Protocol of the Session on December 5, 2012

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 6/1209 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/1209 mit den Stimmen der SPD, der CDU, DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, Drucksache 6/1213, hierzu Beschluss- empfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 6/1382. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1412 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII-AG) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/1213 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales (9. Ausschuss) – Drucksache 6/1382 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1412 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende des Sozialausschusses, die Abgeordnete Tegtmeier. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/1213 während seiner 28. Sitzung am 24. Oktober beraten und zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Finanzausschuss überwiesen.

Der Sozialausschuss hat in seiner 20. Sitzung am 21. No- vember darüber abschließend beraten. Er hat im Rahmen dieser Beratungen die Ziffern 1 und 2 der Beschluss- empfehlung jeweils einvernehmlich mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE und der NPD angenommen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesre- gierung wird die für eine im Rahmen einer Bundesauftragsverwaltung notwendige Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bei der Art der Wahrnehmung der Aufgaben zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch die kommunale Ebene durchgeführt und das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung Näheres zur Aufsicht und zum Verfah

ren zu regeln. Diese Regelung beschränkt sich auf die zum 1. Januar 2013 notwendigen Regelungen, da das bundesgesetzliche Gesetzgebungsverfahren zur Regelung der Kostenübernahme durch den Bund noch nicht abgeschlossen ist.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der Formulierung so gefasst, dass die vorgeschlagenen landesrechtlichen Regelungen unabhängig von der bundesgesetzlichen Regelung bestehen können. Soweit sich nach Abschluss des bundesrechtlichen Gesetzgebungsverfahrens Änderungsbedarf für landesrechtliche Regelungen ergeben sollten, bleibt dies einem späteren Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten.

Die Beschlüsse des Sozialausschusses sehen in Ergänzung des Gesetzentwurfes unter Ziffer 1 der Beschlussempfehlung die Berücksichtigung des aktuellen Gesetzgebungsstandes auf Bundesebene und im Übrigen redaktionelle Korrekturen vor.

Mit der Einführung eines neuen Paragrafen 4 wird die örtliche Zuständigkeit für die Umsetzung des Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch geregelt. Da der aktuelle Gesetzentwurf auf Bundesebene keine örtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des alten Paragrafen 98 SGB XII mehr enthält, ist diese Regelung jetzt erforderlich, damit zum 1. Januar 2013 eine Zuständigkeitsregelung auf Landesebene besteht. Die Regelungen des Paragrafen 98 SGB XII wurden in das SGB-XIIAusführungsgesetz überführt und dabei inhaltlich nicht verändert. Eine sachliche Zuständigkeitsregelung ist bereits im SGB XII-AG enthalten und musste daher nicht neu geregelt werden.

Die Neufassung des Paragrafen 14 enthält Regelungen zum Verfahren zur Weiterleitung der Bundesmittel bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Absatz 1 stellt sicher, dass die Erstattung nach Paragraf 46a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch an die Landkreise und kreisfeien Städte unverzüglich, also ohne schuldhaftes Verzögern weitergeleitet wird. Die Absätze 2 bis 4 enthalten Regelungen zum Verfahren bei der Auszahlung und bei der Abforderung der Bundesmittel.

Absatz 3 enthält eine Haftungsklausel für den Fall, dass der Träger der Sozialhilfe gegenüber dem Land Schäden verursacht, die dadurch entstehen, dass der Träger der Sozialhilfe zu Unrecht Erstattungen des Bundes erhalten oder gegenüber dem Land oder dem Bund falsche Angaben gemacht hat. Die Regelung in Absatz 4 ist erforderlich, da der Bundesgesetzgeber dies nicht mehr regelt.

Die Beschlüsse des Sozialausschusses sehen ferner unter Punkt 2 die Annahme einer Entschließung vor. Die vorgeschlagene Entschließung wurde vom Ausschuss einvernehmlich mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE und der NPD angenommen.

Die Landesregierung wird darin gebeten, nach der Verabschiedung des Bundesgesetzes zu prüfen, ob und inwieweit zusätzlicher Änderungsbedarf besteht, und diesen gegebenenfalls einem weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzuführen. Dies wurde damit begründet, dass die landesrechtliche Ausgestaltung des Verfahrens zur Umsetzung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der noch nicht abgeschlossenen

bundesgesetzlichen Regelung zur Erstattung der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abhängig sei. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sei noch nicht verabschiedet, sodass eine rechtzeitige Einbeziehung in das laufende landesrechtliche Gesetzgebungsverfahren mit dem notwendigen Inkrafttreten zum 1. Januar 2013 nicht vereinbar sei. Daher sei es nach Auffassung der Fraktion der SPD und der CDU geboten, notwendige Ergänzungen gegebenenfalls rückwirkend einem weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann mich nur für die konstruktive Mitarbeit bei all denen, die zu dieser Beschlussempfehlung beigetragen haben, bedanken.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Im Rahmen der Möglichkeiten.)

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ziel der Landesregierung ist es, die kommunalen Finanzen zu stärken. Dazu dient der vorliegende Gesetzentwurf. Wir haben uns eingesetzt dafür, dass zukünftig und bereits mit diesem Jahr die Kosten für die Grundsicherung im Alter durch den Bund übernommen werden.

(Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

Ich erinnere daran, dass wir Verhandlungen hatten zur SGB-II-Reform und dann 2011 durchgesetzt haben, dass der Bund in drei Stufen bis zu 100 Prozent der Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt. Dieses Verhandlungsergebnis ist den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP im Deutschen Bundestag und den entsprechenden Landesregierungen, die von diesen Fraktionen getragen werden, zu verdanken.

Wir als Land haben uns dort sehr starkgemacht, weil es ein wichtiger Beitrag ist, ein millionenschwerer Beitrag, unsere Kommunen von Aufgaben, und zwar der Grundsicherung im Alter vor allem, zu entlasten, damit die Finanzen so konsolidiert werden und damit die Kommunen wieder in die Lage versetzt werden, in anderen Bereichen, wo sie die Daseinsvorsorge haben, wie zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit, in diesen Bereichen wieder Spielräume zu bekommen. Deshalb ist vereinbart worden, dass ab 2012 der Bund 45 Prozent dieser Kosten übernimmt, mit dem nächsten Schritt 2013 75 Prozent und dann in 2014 100 Prozent. Wir reden hier über eine Entlastung bei den Kommunen von 4 Milliar- den Euro deutschlandweit.

Was heißt das für die Kommunen in unserem Land? Kreisfreie Städte und Landkreise wurden bereits in 2012

durch diese Regelungen um zusätzlich 8,5 Millionen Euro entlastet und mit den weiteren Stufen können die Landkreise und kreisfreien Städte in 2013 um circa 20 Millionen Euro entlastet werden und dann in 2014 noch mal darauf um 35 Millionen Euro. Sie sehen also, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, hier geht es um eine ganz wichtige Entlastung für unsere Kommunen.

Weil die Entlastungswirkung ab 01.01.2013 75 Prozent der Kosten ist, also der Bund 75 Prozent dieser Kosten übernimmt, kommen wir zwingend nach dem Grundgesetz zu einer Bundesauftragsverwaltung. Deshalb war es notwendig, landesrechtliche Regelungen zu ändern.

Ich habe bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes im Landtag deutlich gemacht, dass wir in einem verfahrenstechnischen Dilemma stecken. Das Bundesgesetz, was notwendig ist, um diese Entlastungen auf den Weg zu bringen, ist noch nicht verabschiedet, wird erst am 14.12. voraussichtlich beschlossen. Dann wäre es viel zu spät gewesen, dass ich dann erst mit einem Gesetzgebungsverfahren für die Landesebene gestartet wäre, dann wären wir weit in das Frühjahr 2013 gerutscht. Deshalb habe ich sozusagen das Gesetzverfahren vorgezogen, obwohl noch nicht das Bundesgesetz vorlag und auch noch nicht abschließend beraten wurde, um einfach parallel die gesetzgeberischen Voraussetzungen zu schaffen, damit dann wirklich in 2013, wenn das Bundesgesetz jetzt zum Ende des Jahres beschlossen wird, wir schnell die Entlastung für die Kommunen auf den Weg bringen.

Und ich habe auch in der Einbringungsrede angekündigt, dass dieses Verfahren ungewöhnlich ist und dazu führen wird, dass wir während der Beratungen Änderungsvorschläge unterbreiten müssen, weil wir dann konkret auf das Bundesgesetz, was dann vorgelegt wird, ja Rücksicht nehmen mussten. Das haben wir auch getan und ich bedanke mich außerordentlich – insbesondere bei den Regierungsfraktionen der SPD und CDU – für das Verständnis und die Bereitschaft, diesen ungewöhnlichen Weg zu gehen. Aber ich denke, diese millionenschwere Entlastung der Kommunen muss es uns dann auch wert sein, hier ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren anzustreben.

Wir haben, wenn wir heute dieses Gesetz beschließen, die Möglichkeit, ab 2013 unsere Kommunen um weitere Millionen, ich habe es eben beziffert, zu entlasten. Und deshalb bitte ich Sie natürlich um Zustimmung zu diesem Gesetz, damit unsere Kommunen im Land weiter gestärkt werden können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung, mit anderen Worten die Kosten für die Sicherung des Existenzminimums für Rentnerinnen und Rentner sowie für erwerbsunfähige Erwachsene, steigen seit Jahren. Altersarmut droht nicht nur, nein, sie erreicht uns schleichend, aber stetig zunehmend.

Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Fakt und dies ist nicht durch irgendein Naturereignis begründet,

sondern es ist dies eine Entwicklung und ein Ergebnis einer über Jahre fehlgeleiteten Politik. Und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es doch nur recht und billig, dass sich Bund und Länder darauf verständigt haben, dass der Bund in drei Schritten bis zum Jahr 2014 die volle Kostenerstattung übernimmt. Und wenn Mecklenburg-Vorpommern dabei einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, ist das doch nur zu begrüßen.

(Heinz Müller, SPD: Richtig. Begrüßen wir ja auch.)

Und deshalb, lieber Kollege Müller, begrüßt meine Fraktion die Entlastung der Kommunen von diesen Kosten, die sie nicht verursacht haben, von Kosten, für die die Kommunen nicht verantwortlich sind,

(Heinz Müller, SPD: War ein schwieriger Prozess.)

sondern – ich wiederhole mich – für diese Kosten ist die fehlgeleitete Politik im Bund und in den Ländern zuständig.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, um nicht zu viel Euphorie aufkommen zu lassen bei den Koalitionsfraktionen, nicht nur für unsere Landesregierung scheint es ein Problem zu sein, Gesetzentwürfe so rechtzeitig vorzulegen, dass alle Beteiligten ausreichend Zeit haben, dazu Stellung zu nehmen, und das so rechtzeitig, dass die Verfahren auch ordnungsgemäß abgeschlossen werden können. So hat die Bundesregierung dem Bundestag erst mit Datum vom 24. September einen entsprechenden Gesetzentwurf für die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zugeleitet. Der Bundesrat hat diesen grundsätzlich begrüßt, sah jedoch – selbst der Bundesrat! – keine uneingeschränkte Unterstützungsmöglichkeit und hat zügig eine Stellungnahme abgegeben und in mehreren Punkten Änderungsbedarf angemeldet.

Am 8. November wurde der Gesetzentwurf im Bundestag mit einigen Änderungen beschlossen, also zu einer Zeit, wo wir sozusagen schon im Verfahren waren, denn zwischenzeitlich, am 24.10., erfolgte die Erste Lesung und für den 21.11. war die abschließende Beratung im federführenden Sozialausschuss geplant. Einen Tag zuvor, am 20. November um 16.50 Uhr, wurde dem hier im Landtag federführenden Sozialausschuss ein umfänglicher Änderungs- und ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zugeleitet, mit dem die örtlichen Zuständigkeiten klargestellt beziehungsweise neu geregelt und zusätzlich eine Haftungsregelung für die Kommunen eingefügt werden sollten.

Und jetzt, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird es hier im Landtag unseriös.

(Heinz Müller, SPD: Nein.)

Nachdem meine Fraktion am Mittwoch früh um 9.00 Uhr im Sozialausschuss kritisiert hat, dass wir den Änderungsantrag so spät erhalten haben, diesen deshalb nicht vollumfänglich bewerten konnten, die mitberatenden Ausschüsse die Änderungen gar nicht kennen und wir die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände ebenso wenig, nachdem wir dieses kritisiert haben und das Verfahren infrage gestellt haben – nicht die Sache, sondern das Verfahren –, wirft uns die Sozialministerin

vor, dass meine Fraktion lediglich das Verfahren behindern und die Kommunen um die rechtzeitige Entlastung bringen wolle.

Sehr geehrte Frau Ministerin, die Regierung muss die Opposition ja nicht mögen und umgekehrt ist das auch nicht so, aber dieser Vorwurf ist nicht nur unerhört,

(Jörg Heydorn, SPD: Er ist auch richtig.)