Was heißt das jetzt konkret in einem Satz? Das heißt konkret, dass Aufsuchungsanträge, die heute oder morgen bei den zuständigen Landesbehörden gestellt werden, bis Beginn 2016 zurückgestellt werden können. Das ist ganz entscheidend. Es liegt zurzeit zwar kein konkreter Antrag vor, aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Man kann damit rechnen in Zukunft, dass solche Anträge gestellt werden. Und insofern müssen wir nach meiner Meinung – und deswegen ja auch der Antrag der Koalitionsfraktionen – mit einem heutigen Beschluss uns diese Option für die nächsten drei Jahre sichern.
Meine Damen und Herren, uns ist schon klar, dass uns auch das letztlich noch nicht zum wirklichen Ziel bringt, CCS, CO2-Verpressung zukünftig grundsätzlich und immer auszuschließen. Und deshalb, meine Damen und Herren, ist auch die Erwartung an die Landesregierung, dass wir gemeinsam die Zeit nutzen, die wir haben, wie gesagt, maximal drei Jahre für die Erarbeitung eines entsprechenden Landesgesetzes. Ernsthaft muss dabei natürlich geprüft werden, ob nicht eine unterirdische Raumordnung für Mecklenburg-Vorpommern – so, wie bereits andiskutiert auch im Energieausschuss – unsere
Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dem vorliegenden Koalitionsantrag liegt ein Thema zugrunde, bei dem sich alle hier im Landtag vertretenen demokratischen Fraktionen in der Vergangenheit einig waren: Wir wollen in Mecklenburg-Vorpommern keine unterirdische Speicherung von Kohlendioxid.
Ich will an dieser Stelle ebenso wie mein Kollege Borchert die für meine Fraktion wichtigen Gründe noch einmal benennen:
Erstens halten wir die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid für eine Technologie, die mit unkalkulierbaren Risiken für Mensch, Natur und Umwelt behaftet ist.
Aber selbst, wenn ich mal das damit verbundene Risiko, das in der Wissenschaft durchaus auch unterschiedlich bewertet wird, völlig ausblende, ist es zweitens eine Technologie, die weder zukunftsweisend noch zukunftsfähig ist. CCS führt zu einem deutlichen Effizienzverlust bei der Verbrennung von Braun- oder Steinkohle zur Stromerzeugung. Das bedeutet nichts anderes, als dass ich für eine bestimmte Menge Strom ohne CO2-Ab- scheidung 100 Tonnen Braunkohle verbrennen muss, für die gleiche Menge Strom mit CCS 130 Tonnen.
Drittens bedeutet das höhere Kosten pro Kilowattstunde und natürlich auch den schnelleren Verbrauch nicht unendlich vorhandener Ressourcen.
Viertens seien stichpunktartig die zusätzlichen Umweltbelastungen genannt: massive Landschaftszerstörung, der notwendige Transport des CO2, möglicherweise über Hunderte Kilometer Rohrleitungssysteme, die Zunahme von Abwärme und Emissionen anderer Schadstoffe wie Feinstaub und Schwermetallen.
Fünftens, CCS würde die Energiewende weiter verzögern, könnte sie mittelfristig sogar aufhalten. Die Übertragungsnetze würden mit Kohlestrom vollgestopft, gleichzeitig müssten zum Beispiel Windräder abgeschaltet werden.
CCS ist eine Technologie, die derzeit nirgendwo auf Akzeptanz in der Bevölkerung stößt und uns keinen Schritt aus der Verstromung fossiler Rohstoffe herausführt. Da könnte ich mir sogar als kleineres Übel eher
vorstellen, den Handel mit CO2-Zertifikaten tatsäch- lich in Schwung zu bringen, allerdings nur, wenn diese Zertifikate wesentlich verknappt und damit deutlich teu- rer würden. Große Mengen CO2 abzuscheiden, zu verpressen und für viele Jahre mit enormem Kontroll- und Energieaufwand unterirdisch einzulagern, ist bei konsequenter Umsetzung der Energiewende auch gar nicht nötig.
Genau aus den eben angeführten Gründen haben wir hier vor einem Jahr einstimmig ein Landesgesetz beschlossen, das die unterirdische Speicherung von CO2 ausschloss. Das war nötig, weil sich die Länder mit dem Bund auf keine – wie von der EU geforderte – gesetzliche Lösung einigen konnten.
Seit Sommer vergangenen Jahres ist die Situation eine andere. Seither ist der Einsatz von CCS durch das Gesetz zur Demonstration der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid – kurz: Kohlendioxid-Speicherungs- gesetz – gesetzlich geregelt. Deutschland hat damit auch die EU-Richtlinie 2009/31/EG spät, aber noch ohne Strafzahlungen in nationales Recht umgesetzt. Daher ist es notwendig, unser Landesrecht an das Bundesrecht anzupassen und unser klares und knappes KohlendioxidSpeicherungsausschlussgesetz, wenn auch der Titel nicht knapp ist, aufzugeben. Wir brauchen ein neues Landesgesetz.
Meine Fraktion will weder hier noch anderswo die dauerhafte unterirdische Speicherung von Kohlendioxid. Und wir gehen davon aus, dass es bei dieser Ablehnung auch bleibt. Dafür haben die Koalitionsfraktionen unsere Unterstützung. Allerdings, in Anlehnung an das, was der Bildungsminister hier gesagt hat – nämlich, wenn man ein Gesetz will, dann soll man es auch machen –, frage ich Sie, meine Damen und Herren aus den Koalitionsfraktionen, warum Sie nicht wie beim im vergangenen Jahr beschlossenen Gesetz mit einem Gesetzentwurf in den Landtag kommen, sondern Ihre Landesregierung auffordern müssen,
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, auch Sie meinen, Sie müssen Ihre Regierung zum Jagen tragen. Dann machen Sie Ihrer Regierung mal Dampf, Zeit wird es! – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt schon sehr viel über die Abläufe gesprochen worden, in der Tat. Wenn Sie sich damit befassen, werden Sie ja feststellen, dass wir vor nicht allzu langer Zeit – also im Mai letzten Jahres, in Kraft gesetzt wurde das Gesetz am 09.06. – ein diesbezügliches Gesetz, das heißt ein Ausschlussgesetz, hier beschlossen haben.
Und zwischenzeitlich gibt es jetzt das Bundesgesetz, das in der Tat sehr strittig zwischen den Ländern war und am Ende ein Gesetz geworden ist, das mehr oder weniger in Richtung Brandenburg zielt – übrigens, das ist interessant, da muss DIE LINKE eine etwas andere Position einnehmen –, weil man natürlich mit dem Braunkohletagebau und mit der Braunkohleproduktion dort überhaupt eine etwas andere Situation hat, was mehr oder weniger ein Demonstrationsgesetz sein sollte. Das heißt, es war oder ist die klare Ausrichtung dieser Regelung, dies möglich zu machen, speziell in Jänschwalde. Das ist es nämlich. Soweit ich gehört habe, ist allerdings Vattenfall inzwischen auch nicht mehr so begeistert. Alles andere will ich mir jetzt ersparen.
Meine Damen und Herren, in der Tat, so ist das dann manchmal im Leben. Ja, kann man so sagen. Es gibt jetzt ein Bundesgesetz und wir müssen auf der Basis dieses Bundesgesetzes unsere Intention des letzten Jahres umsetzen.
Und, Frau Schwenke, jetzt kann ich Ihnen vielleicht auch ein kleines bisschen helfen: Warum heute ein solcher Antrag hier gestellt wurde, hat schon einen Hintergrund. Der basiert nämlich auf dem Paragrafen – da muss ich mal gucken – 45 dieses Gesetzes, wo es nämlich heißt, dass, wenn die Absicht – sowohl durch die Regierung als auch durch den Landtag, durch das Parlament – erklärt wird, eine solche Regelung zu erlassen, dann läuft diese Dreijahresfrist für mögliche Anträge. Also insofern ist das schon nicht falsch.
Bevor wir das Gesetz dann hier in den Landtag bekommen werden, ist es richtig, die Absicht zu erklären, und dann, wie gesagt, kann man auch Anträge zurückstellen. Das ist also sehr vernünftig.
Am Ende muss man eins allerdings deutlich machen, und das wird jetzt auch eine Aufgabe für die Landesregierung natürlich sein: Mit dem Bundesgesetz ist auch klargestellt, dass es nicht so einfach ist, pauschal abzulehnen. Wir haben das ja etwas pauschal gemacht, machen wir uns mal nichts vor. Das wird so nicht möglich sein. Es wird eine Abwägung gefordert. Insofern muss die Landesregierung jetzt hier abwägen zwischen den Nutzungsmöglichkeiten, die wir hier im Lande brauchen, wo wir Prioritäten setzen, und dann, so hoffe ich, zu einem entsprechenden Ergebnis kommen.
Und so weit, wie ich weiß allerdings – ich will mich da etwas vorsichtig ausdrücken –, ist das mit der unterirdischen Raumordnung leider Gottes nicht so rechtssicher, wie man sich das vielleicht wünschen würde. Also schauen wir mal, was hier die entsprechenden Überlegungen und die entsprechenden Formulierungen dann ergeben werden.
Meine Damen und Herren, ich will vielleicht nur noch kurz etwas zur politischen Wertung insofern sagen, als in der Tat wir davon auszugehen haben, da brauchen wir jetzt die Gründe gar nicht mehr alle rauf- und runterzuzelebrieren, dass die CCS-Verpressung, Entschuldigung, die CCS-Technologie hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht
Man muss allerdings, glaube ich, immer eins ein bisschen relativeren: Das Szenario, was Sie da an die Wand gemalt haben, Frau Dr. Schwenke, das sehe ich nun wirklich so nicht, denn, ich meine, es gibt ja diese Technologie auf der Welt …
Man muss das ja nur mal zur Kenntnis nehmen, dass es diese Technologie in vielen anderen, insbesondere in Erdölförderländern gibt, wo Erdöl über das Einsetzen von CO2 mehr oder weniger aus der Erde gepresst wird, und, wie gesagt, CO2 wird dort nachgeschoben. Also das gibt es, in Norwegen zum Beispiel.
Und trotzdem ist es klar – wie gesagt, dazu stehen wir auch – für Mecklenburg-Vorpommern wollen wir so etwas nicht, im Übrigen deshalb nicht, weil wir mit Sicherheit in die Situation kommen würden, dass wir mehr oder weniger CO2 aus anderen Teilen dieser schönen Welt aufnehmen sollten. Das wäre dann die Linie. Das ist ja auch schon versucht worden. RWE – ich glaube, darüber hatte ich mal informiert – hat ja hier im Lande schon versucht, seine Fühler auszustrecken. Also ich sehe nicht so sehr die Gefahr. Das kann man auch physikalisch alles erklären, aber das will ich jetzt nicht im Einzelnen versuchen.
Was mich stört, ist, dass wir es hier mit – da gibt es wieder so ein hochdeutsches Wort – einer sogenannten End-of-pipe-Technologie zu tun haben. Das heißt also nichts anderes, als dass man sozusagen etwas in die Erde verbuddelt, ohne zu wissen, was man damit macht. Und nun kann man ja Gott sei Dank sagen, es gibt inzwischen erste bescheidene, noch nicht industriemäßig voll entwickelte Möglichkeiten, auch CO2 zu nutzen – CO2 ist übrigens ein wertvoller Rohstoff –, sodass man, glaube ich, alles tun muss, um die Innovation zu befördern, solche Rohstoffe wirklich zukünftig zu nutzen.
Und ich glaube auch, und das halte ich immer für sehr wichtig, wenn wir den Menschen im Lande sagen, eine CO2-Verpressung wollen wir nicht, müssen wir ihnen aber gleichzeitig sagen, wir brauchen aber diese Speicher. Und wir werden, da bin ich mir ziemlich sicher, in diese Speicher hineingehen müssen, zum Beispiel vielleicht mit Gas oder mit Methan, wie auch immer. Ich glaube, dass gerade das Thema Methanisierung bei der Speicherung von Windstrom ein ganz spannendes ist. Und wir haben uns das ja auch angesehen. Insofern denke ich, das muss man den Menschen gleich mit sagen, diese Möglichkeiten, diese Potenziale brauchen wir in Mecklenburg-Vorpommern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird
dem Antrag zustimmen. Ich glaube auch, dass es richtig und sinnvoll ist, diesen Antrag in das Parlament ein- zubringen, weil das ist ein Signal. Da reicht nicht ein Minister, der sagt, er findet, das ist eine gute Idee, sondern das muss das gesamte Parlament mit einer Mehrheit tun und muss sich zu dieser Idee bekennen und sagen: Genau so etwas wollen wir haben. Deswegen, glaube ich, ist das richtig.
Vielleicht noch mal zum Thema Kohlendioxidspeicherung. Der Kampf, der da im Hintergrund läuft, ist eigentlich der Kampf um das Thema Kohle und Zukunft der Kohle innerhalb der Energieversorgung. Daraus folgt, dass zum Beispiel DIE LINKE und auch die SPD in Brandenburg massiv für eine solche Speicherungsmöglichkeit gekämpft haben.
Die GRÜNEN haben sich interessanterweise nicht 100 Prozent und komplett dagegen ausgesprochen, sondern sie haben den Vorschlag gemacht, das Gesetz zu begrenzen auf Industrie-CO2-Abgase, die wir auch nach einer Energiewende immer noch haben werden, wofür wir diese Technologie unter Umständen brauchen könnten. Da es aber zu diesem Kompromiss nicht gekommen ist aufgrund der Bundesregierung und aufgrund der Brandenburger Landesregierung, haben die GRÜNEN gesagt: Sorry, wenn es nur dazu dient, die Kohle weiter im Spiel zu halten, dann sind wir gegen dieses Gesetz.
Das ist wichtig, wenn wir auch über die Risiken von CO2Speicherung reden. Natürlich existieren diese Risiken, ohne Frage, und wir müssen darüber offen diskutieren. Aber diese Risiken existieren zum Teil eben auch bei der Speicherung von Methan, also Erdgas oder zukünftig Windgas. Das heißt, die Risiken müssen realistisch betrachtet werden, ohne dass man sagt, weil sie existieren, dürfen wir auf keinen Fall so was machen, sondern wir müssen da in eine genaue Abwägung reingehen, müssen das ehrlich machen und können nicht einfach sagen, grundsätzlich findet da nichts statt.