von einer Verlängerung von Sechsmonatsfristen oder Ähnlichem, ich glaube, das ist bisher weder von uns aus dem Justizministerium noch von mir, noch von sonst jemandem auch nur angedacht. Insofern hätte man sicherlich die Zeit ein bisschen besser nutzen können.

Und im Hinblick auch darauf, Sie sprechen von besonderen Ereignissen am Landgericht. Es gibt keine beson-

deren Ereignisse am Landgericht. Es gibt U-Haft-Fälle, die in jedem Landgericht vorkommen, das ist das ganz normale Geschäft eines Gerichtes, dass U-Haft-Sachen in Strafkammern zu behandeln sind. Und diese U-HaftSachen sind auch beschleunigt zu behandeln. Das hat verfassungsrechtlichen Rang, das ist ganz klar, wegen dieser Sechsmonatsfrist, die müssen bevorzugt behandelt werden und dafür müssen alle Beteiligten etwas tun.

Und dazu muss ich natürlich Sorge tragen, das will ich gar nicht abstreiten, dass die Gerichte personell und sachlich auch gut ausgestattet sind. Und ich sage Ihnen, sehr geehrte Frau Borchardt, das habe ich auch getan. Die ordentliche Gerichtsbarkeit im Allgemeinen und auch das Landgericht Schwerin im Besonderen verfügen über eine ausreichende Anzahl von Richterinnen und Richtern. Das ergibt sich aus dem bundesweit geltenden Pensenschlüssel. Und da es keine andere Berechnungsgrundlage gibt, ist dieser Pensenschlüssel auch der einzige, den wir haben. Mit diesem Pensenschlüssel wird ja nicht nur das Landgericht in Schwerin personalmäßig berechnet, sondern alle anderen Gerichte hier auch. Insofern kann ich ganz klar sagen, dass ein Anlass zur Personalverstärkung oder, anders gesagt, wie Sie es gesagt haben, ein Richterengpass, nicht besteht.

Auf der anderen Seite müssen die Gerichte selbst dafür sorgen, dass die Verteilung des Personals innerhalb des Gerichtes aufgabengerecht erfolgt. Hierbei hat das Gericht auch zu berücksichtigen, dass Haftsachen beschleunigt bearbeitet werden müssen. Und ich kann sagen, das ist am Landgericht in Schwerin auch geschehen. Wir haben und Sie haben ja auch in den vergangenen Tagen der Presse entnommen, dass die Strafkammer, Sie haben es eben hier auch noch mal wiederholt, Terminierungsschwierigkeiten bei drei Haftsachen signalisiert hat. Daraufhin hat der Landgerichtspräsident gehandelt und eine Präsidiumssitzung anberaumt, so, wie es sich auch gehört.

Und ich wiederhole es noch mal: Es ist Aufgabe des Präsidiums, die richterlichen Geschäfte des Gerichts unabhängig und eigenverantwortlich zu verteilen. Das Präsidium hat im Ergebnis dieser Sitzung beschlossen, eine Hilfsstrafkammer zur Verstärkung einzurichten. Diese Hilfsstrafkammer übernimmt bestimmte anhängige Haftsachen und wird umgehend auch die Arbeit aufnehmen. Und der Präsident des Landgerichtes hat mir berichtet, dass damit alle am Landgericht Schwerin anhängigen Haftsachen ordnungsgemäß gefördert werden können.

(Vincent Kokert, CDU: Na bitte, dann kann DIE LINKE den Antrag zurückziehen.)

Und nochmals: Es gibt auch Verfassungsurteile, vom Bundesverfassungsgericht Urteile, die ganz klar sagen, im Notfall müssen auch Zivilkammern herangezogen werden, wenn es nicht anders geht. Die Verteilung muss dann auch mal für eine Spitze, die hier auftreten kann in U-Haft-Sachen, anders reguliert werden und das ist vor allen Dingen Sache des Gerichtes.

Ich kann nur feststellen, die Gerichte haben und insbesondere auch das Landgericht Schwerin hat ausreichend Personal zur Verfügung und alles andere ist Aufgabe der Gerichtspräsidien selbst. Das Landgericht hat hier gehandelt und, ich meine, damit auch bewiesen, dass das

Vertrauen der Bevölkerung in eine leistungsstarke Justiz berechtigt ist. Ich kann Ihnen versichern, auch ich werde alles dafür tun, dass das auch in Zukunft so bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Kuder.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Suhr von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ja hoch angebunden bei Ihnen, das Thema.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Lieber Vincent Kokert, ich bin rechtspolitischer Sprecher

(Vincent Kokert, CDU: Herzlichen Glückwunsch!)

und insofern liegt es in der Natur der Sache, dass ich an dieser Stelle auch für meine Fraktion die Stellungnahme abgebe.

(Vincent Kokert, CDU: Quasi befördert.)

Sehr geehrte Frau Kuder, Sie haben hier gerade deutlich gemacht, dass aus Ihrer Sicht eigentlich alles Erforderliche getan ist, um den rechtlichen Ansprüchen Genüge zu tun. Und Sie haben in dem Zusammenhang auch von dem Vorrang gesprochen, der den Strafsachen gegeben ist. Sie haben allerdings hier an dieser Stelle nicht erklärt, wieso es denn sein kann,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

wieso es denn sein kann, dass auf der einen Seite jetzt zum wiederholten Male – und seinerzeit ist es ja zu einer vorzeitigen Entlassung aufgrund der Überschreitung der Sechsmonatsfrist gekommen –, zum wiederholten Male zumindest öffentlich angemerkt wird, dass wieder droht, dass die Sechsmonatsfrist in drei konkreten Fällen nicht eingehalten werden kann.

Und Sie haben in Ihrem Beitrag auch keine Stellung dazu genommen, Sie haben in Ihrem Beitrag auch keine Stellung dazu genommen, dass es selbstverständlich, wenn so etwas erst einmal in der Öffentlichkeit ist – und das hat es ja sogar in die bundesweite Öffentlichkeit geschafft über einen entsprechenden Artikel in der Zeitung „Die Welt“ –, dass es da eine gewisse Besorgnis gibt, die die Fraktion DIE LINKE in ihrem Dringlichkeitsantrag aufgreift und, ich finde, an dieser Stelle auch durchaus gerechtfertigterweise aufgreift. Ich habe zumindest nicht zur Kenntnis genommen, dass das, was Sie hier vorgetragen haben, Gegenstand einer Presseerklärung des Justizministeriums gewesen ist, in der Sie dieses alles als falsch oder als nicht so schlimm dargestellt haben.

Insofern, glaube ich, ist es durchaus richtig, dass wir uns heute mit diesem Thema beschäftigen. Wir haben von unserer Seite aus einen Änderungsantrag vorgelegt, nicht deshalb, weil wir den Vorstoß der Fraktion DIE LINKE für falsch halten, wir halten ihn für absolut ge

rechtfertigt. Und ich finde, er passt auch in die Diskussion. Er passt in die aktuelle Diskussion um Gerichtsstrukturreform und um die Frage von Ausstattung von Justiz. Und dann kann man sich bei dem Thema Personalbedarfsberechnung durchaus so unterhalten, dass man unterschiedlicher Auffassung sein kann, ob der Personalbedarf hier in Mecklenburg-Vorpommern in ausreichendem Maße gedeckt ist.

(allgemeine Unruhe)

Wir haben aber diesen Änderungsantrag deshalb ein- gebracht, weil wir die Auffassung haben, dass die einseitige Fokussierung, dass die einseitige Fokussierung darauf, dass die Befürchtung, nach den sechs Monaten werden jetzt Verdächtige – es sind ja zunächst nur Verdächtige und da gilt die Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung – freigesetzt werden müssen, weil nicht rechtzeitig entsprechende Urteile ergehen können, dass dies nur eine Seite der Medaille ist. Wir haben auf der anderen Seite die Aussagen und die klaren Festlegungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und wir haben die entsprechenden Bestimmungen in der Strafprozessordnung, und da gibt es schlicht und ergreifend einen Rechtsanspruch, innerhalb der Sechsmonatsfrist tatsächlich auch dazu zu kommen, ein Urteil zu erhalten.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund weitet unser Änderungsantrag das Ansinnen der Fraktion DIE LINKE etwas aus, korrigiert ihn nicht, sondern wir weiten das an dieser Stelle nur etwas aus.

Ich möchte an dieser Stelle zum Schluss darauf hinweisen, dass uns hier ein Fehler, für den ich mich entschuldige, unterlaufen ist. Wir haben nämlich in der drittletzten Zeile, dort finden Sie den Satz: „befindlichen Beschuldigten auf beschleunigte Aburteilung“. Aburteilung ist an dieser Stelle deutlich die falsche Formulierung. Ich bitte, das in mündlicher Form jetzt hier mit dem Wort „Verfahren“ zu ersetzen, und ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Texter von der CDU-Fraktion.

(Egbert Liskow, CDU: Dann muss er das noch mal erklären. Haben sie wieder nicht verstanden.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

und auch in Anbetracht der ausführlichen Darstellungen der Justizministerin will ich mich kurzfassen.

Sehr geehrte Frau Borchardt, Sie sprechen hier von großer Besorgnis. Ich komme da gleich noch mal drauf