Protocol of the Session on December 5, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Finanz- ausschuss empfiehlt dem Landtag entsprechend dem

Antrag der Finanzministerin, der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2010 sowie dem Landesrechnungshof für seine Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2010 Entlastung zu erteilen. Die CDU wird dieser Empfehlung folgen. Weiterhin empfehlen wir, der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der war doch gar nicht im Finanzausschuss. – Stefan Köster, NPD: Ich bin überall, Herr Dr. Nieszery. – Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht mehr lange.)

Ja, da träumen Sie mal schön weiter!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jaja.)

In wenigen Minuten …

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten die gesamten Verfehlungen dieser Landesregierung hier abzuarbeiten, die der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2011 erstellt hat und auch festgestellt hat, ist nicht möglich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Nur zwei kleine Beispiele mögen allerdings erahnen lassen, was und vor allem wie etwas hier in Mecklenburg-Vorpommern gefördert wird.

Zum Beispiel „Zuwendungen für Projekte zur Förderung des lebenslangen Lernens“, Textziffer 317, Zitat: „Für die Aufgaben der Projektleitung und der Projektmitarbeit stehen nach dem Zuwendungsbescheid u. a. zwei Stellen mit … 111 Stunden monatlich zur Verfügung. Die Zuwendungsempfängerin hat im Zuwendungsantrag mit durchschnittlich 111 Stunden je Mitarbeiterin geplant, aber die Bewilligung von Zuwendungen für die gesamten Personalausgaben für diese beiden Mitarbeiterinnen beantragt. Gemäß ihren Anstellungsverträgen haben diese beiden Mitarbeiterinnen nicht 111 Stunden monatlich, sondern 147,6 Arbeitsstunden je Monat zu leisten. Somit wurden Zuwendungen für 36,6 Stunden je Monat und Mitarbeiterin bewilligt, die keine Projektarbeitszeit waren. Danach hat die Zuwendungsempfängerin Zuwendungen i. H. v. rund 80.000 Euro für Personalausgaben zu viel beantragt. Diese Zuwendungen wurden antragsgemäß mit Bescheid vom 23.04.2009 bewilligt. Das Ministerium wird die Rückforderung dieser Zuwendungen zu prüfen haben.“ Zitatende.

Ein weiteres Beispiel, „Maßnahme ‚Deutsch-polnisches Kontaktbüro‘“ aus der Umsetzung der Richtlinie zur Förderung des lebenslangen Lernens, Textziffer 331, Zitat: „Das Projekt ‚Deutsch-polnisches Kontaktbüro‘ hat zum Ziel, deutsch-polnische Bildungsmaßnahmen in Form von Wochenveranstaltungen und Wochenendveranstal

tungen zu unterschiedlichen Themen, wie Kultur-Tanz, Gesundheit und Sport, durchzuführen.“

(Tilo Gundlack, SPD: Davon verstehen Sie doch gar nichts.)

„Hierbei soll interkulturelles Lernen im Vordergrund stehen. Diese Bildungsmaßnahmen sollen im Zuwendungszeitraum vom 03.02.2009 bis 31.01.2011 mit insgesamt mindestens 450 Teilnehmern und einer Mindeststundenzahl von 20 Stunden je Teilnehmer durchgeführt werden. Für das Projekt wurden Zuwendungen i. H. v. rund 276.000 Euro bewilligt.“

Und Textziffer 323, 332,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na, was denn nun?)

Zitat: „Nach der Richtlinie zur Förderung des lebenslangen Lernens vom 8. Dezember 2008 ist die Maßnahme ‚Deutsch-polnisches Kontaktbüro‘ nicht förderfähig. Es handelt sich weder um ein schulergänzendes Angebot noch um eine Maßnahme, die die gegenseitige Durchlässigkeit zwischen den Bereichen der beruflichen Bildung und der Hochschulbildung verbessert oder die Leistungsfähigkeit der Systeme der Aus- und Weiterbildung erhöht, noch um eine unternehmensunabhängige berufliche Weiterbildung... Die Zuwendungen für die Maßnahme hätten aus anderen Haushaltstiteln und nach einer anderen Richtlinie gewährt und finanziert werden müssen.“ Zitatende.

Aber das Besondere, jetzt kommen wir zu den „Funktionszulagen“, Textziffer 621, Zitat: „In der letzten Legislaturperiode haben bis auf eine“, ich konkretisiere das, bis auf die NPD-Fraktion,

(Beifall David Petereit, NPD)

„alle Fraktionen Zulagen aus Fraktionsmitteln für die Übernahme besonderer Funktionen in der Fraktion gewährt;“

(Michael Andrejewski, NPD: Na so was!)

„die Zulagen unterschieden sich sowohl hinsichtlich des Kreises der Empfänger als auch der Höhe nach.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie schicken das direkt an die Kameradschaften weiter, oder?)

„Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 21.07.2000 … entschieden, dass Zusatzvergütungen für besondere parlamentarische Funktionen nur an die Parlamentspräsidenten, ihre Stellvertreter und die Fraktionsvorsitzenden geleistet werden dürfen, Regelungen über ergänzende Entschädigungen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende dagegen (um diese ging es im Rechtsstreit konkret) mit dem Verfassungsrecht unvereinbar sind.“

(Zuruf von David Petereit, NPD)

„Trotz dieser Rechtsprechung ist die Zulagengewährung in der Staatspraxis und im juristischen Schrifttum umstritten geblieben. Eine verfassungsrechtliche Klärung im

Land Mecklenburg-Vorpommern steht noch aus. Der Landesrechnungshof ist nicht zuständig, diesen ver- fassungsrechtlichen Streitgegenstand zu entscheiden. Der Landesrechnungshof erwartet allerdings, dass zumindest die Zulagengewährung transparenter wird und zwischen den Fraktionen harmonisiert, das heißt der Höhe und dem Empfängerkreis nach eingegrenzt wird.“ Zitatende.

Hier verhalten sich also alle Fraktionen außer die der NPD nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes eindeutig verfassungswidrig.

(Heinz Müller, SPD: Blödsinn! – Michael Andrejewski, NPD: Tja.)

Ein Verhalten, was ausgerechnet Sie als verfassungswidrige Vollstrecker gerne der NPD nachweisen würden, was Ihnen aber nicht gelingen wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das wird uns gelingen. – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und David Petereit, NPD)

Zum Abschluss noch das Thema „Organisation der überörtlichen Kommunalprüfung im kreisangehörigen Raum“. Alleine die Einleitung verdeutlicht bei diesem Thema schon die gravierenden Missstände und der Rechnungshof führt hier aus, Zitat: „Die durchschnittliche Rückstandsquote der Gemeindeprüfungsämter bei den regelmäßig überörtlich durchzuführenden Ordnungsprüfungen belief sich auf 56 % der Prüfobjekte. Anstelle der gesetzlich geforderten 4 Jahre betrug der Prüfturnus im Durchschnitt 6,6 Jahre. Darüber hinaus wurden einige Prüfobjekte seit Beginn der 1990er Jahre noch nie überörtlich geprüft. Die gesetzlich vorgesehenen Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen wurden nicht durchgeführt. Es bestehen erhebliche Effizienzpotenziale, die durch stärkere Standardisierung und (Vor-)Konzeptionierung der Prüfungshandlungen sowie unterstützenden Einsatz von IT gehoben werden können. Zwischen den Gemeindeprüfungsämtern, dem Innenministerium und dem Landesrechnungshof kann die Zusammenarbeit bei der überörtlichen Kommunalprüfung deutlich verbessert werden.“ Zitatende.

Abschließend bleibt, dem Landesrechnungshof für seine Arbeit zu danken, denn sie müssen wirklich massive Verfehlungen in der Landesregierung aufdecken. Mit seinen jährlichen Prüfungen werden ja stets nur Teilbereiche erfasst. Die zahlreichen und umfangreichen Anmerkungen, Korrekturen und Forderungen des Rechnungshofes lassen somit erahnen, was alles im Lande Mecklenburg-Vorpommern in der Haushaltsführung zu beanstanden ist. Folgerichtig wurde dem Landesrechnungshof für die Haushalts- und Wirtschaftsführung für das Haushaltsjahr 2010 im Finanzausschuss einstimmig Entlastung erteilt.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse des Landesrechnungshofes kann der Landesregierung allerdings keine Entlastung erteilt werden. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Heinz Müller, SPD: Time to say goodbye.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerade eben kam eine gute Nachricht: Die Innenminister der Länder haben geschlossen für die Einleitung

(Stefan Köster, NPD: Und holen sich eine blutige Nase.)

eines NPD-Verbotsverfahrens gestimmt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bravo! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Auch im Namen meiner Fraktion möchte ich dem Landesrechnungshof für seine Berichte zu den Kommunal- und Landesfinanzen 2011 danken. Das sage ich nicht nur aus gebotener Höflichkeit, nein, insbesondere die Opposition ist auf einen kritischen Blick des Landesrechnungshofes auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung der öffentlichen Verwaltung angewiesen. Dass dies bitter nötig ist, zeigt sich an den Antworten der Landesregierung auf unsere zahlreichen Kleinen Anfragen. Seitens der Landesregierung heißt es stets, alles sei grundsätzlich in Ordnung. Die Prüfergebnisse des Landesrechnungshofes sprechen da schon eine andere Sprache. Insofern nochmals herzlichen Dank an den Landesrechnungshof.

Meine Damen und Herren, übertreiben will ich es aber auch nicht, denn es gibt einige Feststellungen des Hofes, die wir nicht teilen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich habe mich schon gewundert.)

Vor allem im Kommunalfinanzbericht kommt die Linksfraktion schon zu anderen Schlussfolgerungen als der Hof.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Der Hof mahnt noch mehr Sparanstrengungen und Kürzungen auf der einen und Anhebungen von Gebühren und Steuern auf der anderen Seite an. Der wohl wichtigste Unterschied zwischen dem Hof und der Linksfraktion liegt augenscheinlich darin, welche Ursachen für die kommunale Finanzmisere und welche Alternativen zu deren Überwindung gesehen werden.

Die Linksfraktion bleibt bei ihrer Forderung nach einer aufgabengerechten kommunalen Finanzausstattung. Die Finanzierung der Pflichtaufgaben und eines Mindestmaßes an freiwilligen Aufgaben wird durch das aktuelle Finanzausgleichsgesetz und durch die derzeitig festgeschriebene Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen nach unserer Auffassung nicht gewährleistet. Deshalb können viele Kommunen ihre strukturellen Defizite nicht aus eigener Kraft überwinden.

Wir stimmen dem Rechnungshof aber zu, dass insbesondere vor dem Hintergrund der Schuldenbremse die Gefahr besteht, dass Schulden von der Landes- auf die Kommunalebene verlagert werden. Bezeichnenderweise sehen SPD und CDU diese Gefahr offenbar nicht. Leider hat es die Koalition auch nicht für erforderlich gehalten, dass der Hof den Landtag in seinem nächsten Kommunalfinanzbericht darüber unterrichten möge, welche Krite

rien, Verfahren und gegebenenfalls erste Prüfergebnisse es hinsichtlich von Effizienz und Verwaltungsqualität in den kreisangehörigen Gemeinden und in den Ämtern gibt. Was SPD und CDU dagegen haben, verstehe, wer will.