Protocol of the Session on January 30, 2013

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist eine Unterstellung.)

Ja, das Land hat Geld in die Hand genommen, angesichts der riesigen Probleme, in denen die Kreise, kreisfreien Städte und viele Gemeinden stecken, offensichtlich deutlich zu wenig – Stichpunkt: Anschubfinanzierung, Strukturbeihilfe, Anpassungshilfe, Stichpunkt: Haushaltskonsolidierungsfonds und Kofinanzierungsfonds.

Meine Damen und Herren, das Land ist durchaus bemüht, insgesamt bei diesen Prozessen nicht den Überblick zu verlieren – Stichpunkt: Zwischenbericht des Innenministeriums zur Umsetzung der Landkreisneuordnung an den Finanz- sowie den Innenausschuss am 18. Oktober 2012.

Und dennoch herrscht landauf, landab der Eindruck, die Kreisstrukturreform ist ein ungeliebtes Kind, gar ein Schmuddelkind, über das man nicht so gerne redet, ein Schmuddelkind, über das man in der Neujahrsansprache der Landesregierung, Herr Ministerpräsident, nicht eine einzige Silbe verliert, nicht ein Wort!

(Michael Andrejewski, NPD: Ist auch besser so.)

Vor diesem Hintergrund verdient der Appell der Landkreise und kreisfreien Städte unsere volle Unterstützung.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Manfred Dachner, SPD: Das ist ja nun Kasperletheater.)

Lassen Sie mich vier Aspekte hervorheben:

Erstens, die gemeinsame Erklärung der kommunalen Spitzenverbände, eine kommunalpolitische und parteiübergreifende Kritik an der Landespolitik und ihren Repräsentanten.

Zweitens haben ganz offensichtlich die Spitzen unserer Kommunalpolitik das Vertrauen in die Landeskommunalpolitik verloren.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Vom Dienstweg über den zuständigen Kommunalminis- ter wurde jedenfalls deutlich abgewichen.

Drittens wurde erneut sichtbar, dass subjektive Wahrnehmungen einer Landesregierung und objektive Lage von Kommunen gerade durch Kurshalten gefährlich auseinanderdriften können. Der „Nordkurier“ hat es wohl auf den Punkt gebracht, wenn er „Sonnen-König Sellering“ ermahnt,

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

sich vorzusehen, „dass die Kluft zwischen (Selbst-)Dar- stellung und Realität nicht zu groß wird“. Kommunalpolitisch jedenfalls bekam der Neujahrsempfang einen Sonnenkönig zu sehen, und zwar einen, der des Königs neue Kleider trug.

Viertens schließlich, und diese Kritik hat vor allem der Landkreis Nordwestmecklenburg vorgebracht, trägt neben der Landesregierung auch der Landtag Verantwortung. Um diese wahrzunehmen, und auch darauf zielt der vorliegende Antrag, muss der Landtag aber hinreichend informiert sein.

Meine Damen und Herren, ob es nun der massiven Kritik der kommunalen Ebene oder der ausführlichen Medienberichterstattung oder letztlich sogar dem vorliegenden Antrag der LINKEN geschuldet war, sei dahingestellt, das Auftaktgespräch hat kurzfristig stattgefunden. Und an dieser Stelle hätte der Landtag erwarten dürfen, durch den Ministerpräsidenten über mögliche Ergebnisse beziehungsweise Festlegungen unterrichtet zu werden.

Die kurze, aber prägnante Erklärung der Landkreise und kreisfreien Städte wirft Fragen auf, die auch den Landtag daran hindern sollten, zum Tagesgeschäft überzugehen. Warum muss die kommunale Ebene bei der Landesre

gierung an eine gemeinsame Verantwortung für die Zukunftsprobleme appellieren? Ein funktionierender

Dialog lässt sich daraus nicht ableiten. Warum muss von der kommunalen Ebene eine positive Begleitung eingefordert werden? Entweder hat eine Begleitung bisher nicht stattgefunden oder es war gar eine negative. Warum, meine Damen und Herren, muss die kommunale Ebene von der Landesregierung und ihren Fachressorts eine vertrauensvollere Zusammenarbeit einfordern?

Entweder hat eine Zusammenarbeit bisher nicht stattgefunden oder sie war alles andere als vertrauensvoll.

Vor diesem Hintergrund muss es um die Erarbeitung eines Zukunftsvertrages schlecht bestellt sein. Wurde an dieser Stelle nicht von einer entsprechenden Lenkungsgruppe zwischen Landesregierung und kommunalen Verbänden berichtet? Wurde an dieser Stelle nicht von Beratungen unter Hinzuziehung der jeweiligen Fachminister gesprochen? Die Landesregierung ist dem Landtag einige Antworten schuldig.

Meine Damen und Herren, die SVZ titelte nach dem Gespräch am Donnerstag in der Staatskanzlei: „Krisengipfel in Schwerin weitgehend ergebnislos“ und „Land rückt kein Geld raus“. Es „müsse über eine Neuordnung der Aufgabenverteilung sowie über Art und Umfang“ der Aufgabenwahrnehmung „verhandelt werden“. Nächstes Treffen am 7. März.

Meine Damen und Herren, auf zwei merk- und denkwürdige Aspekte will ich abschließend verweisen:

Erstens musste der Ministerpräsident eingestehen, dass die Landesregierung die neuen Landkreise bei der Reformumsetzung bisher weitgehend alleingelassen hat. Das solle anders werden. Diese schwierige Aufgabe, die den Ministerpräsidenten nur wenige Tage zuvor nicht ein Wort wert war, ließe sich nur gemeinsam lösen. Man darf gespannt sein.

Zweitens, meine Damen und Herren, erwarten die Kommunen vorbehaltlose Gespräche mit der Landesregierung. Dazu passt aber nicht, dass der Ministerpräsident vormittags eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen postuliert und CDU-Fraktionschef Kokert nachmittags das FAG noch mal kurz ändern möchte, in Reaktion auf die unüberhörbare Kritik der Kommunalkonferenzen.

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, Wolfgang Waldmüller, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Konzeptionelle und ergebnisorientierte Arbeit, meine Damen und Herren, meine ich, sieht anders aus.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Vielen Dank, Frau Rösler.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller für die Fraktion der SPD.

(Zuruf aus dem Plenum: Erst der Innenminister.)

Ach, der Innenminister? – Doch, der steht hier so ganz, ganz klein.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Aber, Herr Minister, Sie haben das Wort, selbstverständlich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Kollegin, um es gleich vorwegzusagen: Für den Antrag Ihrer Fraktion sehe ich keinen Bedarf.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Denn natürlich nehmen wir gemeinsam als Regierungsfraktionen, aber auch als Landesregierung den Appell der Landkreise sehr ernst,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

aber wir machen im Gegensatz zu Ihnen die Anträge nicht aufgrund von Zeitungsmeldungen.

(Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD)

Und wenn Sie hier von dem Dienstweg sprechen, den Landkreistag und Städte- und Gemeindetag in der Regel einzuhalten haben, na, das sind Vorstellungen, die gabs mal vielleicht vor 30 Jahren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kennt sich ja noch aus, ne?!)

Heutzutage haben wir – Gott sei Dank – eine kommunale Selbstverwaltung und sowohl der Landkreistag als auch der Städte- und Gemeindetag können sich frei äußern, können an die Fraktionen herantreten,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Alter Führungskader.)

können über ihre Sorgen und Nöte reden und müssen die nicht erst beim Innenminister anmelden, um dies zu transportieren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der Ministerpräsident hat gemeinsam mit mir das Gesprächsangebot der Landkreise, was uns eben auf dem Neujahrsempfang übermittelt worden ist, gleich an- genommen, und zwar lange vor Ihrem Antrag. Auf die Bitte um ein Spitzengespräch sind wir auf dem Neujahrsempfang in Greifswald gleich eingegangen. Und wir haben, wie Sie richtig berichtet haben, bereits letzten Donnerstag gemeinsam dieses Gespräch durchgeführt. Also insofern war Ihr Antrag auch in der Frage nicht notwendig, denn wir hatten uns schon lange vorher vereinbart.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, natürlich, lange, lange vorher.)