Protocol of the Session on September 28, 2012

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Gegebenenfalls kann Ihnen Ihr stellvertretender SPDLandesvorsitzender, Bodo Wiegand-Hoffmeister, Nachhilfe geben. Zu Recht stellt er im einschlägigen Verfassungskommentar fest, dass die Opposition auf dieses Instrument angewiesen ist, um die Regierung wirksam kontrollieren zu können oder sich Informationen zu beschaffen, um Sachverhalte überhaupt politisch bewerten zu können. Von parteitaktischem Kampfinstrument lese ich dort kein Wort.

Und dass ausgerechnet Erwin Sellering sich darüber aufregt, verwundert umso mehr, waren Sie es doch, Herr Ministerpräsident, der die Geschäftsordnung zum 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der

2. Wahlperiode höchstpersönlich ausgearbeitet hat, sogar mit Anmerkungen und Mustern. Haben Sie nach Ihrer

heutigen Lesart damals eigentlich Beihilfe zu einem parteitaktischen Kampfinstrument geleistet, Herr Sellering?

Meine Damen und Herren, gerade die SPD hat sich in der Vergangenheit doch immer für Untersuchungsausschüsse eingesetzt, wenn es um die Werften ging, wenn der Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen und von zig Millionen Euro Steuergeldern drohte. Aufklärung war eine Herzensangelegenheit auch der SPD gewesen – egal, ob in der Regierung oder in der Opposition. Heute will sie davon nichts mehr wissen.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Und ich frage Sie: Was ist aus der SPD von Harald Ringstorff geworden?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Oh! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Damit ist auch klar: Nicht LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen sich eiligst von Bord,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, daher weht der Wind! Daher weht der Wind! Guck mal an!)

nein, nein, die Koalition geht von Bord. Sie will keine Aufklärung, sie ist zu keiner Selbstkritik fähig.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das macht nicht nur das verzweifelte Schreiben der SPD-Fraktion im Kreistag Vorpommern-Greifswald an die SPD-Landesspitze deutlich.

(Vincent Kokert, CDU: Ich wusste, dass Sie das ansprechen werden. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Es sind vor allem die stereotypen Reaktionen von Sellering und Co. Immer sind die anderen schuld. Dass Vorpommern solche Probleme hat, liege an der Landrätin, basta!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt ja auch. – Heinz Müller, SPD: Das ist wohl wahr. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Genauso verhält es sich bei den Werften. So schiebt Minister Sellering heute den Zulieferern die Schuld in die Schuhe. Zitat: „Man muss ganz klar sagen, eine Rettung der Werften war nur möglich bei einem engagierten Einsatz der Zulieferer“,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ja.)

so Herr Sellering auf der letzten Landtagssitzung. Herr Ministerpräsident, Sie werfen den Zulieferern damit mangelndes Engagement vor und glauben, einen passenden Sündenbock gefunden zu haben.

Werte Kolleginnen und Kollegen, zu dieser Scheuklappenpolitik von SPD und CDU passt, dass Sie der demokratischen Opposition vorwerfen, „nur auf dem Rücken der Beschäftigten und der Familien ihr parteipolitisches

Süppchen kochen (zu) wollen“. Dieser Vorwurf ist so billig, dass ich nur kurz darauf eingehen will. Zum einen übersehen SPD und CDU in ihrer Polemik, dass wir die Suppe auslöffeln, die die Koalition uns eingebrockt hat.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Die Koalition verlässt aber den Tisch und will nicht mitlöffeln. Nur zu gut weiß sie, wie bitter ihre Kochkunst schmeckt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer organisiert denn das alles hier, Herr Holter?)

Zum anderen ist mir nicht bekannt, dass zum Beispiel die letzten beiden Werftenuntersuchungsausschüsse auf den Rücken der Betroffenen gearbeitet hätten. Beide wurden von der SPD unterstützt, beim zweiten war sogar die CDU dabei. Richtig ist, dass die Arbeit des Untersuchungsausschusses womöglich Kreuzschmerzen bei der Landesregierung auslöst. Herr Sellering und Herr Glawe, verwechseln Sie bitte Ihren Rücken nicht mit denen der Beschäftigten.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Meine Damen und Herren, SPD und CDU mäkeln auch daran herum, dass LINKE und Bündnisgrüne sich vor den letzten Berichten der Landesregierung auf einen Untersuchungsausschuss festgelegt hätten. Das sei bemerkenswert.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Nach allem, was zwischenzeitlich ans Tageslicht kam, haben wir es für ehrlich empfunden, der Öffentlichkeit frühzeitig mitzuteilen, was wir beabsichtigen, was wir für erforderlich ansehen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe aus dem Plenum: Oh!)

Das nenne ich im Übrigen eine frühzeitige und umfassende Informationspolitik. In unserem Kurs sehen wir uns heute gestärkt. Bemerkenswert ist etwas ganz anderes.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na?)

Während sich SPD und CDU über das frühzeitige Festlegen auf einen Untersuchungsausschuss beschweren und darin Unglaubwürdigkeit zu erkennen glauben, wissen die Koalitionäre sogar schon, was der Untersuchungsausschuss am Ende bringen wird. So tönte und orakelte der SPD-Angeordnete Jochen Schulte auf der letzten Landtagssitzung, dass sich zeigen werde, dass – Zitat – „die Aufgaben und die Erledigung dieser Aufgaben durch die Landesregierung durchaus erfolgreich gewesen sind und ordnungsgemäß erfolgt sind“, Zitatende.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Davon sind wir zutiefst überzeugt, Herr Holter.)

Ich kann nur hoffen, dass Herr Schulte, Kollege Schulte Ausschussvorsitzender wird.

(Jochen Schulte, SPD: Das wird er, da kann ich Sie beruhigen.)

Dann würde die Arbeit nicht nur durch einen ambitionierten Juristen, sondern auch durch einen kundigen Astrologen und Propheten bereichert werden.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Und die Beschlussempfehlung der Koalition liegt ja möglicherweise schon in der Schublade.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Haben Sie sich eben über Polemik beschwert, Herr Holter? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Hier gibt es gute Erfahrungen, traurige Erfahrungen mit der CDU. Auch die Kritik von SPD und CDU, es sei nicht im Interesse des Steuerzahlers, wenn 1,1 Millionen Euro für die parlamentarische Aufklärung eingesetzt würden, verfängt nicht.

(Vincent Kokert, CDU: Warum nicht?)

Meine Kollegin Frau Rösler wird dann darauf eingehen.

Meine Damen und Herren, mit dem Untersuchungsauftrag wollen wir auch für die Zukunft Schlussfolgerungen ziehen. Wir wissen, dass wir damit in Mecklenburg-Vor- pommern Neuland betreten. Bisher wurde in die Vergangenheit geblickt. Auch mit Blick auf die Untersuchungsausschüsse zur Aufklärung der NSU-Terrorzelle halten wir es für sinnvoll, dass der Untersuchungsausschuss Schlussfolgerungen zieht, um künftig vergleichbare Situationen zu verhindern, um das Controlling und Monitoring des Landes zu verbessern. Wir meinen, was im Deutschen Bundestag oder im Thüringer Landtag von den Fraktionen praktiziert wird, ist auch in MecklenburgVorpommern sinnvoll.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das werden wir sehen.)

Meine Damen und Herren, Sie, Herr Ministerpräsident, haben die demokratische Opposition eingeladen, gemeinsam den Strukturwandel unserer maritimen Wirtschaft zu begleiten.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Sie wissen nur zu gut, dass es dieser Einladung nicht bedarf. Selbstverständlich trägt DIE LINKE alle Maßnahmen mit, die wirtschaftlich vernünftig sind, die guten Arbeitsplätze zu erhalten oder neue zu schaffen.

Bei den Bündnisgrünen sieht es sicherlich nicht anders aus. Wir haben jedoch den Eindruck, dass vielmehr die Koalitionäre diese Einladung benötigen. Wir laden Sie ein, an der Aufklärung aller relevanten und drängenden Fragen im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der P+S Werften konstruktiv mitzuarbeiten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das werden wir ganz sicher tun, Herr Holter.)