Protocol of the Session on December 7, 2012

Rund 80 Prozent des Altbestandes dieser Bäume weisen bereits Schäden auf. Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wollen mit Ihrem Antrag die Fällung von teilweise bereits stark geschädigten Bäumen verhindern. Dieser konversierende, Entschuldigung, dieser konservierende Ansatz des Alleenschutzes trägt nicht nur zur Gefährdung von Verkehrsteilnehmern bei,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

er schnürt den Norden der Insel Rügen auch dauerhaft von jeglicher wirtschaftlicher und touristischer Entwicklung ab.

Sehr geehrte Damen und Herren, meine Fraktion hingegen steht für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche sowie touristische Entwicklung des Landes, die selbstverständlich im Einklang mit dem Naturschutz steht. Aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Eifler.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Frage in Richtung der Antragsteller, aufgrund ihrer Begründung: Haben Sie schon mal was von Allee- touristen oder Alleetourismus gehört? Also Google kennt die Begriffe schon mal nicht. Entsprechend ausschlaggebend dürfte die Randbepflanzung an Bundesstraßen für die Entscheidung nach dem Urlaubsziel sein.

Verstehen Sie das jetzt nicht falsch, wo es möglich und sinnvoll ist, sollten Alleen erhalten bleiben. Im Falle des Streckenabschnittes von Ralswiek nach Strüssendorf sind die Abwägungsprozesse, wie wir nun schon mehrfach gehört haben, abgeschlossen und Ausgleichsmaßnahmen sind auch vorgesehen. Die Argumente liegen längst auf dem Tisch, sie wurden vorgetragen, in Zeitungen veröffentlicht und nun auch noch mal wiederholt. Finden Sie sich bitte mit der Entscheidung ab! Es wäre wünschenswert, wenn Sie den Elan, den Sie für Bäume, Sträucher und Lurche aufbringen, für den Erhalt des deutschen Volkes an den Tag legen würden.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Aber während jedes Buschwindröschen am besten noch mit Streicheleinheiten beglückt werden soll, würden Sie uns ja wohl lieber abschaffen, unser Volk.

Im Übrigen ist Ihr Antrag in der vorliegenden Form nicht geeignet, selbst bei einem positiven Votum, die halbseitige Fällung der Bäume zu verhindern. Die Landesregierung soll hier lediglich aufgefordert werden, auf die Fällung zu verzichten. Gebunden wäre sie an einen solchen Beschluss allerdings nicht. Und um das jetzt nicht in die Länge zu ziehen, es ist alles gesagt, wir lehnen den Antrag ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch auf einige Aspekte, die wir jetzt in der Debatte gehört haben, eingehen, zuallererst auf die von Herrn Minister Schlotmann zitierte Betitelung der Allee als „absterbende Allee“. Genau, da ist er.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marc Reinhardt, CDU: Da ist er.)

Absterbende Allee: Es ist eine ganz besonders wertvolle alte Allee und natürlich sterben in einer solchen Allee gelegentlich Bäume ab. Und es ist wunderbar und genau richtig, dass die Straßenverkehrsämter darauf achten, dass alle Bäume, die die Verkehrssicherheit gefährden, so schnell wie möglich gefällt werden. Da sind wir ganz einer Meinung.

(allgemeine Unruhe)

Kein Mensch bei uns würde das hinnehmen, dass ein Baum, wenn er denn droht, auf die Straße zu fallen, oder droht, Äste auf die Autos zu werfen oder fallen zu lassen, dass er weiter steht. Dennoch, in einer solchen Allee, die ja per Landesverfassung geschützt ist und besonders wertvoll ist, sollte jeder Baum, der gefällt wurde, nachbesetzt werden. Da sollte eine Lückenbepflanzung stattfinden. Darum geht es hier, meine Damen und Herren.

Dass wir nicht über alle Fakten verfügen, liegt auch an den Folgen des Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes, wo – Frau Schwenke ist ja schon darauf eingegangen – die Verbandsbeteiligung nicht mehr automatisch stattfindet. Die Verbände sind nicht beteiligt worden. Sie konnten keine Stellungnahmen, keine Gutachten selber abgeben. Die Bäume sind offenbar gesund. Also sie jetzt als krank und sterbend hinzustellen, weise ich wirklich von der Hand – ich habe es gerade begründet –, denn sonst wären sie ja gefällt. Sie werden ständig kontrolliert, weil sie an einer wichtigen Bundesstraße stehen. Dort dürfen keine kranken Bäume stehen.

Kommen wir kurz auf die Argumentation, dass der Fährhafen Sassnitz und die gesamte wirtschaftliche Entwicklung im Norden von Rügen gefährdet seien wegen dieses kleinen Straßenabschnittes. Davon steht im Planfeststellungsbeschluss kein Wort. Dafür gibt es keinen einzigen Beweis.

Ich zitiere aus dem Planfeststellungsbeschluss die Begründung, die dort zu finden ist, Zitat: „… aufgrund der für die Verkehrsmenge geringen Fahrbahnbreite und den dicht stehenden Bäumen ein optisch stark eingeschränkter Verkehrsraum entstünde, der zum Teil nur eine schlechte Übersichtlichkeit zuließe. Die Unfallstatistik des Landkreises Rügen für den betrachteten Streckenabschnitt weise eine Unfallhäufungslinie auf. Im Ergebnis der Unfallanalysen zeige sich, dass aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse und des eingeschränkten Lichtraumprofils im Vergleich zu einer richtliniengerechten Ausbaustrecke ein erhöhtes Unfallrisiko bestehe.“

In diesen ganzen Unterlagen finden wir keine Behauptung, dass die wirtschaftliche Entwicklung irgendwo gefährdet sei. Wir können das Tempo 80 – was offensichtlich zu mehreren Unfällen, wir haben es gehört, geführt hat, das ist auch sehr bedauerlich –,

(Andreas Butzki, SPD: Schrittgeschwindigkeit!)

da können wir auf diesen paar Kilometern Schilder aufstellen, die Allee, die kulturhistorisch und ökologisch äußerst wertvoll ist, schützen und retten und auf Tempo 70 runterregeln. Wir haben das schon ausgeführt gerade eben.

Noch einmal auf die Bedeutung des Alleenschutzgesetzes und der Verfassung eingehend: Die bisher vorgelegten Begründungen für die Fällung der 112 Bäume sind einfach schmalbrüstig. Es wird gesagt, es ist notwendig, es ist erforderlich. Es wird nicht hinreichend begründet. Wenn diese schmalbrüstige Begründung für eine Beseitigung unserer Altalleen jetzt salonfähig wird, wenn das überall so stattfindet, wie es hier gerade sichtbar wird, dann ist der Alleenschutz, der ohnehin an anderen Stellen im Lande auch ausgehöhlt wird,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

der ist dann faktisch gar nicht mehr existent.

(Beate Schlupp, CDU: Was wäre denn in Ihren Augen eine hinreichende Begründung?)

Es ist doch völlig klar, dass in Alleen eine vergleichsweise schlechte Übersichtlichkeit herrscht. Natürlich, das ist die Eigenschaft von Bäumen, dass sie nicht durchsichtig sind. Aber sie stehen ja nun mal nicht auf der Fahrbahn, sie stehen neben der Fahrbahn.

(Beate Schlupp, CDU: Und in der Kurve.)

Sehen Sie mir nach, dass ich an dieser Stelle etwas ironisch werde, denn diese doch schlichten Begründungen sind für die totale Vernichtung von weitgehend gesunden Bäumen einfach nicht ausreichend. Der gesetzliche Schutz der Alleen ist ja gerade aufgrund der Konfliktfälle in die Verfassung hineinformuliert worden, zur Abwendung akuter Gefahren. Was macht denn der gesetzliche Alleenschutz für einen Sinn, wenn er nicht genau in jenen Fällen sich bewährt, wo er mit anderen Interessen – über die haben wir ja gesprochen – abgewogen werden muss? Außerhalb dieser Konfliktfälle, wie wir ihn ja hier haben, stehen die Bäume ganz geduldig am Straßenrand.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Dort brauchen sie diesen Schutz ja einfach nicht. Und erst, wenn man ihnen ans Leben will, wenn man sie beseitigen will, dann müssen sie per Gesetz einen Schutz erfahren, und genau deswegen haben wir diesen Schutz. Und dies geschieht, sehr geehrte Damen und Herren, im Fall der Allee zwischen Strüssendorf und Ralswiek mit den jetzt hier gehörten Planfeststellungsbeschlussergebnissen nicht.

Noch eine Bemerkung: Offensichtlich kennen einige hier im Saal die Aussagen der Baumgutachten von UmweltPlan. Die haben ja offensichtlich nicht dazu geführt, dass die Bäume als krank und schlecht und sonst was dargestellt werden, sonst würden sie ja jetzt schon nicht mehr dort stehen. Also es ist alles in sich sehr widersprüchlich und ich bin gespannt, wie jetzt die nächsten Jahre sich entwickeln werden. Zum Glück haben wir ja heute gehört, dass wir noch reichlich Zeit gewonnen haben. Und wir werden weiter für den Erhalt dieser Allee kämpfen. – Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Karlowski.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1345. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1345 bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 44: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Förderung der niederdeutschen Sprache in Mecklenburg-Vorpommern sichern, auf Drucksache 6/1364.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Förderung der niederdeutschen Sprache in Mecklenburg-Vorpommern sichern – Drucksache 6/1364 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Dr. Al-Sabty, bitte schön, für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterschiedlichsten Gründe – Kriege, Internet und die Globalisierung – führten dazu, dass weniger verbreitete Sprachen und Dialekte weltweit verdrängt werden. Ich möchte Ihnen einen historischen Hintergrund schildern.

Das erste gedruckte niederdeutsch-lateinische Wörterbuch erschien im Jahr 1582 in Mecklenburg-Vorpom- mern, genauer gesagt in Rostock. Zwischen 1582 und 1621 wurde dieses Buch zu Schulzwecken 14-mal ausgegeben. Im Jahre 1781 wurde das „Plattdeutsche Wörterbuch der alten und neuen pommerschen und rügenschen Mundart“ gedruckt. Diese Werke aus Rostock, Greifswald und Stralsund wurden zur Bewahrung der niederdeutschen Sprache und werden heute als eine sprachhistorische Quelle von großem Wert betrachtet. Der mecklenburgische Professor Richard Wossidlo untersuchte jahrelang den Wortschatz bei der mecklenburgischen Bevölkerung. Das zu meinem geschichtlichen Hintergrund.

Sprachwissenschaftler gehen davon aus, dass Ende des 20. Jahrhunderts von den gegenwärtig etwa 6.000 Sprachen und Dialekten nur noch 3.000 existieren werden. Gefährdet ist auch das Niederdeutsche. In Deutschland wird dem Schutz der Dialekte und Mundarten die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen gerecht, die 1998 in Kraft trat. Seitdem sind hierzulande fünf Minderheitensprachen und eine Regionalsprache offiziell anerkannt, darunter eben auch das Niederdeutsche. Konkrete Maßnahmen, zum Beispiel Aufklärungsarbeit in Schulen, die für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen sollen, obliegen den Bundesländern.

Und hier liegt meines Erachtens die Krux. Die Bundesländer handeln nach ihrem jeweiligen Gusto. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mecklenburg-Vorpommern war schon einmal bei der Umsetzung der Sprachencharta vorbildlich. In der Regierungszeit von 1998 bis 2008 von Harald Ringstorff

(Stefan Köster, NPD: 2008?)

wurden beispielsweise 80 Lehrerinnen und Lehrer für die Niederdeutschvermittlung an Schulen ausgebildet. Doch soll es heute einmal konkret hinterfragt werden: Wo sind sie und wie wenden sie das erworbene Wissen an? Die Spuren verlaufen im Sande. Hier wurde ein vielversprechender Anfang gemacht und die Fortführung versäumt. Andere norddeutsche Bundesländer wie Hamburg und Schleswig-Holstein haben Mecklenburg-Vorpommern

den Rang abgelaufen. Dort wird an Schulen fleißig Niederdeutsch angeboten.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeiten, in denen die niederdeutsche Sprache von Generation zu Generation weitergegeben wurde, sind vorbei. Dessen waren sich die Väter der Sprachencharta bewusst und wollten die Pflege und den Erhalt in den öffentlichen Sektor rücken. Und auch hier wurde in Schwerin zunächst richtig reagiert, indem die Pflege des Niederdeutschen in die Verfassung aufgenommen wurde, die dann sogar in der niederdeutschen Sprache herausgegeben wurde.

Eine Chance, das Niederdeutsche als Kulturgut in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten, besteht in der Ver- mittlung durch die Schule. Es ist an der Zeit, liebe Kollegen und Kolleginnen, die Umsetzung der Sprachencharta mit allen Konsequenzen anzugehen. Gegenwärtig liegt die Förderung der niederdeutschen Sprache in Mecklenburg-Vorpommern im Argen. Das betrifft insbesondere die Vorbereitung des Kinder- und Jugendwettbewerbs für 2013, ebenso das alle zwei Jahre in Güstrow durchgeführte Liederfestival „Nu kaamt tohoop“ (hochdeutsch: „Nun kommt zusammen“). Hier muss schnellstens etwas geschehen, ansonsten wird nachhaltig Schaden angerichtet.