Viele kehren gar nicht mehr in ihren Beruf zurück, damit sind dann auch große Herausforderungen an die finanzielle Versorgung geknüpft. Erst eine soziale und national ausgerichtete Ordnung wird hier entsprechende Abhilfe schaffen, da sie sich an den Bedürfnissen des Volkes orientiert,
(Henning Foerster, DIE LINKE: Das glaube ich kaum. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben eben wieder einen Vortrag zur Einführung der absoluten Staatswirtschaft gehört.
(Stefan Köster, NPD: Und jetzt kommt ein Beitrag zum Thema Einschlafen. – Udo Pastörs, NPD: Wir werden jetzt nicht gestresst.)
Sehr geehrte Damen und Herren, das Thema „Psychische Belastungen“ bewegt die Arbeitswelt nicht erst seit heute oder gestern, sondern wir haben eine umfas- sende Abhandlung, einen Leitfaden zu dieser Problematik vom Bundesverband der Unfallkassen aus dem Jahr 2005. Auf 145 Seiten sind da Ausführungen gemacht und die richten sich natürlich in erster Linie an die Arbeitgeber, auch weil zu dem Zeitpunkt schon bekannt war, dass in diesem Bereich eine große Verunsicherung auf allen Seiten eigentlich besteht. Und so kann man hier lesen:
„Das Thema psychische Belastungen und deren Folgen spielt für viele Unternehmen eine zunehmend wichtigere Rolle, auch im Arbeitsschutz. Ist es dabei dem einzelnen Unternehmen freigestellt, sich mit psychischen Belastungen am Arbeits- und Ausbildungsplatz zu beschäftigen oder besteht dazu eine Verpflichtung? Wenn ja, wo ist diese Pflicht rechtlich verankert (die berühmte Frage: ‚Wo steht denn das?‘)?
Für die meisten ‚klassischen‘ Unfall- und Gesundheitsfragen, d. h. chemische, physikalische oder biologische Gefährdungen, sind den Verantwortlichen die Rechtsgrundlagen bekannt, die sie zu entsprechenden Maßnahmen“ am Arbeitsplatz, also zum Arbeitsschutz „verpflichten. Diese sind in zahlreichen staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften zu finden, welche die jeweilige Unfall- und Gesundheitsgefahr oft sogar konkret benennen, z. B. die Unfallverhütungsvorschrift ‚Lärm‘, die Gefahrstoffverordnung und die ihr zugehörigen Technischen Regeln …, die Biostoffverordnung und die ihr zugehörigen Technischen Regeln …, die Strahlenschutzverordnung“ und so weiter und so fort.
„… aus den bestehenden Vorschriften“ ergebe sich „dennoch die Verpflichtung des Arbeitgebers …, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen und auch in diesem Bereich entsprechende Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ergreifen. … 1989 wurde vom Rat der Europäischen Gemeinschaft die Richtlinie zur ‚Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit‘ erlassen. Dieser Richtlinie liegt ein sehr umfassender Arbeitsschutzansatz zu Grunde, der u. a. auf dem Gesundheitsverständnis der … WHO basiert. Demnach umfasst Gesundheit körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden und ist nicht nur durch das Freisein von Krankheiten definiert …
Die europäische Richtlinie wurde mit dem Arbeitsschutzgesetz … vom 7.8.1996 in nationales Recht umgesetzt. Ziel des Gesetzes ist die Sicherung und Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes … Als Maßnahmen des Arbeitsschutzes werden Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und ‚arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren‘ einschließlich ‚Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit‘ verstanden …“
„Bei der Gestaltung von Maßnahmen hat der Arbeitgeber u. a. von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:
Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnis zu berücksichtigen...
„Im Gesetzestext selber taucht der Begriff ‚psychische Belastung‘ in dieser Form zwar nicht auf. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung dieser Belastungen ergibt sich aber aus dem Gesamtkontext sowie aus einigen zentralen Begriffen... Auch die Rechtsprechung hat bestätigt, dass von einem weit gefassten Gesundheitsbegriff des Arbeitsschutzes auszugehen ist, der das psychische Wohlbefinden der Beschäftigten ausdrücklich mit einschließt …“ Und hier wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.1997 schon hingewiesen.
„Der zentrale Begriff der ‚arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren‘ taucht mit dem Arbeitsschutzgesetz neu im Arbeitsschutzrecht auf, wird aber im Gesetz nicht näher definiert. Die Fachliteratur hat sich seitdem viel mit diesem Begriff auseinander gesetzt. Einigkeit besteht darin, dass im Rahmen ‚arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren‘ psychische Belastungen durch die Arbeit Berücksichtigung finden müssen.
‚Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sind Einflüsse, die – allgemein oder im Einzelfall – im nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz oder der Tätigkeit über das allgemeine Lebensrisiko hinaus die Gesundheit beeinträchtigen können. Insbesondere handelt es sich um Arbeitseinflüsse, die Gesundheitsbeeinträchtigungen und Erkrankungen verursachen oder mit verursachen bzw. eine außerberuflich erworbene Erkrankung oder eine gesundheitliche Disposition in ihrem Verlauf ungünstig beeinflussen können. Das schließt auch das Zusammenwirken unterschiedlicher Arbeitseinflüsse mit ein. Sie reichen von physikalischen und stofflichen Gefährdungen bis hin zu physischen und psychischen Belastungen.‘
Auch das Zielkriterium einer ‚menschengerechten Gestaltung der Arbeit‘ bezieht in jedem Fall psychische Belastungen in die Gesamtbetrachtung mit ein. Es existieren gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, wie eine Arbeit gestaltet sein sollte, um das Kriterium ‚menschengerecht‘ zu erfüllen: Dazu sollte die Arbeit nicht nur ausführbar und schädigungslos, sondern auch beeinträchtigungsfrei, ja sogar lern- und persönlichkeitsfördernd gestaltet sein. Das heißt, bei einer menschengerechten Arbeitsgestaltung spielt die Minimierung bzw. Optimierung psychischer Belastungsfaktoren eine“ ganz wichtige „Rolle …
Welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes konkret erforderlich sind, hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln …“
Da haben wir vorhin auch schon viel drüber gehört, wie das erfolgt oder ob das erfolgt, und auf jeden Fall scheint das unzureichend zu erfolgen.
„… alle diese Faktoren (haben) zumindest mittelbar einen Einfluss auf die psychische Belastungssituation am Arbeitsplatz.
Die auf Grundlage der Beurteilung der Arbeitsbedingungen getroffenen Maßnahmen hat der Arbeitgeber“ dann auch noch „auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen“ und gegebenenfalls da Änderungen herbeizuführen.
Die Ausführungen hier verweisen auf mehrere Rechtsgrundlagen, und nicht nur das, auch auf weitere Vorschriften und vor allen Dingen auf zahlreiche andere Verordnungen, wie zum Beispiel „die Lastenhandhabungsverordnung, die Arbeitsmittelbenutzungsverord
nung, die PSA-Benutzungsverordnung und die Arbeitsstättenverordnung“. Die „Arbeitsumgebungsbedingungen (wie Lärm, Klima, Beleuchtung, Ergonomie usw.) “ sind da auch ein Bestandteil, „oder das Arbeitszeitgesetz mit seinen Regelungen zur werktäglichen Arbeitszeit, zu Ruhezeiten, zu Nacht- und Schichtarbeit“.
Das war der Stand schon 2005, wie bemerkt. In seinen 145 Seiten geht der Bundesverband der Unfallkassen dann näher darauf ein, gibt Erläuterungen dazu, Umsetzungsvorschläge und so weiter. Das hat aber ganz offensichtlich – und belegt wurde das heute schon durch viele Zahlen – nicht dazu geführt, dass es in der Praxis zu Verbesserungen gekommen ist, sondern ganz im Gegenteil, die Lage hat sich zugespitzt.
Der Verband hat damals schon prognostiziert, dass es offensichtlich so ist, „dass psychische Belastungen auf Grund der Arbeitsorganisation in ihrer Bedeutung
zunehmen werden. Bezüglich der Veränderung von Organisationen hat die Zukunft für die Unternehmen der Öffentlichen Hand längst begonnen. Die öffentliche Verwaltung richtet Call- und Kunden-Center ein, Case- und Disease-Management halten Einzug im Gesundheitswesen … Outsourcing, Teleheimarbeit und Zeitarbeit sind nur einige der ‚neuen Arbeitsformen‘. Sie alle gehen mit ganz spezifischen psychosozialen Gefährdungen einher.... Flexibilisierung von Arbeitszeit, Arbeitsort, Entlohnung, Anforderungsprofilen und lebenslanges
berufliches Lernen sind die Szenarien der Zukunft...“ Heute sind die Szenarien klare Gegenwart und so vorhanden. „Für die Arbeitnehmer bringt die Individualisierung der Arbeit Anforderungen an die Selbstorganisation“ und so weiter und so fort.
„Einer Studie des ISO-Instituts zur Folge gaben bereits 1995“, und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, „nur noch 17 % der Beschäftigten an“, von ihnen selbst so empfundene „‚normale‘ Arbeitszeiten zu haben. Obgleich diese Entwicklung auch Chancen z. B. für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufweist“, also Flexibilität in den Arbeitszeiten, „sind ihre Gefahren für die Beschäftigten unübersehbar. Die Entgrenzung der Arbeit, überall und immer, verhindert notwendige Schutzräume für Erholung, Distanz und Regeneration der Mitarbeiter. Hierdurch wird die Work-LifeBalance, eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit, massiv bedroht.“
Und wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich die eigene stetige Erreichbarkeit mit unserer tollen technischen Ausstattung vor Augen führen, hat das Maß der Verfügbarkeit für andere ein Maß angenommen, das Ihre Work-Life-Balance zumindest ganz schön ins Wackeln geraten lassen könnte.
Psychische Gefährdung im Arbeitsleben ist ein sehr komplexes Thema. Die Notwendigkeit, hier zu entscheidenden Verbesserungen zu kommen, ist logisch und überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Darum hat unsere Arbeitsministerin Manuela Schwesig sogar den Verordnungsentwurf, der in Rede steht und in Ihrer Begründung vorkommt, eigentlich begrüßt, weil er einen wichtigen Anhaltspunkt in diese Richtung bietet. Sie hat allerdings auch darauf hingewiesen, dass bereits der Bereich in seiner ganzen Komplexität Bestandteil der Ministerkonferenz sein wird, und so kann ich eigentlich nur sagen, dass DIE LINKE in Kenntnis des Sachstandes diesen einmal mehr dazu nutzt, eine Bundesratsinitiative zu verlangen. Das kennen wir ja schon. Immer, wenn sich auf Bundesebene viel bewegt und unsere Ministerin mittendrin steckt, dann kommt die Fraktion DIE LINKE mit einer Bundesratsinitiative um die Ecke und prüft natürlich damit auch so ein bisschen die Belastbarkeit der Koalition hier im Land. Das wundert uns nicht, das stresst uns aber auch nicht.
feststellen, dass hier niemand meiner Vorrednerinnen und Vorredner ernsthaft bestritten hat, dass wir es beim Thema „Zunahme psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz“ mit einem ernstzunehmenden Problem zu tun haben. Aber erwartungsgemäß sind die Bewertungen der vorliegenden Daten und vor allem natürlich die daraus abzuleitenden Handlungsnotwendigkeiten unterschiedlich ausgefallen.