Protocol of the Session on December 7, 2012

Eine Chance, das Niederdeutsche als Kulturgut in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten, besteht in der Ver- mittlung durch die Schule. Es ist an der Zeit, liebe Kollegen und Kolleginnen, die Umsetzung der Sprachencharta mit allen Konsequenzen anzugehen. Gegenwärtig liegt die Förderung der niederdeutschen Sprache in Mecklenburg-Vorpommern im Argen. Das betrifft insbesondere die Vorbereitung des Kinder- und Jugendwettbewerbs für 2013, ebenso das alle zwei Jahre in Güstrow durchgeführte Liederfestival „Nu kaamt tohoop“ (hochdeutsch: „Nun kommt zusammen“). Hier muss schnellstens etwas geschehen, ansonsten wird nachhaltig Schaden angerichtet.

Ebenso wie vor etwa einem Jahr eingesehen wurde, dass die Schweriner Fritz-Reuter-Bühne unbedingt erhalten werden muss, so ist auch jetzt wieder erforderlich, die notwendige Einsicht einzuholen, dass zumindest Jugendarbeit und Bildungsarbeit auf dem Gebiet des Niederdeutschen für das kommende Jahr gesichert werden müssen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Niederdeutschwettbewerbe müssen stattfinden. Für die weitere Zukunft sind freilich weitergehende Konzeptionen und Bildungspläne Voraussetzung für eine nachhaltige Pflege des Kulturguts Niederdeutsch. Natürlich ist es für das Bildungsministerium in dieser Strukturkrise schwierig, allen Kultur- und Bildungsaufgaben gerecht zu werden, dennoch sollten die Prämissen so gesetzt werden, dass Globalisierung und regionale Identität auch in der Sprache eine Verbundenheit bilden.

Hierbei ist sicherlich Fritz Reuters Erkenntnis und Leitspruch überlegenswert:

Wenn eener kümmt un tau mi seggt: „Ik mak dat allen Minschen recht“, denn segg ik: „Leew’ Fründ, mit Gunst, oh lihr’n S’ mi doch de swere Kunst.“

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war klasse.)

Liebe Kolleginnen von den Koalitionsfraktionen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich glaube, das kann ich als Einheimischer nicht so gut sprechen. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

liebe Kolleginnen von den Fraktionen, von den Koalitionsfraktionen, tuen Sie uns den Gefallen und stimmen Sie auch dem Antrag zu! So machen Sie uns auch allen ein schönes Weihnachtsgeschenk.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Stefan Köster, NPD: Was für ein Blödsinn!)

Vielen Dank, Herr Dr. Al-Sabty.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat in Ziffer 234 der Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass die niederdeutsche Sprache auf der Grundlage der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen geschützt und gepflegt wird.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE spricht sich unter Ziffer I für die „weitere Förderung der niederdeutschen Sprache und insbesondere für die Durchführung des niederdeutschen Sprachwettbewerbs für Kinder und Jugendliche“ aus. Zu den Staatszielen des Landes Mecklenburg-Vorpommern gehören jedoch nach Arti- kel 16 Absatz 2 der Landesverfassung MecklenburgVorpommerns bereits der Schutz und die Pflege der niederdeutschen Sprache. Daher bleibt es auch erklärtes Ziel der Landesregierung, den niederdeutschen Sprachwettbewerb für Kinder und Jugendliche zu befördern.

Zu Ziffer II Punkt 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE möchte ich Ihnen mitteilen, dass es für MecklenburgVorpommern bereits heute 154 Lehrerinnen und Lehrer für Plattdeutsch gibt. 13 Lehrkräfte haben eine Lehrbefähigung, 86 haben eine Beifachausbildung abgeschlossen und 54 ein entsprechendes Zertifikat. Eine Lehrkraft unterrichtet ohne zusätzliche Ausbildung.

An der Universität Greifswald und in Rostock werden Lehramtsstudentinnen und -studenten ausgebildet, die mit dem Beifach Niederdeutsch abschließen. Der Schwerpunkt Niederdeutsch ist in Greifswald sehr begehrt. Es befinden sich über 30 Studierende in der Ausbildung.

Das Institut für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vor- pommern ist für die Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer zuständig. Dort wird die Funktion der beziehungsweise des Niederdeutschbeauftragten im Umfang von 13 Lehrerwochenstunden neu besetzt. Das Ausschreibungsverfahren für die Neubesetzung läuft bereits. Es wurden Bewerbungen eingereicht und die

Bewerbungen entsprechen den Zulassungskriterien der Ausschreibung. Die Auswahlgespräche haben in der vergangenen Woche stattgefunden und nach Bestätigung durch die Mitbestimmungsgremien unter Einhaltung der Widerspruchsfrist gehe ich derzeit davon aus, dass die Stelle zum 1. Januar 2013 wieder besetzt sein wird.

Zu den Aufgaben der oder des Niederdeutschbeauftragten gehören dabei unter anderem

die Organisation und Durchführung von Fortbildungen

im Bereich Niederdeutsch,

die Initiierung von Erfahrungsaustauschen,

die fachliche Beratung von Lehrkräften,

die Mitarbeit in verschiedenen Landes- und länder

übergreifenden Gremien bezüglich der Fortbildung von Lehrkräften im Bereich Niederdeutsch,

die Gestaltung und Koordinierung der Zusammenar

beit mit Verbänden und Institutionen zur Förderung des Niederdeutschen in der Schule,

die Betreuung und Koordinierung des Nachfolge-

projektes „Niederdeutsch in der frühkindlichen Bildung“

sowie die Unterstützung von Schulausscheiden in

Niederdeutsch und die Förderung des Plattdeutschwettbewerbs.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, infolge der Insolvenz des Landesheimatverbandes MecklenburgVorpommern e. V. besteht die Notwendigkeit, den Plattdeutschwettbewerb in Mecklenburg-Vorpommern neu zu organisieren. Aus diesem Grund stellt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur für den zukünftigen Niederdeutschbeauftragten insbesondere zur Begleitung und Absicherung dieses Wettbewerbs zusätzlich drei Lehrerwochenstunden zur Verfügung. Mit der Übernahme der Schirmherrschaft für diesen Wettbewerb messe ich dem Interesse und der Förderung der niederdeutschen Sprache eine sehr hohe Bedeutung bei.

Zu Ziffer II. 2. des Antrages der Fraktion DIE LINKE möchte ich ausführen, dass die Erhaltung und Verbreitung der mecklenburgisch-vorpommerschen Tradition, unserer Kultur und unserer Literatur auch die Pflege der niederdeutschen Sprache einschließt. Als einzige Regionalsprache Mecklenburg-Vorpommerns ist sie ein wichtiger Teil der geografischen, sozialen und kulturellen Identitätsbildung junger Menschen in unserem Land. Eine frühe Begegnung mit dieser Sprache unterstützt und stärkt damit die Entwicklung einer Heimatverbundenheit. Gleichzeitig bietet sie den Kindern die Chance des frühen Sprachenlernens.

Mein Haus wird deshalb das bereits in den Jahren 2010 und 2011 erfolgreich durchgeführte Landesmodellprojekt „Niederdeutsch in der frühkindlichen Bildung“ in Mecklenburg-Vorpommern weiter fortführen und ausbauen. Das Pilotprojekt „Niederdeutsch in der frühkindlichen Bildung“ 2010/11 gab in 19 Kindertageseinrichtungen des Landes Anregungen, Niederdeutsch alters- und entwicklungsangemessen mittels unterschiedlichster Methoden in den Alltag der Kita zu integrieren.

Die Erzieherinnen aus diesen Einrichtungen haben rege an den fünf angebotenen Fortbildungen teilgenommen. 20 weitere Erzieherinnen haben den Sprachkurs Niederdeutsch auf der Niveaustufe B2 im Jahr 2011 abgeschlossen.

Ziel des Nachfolgeprojektes wird es sein,

Niederdeutsch in weiteren Kindertageseinrichtungen

in Mecklenburg-Vorpommern zu etablieren,

die Kinder zum selbstverständlichen Gebrauch der

niederdeutschen Sprache zu führen und die Anschlussfähigkeit an die Förderung des Niederdeutschlernens in der Grundschule auszubauen und dadurch zum erfolgreichen Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule beizutragen,

die Vernetzung der am Projekt beteiligten Kinderta

geseinrichtungen und anderer Institutionen voranzubringen

und die teilnehmenden Fachkräfte für Methoden des

Spracherwerbs zu qualifizieren.

Für die Fortführung qualitativer Weiterentwicklungen des Projekts stellt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur daher künftig 50.000 Euro zur Verfügung und damit deutlich mehr als in der Vergangenheit.

Das Interessenbekundungsverfahren zur Übernahme der Projektleitung ist bereits eingeleitet. Träger von Kindertageseinrichtungen, die über das Interesse, die personellen Ressourcen und die Fähigkeiten verfügen, die beschriebenen Ziele des Projektes „Niederdeutsch in der frühkindlichen Bildung in M-V“ in hoher Qualität umzusetzen, können sich an dieser Interessenbekundung beteiligen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, Ihren Antrag braucht es nicht,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wer hätte das gedacht?!)

weil diese Landesregierung selbstverständlich die Landesverfassung ernst nimmt. Die Stelle der oder des Niederdeutschbeauftragten ist zeitnah besetzt …,

(Regine Lück, DIE LINKE: Wie viele Schulen bieten denn Niederdeutsch an?)