(Minister Dr. Till Backhaus: Das müssen Sie gerade sagen, ne! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, deswegen ja.)
Der Antrag der Koalition mit dem schlichten Titel „Truppenübungsplatz Lübtheen“ macht uns wieder auf ein Problem aufmerksam, nämlich das, dass die Umsetzung der Bundeswehrreform von den betroffenen Kommunen und Ländern große Anstrengungen auf dem Gebiet der Konversion abfordert und dass es kein Konversionsprogramm des Bundes mit entsprechender Finanzierung gibt. Allein das könnte man schon als Skandal bezeichnen, denn wer die Musik bestellt, sollte sie auch bezahlen. Bis zur Bundesregierung hat sich das noch nicht rumgesprochen. Aber was soll man auch erwarten, wenn nicht einmal Bundestagsabgeordnete aus unserem Land die Position des Landes unterstützen.
Herr Rehberg, Sprecher der Landesgruppe MecklenburgVorpommern innerhalb der CDU/CSU-Fraktion, fiel unserem Bundesland und allen anderen von Standortschließungen Betroffenen vor ziemlich genau einem Jahr in den Rücken, als er über die Presse verlautbarte, dass er zwar die Forderung von Landespolitikern nach einem Konversionsprogramm des Bundes verstehe, aber der
Bund hätte ja wohl schon genug getan, indem er die Kommunen bis 2014 bei der schrittweisen Übernahme der Grundsicherung bei Hartz IV entlaste. Ich frage mich, wofür diese Mittel eigentlich noch alles genutzt werden sollen, eine sehr abstruse Denkweise zum Schaden unseres Bundeslandes und der von den Standortschließungen betroffenen Kommunen. Das hatte bereits mein Kollege Peter Ritter in der Debatte zur Bundeswehrreform im November letzten Jahres festgestellt. Insoweit bin ich dann froh, dass die derzeitige CDU-Fraktion mit im Boot bei diesem Antrag ist.
Überhaupt kann ich beim Thema Konversion keinen Gegensatz zwischen den demokratischen Fraktionen dieses Hauses erkennen. Auch deshalb fällt es mir schwer, den genauen Anlass für diesen Antrag zu erkennen. Es scheint so, wie meist bei Anträgen der Koalition, es wird sicherheitshalber das beantragt, woran die Landesregierung bereits arbeitet.
Ich habe meinen Kollegen Peter Ritter gefragt, ob die Landesregierung nicht die Forderung gegenüber dem Bund aufmacht, die Fläche des Truppenübungsplatzes möglichst unentgeltlich übertragen zu bekommen. Welche Pläne hat denn die Landesregierung nach der Aufgabe des Standortes durch die Bundeswehr ab dem 01.01.2014? Sind in der interministeriellen Arbeitsgruppe „Konversion“ andere Vorstellungen der Landesregierung als die im Antrag formulierten geäußert worden? Um es kurz zu machen: Die Vorstellungen und Aktivitäten weichen keinen Deut ab von den Forderungen des Antrages. Also warum dann der Antrag?
Ich glaube nicht, dass die Landesregierung ständig bei den Koalitionsfraktionen anklopft und um Unterstützung für ihr Handeln bittet. So viel traue selbst ich dieser Regierung zu, dass sie durchaus die Interessen unseres Landes gegenüber dem Bund in dieser Frage vertritt.
Es ist eher so, dass es ein gemeinsames Thema, ziemlich unstrittig auch, zwischen den Koalitionsparteien ist. Aber sei es drum, ich kündige hier schon mal an, dass wir diesem Antrag zustimmen, denn es ist, wie ich vorhin schon einmal erwähnte, gelinde gesagt, mehr als ein Ärgernis, dass der Bund eine umfassende Bundeswehrreform mit zahlreichen Standortschließungen beschließt und anschließend die betroffenen Länder und Kommunen allein im Regen stehen lässt. Das ist ein grundsätzliches Problem.
Die Liegenschaft geht natürlich in die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über. Diese hat per se den Auftrag der Verwertung der Liegenschaften des Bundes, die für ihn entbehrlich sind, und zwar nach kaufmännischen Grundsätzen. Nun könnte man meinen, der Bund könne eigentlich froh sein, diese Liegenschaft loszuwerden. Es gibt hier ja sehr viele Flächen, die unter Naturschutzbetrachtung stehen und das auch bleiben sollen. Es gibt ein Vogelschutzgebiet, außerdem noch ein FFHGebiet. Und all das macht eine Verwertung für den Bund nicht gerade leicht. Aber leider besitzt diese Liegen- schaft auch einen Waldbestand, den die Bundesanstalt per Gesetz gar nicht kostenlos an Mecklenburg-Vor- pommern abgeben darf. Hier muss eine Lösung ge- funden werden. Deshalb begrüße ich, was die Landes- regierung derzeit unternimmt. Minister Backhaus hat
für die Landesregierung das Interesse an einer Übernahme der Flächen in Landesbesitz vor Ort geäußert, um Teile als Kernzone für das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe zu nutzen. Bisher sind allerdings der Kaufpreis und die Frage der Munitionsbergung völlig offen.
Die Stadt Lübtheen, das Agrarministerium und das Wirtschaftsministerium haben auch schon konkrete Vorstellungen, wie es in den anderen nicht naturschutzrelevanten Bereichen weitergehen könnte. Eine touristische Nutzung ist ebenso im Gespräch wie die Nutzung von Teilen des Geländes für erneuerbare Energien. Die IMAG Standortkonversion/Bundeswehrstrukturreform konnte auf ihrer Sitzung am 21. August 2012 auch noch keine Lösung für Lübtheen anbieten. Verhandlungen sind im Gange. Wenn die Koalitionsfraktionen also diese Verhandlungen mit dem Bund aus dem Parlament heraus unterstützen wollen, dann bitte, wir werden uns dem nicht entziehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den zurückliegenden Jahren haben sich die Aufgaben der Bundeswehr grundlegend geändert. Die Bundeswehr wird in Zukunft aufgrund der veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen zur Landes- und Bündnisverteidigung und im Bereich der Krisenbewältigung und Konfliktverhütung beansprucht und umstrukturiert.
Um diesem neuen Aufgabenspektrum gerecht zu werden, wurde vor knapp einem Jahr ein neues Standortentwicklungskonzept oder auch Stationierungskonzept erarbeitet. Dieses Stationierungskonzept sieht unter anderem vor, dass der Truppenübungsplatz Lübtheen nach nunmehr 72 Jahren zum 31. Dezember aus der militärischen Nutzung genommen wird.
Kraft Gesetzes ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit der Verwertung der aus der Nutzung genommenen Liegenschaften beauftragt. Die Bundesanstalt gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Finanzen und hat selbstverständlich unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen und unter wirtschaftlichen Aspekten die entbehrlichen Liegenschaften anderer Nutzung zuzuführen.
Bei dieser Flächenverwertung spielen unter anderem der gezielte Rückbau beziehungsweise die Renaturierung der vorhandenen Fläche eine große Rolle. Kurzfristig gehen zahlreiche Flächen aus der Nutzung wie eben der Truppenübungsplatz Lübtheen. Unter dem Truppenübungsplatz befindet sich bekanntlich Diatomeenkohle, einheimischer Energieträger, gegen dessen Abbau sich nicht nur der Landtag ausgesprochen hat, sondern ganz massiv auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Region. Alle wissen, dass Bergrecht durch einen Landtagsbeschluss schwerlich auszuhebeln ist. Deshalb haben sich die Koalitionäre darauf verständigt, alles zu versuchen, damit der Truppenübungsplatz Lübtheen dem Land Mecklenburg-Vorpommern für die Ziele der Landesent
wicklung zur Verfügung gestellt wird und das gefürchtete Szenario des Braunkohleabbaus nicht eintritt.
Schade, Frau Schwenke, vielleicht waren Sie die falsche Person für das Statement, aber über die Liegenschaft selbst haben Sie scheinbar nicht viel gewusst.
Inwieweit allerdings eine unentgeltliche Übertragung durch den Bund möglich ist, bleibt hinsichtlich der haushaltsrechtlichen Vorgaben fraglich. Bei dem Truppenübungsplatz handelt es sich um eine gut 6.000 Hektar große Fläche. Der Herr Minister hatte sie auch genau beziffert. Es liegt im großen Interesse des Landes und der betroffenen Kommunen, wenn möglich, eine unentgeltliche Übertragung herbeizuführen.
aber auch der Rückübertragungsansprüche etwaiger vorheriger Eigentümer gilt es, vor einer unentgeltlichen Überlassung der Flächen an das Land einige Hürden zu nehmen. Gleiches gilt hinsichtlich der Altlastenproblematik. Klar ist, dass ein ehemaliger Artillerieschießplatz erhebliche Altlasten birgt. Diese Altlastenproblematik muss seitens des Bundes gelöst werden.
Bei einer Stabsrahmenübung vor einiger Zeit in Lübtheen habe ich mir ein Bild machen können, was bei einem Großfeuer auf einem Gebiet mit militärischen Altlasten passieren kann. Es war zum Glück eine Übung, an der Bundeswehr, Feuerwehr und THW teilgenommen haben. Was aber ist da nach 2013? Eine munitionsverseuchte Fläche ohne Bundeswehr und ohne Feuerwehr, darauf kann man gewiss nicht sofort herumspazieren.
Weitere Fragen müssen also nicht nur hinsichtlich des Bestandsschutzes bestehender Anlagen geklärt werden. An den Bereich des Truppenübungsplatzes Lübtheen grenzt das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe. Für eine dauerhafte Integration des Truppenübungsplatzes in dieses Areal sprechen gleich mehrere gesteckte Ziele der Landesentwicklung und des Planungsverbandes Westmecklenburg, wozu neben dem Naturschutz in allen möglichen Facetten auch die Erhaltung von Kulturlandschaft zählt sowie der sanfte Tourismus, die Naherholung, die Einbindung der Regionen in das Erzeuger- und Vermarktungsnetzwerk des Biosphärenreservates. Dafür spricht eben auch, dass die Integration in das Biosphärenreservat einen Braunkohleabbau langfristig in den Hintergrund treten lässt und dass das Gebiet in großen Teilen bereits als Landschaftsschutz-, Vogelschutz- oder FFH-Gebiet ausgewiesen ist.
Der Bereich um Lübtheen mag strukturschwach sein, aber der Truppenübungsplatz bot Arbeitsplätze für die Region. Mit einer anständigen Nutzungskonzeption infolge einer Übertragung der Fläche an das Land können auch wieder Arbeitsplätze entstehen und geeignete Teil
flächen forstwirtschaftlich genutzt werden. Und ganz sicher kann auf dem Areal in innovative Ideen zur Erzeugung regenerativer Energie investiert werden. Für all diese Aufgaben sind erhebliche Finanzmittel notwendig, um gerade im Bereich der Griesen Gegend sowohl die naturschutzfachliche als auch die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen.
Wir sprechen uns ganz klar für eine vernünftige an landespolitischen Zielen orientierte Nachnutzung des Truppenübungsplatzes aus und ich fordere Sie gern auf, dem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Antrag zur Konversion des Truppenübungsplatzes Lübtheen begrüßen wir. Konversionsprozesse sind nicht allein die Aufgabe der betroffenen Gemeinde vor Ort, sondern müssen natürlich selbstverständlich vonseiten der Landesregierung intensiv begleitet werden, damit für zahlreiche Standorte in Mecklenburg-Vorpommern konstruktive Wege zur Weiterentwicklung gefunden werden. Es bedarf hier aber im speziellen Fall erheblicher Landes- und Bundesmittel, um insbesondere die Altlastenproblematik lösen zu können.
Die von der Schließung der Bundeswehrstandorte betroffenen Kommunen und Regionen kämpfen vielfach mit erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Weniger Arbeitsplätze verbunden mit weniger Kaufkraft, Wohnungsleerstand durch Wegzug der ehemals bei der Bundeswehr Beschäftigten, geringere Nachfrage in der Immobilienwirtschaft sowie notwendige Rückbaumaßnahmen und Umstrukturierungen, verbunden mit konzeptionellen Neuausrichtungen unterschiedlichster Art stellen auch die Landespolitik vor entsprechende Herausforderungen.
Durch die Auflösung von Bundeswehrstandorten verändert sich das soziale Gefüge in den betroffenen Regionen, meine Damen und Herren. Viele Menschen haben über Jahrzehnte hinweg in unmittelbarer Nachbarschaft mit der Bundeswehr vor Ort gelebt. Werden Standorte nun aufgelöst, wird zunächst eine Lücke gerissen, und diese Lücke oder der Bruch in der Kontinuität betrifft nicht nur direkt betroffene Soldatinnen und Soldaten und zivile Angestellte der Bundeswehr, sondern auch die Menschen, die in dieser Region leben. Deshalb sind Konzepte mit zukunftsweisenden Perspektiven gefordert, die es für die jeweilige Region zu entwickeln gilt.