Protocol of the Session on December 7, 2012

…, denn es wird in unserem Land sehr viel getan, um den Kindern von Flüchtlingen umfassend zu helfen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und bei der Epilepsie handelt es sich ja um ein Anfallsleiden, das einer engmaschigen Betreuung bedarf, denn da geht es darum, tatsächlich eine vernünftige und gute Einstellung zu garantieren mit guten Medikamenten, ansonsten kriegt man die Sache nicht in den Griff.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee.)

Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, sehen aber aus politischen Erwägungen bei diesem Thema wohl grundsätzlich immer Verbesserungsbedarf. Mit der aktuellen Lage hat das nicht immer was zu tun. Deshalb möchte ich Ihnen kurz im Einzelnen darstellen, dass die Versorgung von Flüchtlingskindern bedarfsgerecht stattfindet.

Die von Ihnen behauptete Verweigerung von Rechten oder gar systematische Ausgrenzung gibt es nicht. Bei der Anwendung ausländer- und asylrechtlicher Bestimmungen findet das Kindeswohl grundsätzlich Vorrang und ist uns wichtig. Darauf wurde bereits im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage an die beiden Abgeordneten der Linksfraktion vom 23.03. zum gleichen Thema hingewiesen.

Außerdem enthalten die Leistungen an Asylbewerber auch einen Anteil zur Gestaltung von Freizeit und Teilhabe an Unterhaltung, Kultur und Bildung. Durch entsprechende Erlasse ist im Übrigen geregelt, dass auch die Leistungen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaketes nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden können. Das Leistungsrecht ist in diesem Punkt also weder diskriminierend noch benachteiligend. Es ist auf die Kinder von Asylbewerbern anzuwenden.

Die medizinische Versorgung ist ebenfalls zum Zeitpunkt der Einreise nach Mecklenburg-Vorpommern gewährleistet. Sobald Kinder von Asylsuchenden die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen und in den Kommunen untergebracht werden, ist ihnen der Zugang zur Bildung, in Kita, in Schule sowie zu Freizeitangeboten, Schulausflügen und Klassenfahrten uneingeschränkt möglich.

Außerdem trägt das Konzept der Intensivsprachförderung der Situation von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften Rechnung. In der Nähe von Gemeinschaftsunterkünften befinden sich sogenannte Standortschulen, an denen Deutsch-Intensivkurse für alle neu angekommenen Kinder zeitnah angeboten werden. Der Migrationshintergrund wird im Übrigen sowohl in der Kinder- und Jugendhilfestatistik als auch in der Schulstatistik landesweit erfasst. Von daher gibt es eine Datenlage.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht ausreichend.)

Hinsichtlich der Gemeinschaftsunterbringung von Familien und Alleinstehenden mit Kindern sind unsere Kommunen bestrebt, dass für diese so schnell wie möglich eine dezentrale Unterbringung erfolgt.

Und auch für die von Ihnen angesprochenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gibt es bereits eine gute

Regelung. Ausnahmslos alle ausländischen Minderjährigen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die unbegleitet in die Bundesrepublik einreisen und deren Erziehungsberechtigte sich nicht im Inland aufhalten, werden durch die örtlichen Träger der Jugendhilfe in Obhut genommen. Das wurde bereits im Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe bundesrechtlich festgeschrieben. Die Minderjährigen sind bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen und das zuständige Jugendamt hat unverzüglich die Bestellung eines Vormundes oder Pflegers zu veranlassen. Das ist auch geregelt, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Gajek, Gesetze sind umzusetzen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danach legt das Jugendamt den geeigneten und notwendigen Unterstützungsbedarf schulisch, beruflich oder therapeutisch unter Berücksichtigung vorhandener Fähigkeiten und der persönlichen Problembereiche in einem Hilfsplan fest. Die kindgerechte Unterbringung und eine umfassende soziale und medizinische Versorgung werden sichergestellt.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Laut Jugendamt Ludwigslust, welches für die Mehrheit von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Land zuständig ist, gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Behörden, der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Horst und dem für die Unterbringung zuständigen freien Träger, dem Internationalen Bund, gerade in diesem Bereich sehr gut. Nach der Novelle des KiföG haben Kinder von Ausländern, die rechtmäßig ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpom- mern haben, auch einen Anspruch im Land MecklenburgVorpommern auf Förderung in einer Kindereinrichtung. Sie sehen also, dass eine umfassende Versorgung erfolgt.

Es ist richtig, dass die Bundesregierung im Juli 2010 die Vorbehalte zu einer Kinderrechtskonvention zurückgenommen hat. Diese sieht vor, dass bei allen Maßnahmen das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Es ist aber auch schon bekannt, dass der Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention beziehungsweise der Artikel 6 Grundgesetz das besondere Gewicht der familiären Bindung und insbesondere des Kindeswohles berücksichtigt. Daher muss auch die UN-Kinderrechtskonvention nicht unbedingt angewandt werden. Es wirken bereits die von mir erwähnte Europäische Menschenrechtskonvention

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also die muss schon umgesetzt werden.)

und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Und ich meine schon, dass sie umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, unter diesen vorgebrachten Argumenten kann ich nicht empfehlen, Ihren Antrag anzunehmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alles, was ich auf dem Zettel hatte, hat Minister Glawe eben gerade gesagt.

(Die Abgeordnete Martina Tegtmeier zerreißt ihr Redemanuskript. – Detlef Lindner, CDU: Das gibts doch nicht!)

Mir ist aber dennoch einiges Zusätzliches dazu einge- fallen.

Und zwar, Herr Al-Sabty, Sie haben – in einem Nebensatz war es eigentlich nur – das Thema Gemeinschaftsunterkünfte angesprochen und über Ihren gesamten Beitrag das Kindeswohl gestellt. Selbstverständlich sind auch die Koalitionsfraktionen dem Kindeswohl verpflichtet. Und ich glaube auch, dass nichts so gut ist, als dass man es nicht noch besser machen könnte. Das ist die eine Seite.

Aber nun noch mal zu den Gemeinschaftsunterkünften. Sie vertreten die Meinung, das haben Sie uns schon öfters hier kundgetan, Frau Gajek vertritt diese Meinung auch, dass jeder Flüchtling von Anfang an dezentral untergebracht werden könnte, dass die Leute durchaus dazu in der Lage sind, selbst klarzukommen. Sie haben es schließlich auch geschafft, diese Flucht durchzustehen und so weiter und so fort. Diese Auffassung teilen wir eben nicht. Wir glauben sehr wohl, dass jeder hier ankommende Mensch, der weder in der Regel die Landessprache spricht noch sonst mit dem Staatswesen, unserem Sozialwesen und so weiter vertraut ist, eine gewisse Phase der Orientierung benötigt und der Unterstützung, sich in all diesen Dingen zurechtzufinden.

Und deshalb halten wir es durchaus für gerechtfertigt, zunächst einmal diese Menschen in Gemeinschaftsunterkünften ankommen zu lassen und wirklich auch zur Ruhe kommen zu lassen, und das betrifft insbesondere die Kinder. Wenn ich dann diese Forderung höre, Bildung von Anfang an, das Recht muss jedes Kind haben, dazu möchte ich nur eins sagen, wir haben hier eine rechtliche Grundlage, was die Beschulung angeht, und wir haben die Situation in Mecklenburg-Vorpommern folgender Art: Ich war selbst 14 Jahre lang Schulverbandsvorsteherin und habe mich oft mit Anträgen zur Beschulung von Kindern in nicht örtlich zuständigen Schulen oder Umschulung von Kindern befassen müssen. Und die rechtliche Situation sieht hier so aus, wenn ein Kind irgendwo erst einmal eingeschult ist, dann entspricht es eigentlich dem Kindeswohl eher, das wird höhergestellt, dieses Kind an dieser Schule zu belassen, bis diese Schulform abgeschlossen ist, als dieses Kind aus dieser Schule herauszunehmen und woanders einzuschulen.

Das wäre immer dann der Fall, wenn die Eltern oder die Familie die Gemeinschaftsunterkünfte verlassen. Das Kind ist erst mal, wenn wir sagen, Bildung von Anfang an, irgendwo eingeschult worden, dann müsste es schon wieder umgeschult werden. Also nach der hiesigen Rechtsprechung wäre das wahrscheinlich dem Wohle des Kindes abträglicher, als wenn man es dort belässt

und die Schulform vollendet. Also das ist ein Widerspruch. Deswegen glaube ich, dass es dem Kindeswohl eher zugutekommt, es erst mal zur Ruhe kommen zu lassen und dann dort einzuschulen, wo der Verbleib der Familie voraussichtlich für eine längere Zeit auch gesichert ist, ob es in der Gemeinschaftsunterkunft ist oder dezentral.

In dem Zusammenhang wissen Sie sicherlich auch, dass, seit wir einen vermehrten Zuzug von Flüchtlingen haben, das Innenministerium die Anweisung an die kommunalen Gebietskörperschaften gegeben hat, bevorzugt Familien mit Kindern dezentral unterzubringen, also in erster Linie unterzubringen, und es hat auch seinen Erlass dahin gehend aus dem Juni dieses Jahres, der ja stark kritisiert wurde, weil er nicht so großzügig ausgelegt war, wie wir es gern hätten, aufgeweicht und praktisch zurückgestellt vor dieser Situation.

Also ich denke, auch, wenn wir uns Weihnachten nähern, man sollte mit seinen Wünschen immer sehr vorsichtig sein und die auch ganz durchdenken, denn die könnten tatsächlich in Erfüllung gehen. Wir werden Ihren Antrag heute nicht unterstützen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nur heute?)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich würde ganz gern die Punkte so abarbeiten, wie sie hier auf dem Antrag stehen, und im Vorfeld doch noch mal ein, zwei Worte zu Herrn Glawe sagen.

Herr Glawe, ich denke, das, worum es geht, geht auch darum, zu helfen. Helfen ist immer so etwas, wo andere sich kümmern und möglicherweise auch Menschen sehr doll einengen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen, und das wissen Sie, für selbstbestimmtes Wohnen, selbstbestimmtes Leben und somit auch für dezentrale Unterbringung, wobei ich eben meine knappe Redezeit nicht darauf jetzt verwenden will. Ich glaube, die Positionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind bekannt.

Aber ich möchte noch mal auf ein, zwei Punkte unter Punkt 1 hinweisen, und zwar geht es hier um das Kindeswohl. Und das Kindeswohl ist immer – wir haben das SGB VIII Paragraf 8a – umsetzbar, egal für welches Kind, woher es kommt, welche Herkunft es hat, es ist immer umsetzbar. Die Frage ist, und da möchte ich auch noch mal auf Herrn Glawes Beitrag hinweisen, es muss dann bekannt sein. Natürlich ist es rechtlich geregelt, nur wenn die Information dort nicht ankommt, dann nützt mir das ganze Recht nicht. Das Kind ist dann dennoch...

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist so zum Teil, doch, doch, doch. Das wissen wir. Und gerade der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern hat uns das auch bestätigt.

Aber unter der Ziffer 1. b) geht es um kindgerechte Unterbringung. Hier hat die Verordnung der Innenminister einiges aufgelöst sozusagen, dass eine dezentrale Unterbringung möglich ist, aber – und da möchte ich noch

mal Herrn Dr. Al-Sabty unterstützen – es geht um die umfassende soziale und medizinische Versorgung von Flüchtlingskindern. Und ich glaube, darauf zielt dieser Antrag auch insbesondere hin.

Wir müssen dieser Forderung zustimmen, denn allein dieses Beispiel, was Herr Al-Sabty genannt hat von dem Kind, welches Epileptiker ist, das geht nicht.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und ich bitte hier auch insbesondere das Innenministerium, hier noch mal nachzufragen, was dort los ist, weil das können wir nicht dulden. Da nehme ich den Herrn Glawe in Vertretung des Innenministers beim Wort, dass er sich darum dann kümmert,

(Harry Glawe, CDU: Aber selbstverständlich. – Peter Ritter, DIE LINKE: Nichts ist sicher.)

und wir werden nachfragen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber – und da sind noch mal ein paar Punkte des Flüchtlingsrates benannt worden – es geht ja hier auch um Bildung. Natürlich haben die Kinder die Schulpflicht und sie sollen die Schulen auch besuchen. Es gibt zwei Punkte dabei, die zu beachten sind, nämlich es muss über die allgemeine Schulpflicht hinausgehen, denn die neun Jahre Schulpflicht sind zwar abgesichert, proble- matisch ist es dann tatsächlich für die Kinder, die das 15. Lebensjahr absolviert haben und dann eine weiterführende Schule besuchen wollen, insbesondere das Abendgymnasium. Hier gibt es kaum Möglichkeiten. Dies muss an dieser Stelle so benannt werden.