Ihr Motiv, denke ich mal – und jetzt komme ich zum Schluss –, ist klar: Sie müssen Ihre Klientel bedienen, dafür habe ich Verständnis.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Grüne fordern Schließung der Deponie Ihlenberg bis zum Jahre 2016“, so war es den regionalen Medien Ende November mit Verweis auf diesen Antrag zu entnehmen. Allerdings fordern die GRÜNEN, wie es hier auch schon angemerkt worden ist, in ihrem Antrag lediglich die Einberufung des Beirates für Umweltfragen der Deponie Ihlenberg durch das zuständige Wirtschaftsministerium.
Heute haben wir nun also erfahren, dass das Ministerium diese Einberufung bereits vorgenommen hat. Diese Sitzung soll Anfang nächsten Jahres stattfinden. Allerdings – das war heute im Radio zu hören – darf die örtliche Bürgerinitiative dann nur noch einen Vertreter mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern sowie der BUND keinen Vertreter mehr entsenden.
Dabei ist diese Deponie – vor allem auch aufgrund ihrer noch nicht aufgeklärten DDR-Geschichte – sehr kritisch zu sehen und birgt für die Anwohner unklare Risiken. Denn in der angeblich so antikapitalistischen DDR wurden alle Geschäfte eingegangen, die Devisen brachten.
D-Mark, Dollar und andere Währungen rollten und dabei spielten die Auswirkungen für Mensch, Tier und Natur
keine Rolle. Die antikapitalistischen Profitgeier tätigten vor allem Geschäfte mit Sondermüll, die anderswo nur für sehr hohe Beträge möglich waren. Die DDR – geführt von der SED, deren Nachfolger heute so tun, als wären sie die größten Umweltschützer – sprang als Billiganbieter ein auf Kosten der Umwelt.
Und wie kann man sich die Sondermülllagerung der Kommunisten vorstellen? Eine Basisabdichtung, wie sie heute üblich und Pflicht ist, gab es damals noch nicht. Ohne an eine planmäßige Aufhaldung zu denken, wurde der Sondermüll einfach in die Landschaft gekippt.
Die Zusammensetzung und die genauen Mengen sind bis heute unbekannt. So wurden Chemikalienfässer aus Süditalien, in Containern gesicherte, hochgefährliche Abfallstoffe der chemischen Industrie aus Holland und Giftstoffe aus dem Hamburger Hafen dort sich selbst überlassen. Bis heute ist zum Beispiel unklar, ob sich auf dem Gebiet der Deponie Ihlenberg auch jene 40 hochgiftigen Fässer mit dioxinbelastetem Erdreich vom Chemieunfall im italienischen Seveso von 1976 befinden, deren Verbleib bis heute ungeklärt ist. Der Beirat kann daher ein Mittel sein, um die Machenschaften der Vergangenheit aufzudecken.
Ihr Antrag, Vertreter der GRÜNEN, hat sich allerdings durch die Einladung des Wirtschaftsministeriums erledigt.
Ich bin schon sehr überrascht, Herr Minister Glawe, dass Sie kurz vor knapp doch den Deponiebeirat einberufen haben.
Insofern hat unser Antrag doch seine Wirkung hier voll entfaltet, selbst wenn die Große Koalition heute nicht zustimmen sollte.
Wenn man die Information, die ich vorhin auch verbreitet habe, hier auf sich wirken lässt, sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere auch hier der SPD, dann muss man sich doch sehr wundern. Denn jetzt sind Sie schon sehr viele Jahre in der Regierungsverantwortung
und Sie haben bisher nichts dafür getan, eine entsprechende umfassende gutachterliche Überprüfung der Deponie zu erstellen. Im Gegenteil, die brisanten Messergebnisse der eigenen Fachbehörden wurden schlichtweg relativiert und seit 22 Jahren wird weiter und weiter Sondermüll abgelagert.
Auf diese Weise, geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, werden Sie der durch Herrn Ringstorff klar erkannten Katastrophe nicht entgehen. Hier tut dringendes Handeln not. Und Ihre Verantwortung für die Gesundheit der Menschen nimmt Ihnen niemand ab.
Ein Lichtblick in der Tat war damals die Gründung des Deponiebeirates 2002. Er ging auf eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag von PDS und SPD zurück und hatte seine Geschäftsstelle im damaligen Umweltministerium.
Die Geschäftsordnung sah vor, Vertreter/-innen aus 22 Institutionen zu beteiligen. Dazu gehörten unter anderem das Amt Schönberg, die Bürgerinitiative STOPPT die DEPONIE SCHÖNBERG e. V., der BUND MecklenburgVorpommern,
die Hansestadt Lübeck, die Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft, der Landkreis NordwestmecklenburgVorpommern
und das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern. Weiterhin konnten zwei freie Bürgervertreter berufen werden.
Die Aufgabe des Beirates ist bis heute, Transparenz zu allen Fragen des Umweltschutzes zu schaffen. Das begrüßen wir außerordentlich. Allerdings hat er dummerweise seit drei Jahren nicht mehr getagt. Außerdem soll er helfen, Konflikte bei strittigen Fragen des Umweltschutzes beizulegen. Dazu gehören technische und rechtliche Fragen der Anlagensicherheit, der Grundwasserkontamination und der ökotoxikologischen Wirkung der Emissionen.
In der Anfangsphase wurden die Vertreter der Bürgerinitiativen zunächst lediglich als ökologisches Feigenblatt missbraucht. Transparenz war nicht gewünscht und Dutzende Informationsersuche der Bürgervertreter wurden von den Behörden und der IAG Abfallentsorgungsgesellschaft abgeblockt.
Der Beirat, der mehrere Arbeitskreise unterhält, arbeitete dann aber im weiteren Verlauf überaus erfolgreich. So war es dem Arbeitskreis „Gesundheit“ zu verdanken, dass die gehäuften Tumorerkrankungen bei Deponiemitarbeitern erstmals thematisiert wurden. Dies führte letztendlich zu einer Studie durch die Universität Greifswald, mit der eine 80-prozentige Erhöhung des Krebsrisikos bei Mitarbeitern der Deponie festgestellt wurde. Auch der Arbeitskreis „Wasser und Hydrogeologie“ konnte durch Fachkenntnisse der Teilnehmer viele kritische Punkte und Grundwasserverunreinigungen ans Tageslicht bringen.
Warum der Beirat dann aber seit zweieinhalb Jahren bis heute nicht mehr einberufen wurde, können wir und die meisten Beiratsmitglieder nicht nachvollziehen. Auch heute hätte er zahlreiche wichtige Aufgaben. Gut, er wird
jetzt wieder aufgenommen. So wurde angeblich ein ökotoxikologisches Gutachten zu den Arbeitsplätzen der Deponie durchgeführt, deren Ergebnisse vor zwei Jahren dem Beirat vorgestellt werden sollten. Hier besteht dringender Informations- und Diskussionsbedarf.
Zudem wird nach unserer Kenntnis aktuell ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt, das unter anderem dazu führen soll, die Aufnahmekapazität der Deponie weiterhin zu erweitern, meine Damen und Herren. Auch hier gibt es sicherlich ganz massiven Gesprächsstoff. Dringend müssen auch die Kontrollmechanismen für die Abfallannahme überprüft werden. Und schließlich muss auch das Ende des Deponiebetriebes intensiv besprochen werden.
Angesichts der katastrophalen Umweltschäden durch die Deponie verbietet es sich aus unserer Sicht, von „wirtschaftlicher Perspektive“ oder auch „strategischer Neuausrichtung“ der Deponie zu reden. Das darf jetzt nicht das Vokabular sein. Es kann nur noch um das möglichst baldige Ende dieser Deponie gehen. Der Ministerpräsident hat dahin gehend bereits öffentlich von einem langsamen Ende gesprochen, wie wir bereits hörten. Wir dringen hier auf einen schnelleren Ausstieg bis zum Jahre 2016.