Und ich will hier gar nicht große Schelte treiben. Das Entscheidende ist, wir haben 18 Jahre lang den demografischen Wandel zwar beschrieben, aber seit 2008/2009 kennen wir ihn. Das heißt, die Schulabgänger sind deutlich weniger geworden, wir hatten früher 30.000 und hatten einen massiven Überschuss an Nachfragenden nach Lehrberufen. Dies ist total gekippt. Wir haben heute noch etwa 10.000 Schulabgänger, 8.000 Lehrlinge, die in besonderer Weise in der beruflichen Wirtschaft anfangen oder eine duale Ausbildung erlangen wollen.
Noch mal zu der Frage: Wie ist es zu diesem Interpretationsfehler, Druckfehler gekommen? Es wurde alles beschrieben, die Koalitionäre hatten den Begriff „Wirtschaft“ hineinformuliert und die Verwaltung hat, denke ich, eine alte Maske genommen und hat dann geschrieben „Wirtschaft, Arbeit und Tourismus“, obwohl wir seit einem Jahr, über einem Jahr wissen, dass es „Bau“ heißen muss. Darauf hat sich die Koalition in dieser Wahlperiode geeinigt und das ist der korrekte Name. Ich will nur darum bitten, dass man die Kritik zu diesem Thema an der CDU lässt, weil die CDU dafür nicht verantwortlich ist.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das hätte man innerhalb von 14 Tagen mal lesen können. – Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, der Tourismus ist mit diesen 7,7 Prozent insgesamt an der Bruttowertschöpfung im Land beteiligt. Das ist ein ziemlich hoher Wert. Wir haben eine hohe Beschäftigungsquote und viele Dienstleister
profitieren in erheblichem Maße vom stabilen Tourismus im Land Mecklenburg-Vorpommern. Ich darf mal einige aufzählen. Dazu gehört die Kultur- und Unterhaltungsbranche genauso wie die Boots- und Kanuverleiher, Verkehrsbetriebe, Taxigewerbe, Ausflugsschiffe, Landwirte mit Direktvermarktung und Reiten, Bauernmärkte, Friseure und viele andere Branchen.
Meine Damen und Herren, auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes wird eng mit der touristischen Entwicklung verknüpft. Das Ziel heißt weiterhin: nachhaltiges Wachstum durch Attraktivität und Qualität. Für diesen Erfolg sind motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte in allen Bereichen eine wichtige Voraussetzung. Freie Lehrstellen in der Gastronomie und Hotellerie, der Hauptbranche im Tourismus, sind wichtig für unser Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern.
Andererseits ist es ein Alarmsignal, wenn man viele Ausbildungsplätze nicht besetzt oder wenn man auch teilweise von einem unattraktiven Beruf sprechen muss. Denn es ist festzustellen, dass viele offene Ausbildungsstellen auch im Jahr 2011/12 nicht besetzt werden konnten. Immerhin sind es über 1.300 offene Stellen gewesen und davon konnten nur 673 besetzt werden. Das heißt, insgesamt 59 Prozent aller Stellen sind offengeblieben. In besonderer Weise gibt es Probleme im Bereich der Köche. Restaurantfachleute, Hotelfachleute, Fachkräfte im Gastgewerbe sind hier zu nennen.
Entscheidend ist, dass wir insgesamt darüber nachdenken müssen, wie wir zusammen mit der DEHOGA, mit den Unternehmern dazu kommen, die Ausbildung attraktiver zu gestalten. Ich gebe Herrn Holter ausdrücklich recht, die Erhöhung der Ausbildungsvergütung ist nur ein Thema. Es geht auch um die Frage Unterkünfte, es geht um die Frage von Arbeitszeiten, es geht natürlich auch um die Frage, wie stehe ich zu meinem Beruf. Das ist auch eine Frage, die in anderen Berufen wichtig ist, im Maschinenbau oder auch bei Pflegekräften et cetera. Also eine gewisse Berufsethik muss man natürlich voraussetzen.
Aber das Hauptproblem sind die Berufsorientierung und die Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten. Die Erhöhung der Ausbildungsvergütung ist ein richtiger Weg. Er muss begleitet werden durch die Fragen, wie kommen wir über den Saisonbetrieb, über Kinderbetreuung hin zu verträglichen Löhnen, die insgesamt auch dafür sorgen, dass die jungen Menschen sich für den Beruf entscheiden.
Insgesamt geht es darum, die Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern. Wie macht man das? Die Frage ist, wie frühzeitig geht man zu Praktika in einem Hotel- und Gaststättenbereich? Wie frühzeitig geht auch die Branche an die Schulen, um Fachkräfte zu akquirieren? Und wie gehen auch die wirtschaftsnahen Institute und Handelskammern mit diesen Themen um?
„Durchstarten in Mecklenburg-Vorpommern – Dein Land, Deine Chance“ ist so ein Angebot, das alle zusammen auch mit der Landesregierung unterbreiten. Diese Kampagne geht davon aus, dass in besonderer Weise die Arbeitsplatzattraktivität, die Zukunftsperspektive, die
Berufsaussichten und die Arbeitsplatzsicherheit ein wichtiges Thema sind für junge Leute. Dazu brauchen wir
„Dein Land, Deine Chance“ als Startchance einmal im Internet, andererseits im Kino, überall dort, wo man dafür Sorge tragen kann, dass junge Menschen im Land Mecklenburg-Vorpommern ihre Chance suchen, ihren Beruf suchen, um am Ende auch im Hotel- und Gaststättenbereich neue Zukunftsperspektiven zu sehen. Dafür brauchen wir diese Kampagne, diese Fachkräftekampagne, und ich bin den Koalitionären außerordentlich dankbar, dass dieses Thema in die Öffentlichkeit getragen wird, denn wir können es uns nicht leisten, dass weitere junge Menschen das Land verlassen und ihre Chancen im Ausland oder in anderen Bundesländern suchen.
Meine Damen und Herren, das Wirtschaftsministerium unterstützt sehr gerne diese Kampagne „Dein Land, Deine Chance“, denn sie ist eine Erfolgsgeschichte. Wir haben mittlerweile über 1.000 Unternehmen, die sich dort eingetragen haben, und auch der Hotel- und Gaststättenbereich gehört dazu. Deswegen kann ich die Haltung von Herrn Holter nicht ganz teilen, dass dieser Antrag nicht überlegt ist, denn er setzt ja darauf, in der Zukunft junge Leute hier im Land zu binden, die Chancen aufzuzeigen und am Ende dafür zu sorgen, dass MecklenburgVorpommern gut ausgebildete Menschen auf den Weg in die Arbeitswelt vorbereitet. Dazu gehören auch Meisterkampagnen im Handwerk et cetera. Die Aktivitäten sind wichtig.
Im Rahmen der Schulaktionen Fachkräftekampagnen zu entwickeln, Berater und Beraterinnen in die Schulen zu schicken, Ausbildungsmessen zu organisieren, sind weitere Schritte. Der Weg ins Internet ist am Wochenende für junge Leute, denke ich, durchaus ein attraktives Ziel. Berufsinformationszentren sind von großer Bedeutung, Stellenangebote online zu stellen und sie auch zu lesen, Bewerbungen durchzuführen und junge Leute auf den Berufsweg vorzubereiten.
Meine Damen und Herren, das Durchschnittsalter der Belegschaften der Unternehmen beträgt 47 Jahre. Das heißt, wir haben noch ein Zeitfenster von etwa 10 Jahren, um insgesamt sicherzustellen, dass wir junge Fachkräfte hier in Mecklenburg-Vorpommern auch im Hotel- und Gaststättenbereich für diesen Beruf als ein Herzstück im Tourismusbereich gewinnen und dafür Sorge tragen, dass der Tourismusbereich weiterhin als ein Standbein in Mecklenburg-Vorpommern für Urlauberinnen und Urlauber, für Touristen gesehen werden kann, mit hoher Qualität.
Und von daher glaube ich, dass die Ausbildungsberufe in diesem Bereich sehr wichtig sind. Wie müssen für sie werben, um das Verständnis zu entwickeln, und auch eine öffentliche Debatte dazu führen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wird der Öffentlichkeit erneut ein Dokument vorgelegt, das nur das Schaufenster schmücken soll, mal ganz abgesehen von der holprigen Überschrift.
Die Landesregierung wird abermals von den Regierungsparteien gebeten, aktiv zu werden. Nicht nur, dass dies auf dem kurzen Dienstweg schon längst hätte erledigt werden können, denn schließlich ist es ja die eigene Regierung, sind es die gleichen Parteibücher, die sich hier bitten lassen, so ist der Antrag selbst auch noch realitätsfern. Aber das ist auch nichts Neues. Es sollen imagewerbende Maßnahmen zur Qualitätssicherung entwickelt werden. Was das genau heißt, das weiß man offenbar nicht mal bei den Antragstellern selbst. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass hier nur nach wohlklingenden Worten gerungen wurde. Wie umschreiben wir am besten „Humankapital“?
Das Image soll aufpoliert werden, Propaganda, gerichtet an die Jugend. Was offensichtlich nicht geplant ist, ist, die Situation der Berufe selbst zu ändern. Die Berufe in den Hotels und Gaststätten sind geprägt von niedrigen Löhnen, Arbeit an Wochenenden und Feiertagen und darüber hinaus ist auch die tägliche Arbeitszeitgestaltung zutiefst familienunfreundlich. Nicht selten wird das Servicepersonal nur befristet eingestellt, zu Überstunden überredet, die später nicht vergütet werden, weil sie vom Arbeitnehmer nicht belegt werden können. Und wenn es ganz dick kommt, dann wird die tägliche Arbeitszeit auch noch in Blöcke geteilt.
Nötiger als eine Imagekampagne sind Löhne, um von der Arbeit auch leben zu können, und Arbeitszeiten, die es ermöglichen, für die Familie da zu sein oder überhaupt eine zu gründen. Da helfen Werbeslogans nichts. Spätestens, wenn die Arbeiter von der Realität eingeholt werden, wenden sich die Parolen gegen den, der sie in Umlauf brachte. Parolen wie „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ oder „Du bist der Grundstein des touristischen Erfolges“ machen langfristig weder satt noch glücklich.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und SPD, hätten, sofern Sie auch nur entfernt ein tatsächliches Interesse daran gehabt hätten, die Situation der Auszubildenden zu verbessern, unserem Antrag nach einer Berufsausbildungszulage zustimmen müssen. Sie
schreiben ja selbst in Ihrer Antragsbegründung, dass die erfolgte Tarifeinigung zwischen DEHOGA und der Gewerkschaft für Nahrung und Genuss nur ein Schritt war, der zu einer Verringerung der Abbrecherquote sowie zu einer Reduzierung unbezahlter Lehrstellen im Tourismusbereich beitragen kann. Ihren Antrag lehnen wir aus den dargelegten Gründen ab. Er ist inhaltsleer, nutzlos und überflüssig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich doch dem Herrn Holter sein Gemüt ein bisschen beruhigen. Wir haben ja nun gehört, wie das mit dieser redaktionellen Änderung vor sich ging, und insofern möchte ich jetzt, um Sie zu beruhigen, offiziell den Antrag stellen, also einen Änderungsantrag stellen, dass diese Bezeichnung
(Helmut Holter, DIE LINKE: Es ist gut, Herr Waldmüller. Das macht aber sprachlich den Antrag nicht besser.)
ich möchte Ihnen auch noch eins sagen zu dem, weil Sie das angekreidet haben, zu den Tarifverhandlungen. Als wir über den Antrag gesprochen haben, da war für uns die Grundvoraussetzung, dass, wenn wir über Imagesteigerung überhaupt reden, das ist natürlich ein wesentlicher Punkt und da ging es ums Geld, dass es für uns maßgeblich war, dass erst dann, wenn eine Tarifvereinbarung erzielt worden ist, auch dann erst solch ein Antrag Nutzen bringt. Und Sie wissen selbst, dass die Tarifverhandlungen zwischen der DEHOGA und der NGG sehr, sehr festgefahren waren. Wir haben hier keine, wir nehmen hier keinen Einfluss, um Gottes willen. Wir sind für Tarifautonomie, aber es darf doch erlaubt sein, dass wir uns informieren über den Stand der Tarifverhandlungen und über unser Ansinnen informieren. Und wenn das dazu führt, dass die Tarifparteien sich ohne Politik wieder an einen Tisch setzen, dann kann ich daran nichts Verkehrtes erkennen,