Und das Erwerbslosenparlament unseres Landes, jener Zusammenschluss von mehr als 30 Vereinen, Verbänden und Initiativen, forderte in seiner Entschließung vom 27. Oktober ebenfalls die Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarktes im Land.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir teilen diese Einschätzungen und nehmen die Sorgen und Nöte, aber eben auch die Vorschläge der Erwerbslosen und ihrer Vertreter ernst. Deshalb stellen wir heute gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Antrag.
Punkt 1 des Antrages zielt darauf, die bundesweite Diskussion über eine Änderung des Paragrafen 16e SGB II durch eine eigene Initiative des Landes weiterzubefördern und letztlich wirksam zu unterstützen. Angesichts dramatischer Kürzungen der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik
Die angestrebte Änderung soll diese eröffnen, sie folgt dem Grundprinzip öffentlicher Beschäftigung, so, wie wir es verstehen. Es geht nämlich darum, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Passive Leistungen wie der ohnehin zu zahlende Regelsatz und die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen also künftig für die Finanzierung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung eingesetzt, also aktiviert werden können. Und da bekannt ist, dass die Summen allein nicht ausreichen, müssen sie natürlich durch Mittel aus dem Eingliederungstitel der Bundesagentur ergänzt werden, der gleichzeitig durch den Einsatz passiver Mittel ja auch entlastet wird. Zudem geht es uns darum, in der Perspektive ein dauerhaftes Angebot abseits von zeitlich befristeten Programmen und Projekten zu ermöglichen.
Nun war ich sehr überrascht, vergangene Woche am Rande eines Fachgespräches mit Kolleginnen des SPDgeführten Arbeitsministeriums in Potsdam zu erfahren, dass die Landesregierung offensichtlich auf dem Weg zu einem Sinneswandel ist. Offenbar …
Offenbar haben Sie sich der Initiative der rot-roten Landesregierung in Brandenburg angeschlossen und im zuständigen Ausschuss des Bundesrates gemeinsam mit elf weiteren Bundesländern für die Entschließung „Öffentlich geförderte Beschäftigung neu gestalten“ votiert.
wäre das ein Fortschritt gegenüber Ihrer bislang immer geäußerten grundsätzlich ablehnenden Haltung, sei es im Sozialausschuss oder auf der Arbeitsebene.
Und, Herr Kollege Renz, wenn Sie tatsächlich so votiert haben als Landesregierung, dann müssen Sie auch als Koalitionspartner überzeugt worden sein.
(Torsten Renz, CDU: Nein, nein, nein, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das erkläre ich Ihnen nachher.)
Auch wenn klar ist, dass die bundespolitisch verursachten Kürzungen durch die Landesebene nicht ausgeglichen werden können, wir wollen als Ausdruck politischer Verantwortung ein landeseigenes Signal für die Betroffenen. Und deshalb fordern wir, die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Landesregierung auf, auch in Mecklenburg-Vorpommern ein entsprechendes Modellprojekt aufzulegen.
Aus unserer Sicht sollte dieses so schnell wie möglich starten. Angesichts prognostizierter Steuermehreinnah- men in dreistelliger Millionenhöhe ist das auch möglich und verantwortbar. Wir stellen uns einen Einstieg mit 200 Plätzen vor, die landesweit geschaffen werden sollen. Und die Finanzierung fußt auf der bis zu 75prozentigen Förderung von Arbeitsverhältnissen gemäß Paragraf 16e SGB II.
Das Land und die Landkreise sollen sich ebenso wie die Arbeitgeber an der Finanzierung des Gehaltes beteiligen. Es geht uns um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, die sozialpädagogisch begleitet werden. Und für ein Flächenland wie das unsere wäre ein Betreuungsschlüssel von 1 : 15, also etwa 13 Sozialpädagogen, auch eine realistische Größe.
Und, das ist ja immer die wichtigste Frage bei öffentlich geförderter Beschäftigung: Die Integration der Langzeitarbeitslosen soll nachhaltig erfolgen. Daher ist sicherzustellen, dass durch die Einrichtung eines geförderten Arbeitsplatzes keine reguläre Beschäftigung verdrängt wird. Wir sind uns mit den Bündnisgrünen auch einig darüber, dass für die geförderten Beschäftigungsverhältnisse die Prinzipien guter Arbeit gelten müssen, und daher darf der Stundenlohn nicht unterhalb der im Landesvergabegesetz festgelegten Mindestlohnhöhe liegen.
Außerdem wollen wir die zweijährige Förderung an die Beendigung – ach so, Entschuldigung – an die Bedingung natürlich einer zwölfmonatigen Anschlussbeschäf
tigung mit vollständiger Sozialversicherungspflicht knüpfen. Damit nehmen wir die Arbeitgeber in die Pflicht und stellen für den Fall einer Kündigung nach Auslauf der Förderung zumindest sicher, dass die Betroffenen nicht direkt in den SGB-II-Leistungsbezug zurückfallen. Und das Modellprojekt soll evaluiert werden, um mit den Erkenntnissen aus dem zugegebenermaßen zarten Pflänzchen in Zukunft ein Regelinstrument zu machen. Wir haben die Gesamtkosten durchgerechnet und bräuchten unter den genannten Rahmenbedingungen etwa 1,17 Millionen Euro per annum.
Sollten Sie, Frau Ministerin, trotz Steuermehreinnahmen im dreistelligen Millionenbereich keine Möglichkeit sehen, ein solches Projekt jetzt zu konzipieren und an den Start zu bringen, fordern wir Sie auf, im neuen OP zum ESF sowie den Beratungen zum Doppelhaushalt 2014/2015 Vorsorge für die entsprechende finanzielle Untersetzung zu treffen. Inhaltliche Anknüpfungspunkte gibt es beim ESF gleich bei zwei thematischen Zielen. Sowohl die Förderung der Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität für Arbeitsuchende und Nichterwerbstätige als auch die Förderung der sozialen Eingliederung und die Bekämpfung der Armut bieten sich an dieser Stelle an.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Eine aktuelle Allensbach-Studie zeigt, dass es nach wie vor viele Vorurteile gegenüber Langzeitarbeitslosen gibt. Die jüngst veröffentlichte Studie der Bundesagentur für Arbeit widerlegt diese eindeutig. Demnach sind Langzeitarbeitslose eben nicht per se faul und haben deshalb keinen Job, ganz im Gegenteil: 67 Prozent der 306 beauftragten Arbeitgeber sind mit ihren ehemals langzeitarbeitslosen Beschäftigten zufrieden, 25 Prozent sogar sehr, und zwar in allen Bereichen, ob Pünktlichkeit, Teamfähigkeit, Motivation
Stimmen Sie also einer Überweisung federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Innen- und in den Finanzausschuss zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne also die Aussprache und das Wort hat zunächst die Sozialministerin des Landes MecklenburgVorpommern Frau Schwesig.
Bei der Arbeitsmarktpolitik genießen zunächst alle Maßnahmen in Richtung auf den ersten Arbeitsmarkt Priorität.
Das hat die Landesregierung in den letzten Jahren so gemacht und die Arbeitsmarktzahlen zeigen, dass das auch der richtige Weg ist. Und auch die Gespräche mit denjenigen, die nicht in Arbeit sind, zeigen, dass es auch ihr Interesse ist, einen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Deshalb haben wir die Priorität darauf gesetzt, dass die Chancen langzeitarbeitsloser, insbesondere älterer Menschen zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt vor allem durch berufliche Qualifikation und Wiedereingliederung erhöht werden.
Aber wir wissen auch, dass gerade bei guter wirtschaftlicher Entwicklung und besserer Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt genau das der Fall ist, was Sie gesagt haben, Herr Foerster, dass wir eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit haben. Und deswegen, finde ich, muss man der Ehrlichkeit halber sagen, dass wir Gruppen von Menschen haben, wo wir die Sorge haben, dass die Chance, sie auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, sehr, sehr gering ist.
Deshalb haben sich die Koalitionspartner in Ziffer 241 des Koalitionsvertrages verständigt, dass wir für diejenigen, die trotz Vermittlungs- und Qualifizierungsmaßnahmen nicht auf Dauer in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gewährleisten wollen, denn gute Arbeit heißt auch, damit wird soziale Teilhabe gesichert. Deshalb haben wir uns in Ziffer 241 darauf verständigt, öffentlich geförderte Beschäftigung mithilfe des Bundes anzustreben und entsprechende Initiativen auf Bundesebene anzustoßen.
Ich habe mit meinen Kolleginnen und Kollegen der A-Länder die Frage der öffentlich geförderten Beschäftigung intensiv diskutiert und wir haben eine gemeinsame Position dazu vereinbart. Es ist also keine Aktion eines einzelnen Landes, sondern es sind über einige Monate hinweg viele intensive Beratungen zum Thema durchgeführt worden, wie wir gerade die Chancen von Langzeitarbeitslosen auch durch öffentlich geförderte Beschäftigung verbessern können, immer mit Augenmerk darauf, dass der Fokus auf dem ersten Arbeitsmarkt liegt.
Die wesentlichen Eckpunkte dieser Überlegungen sind Gegenstand des Entschließungsantrages, Bundesratsdrucksache 719/12, der Länder Brandenburg, BadenWürttemberg, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, der am 23.11. in den Bundesrat eingebracht und zur Beratung an die Ausschüsse verwiesen wurde. Als Arbeitsministerin unterstütze ich diesen Antrag natürlich voll und ganz und inzwischen haben die beteiligten Ausschüsse dem Bundesrat empfohlen, die Entschließung am 14. Dezember zu fassen.
Fest steht, trotz einer positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt brauchen wir vor allem andere Instrumente und dafür Geld und keine Kürzungen. Nur so können wir diejenigen mitnehmen, denen es aus den verschiedensten Gründen und trotz zum Teil mehrfacher Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen seit Längerem nicht gelungen ist, eine reguläre Beschäftigung aufzunehmen.
Mir ist vor allem wichtig, dass wir Eltern von Kindern in den Arbeitsmarkt integrieren, denn das ist der ganz we
sentliche Baustein dafür, Kinderarmut zu bekämpfen. Deshalb haben wir in Rostock-Dierkow einen sogenannten Familiencoach als Modellprojekt eingerichtet. Geschulte Fachleute unterstützen Familien, aber auch Alleinerziehende dabei, ihre persönliche Situation wieder in den Griff zu bekommen. Erst wenn Betreuungspflichten, psychische Probleme, gesundheitliche Schwierigkeiten, Schulden oder Suchtprobleme gelöst sind, können notwendige Qualifizierungen beginnen beziehungsweise erst dann ist der Weg frei für eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt.
Über ein solches Modellprojekt hinaus unterstützt das Land weitere Maßnahmen. Mit der Förderung von Inte- grationsprojekten unterstützen wir gerade den beson- ders betroffenen Kreis der Langzeitarbeitslosen. Wir gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr wieder etwa 5.000 langzeitarbeitslose Frauen und Männer mit besonderen Vermittlungshemmnissen die Hilfe und Unterstützung der Integrationsbegleiterinnen und Integrationsbegleiter annehmen werden.