Protocol of the Session on January 30, 2013

(Marc Reinhardt, CDU: Auch noch?!)

Ihnen geht es hier nicht um die Verbraucher und Verbraucherinnen, Ihnen geht es hier nicht um die Bürger und Bürgerinnen, die zu überhöhten Zinsen einen Dispositions- oder Überziehungskredit aufgrund einer finanziellen Notsituation in Anspruch nehmen müssen, Ihnen geht es hier um puren Populismus.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Sie wissen doch ganz genau, meine Damen und Herren der Linksfraktion,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann kommt die Populismuskeule.)

dass dieses Thema ein bundespolitisches Thema ist und sich aufgrund der jetzigen Regierungsverhältnisse nicht durchsetzen lässt. Der Antrag ist ein Schaufensterantrag zum beginnenden Wahlkampf.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: In Hamburg haben Sie dem Antrag zugestimmt.)

Ich werde meine Meinung auch noch wie folgt begründen. Es ist richtig, wenn Sie im Antrag schreiben, dass die Kosten der Geldinstitute für die Geldbeschaffung auf einem historisch niedrigen Niveau liegen. Es ist auch richtig, dass die Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite unverändert hoch sind und aktuell sogar über 10 Prozent liegen. Bei meiner Heimatsparkasse Vorpommern liegen sie im Moment bei 12,15 Prozent.

Und es ist auch richtig, dass es eine gesetzliche Zinsobergrenze für Überschreitungskredite in der Bundesrepublik nicht gibt und sich die derzeitige Bundesre- gierung nur mit moralischen Appellen an die Kredit- wirtschaft richtet. Und schließlich ist es auch richtig, dass die SPD-Initiativen zur Einführung einer gesetzlichen Begrenzung der Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite bislang immer wieder gescheitert sind.

Aber Sie wissen doch auch ganz genau, liebe Damen und Herren Abgeordnete der Linksfraktion, dass das Thema derzeit ausgereizt ist. Die jetzige Bundesminis- terin Frau Aigner, CSU, setzt sich für eine freiwillige Selbstbeschränkung des Bankensektors ein. Hingegen hat die SPD-Bundestagsfraktion eine ganz andere politische Auffassung. In ihrem Bundestagsantrag 17/10988 positioniert sie sich klar für eine „gesetzliche Obergrenze für verbrauchergerechte Dispositionszinsen“.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Leider wurde diese mit der Mehrheit der Regierungskoalition im Bundestag abgelehnt.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz, Herr Dr. Backhaus hat das schon ausgeführt, hat sich im Septem- ber 2012 für eine wirksame Begrenzung der Zinsen für Dispositions- und Überziehungskredite auf Basis eines Referenzzinssatzes ausgesprochen und die Bundesregierung gebeten, zeitnahe Lösungen vorzuschlagen. Wie der Minister ausgeführt hat, ist es bis jetzt nicht geschehen. Die Minister der Länder, in denen die SPD Regierungsverantwortung trägt, sprachen sich für eine

gesetzliche Regelung zur Begrenzung der Dispositions- und Überziehungszinsen aus, also auch unser Minister Dr. Till Backhaus.

Nun wieder, worauf Sie schon mal Bezug genommen haben, Frau Rösler, zu Ihrer Kleinen Anfrage, auf die Sie immer wieder abzielen, wie auch eben in Ihrer Rede: Diese Antwort auf die Kleine Anfrage ist eine Antwort der Landesregierung. Diese ist bekanntlich eine Koalitionsregierung. Die Fachaufsicht zum Thema Banken liegt im Verantwortungsbereich des Wirtschaftsministeriums. Dort lautet die Aussage: Präferenz für Selbstverpflichtung der Banken. Und hierbei ist das Wirtschaftsministerium federführend.

Die SPD fordert eindeutig eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung der Dispositions- und Überziehungszinsen. In der Gesamtschau des Themas ihres Antrages kann ich der Linksfraktion daher nur eine Empfehlung geben: Peer Steinbrück wählen, dann kommt das Gesetz gegen die Dispoabzocke voran.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Die SPD-Landtagsfraktion lehnt Ihren Antrag ab.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und David Petereit, NPD)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Über so viel Zusprache kann sich der Kanzlerkandidat der SPD, denke ich, nur freuen, aber, meine Damen und Herren, es ist eigentlich schon fast alles gesagt, bloß nicht von jedem.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ich halte mich daher kurz und beschränke mich auf fünf Punkte.

Erstens. Wir GRÜNEN begrüßen, dass die Fraktion DIE LINKE eine grün-rote Bundesratsinitiative aus BadenWürttemberg vom Herbst 2012 wieder aufgreift und hier ins Plenum einbringt.

Zweitens. Wir GRÜNEN freuen uns auch, dass DIE LINKE ihren Antrag aus der Dezembersitzung zurückgezogen hatte, um die damalige Mammutsitzung zu entlasten. Und warum freuen wir uns? Zum damaligen Zeitpunkt hätte der Antrag der LINKEN nur so gewirkt, als würde sich DIE LINKE pathetisch hinter einen abgefahrenen Zug werfen wollen, denn die Messen waren zum damaligen Zeitpunkt im Bundesrat ja leider bereits gesungen. Denn, Sie wissen es alle, Schwarz-Gelb, CDU und FDP hatten die Bundesratsinitiative abgelehnt. Nun aber, im Januar, jetzt und damit nach der Niedersachsen-Wahl, sieht die Lage ganz anders aus. Rot-Grün wird sicherlich die eigene Initiative wieder aufgreifen, denn eine Mehrheit im Bundesrat ist nun

auch ohne die rot-schwarz regierten Länder wie Mecklenburg-Vorpommern möglich.

Mal am Rande, weil wir da gerade beim Thema sind: Was mich wirklich stört, ist, dass die Stimme unseres Bundeslandes im Bundesrat unter Rot-Schwarz leider immer leiser wird

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

und zunehmend verstummt. Das Land wird durch die Große Koalition nicht nur im Inneren gelähmt, sondern die Interessen des Landes werden auch nicht mehr im Bundesrat deutlich vorgetragen.

(Heinz Müller, SPD: Jaja.)

Ob Vermögenssteuer, Zinssätze, Energiewende et cetera, häufig schweigt unser Land im Bundesrat. Wie gesagt, das nur am Rande. Ich hoffe, dass es hier irgendwann auch mal andere politische Verhältnisse im Land geben wird,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

aber momentan, denke ich, ist das keine gute Konstellation.

Das Thema des vorliegenden Antrages hat also meines Erachtens jetzt im Januar im Gegensatz zum Dezember echte Brisanz, denn rot-grün, grün-rot und rot-rot geführte Bundesländer haben bald wieder die Mehrheit im Bundesrat. Gut, dass wir also jetzt darüber reden können.

Dritter Punkt. Die grün-rote Bundesratsinitiative ist allerdings sehr viel zielgenauer gefasst als der vorliegende Antrag der LINKEN, weil sie unter anderem darauf abzielt, die entsprechende EU-Richtlinie im Artikel 18 zu korrigieren, damit eine gesetzliche Zinsobergrenze auf nationaler Ebene überhaupt eingeführt werden kann. Ebenso fordert die grün-rote Bundesratsinitiative die Präzisierung der für Überziehungskredite geltenden Wuchergrenze. Eine Forderung im Übrigen – weil eben gerade auch der Vorwurf des Populismus kam –, eine Forderung, die Peer Steinbrück kürzlich indirekt wiederholt hat,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch auch ein Populist.)

indem er einfach festgestellt hatte, dass es sich bei den aktuellen Zinssätzen um Wucher handelt.

Weiterhin fordert die grün-rote Bundesratsinitiative eine Ergänzung der Verbraucherkreditrichtlinie, um ein europaweites Berichtssystem aufzubauen. Und mag eben die Verbraucherschutzministerkonferenz, Herr Backhaus, sich für eine ähnliche Forderung ausgesprochen haben, im Gegensatz zum Bundesrat und zum Bundestag hat die VMK aber kaum Gesetzesinitiativrecht. Das heißt, ich glaube, es wird versanden.

Viertens. Die Banken ringen seit der Finanzkrise um Vertrauen bei Politikern und in der Bevölkerung, denn die Staaten und ihre Steuerzahler haben mit enormen Kraftanstrengungen und Multimilliardenbürgschaften das

Bankensystem vor dem Kollaps gerettet. Es wäre doch schön gewesen, wenn die Banken der Gesellschaft

und den Staaten als Dank dafür wieder etwas zurückgeben könnten. Aber was machen stattdessen die Banken? Sie betreiben eine rotzfreche, in meinen Augen rotzfreche Wucherpolitik bei den Dispo- und Überziehungskreditzinsen.

(Udo Pastörs, NPD: Nicht nur da. – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Also, meine Damen und Herren, liebe Banken, so wird das überhaupt nichts mit dem Plan, verspieltes Vertrauen in der Bevölkerung und bei den politischen Entscheidungsträgern wieder zurückzugewinnen. Es muss sich nach solchen Aktionen und nach solchem wiederholt frechen Verhalten niemand wundern, dass der Ruf nach ordnungspolitischen Maßnahmen, also nach einer Begrenzung der Obergrenze des Zinssatzes, der Ruf nach ordnungspolitischen Maßnahmen immer lauter wird.

Fünftens und letztens. Es ist natürlich absolut unstrittig, dass wir GRÜNEN unserer eigenen Bundesratsinitiative zustimmen und dementsprechend auch dem Antrag der LINKEN zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Eichler von der Fraktion der CDU.

(Torsten Renz, CDU: Eifler, Dietmar.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich gleich noch mal auf den Inhalt der Rede von Minister Dr. Backhaus eingehen. Sie haben das 3-Säulen-Modell angesprochen und dazu will ich auch eine Richtigstellung machen. Also mir ist nicht bekannt, dass es zu irgend- einem Zeitpunkt ein Abweichen bei der CDU von dem sogenannten 3-Säulen-Modell gegeben hat. Ich will hier erinnern, dass also, als es bei der EU in der Diskussion war, gerade unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel mit großem Erfolg dafür gestritten hat.