Protocol of the Session on December 5, 2012

(allgemeine Unruhe – Zuruf von David Petereit, NPD)

Sehr geehrte Damen und Herren!

(Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist überzeugt davon,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

dass qualifizierte Menschen, egal aus welchem Herkunftsland –

(Jörg Heydorn, SPD: Und Sie sind ’ne Flachzange. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

und ich glaube, das muss nach meinem Vorredner noch mal betont werden –,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

den Arbeitsmarkt und vor allem auch unser Leben hier in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt bereichern können.

(Heinz Müller, SPD: Das ist richtig.)

Und wir sind der Überzeugung, dass Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen, die bereits bei uns leben, natürlich ein Recht darauf haben, dass diese Qualifikationen geprüft und gegebenenfalls anerkannt werden.

(Heinz Müller, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig.)

Der vorliegende Gesetzentwurf bringt hier Verbesserung, darum werden wir ihm zustimmen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Schön.)

Aber wir haben hier auch Sorgen. Die entscheidende Frage ist nämlich: Wird das Gesetz auch so umgesetzt, dass die Verbesserungen wirklich eintreten? Dies wird nur gelingen, wenn die Anerkennungsverfahren unbürokratisch, verständlich und möglichst einheitlich gestaltet werden. Nach den Beratungen in den Ausschüssen sind Zweifel daran aber leider angebracht, denn wie die Anerkennungsverfahren im Detail ablaufen sollen, ist in den meisten Fällen überhaupt noch nicht geklärt.

Welche fachlichen und sprachlichen Voraussetzungen erfüllt werden müssen, welche Kosten entstehen, wo und wann fehlende Teilqualifikationen nachgeholt werden können – fast alles ist noch nicht bekannt. Fest steht nur, es wird kompliziert. Es soll nämlich keine zentrale Anerkennungsstelle geben oder wenigstens eine zentrale Beratungsstelle, an die sich Antragstellerinnen und Antragsteller wenden können. Verantwortlich sind vielmehr die – Frau Seemann hat es gesagt – fachlich zuständigen Stellen. Das heißt, Lehrer stellen einen Antrag beim Bildungsministerium, Ergotherapeuten beim Landesamt für Gesundheit und Soziales, Elektroniker bei der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern, wenn sie zum Beispiel in Rostock arbeiten wollen, oder aber eben auch bei der Handwerkskammer Schwerin, wenn sie in Ludwigslust arbeiten möchten. Wenn sie allerdings noch nicht genau wissen, wo sie arbeiten wollen, weil sie sich auf mehrere Stellenausschreibungen bewerben möchten, dann geht das Problem schon los.

Und, Frau Dr. Seemann, Sie haben den Vergleich mit Nordrhein-Westfalen gewagt,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich habe ihn nur angebracht.)

die Fallzahlen sind dabei aber völlig unerheblich,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das stimmt nicht.)

denn ob ich zwei Bewerber habe oder hundert, die nötigen Fachkenntnisse müssen bei den zwei Bewerbern genauso vorhanden sein wie bei den hundert Bewerbern.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie haben doch viel mehr Ahnung und Routine.)

Das sind wir auch den zwei Bewerbern in diesem Fachgebiet schuldig.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie haben doch viel mehr Ahnung und Routine.)

In all diesen Kammern, Ämtern und Ministerien

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

müssen Mitarbeiter künftig die Zeit und Kompetenz haben, solche Anträge zu bearbeiten und die Antragstellerinnen und Antragsteller angemessen zu beraten. Sie müssen Zeugnisse aus vielen unterschiedlichen Ländern prüfen können und sie müssen detailliert beschreiben, welche Teilqualifikationen gegebenenfalls zählen. Wenn dies in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich bürgerfreundlich gelingt, wäre das ein wichtiger Standortvorteil für unser Bundesland.

Zurzeit ist es aber so, dass die unterschiedlichen Zuständigkeiten schon im Gesetzgebungsverfahren für Unklarheiten und vor allem auch Verwirrung gesorgt haben. Weil mehrere Ministerien an dem Gesetz beteiligt waren, sah sich in den Ausschüssen zum Beispiel kein Ministerium in der Lage, zu dem Gesetz im Ganzen Stellung zu nehmen. Diese Situation war teilweise sehr kurios.

Ein Beispiel: Lehrer und Erzieher können fehlende Qualifikationen künftig durch eine Eignungsprüfung nachweisen. Für die sogenannten nicht reglementierten Berufe – also beispielsweise für Bäcker, Elektroniker oder Verkäufer – ist so eine Eignungsprüfung jedoch nicht vorgesehen – für uns unverständlicherweise. Zu einem entsprechenden Änderungsantrag unserer Fraktion erklärte dann das Bildungsministerium, dieser Änderungsantrag sei nicht sinnvoll, weil sich der Gesetzentwurf nicht auf nicht reglementierte Berufe beziehe. Dabei kann jeder nachlesen, dass sich die Paragrafen 4 bis 8 unter der Überschrift „Nicht reglementierte Berufe“ sehr wohl genau damit beschäftigen. Auf dieser Basis ist es natürlich schwer, über einen Gesetzentwurf in den Ausschüssen zu diskutieren.

Ein weiteres Beispiel, auch das hat Frau Seemann bereits aufgegriffen: Der Gesetzentwurf schließt eine Reihe von Berufsgruppen aus der neuen Regelung aus, zum Beispiel Architekten, Ingenieure und Heilberufe. Für Architekten und Ingenieure mit ausländischen Qualifikationen bedeutet das eine Schlechterstellung, weil der Rechtsanspruch im Architekten- und Ingenieurgesetz – und Sie haben genau die Stelle genannt, Paragraf 8 Absatz 3 – deutlich schwächer ist. Wir haben also die Möglichkeit oder wir hatten die Möglichkeit, diesen Punkt genau jetzt in dem Moment, wo wir dieses Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz erstellen, zu verändern, oder wir haben die Möglichkeit, das im Nachhinein in dem Gesetz für Ingenieure und Architekten zu ändern,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber da sind doch schon Absprachen gemacht.)

aber darauf zu hoffen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber da sind doch schon Absprachen gemacht.)

dass diese Änderung zukünftig geschieht, statt es jetzt zu machen, ist für uns auch unverständlich. Jetzt hätten wir die Chance gehabt, das genau so zu verändern, wie wir es haben wollen.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Warum diese Berufsgruppen in Mecklenburg-Vorpommern anders als beispielsweise in Nordrhein-Westfalen aber überhaupt ausgeschlossen werden, konnte in den Ausschussberatungen niemand beantworten. Und auch Ihr Argument, das es ja keine gegenseitige Anerkennung gibt, zieht einfach nicht, denn irgendjemand muss irgendwann anfangen und den ersten Schritt machen. Warum also nicht wir an dieser Stelle, weil wir das Gesetz gerade in der Hand haben?!

Damit entsteht ohne ersichtlichen Grund eine neue Unübersichtlichkeit, denn in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel bezieht der Gesetzentwurf Architekten, Ingenieure und Heilberufe mit ein. Dort wird es auch einheitliche Gebührensätze geben. Und die dortige rot-grüne Landesregierung hat den Aufbau von Beratungsstellen angekündigt. In Mecklenburg-Vorpommern ist das hingegen alles offenbar nicht möglich. Das bedauern wir und halten es für einen Fehler.

Ein letzter Punkt. Nach Auffassung des Bildungsministeriums sollen Antragsteller im Laufe von bis zu drei Jahren zwar alle möglichen fachlichen Teilqualifikationen nachholen können, aber ausgerechnet der zusätzliche Erwerb von Sprachkenntnissen soll nicht möglich sein. Das heißt, wir verzichten lieber auf hoch qualifizierte Fachkräfte,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Die rote Lampe.)

anstatt ihnen für die Anerkennung ihrer Qualifikationen einen Sprachkurs zu gewähren. Das ist aus unserer Sicht unlogisch und kontraproduktiv. Darum sagen wir: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, aber es ist noch viel zu tun.

Frau Berger, kommen Sie bitte zum Schluss!

Jetzt müssen Regelungen für die Anerkennungsverfahren geschaffen werden. Auch Sprachkurse müssen zu den Ausgleichsmaßnahmen gehören, sonst läuft das Gesetz weitestgehend ins Leere.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Bewertung und Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung anderer Gesetze, auf Drucksache 6/1209.

Der Bildungsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/1383 unverändert anzunehmen.

Ich rufe auf die Artikel 1 bis 7 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 bis 7 sowie die Überschrift in der Fas

sung des Gesetzentwurfes der Landesregierung mit den Stimmen der SPD, der CDU, DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 6/1209 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/1209 mit den Stimmen der SPD, der CDU, DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD.