Protocol of the Session on September 27, 2012

Und ich will jetzt keine Kreispolitik machen, aber ich möchte mal kurz schildern aus meinem persönlichen Umfeld, wie es damals ausgesehen hat. Es gab keine Krippenplätze, nicht jeder hat einen Krippenplatz bekommen. Davon war meine Familie selbst betroffen. Wir haben eine Wartezeit von über einem Jahr gehabt. In der Familie musste entschieden werden, einer bleibt zu Hause. Also auch das war Fakt. Und Schule? Habt ihr euch die Schule damals angesehen? Ich denke, ich gehe mal in den Bereich Ducherow, wie die ausgesehen hat.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Herr Schubert, was haben Sie denn gemacht früher vor der Wende?)

Vor der Wende, dazu sage ich auch gleich was.

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Dann zur Infrastruktur: Wenn ich mir meine Gemeinde ansehe, ich war von 1994 bis 2007 Bürgermeister in der Gemeinde,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

und wenn man sich das jetzt ansieht, was daraus geworden ist, aber ich schildere das mal von vor 1989. Teilweise gab es in den Straßen keine befestigte Straße, sondern nur Landwege in Ducherow, teilweise gab es keine Gehwege. Infrastrukturmäßig: Telefon war nicht vorhanden,

(Regine Lück, DIE LINKE: Sagen Sie mal, heißt das Thema DDR-Geschichte, oder spricht hier auch noch mal einer zum Thema?)

Wasser- und Abwasserleitungen waren porös, Erdgasleitungen gab es überhaupt nicht und ein Telefon musste man beantragen, mindestens zwei Jahre Wartezeit.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU:

Na, also 20 Jahre Wartezeit. –

Da haben

Sie aber schon Beziehungen

gehabt bei zwei Jahren. –

Aber richtig Beziehungen. –

Heiterkeit vonseiten der Fraktionen

der SPD, CDU und DIE LINKE)

Die Beziehungen waren insofern, meine Frau hatte dort als Ärztin gearbeitet und musste natürlich erreichbar sein für ihre Patienten.

(allgemeine Heiterkeit – Zurufe aus dem Plenum: Ah!)

Aber wenn wir uns den Bereich der Pflege mal anse- hen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wir haben schon in den letzten Tagen gesprochen über Pflege, gucken wir uns mal die Pflegeeinrichtungen an. Wenn Pflegeeinrichtungen vorhanden waren, dann gab es für 20 zu Pflegende eine Dusche. Die Räumlichkeiten: In einem Zimmer von zehn Quadratmetern waren zwei zu Pflegende untergebracht. Deswegen war auch das Bestreben der Landesregierung in den ersten Jahren „stationär vor ambulant“, weil erst mal Pflegeeinrichtungen aufgebaut werden mussten. Und wenn wir dann fragen nach ambulant, ambulante Pflege war damals überhaupt nicht vorhanden. Dies ist erst alles nach der Wiedervereinigung in den 22 Jahren entstanden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist nicht geringzuschätzen. Das muss man hoch würdigen.)

Wohnraum war auch nicht vorhanden. Mit den Wartezeiten gerade in den Listen der Gemeinden war es noch schlimmer als in den kleineren Städten.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wir haben alle unter Brücken geschlafen.)

Insofern mussten junge Familien bei den Eltern woh- nen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wir haben geheiratet und Kinder gekriegt.)

Wenn Sie sich das heute ansehen, es gibt kein Wohnraumproblem, ob es im ländlichen Raum ist oder in den Städten. Wenn Sie sich ansehen, Straßen, Wege, Versorgungsleitungen – und da spreche ich noch mal meinen Ort, die Gemeinde Ducherow, an – sind vorhanden und in einem sehr guten Zustand. Die Sporthalle wurde neu gebaut, Feuerwehrhaus wurde neu gebaut, Tanklöschfahrzeuge haben wir sogar in unserer Gemeinde mit 2.500 Einwohnern zwei.

(Marc Reinhardt, CDU: Fahrzeuge, oh! Da müssen wir jetzt aber ein bisschen die Gelder kürzen langsam.)

Die Schule ist modernisiert worden, die Kindereinrichtungen. Also es hat sich viel getan im Vergleich zu vorher. Und alles, Herr Holter, was in 40 Jahren versäumt wor

den ist, kann man, glaube ich, und das hat auch keiner so gesehen, nicht in 22 Jahren aufarbeiten.

Wenn ich da in den Bereich Wirtschaft gehe: Ich selbst habe im Möbelwerk gearbeitet im Bereich Beschaffung: Wir sind jede Woche mit einer Aktentasche in den Süden gefahren in Richtung Gera, haben dort Schrauben ge- holt,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

um die Produktion der Möbel bei uns in Anklam weiter fortsetzen zu können.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Alle 14 Tage ist ein Fahrzeug, ein Pkw gefahren und hat dann Einbauleuchten geholt. Also das ist der Stand.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Herr Schubert, lassen Sie eine Zwischenfrage von dem Abgeordneten Ritter zu?

Wenn sie zu dem Thema ist, ja.

Herr Ritter, bitte.

Ich bemühe mich, Herr Schubert.

Herr Schubert, würden Sie mir zustimmen, dass wir in unserem Antrag, also zum Thema „22 Jahre Deutsche Einheit“ sehr wohl die Lebensleistungen der Menschen vor der Wende und nach der Wende würdigen? Und würden Sie mir zustimmen, dass der Ministerpräsident recht hat, wenn er feststellt, dass der Aufbau Ost nach seiner Einschätzung heute weitgehend aus dem Fokus der Bundesregierung verschwunden ist?

Also dass man die Lebens- leistung der Leute vor und nach der Wende anerkennt, dazu kann ich uneingeschränkt Ja sagen. Aber man muss auch von der Ausgangslage ausgehen und das, glaube ich, vergessen Sie, indem Sie sagen, also in den 22 Jahren sollte das erreicht werden, was man versprochen hat. Das konnte aufgrund der Situation, wie wir sie 1989 vorgefunden haben, nicht geschehen. Und wenn der Ministerpräsident sagt, dass wir vergessen werden, muss ich mich so aus der Affäre ziehen und sagen, okay,

(Marc Reinhardt, CDU: Einzelmeinung.)

das ist seine Meinung und wir arbeiten daran,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Dass wir weiter vergessen werden, oder wie? – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

dass es weitere Förderungen gibt für unser Land, für die neuen Bundesländer. Da sind wir in den Gesprächen.

(Udo Pastörs, NPD: Das wird eng werden.)

Das haben Sie auch den Medien entnehmen können.

(Udo Pastörs, NPD: Das wird eng.)

Und insofern bin ich auch zuversichtlich, dass das nicht abbrechen wird.