Protocol of the Session on September 27, 2012

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Von Ihnen sieht man gar nichts.)

Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie pauschal von zwei Zeitstunden Vor- und Nachbereitungszeit für eine Stunde Einzelunterricht, also 45 Minuten, ausgehen. Woher haben Sie eigentlich diese Zahl? Oder sind diese zwei Stunden nur dem Umstand geschuldet, dass die vom Bildungsministerium in seiner Antwort vom 30.08.2012 auf Ihre Kleine Anfrage vom 09.08. des Jahres, Drucksache 6/1015, angegebenen durchschnittlichen Vergütungssätze für die Lehrkräfte für Sie zu hoch waren und es somit nur durch die Annahme von zwei Zeitstunden Vor- und Nachbereitung möglich war, um unter einen von Ihnen eben angeführten Stundenlohn von 8,50 Euro zu kommen? Es wird von Ihnen etwas pauschalisiert, was nicht zur Pauschalisierung geeignet ist.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Wenn es auch schon etwas her ist, aber mir ist dennoch als ehemaliger Mitarbeiterin an einer Hochschule bekannt, dass es an den Hochschulen des Landes sehr unterschiedliche Lehraufträge gibt, die sich in Niveau und zeitlichem Umfang der Vorbereitung sehr weit voneinander unterscheiden. Und vielleicht, Herr Saalfeld, sollten Sie vor dem Einbringen solcher Anträge mal Fachleute aus verschiedenen Fakultäten befragen. Beispielsweise seien genannt der Sprachunterricht, die Lehrveranstaltung auf Vorlesungsniveau oder an der HMT der künstlerisch und musisch geprägte Einzelunterricht. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, aber sie zeigt, dass man es eben nicht alles über einen Kamm scheren kann, wie Sie es hier versuchen.

Sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN, ich kann Ihnen gern das mir vorliegende – ich habe es auch hier – Formblatt der Uni Greifswald geben. Dieses Formblatt setzt die Lehrauftragsrichtlinie um. An diesem Formblatt können Sie sehen, dass die Hochschulen die Lehrauftragsvergütung vom Inhalt der Lehrveranstaltung und dem Niveau abhängig machen. Und das allein macht ja Sinn. Bei einfachen Lehrveranstaltungen mit verhältnismäßig wenigem Vorbereitungsbedarf wird ein Satz von bis zu 23,01 Euro je Einzelstunde und bei einer besonderen Bedeutung und Belastung eine Lehrvergütung von bis zu 55,88 Euro je Einzelstunde gezahlt.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das bekommen aber ganz wenige.)

Sie könnten das natürlich auch in Punkt 4.2 der Lehrauftragsrichtlinie nachlesen, was dieser als Beispiele für die untere Kategorie der Vergütung nennt. Aber ich möchte es Ihnen ersparen, das sind die Sprachkurse und ähnlicher Unterricht. Und ich frage mich auch, welche Aktualität Ihr Antrag hat. Beispielsweise zahlt die Universität Greifswald seit dem Sommersemester 2012 ihren studentischen Hilfskräften einen Stundenlohn von 8,56 Euro, wohlgemerkt den studentischen Hilfskräften. Dies liegt aber jetzt schon über dem Mindestlohn, für studentische Hilfskräfte, noch mal gesagt, 8,50 Euro.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sind Lehrbeauftragte. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Glauben Sie wirklich, dass die Institutsleitungen, wenn ihnen die Qualität der Lehrveranstaltungen etwas wert ist, und davon gehe ich hier noch aus, ihren Lehrbeauftragten weniger zahlt als ihren studentischen Hilfskräften?

(Egbert Liskow, CDU: Das glaubt keiner. – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist Realität.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN, eigentlich reichen meine allgemeinen Anmerkungen schon, den vorliegenden Antrag abzulehnen. Dennoch, ich gehe auf einzelne Punkte einzeln ein.

Hier zum Punkt I. b): Hier möchte ich aus dem besagten Antragsformular der Uni Greifswald zitieren: „Bitte beachten Sie: Eine eventuell erforderliche Mitwirkung an Hochschulprüfungen kann nicht separat vergütet werden. Sie kann jedoch bei der Festlegung der Lehrauftragsvergütung oder des Lehrauftragsumfangs berücksichtigt werden.“ Zitatende.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wird er aber nicht.)

Mit diesem Vermerk an die Institutsleitungen können Sie sehen, dass der Punkt I. b) von Ihnen obsolet ist,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist er nicht, ist er nicht, weil der nicht der Realität entspricht.)

denn der Wille der Institutsleitungen ist da, die Mitwirkung an Prüfungen zu honorieren. Bei Punkt c) des An

tragspunktes I wird man weder aus dem Antragstext noch aus der Begründung wirklich schlau. Ich habe es mehrfach gelesen.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das spricht jetzt aber nicht für Sie.)

Was meinen Sie eigentlich mit Lehrmaterialkosten?

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie eben nicht zugehört?)

Sind es die Bücher zur Vorbereitung der Lehrveranstaltung oder sind es die – das hat Herr Saalfeld ja eben gesagt – beispielweise auszuteilenden Kopien? Sofern Sie letztere Meinung meinen, so hätte ich von einer Partei, die meint, sie sei beim Thema „Nachhaltigkeit“ und „Umweltschutz“ Vorreiter, mehr erwartet. Die meisten Lehrmaterialien werden an den Hochschulen den Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern heutzutage nämlich per Intra- oder Internet zur Verfügung gestellt. Die Lehrbeauftragten können diesen Verbreitungsweg also gern nutzen und auf Kopien weitestgehend verzichten. Und das wäre auch ein Beitrag zum Umweltschutz.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: I-Pods für alle.)

Der Punkt I. d) ist ein Highlight dieses Antrages. Das absolute Highlight kommt ja noch.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Danach soll die oder der Lehrbeauftragte dem Personalrat begründen, der im Übrigen gar nicht zuständig ist, das hat Herr Saalfeld ja eben gesagt,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Momentan ist er noch nicht zuständig, ja.)

aber trotzdem soll die Lehrbeauftragte das begründen, warum sie oder er kein Geld für ihren Lehrauftrag haben wollen. Also man soll was begründen bei jemandem, der gar nicht für mich zuständig ist. Das ist ja schon mal ein Ding für sich.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist eine momentane Notlösung.)

Da dachte ich mir nur, da schau mal einer oder – besser – eine her. Da wird in der Begründung vermutet, dass die Lehrbeauftragten ausgenutzt werden. Mit dem gleichen Argument könnte man jedem Ehrenamtlichen eine Erklärung aufnötigen, warum er beispielsweise in einem Alten- und Pflegeheim unentgeltlich aus der Tageszeitung vorliest.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh, jetzt wirds aber albern.)

Vielleicht macht es ja jemand auch wirklich nur für seinen Lebenslauf,

(Andreas Butzki, SPD, Wollen wir erst mal sehen, wer da albern wird. – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

um soziales Engagement nachzuweisen, denn warum jemand einen Lehrauftrag unentgeltlich macht, das kann ganz viele Gründe haben.

Und ich habe mich eben gerade noch mit meiner Kollegin Frau Drese unterhalten.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Drese korrigiert, hat sie mir gerade erklärt, Prüfungsarbeiten. Und sie hat mir eben gesagt: Ich mache das schlicht und ergreifend, um noch Kontakte zur Universität zu haben und auch selber noch Erfahrungen zu sammeln und neue Informationen, und ganz sicherlich nicht, damit ich noch zusätzlich Geld habe. Da kann zum Beispiel die Ministerialrätin …

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nun sind aber auch nicht alle Lehrbeauftragte gleichzeitig Landtagsabgeordnete.)

Wir sprechen vom Nebenamt. Wir sprechen vom Nebenamt.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, nicht jeder Lehrbeauftragte bekommt eine Abgeordnetenentschädigung.)

Da kann die Ministerialrätin einfach Spaß an der Lehre und dem wissenschaftlichen Diskurs haben. Das Problem ist doch, dass die Lehraufträge in der Regel von denen wahrgenommen werden, die hauptamtlich ganz woanders beschäftigt werden. Das sagen Sie doch hier nicht dazu.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, das stimmt überhaupt nicht. – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein, das stimmt nicht. – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben doch überhaupt keine Ahnung!)

Eine Richterin hält aus anderen Gründen eine Fachvorlesung zum Prozessrecht.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Hier spricht der Blinde von der Farbe.)

Der Promotionsstudentin kann die entgeltliche Arbeit nicht gestattet sein,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Entschuldigung, die Blinde von der Farbe.)

weil sie sich auf ihre Promotion konzentrieren soll. Sie möchte aber trotzdem eine Lehrveranstaltung durchführen, um später Lehrerfahrung vorzuweisen.

All diese Gründe gehen meines Erachtens einen Personalrat schlicht nichts an. Das ist letztlich eine Sache der Hochschule und der oder des Lehrbeauftragten. Die Hochschule muss die Qualität einer Lehrveranstaltung im Auge und der Lehrbeauftragte seine Motive für sich behalten können. Eine Forderung nach einer Erklärung ist schlicht unnötig.

Der Antwort vom 30.08.2012 auf Ihre Kleine Anfrage kann ich jedenfalls noch keinen Missbrauch entnehmen. Aber vielleicht schließt sich hier ja auch der Kreis zu Punkt I. a), denn wenn Lehrbeauftragte künftig alles begründen sollen, dann brauchen sie vielleicht auch mehr Vorbereitungszeit.

Der absolute Höhepunkt – ich habe ihn schon angekündigt – ist aber zweifellos die Forderung im Punkt II nach einer neuen Interessenvertretung an der Hochschule. Ich kann mir heute schon vorstellen, was die Hochschulen zu Recht anbringen würden. Eine neue Interessenvertretung ist unmöglich zu organisieren und unnötig zugleich, denn die GRÜNEN verkennen bei dieser Forderung anscheinend,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und das sagt die gewerkschaftsnahe SPD.)

dass es keine Lehrbeauftragten im Hauptamt gibt. Es gibt keine Lehrbeauftragten im Hauptamt.