Protocol of the Session on December 7, 2012

(Vincent Kokert, CDU: Für das ganze Land?)

Es handelt sich um eine absterbende Allee. Gab es 2001, 2004 noch 225 Bäume auf dieser Strecke, sind es heute nur noch 171 Bäume in dem Abschnitt. Das heißt also, zwischen 2001 und 2012 mussten im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht – da geht es also um Bäume, die drohen umzustürzen, da gibt es Baumwarte, die das prüfen, die das wirklich konkret prüfen –, mussten bereits 54 Alleebäume gefällt werden. Und der Erhalt der Altallee ist schon deshalb gefährdet, weil einzelne Bäume herausgenommen wurden und dies auch zukünftig werden.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend lässt sich feststellen, es liegt ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss vor. Die Fällung der Bäume ist grundsätzlich bis zur Finanzierungszusage für den Nordabschnitt der B 96n zurückgestellt und für den Abschnitt muss ein regelkonformer Ausbau erfolgen. Und dabei geht es eben nicht um Zeitgewinn im Sekundenbereich, sondern erstens um eine strategische Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und vor allem um die grundsätzliche Verbesserung der Verkehrssicherheit. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte für die Fraktion der SPD.

(Jochen Schulte, SPD: Ich verzichte.)

Der Wortbeitrag ist zurückgezogen worden.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke für die Fraktion DIE LINKE.

Ich verzichte nicht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat: „Land, Gemeinden und Kreise schützen und pflegen die Landschaft mit ihren Naturschönheiten, Wäldern, Fluren und Alleen, die Binnengewässer und die Küste mit den Haff- und Boddengewässern.“ Das war ein Zitat aus der Landesverfassung. Mit dem zitierten Artikel 12 wurde der Schutz der Alleen bei uns in den Verfassungsrang erhoben. Eine weitere Untersetzung findet der Alleenschutz neben dem Paragrafen 29 des Bundesnaturschutzgesetzes in Paragraf 19 des Naturschutzausführungsgesetzes unseres Landes.

Also kein Wunder, wir haben schon in den vergangenen Jahren sehr viel über Alleenschutz geredet. Das hat aber nichts daran geändert, dass auch alte und besonders wertvolle Alleen unserem Autowahn weichen mussten. Die Entwicklung seit 1990 ist erschreckend. Jedes Jahr werden Tausende Alleenbäume gefällt, aus Gründen des Verkehrsschutzes oder besser gesagt aus Gründen der „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“, aus Alters- und Krankheitsgründen oder schlicht, weil sie geplanten Straßenbaumaßnahmen im Weg stehen.

Weder das Land noch die Kreise und Kommunen kommen ihren Verpflichtungen aus dem Alleenerlass nach. Neupflanzungen finden nicht im geforderten Umfang statt. Der Baumbestand in Alleen hat seit der Wende dramatisch abgenommen. Auf der diesjährigen 8. Alleentagung des BUND am 7. November in Güstrow schätzte Dietmar Weier von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Vorpommern-Greifswald die Situation folgendermaßen ein: „Aufgrund der aktuellen Bestandsentwicklung und der darauf aufbauenden Prognose ist zu befürchten, dass der Auftrag zum Alleenschutz und zur nachhaltigen Sicherung des Alleenbestandes, den Landesverfassung und Naturschutzausführungsgesetz vorgeben, nicht erfüllt werden kann.“ Diese Einschätzung wurde in Güstrow von vielen Teilnehmern geteilt.

Jetzt plant die Landesregierung eine Verbreiterung des Straßenabschnittes Strüssendorf–Ralswiek an der B 96 nördlich von Bergen. Nach Aussagen des zuständigen Infrastrukturministers ginge es wieder um „Gründe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“. Die Straße soll auf einer Länge von 2,7 oder 2,8 Kilometern verbreitert werden, damit nicht mehr nur 80 Kilometer pro Stunde, sondern 100 Kilometer pro Stunde gefahren werden kann. Dafür sollen 112 Alleenbäume weichen, für einen fragwürdigen Zeitgewinn von Sekunden.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Immer noch herrscht in diesem Land ein falsches Verkehrsverständnis, dem sich alles andere unterzuordnen hat. Die Wut vieler Bürger vor Ort und der Protest der anerkannten Naturschutzverbände NABU und BUND gegen die Fällungspläne für diese alten und vitalen Bäume sind hier für mich völlig verständlich. Es wundert mich auch nicht, dass deutlich mehr als 5.000 Unterschriften gegen die Pläne der Landesregierung zusammengekommen sind. Auch ich habe die Proteste unterstützt.

Und insofern haben Sie recht, Herr Minister, es geht auch um Menschen.

Laut einer Pressemitteilung des BUND wurden im Herbst 2009 die Unterlagen zu dem Vorhaben vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vor- pommern an 32 Behörden, Versorgungsunternehmen, Kirchen mit der Bitte um Stellungnahme geschickt. Nur die anerkannten Naturschutzverbände waren nicht in diesem Verteiler. So hat leider kein Verband von dem Vorhaben Notiz genommen und innerhalb der Frist eine Stellungnahme abgegeben.

Minister Schlotmann betont bei jeder Gelegenheit, dass bei allen Vorhaben der Landesregierung für ihn Transparenz und Bürgerbeteiligung ein Muss sind. In der vergangenen Legislatur galt das offenbar noch nicht. Oder gehören Umweltverbände nicht zu den Bürgern? Auch wenn eine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände in diesem Fall gesetzlich nicht vorgeschrieben war, so stand ihr aber trotzdem nichts entgegen. BUND und NABU fühlen sich zu Recht verhöhnt, wenn es im Planfeststellungsbeschluss heißt: „Von keiner der Naturschutzvereinigungen wurde eine Stellungnahme gegenüber der Anhörungsbehörde oder der Gemeinde abgegeben.“ Offensichtlich war das auch nicht gewünscht.

Meine Damen und Herren, wenn wir es in diesem Land tatsächlich ernst meinen mit dem Alleenschutz, dann muss dieses Vorhaben verhindert werden. Die geplanten Kompensationsmaßnahmen für die Fällung dieser 112 Bäume mögen für einige von Ihnen als ausreichend angesehen werden, sie sind aber keinesfalls ein Ersatz für den Verlust eines der letzten geschlossenen Stücke alten Alleenbestandes entlang der B 96 auf Rügen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Meine Fraktion wird deshalb dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Schwenke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Eifler für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Minister Schlotmann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sehr deutlich, mit sehr deutlichen Worten auf die Verkehrssituation auf diesem Abschnitt der B 96 hingewiesen haben. Ich selbst, jahrelang Mitarbeiter einer Verkehrsbehörde, weiß um die Situation bei Unfallhäufungen bei Gefährdungen im Straßenverkehr, es ist aber auch deutlich gemacht worden vom Minister die Situation um den Aufwand von Schwerlasttransporten.

Frau Schwenke, wenn Sie hier darstellen, dass Alleebäume gefällt werden, ohne dass Ersatz gepflanzt wird, so glaube ich Ihnen das nicht und ich glaube, viele in dem Haus nehmen Ihnen das auch nicht ab,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: So habe ich das auch überhaupt nicht gesagt.)

weil ohne diese Maßnahme der Ersatzbepflanzung eine Fällgenehmigung nicht erteilt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN, wenn Sie den nördlichen Teil der Insel Rügen von jeglicher wirtschaftlicher und touristischer Entwicklung abhängen wollen, dann müssen Sie das den Menschen vor Ort auch wirklich sagen und hier nicht versuchen, die Abgeordneten des Landtags Mecklenburg-Vorpommerns in Mithaftung zu nehmen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Und das hängt an diesem Stück Straße?! Das ist doch wohl nicht zu glauben.)

Die Begründung Ihres Antrages mit der angeblichen Geschwindigkeitserhöhung auf diesem Straßenabschnitt von gegenwärtig 80 km/h auf 100 ist ganz offensichtlich und zu kurz gesprungen.

Sehr geehrte Damen und Herren, für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung der Insel Rügen und somit für den Erhalt und die Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen ist der Ausbau der B 96 zwingend erforderlich. Gerade der Abschnitt der Bundesstraße B 96 bei Strüssendorf ist aufgrund der geringen Fahrbahnbreite von 6,20 Meter für den Straßenverkehr geradezu ein Nadelöhr, welches häufig zu Gefahren führt und gleichzeitig den Schwerlastverkehr zum Hafen SassnitzMukran behindert.

Der Seehafen Sassnitz-Mukran ist dabei für die regionale Wirtschaft von fundamentaler Bedeutung. Um den prognostizierten Güterumschlag bis 2025 bewältigen zu können, ist der Ausbau der Seehafenhinterlandanbindung durch die B 96 zwingend erforderlich. Der Ausbau der Infrastruktur ist besonders auch für die Ansiedlung von hafenaffinen Industrie- und Gewerbeunternehmen am Standort Sassnitz-Mukran notwendig.

Mit dem Ausbau der B 96 ergeben sich für die Hafen- region enorme Wachstumschancen, die auch auf das Hinterland ausstrahlen. Insgesamt soll der Umschlag im Hafen Sassnitz-Mukran bis zum Jahre 2025 auf 13,54 Millionen Tonnen entwickelt werden. Das entspricht einem jährlichen Umschlagzuwachs von 5 Prozent, meine Damen und Herren.

Hier bietet die gute Anbindung des Hafens SassnitzMukran nach Sankt Petersburg, Skandinavien und die baltischen Staaten die beste Voraussetzung für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen nach Russland und nach Nordosteuropa. Dies muss bei den weiteren Ausbaumaßnahmen der Infrastruktur berücksichtigt werden. All diese klaren Fakten sind ausreichend, um den zügigen Ausbau der B 96 voranzutreiben.

Sehr geehrte Damen und Herren, bereits seit 1992, also seit gut 20 Jahren, wird der Ausbau der B 96 zwischen Strüssendorf und Ralswiek wegen 112 alter Alleebäume seitens der Naturschutzverbände verhindert, obwohl der Ausbau einer Bundesstraße auf eine ausreichende Straßenbreite gesetzlich vorgegeben ist. Hierfür wurde ein Umweltverträglichkeitsgutachten erstellt, in welchem sieben Varianten für den Ausbau des besagten Straßenabschnittes vorgeschlagen wurden.

Und, sehr geehrte Frau Karlowski, sieben Varianten sind vorgeschlagen worden. Sie sind darauf eingegan

gen und haben gesagt, es hat gar keine Alternativen dazu gegeben.

Keine der Varianten wurde auch nur ansatzweise vom NABU akzeptiert. Als Gegenvorschlag wurde vielmehr der Neubau eines parallelen Straßenabschnittes eingebracht, welcher sicher nicht nur zu einem erheblich größeren Eingriff in die Natur, sondern auch zu deutlich höheren Baukosten geführt hätte. Klar ist, dass der Straßenabschnitt die Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt und eine Ursache dafür ist, dass sich der Fährhafen Sassnitz-Mukran bisher nicht so entwickeln konnte, wie es für die Region dringend notwendig ist.

Aus diesem Grunde, sehr geehrte Damen und Herren, wurde für den erforderlichen Ausbau dieses Stre- ckenabschnittes erneut ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Der Minister ist ausführlich darauf ein- gegangen. Der Planfeststellungsbeschluss liegt inzwischen vor.

Dass die Entwicklung des Industriestandortes Fährhafen Sassnitz-Mukran für die Insel Rügen und die gesamte Region Vorpommern von außerordentlicher Bedeutung ist, habe ich bereits dargelegt. Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, ist nicht zu verstehen, dass der Ausbau der B 96 in diesem Abschnitt aufgrund einer Allee, die bereits die Altersgrenze erreicht hat, gefährdet werden soll. Die Spitzahornbäume der besagten Allee sind über 120 Jahre alt. Unter optimalsten Bedingungen kann diese Baumart höchstens 180 bis 200 Jahre alt werden.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das sind noch 80 Jahre.)

Bei Straßenbäumen ist eine verkürzte Lebensdauer – hören Sie zu! –, bei Straßenbäumen ist eine verkürzte Lebensdauer von 40 Prozent nicht überraschend, Herr Jaeger. Aus diesem Grunde …

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und das ist schon gut.)

Lesen Sie das Gutachten, lesen Sie das Gutachten von UmweltPlan! Da werden Sie erstaunt sein.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus diesem Grunde mussten in den letzten Jahren bereits zahlreiche Bäume entnommen werden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Auch deshalb wurden bereits vor Jahren begleitend zu einem neu entstandenen Radweg 256 neue Alleebäume gepflanzt. Der beabsichtigte Straßenausbau soll also am Ende des natürlichen Lebenszyklus der Alleebäume erfolgen.

Rund 80 Prozent des Altbestandes dieser Bäume weisen bereits Schäden auf. Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wollen mit Ihrem Antrag die Fällung von teilweise bereits stark geschädigten Bäumen verhindern. Dieser konversierende, Entschuldigung, dieser konservierende Ansatz des Alleenschutzes trägt nicht nur zur Gefährdung von Verkehrsteilnehmern bei,